Kaliyuga
Paramshansa Yogananda, der Autor des erfolgreichen Buches Autobiografie ein Yogi, erklärt in einer Darlegung der hinduistischen Schriften, daß das Zeitalter von Kali, der düsteren Göttin, das schlimmste ist. Die letzte Phase des vierten Zeitalters, in der wir heute leben, ist gekennzeichnet von einer ständig wachsenden Materialisierung. Aus welchen Elementen sie besteht, ist jedem klar, der das Leben beobachtet.
Die Prophezeiung, die vom Kali-yuga handelt, steht im Visnu Purana geschrieben, einem der ältesten heiligen Texte Indiens. Wir wollen sie zusammen mit einem kurzen Kommentar zitieren. Der Leser wird feststellen können, daß sie die genaue Beschreibung unserer Zeit enthält:
o "Die Herrscher, die auf der Erde regieren werden, werden gewalttätig sein; sie werden sich der Güter ihrer Untertanen bemächtigen.
o Die Kaste der Sklaven und der Kastenlosen wird die Oberhand gewinnen und allen befehlen.
o Ihr Leben wird kurz sein, unersättlich ihre Gier; Mitleid werden sie kaum kennen.
o Die Besitzenden werden Ackerbau und Handel aufgeben, sie werden selbst zu Sklaven werden oder andere Berufe ausüben.
o Die Herrscher werden unter dem Vorwand von Steuern und Abgaben ihre Untertanen plündern und ausrauben und das private Eigentum werden sie vernichten.
o Die sittliche Gesundheit und das Gesetz werden Tag für Tag abnehmen, bis die Welt ganz verdorben sein und Gottlosigkeit unter den Menschen herrschen wird."
Der Mensch ist nur mehr eine Zahl; von der Qualität zur Quantität herabgesetzt, als Masse betrachtet. Das ist die Machtergreifung des Proletariats. Die Proletarier, von proles, der Masse, das heißt: Erzeuger von Nachkommen, eine unpersönliche Masse.
Kasten und Klassen hatten einstmals ihre Funktion, denn die Menschen sind unterschiedlich qualifiziert, um je nach ihren anlagen eine bestimmte Tätigkeit auszuüben. Das wußten die Herrscher des ersten Zeitalters, die mit Weisheit und von den höchsten Idealen geleitet, regierten. So waren die Rassen, die ihre Leben unter den göttlichen Königen begannen, eingeteilt in Priester und Brahmanen; Krieger und Adelige; Kaufleute und Bürger; zum Schluss dann Sklaven und Proletarier. Nach Platon stellt die erste Kaste den Geist dar, die zweite den Verstand, und die beiden anderen die Gefühlsbewegungen, die unbewussten Tätigkeiten und die Instinkte des organischen Lebens.
Jegliche Aufteilung sollte jedoch zunichte werden mit dem Aufstieg zur höchsten Stufe des Geistes, der Liebe. Das war die Botschaft Jesu. Und so wird es in Zukunft sein. Im dunklen Zeitalter hingegen vollzieht sich eine Nivellierung auf der untersten Ebene, denn alles wird mit Hilfe der Gewalt zu Boden gerissen.
Ungeeignete, gerissene und gewalttätige Menschen streben nach der Macht, aber nicht um dem Wohl des Nächsten zu dienen, sondern um über die anderen zu verfügen und zu herrschen: dadurch hat sich eine Hierarchie nicht von Werten, sondern von Intrigen gebildet. Der Wahnwitz der gegenwärtigen Führer der menschlichen Gesellschaft lässt uns an ein Wort unserer Väter denken: "Jupiter lässt verrückt werden, wen er vernichten will."
Buddha sprach von der Edlen Wahrheit, die zur Aufhebung des Leidens führt und aus acht Stufen einer Disziplin besteht, der man folgen muss: rechte Anschauung, rechte Gesinnung, rechtes Reden, rechtes Handeln, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Denken, rechtes Sichversenken. Der Mensch ist den entgegengesetzten Weg gegangen, den Weg der Lüge und des Betrugs. Der oberflächliche, extrovertierte abendländische Mensch hat sich durch sein Streben nach einem rein äußerlichen Wohlergehen noch tiefer ins Leid gestürzt.
Weiter heißt es in der Prophezeiung über das Kali-yuga
o Einziger Beweggrund für die Frömmigkeit wird die physische Gesundheit sein; einziges Band zwischen den Geschlechtern die Leidenschaft; einziger Weg zum Erfolg die Falschheit.
o Die Erde wird nur wegen ihrer materiellen Schätze verehrt werden.
o Die Priestergewänder werden die Priestereigenschaften ersetzen.
o Eine einfache Waschung wird die Reinigung bedeuten, die Rasse wird unfähig sein, göttliche Geburten hervorzubringen.
o Die Menschen werden fragen: Was sollen wir uns noch an die überlieferten Schriften halten?
o Die Hochzeiten werden kein Ritual mehr sein.
o Akte der Frömmigkeit, auch wenn sie noch geübt werden, werden wirkungslos bleiben.
o Jede Lebensordnung wird unterschiedslos für alle gleich sein.
Die moralische Blindheit wird viele Menschen daran hindern, die wirkliche Kultur zu sehen, und daher werden sie für eine Errungenschaft halten, was in Wirklichkeit ein Rückschritt auf menschlichem und sozialem Gebiet ist. So begeistern sie sich für den Atheismus, die Ehescheidung, den Streik, den Wohlstand als Selbstzweck, die unterschiedslose Nivellierung, die Gerissenheit und die sexuelle Befriedigung. Die Religion, die Familie, die Arbeit und die Hilfe, die man den anderen gibt, werden nur in Betracht gezogen, wenn sie dem Egoismus dienlich sind, oder sie bleiben eine leere äußere Hülle. Unbekannt ist jede Art von Geistigkeit, das heißt, die Äußerung des besten Teils des Menschen, durch die er seine Kreatürlichkeit verlassen und zu den höheren Sphären des Unsichtbaren aufsteigen kann.
Weiter heißt es:
o Der Besitzende, der das meiste Geld unter die Leute verteilen wird, wird über die Menschen herrschen, denn das Ziel ihrer Wünsche ist Reichtum, gleichviel, ob rechtmäßig erworben oder nicht.
o Jedermann wird sich für einen Brahmanen halten.
o Die Leute werden Angst haben vor Tod und Hungersnot; und nur deshalb werden sie eine rein äußerliche Religiosität bewahren.
o Die Frauen werden die Wünsche ihrer Männer und ihrer Eltern nicht mehr befolgen. Egoistisch, verworfen, lügnerisch und haltlos werden sie sein und liederlichen Männern anhangen. Sie werden herabsinken zum Gegenstand sexueller Befriedigung."
Äußerste Verdorbenheit hat bis heute noch den Untergang jeder Kultur begleitet. Die Menschheitsgeschichte liefert zahllose Beispiele dafür. Die Befreiung nach unten ist eine Befreiung zur Liederlichkeit, das Werk von Menschen, die nicht imstande sind, den Weg einzuschlagen, der zu ihrer Besserung führen würde. Und noch schlimmere Fesseln halten sie für Freiheit. Deshalb merken sie nicht einmal, daß sie von anderen Mächten tyrannisiert und als Mittel eingesetzt werden.
Die Demagogie ist ein Mittel zur Beherrschung der anderen. Aber die Überheblichkeit, gegründet auf der Unehrlichkeit, wird die Menschen feige machen auf der letzten Schwelle des Daseins: im Angesicht des Todes. Wer, geistig minderjährig, keine Unterscheidung getroffen hat zwischen den wirklichen und den falschen Werten des Daseins, stellt alles auf die gleiche Ebene, mehr noch, er vertauscht die Werte und stellt Wertloses auf den ersten Platz.
Aber im Angesicht des Todes, der alles enthüllt, verlieren sie die Fassung. Daher helfen sie sich durch eine rein äußerliche Religion.
Nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung ist der jetzige letzte Zeitabschnitt der, in dem alles abgeschlossen wird. Die Orientalen betrachten das Kali-yuga als die Zeit der Fälligkeit, in der alle Rechnungen des letzten Zyklus beglichen werden müssen. Sobald abgerechnet ist, kann eine klare Bilanz für die Zukunft aufgestellt werden.
Das ist die abgeklärte und verantwortungsbewusste Lebensanschauung von Leuten, die höchste Geistigkeit erlangt haben. Daher waren die orientalischen Weisen seit Jahrtausenden imstande, vorauszusehen, was heute passiert und was in den künftigen Jahren geschehen wird.
(aus "Die großen Weissagungen über die Zukunft der Menschheit" von A. Voldben")
Die Staaten blühen nur, wenn entweder Philosophen herrschen oder die Herrscher philosophieren.
Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit.
- Platon -