Billy73 schrieb:So alle theoretiker ran an die materie, wieso haben es nur die beiden länder geschafft. wie ist das erklärbar und was haltet ihr von dem index?
Das stimmt zwar nicht, aber oft ist es gar nicht so gut, wenn Entwicklungsländer plötzlich ganz nach oben kommen. Siehe Saudi-Arabien, Katar oder Dubai. Der Reichtum ist zwar mit dem Westen vergleichbar, aber was die Menschenrechte angeht, sind das Drecksländer.
Und es stimmt auch nicht, dass es für heutige Schwellenländer kaum eine Chance gibt. Chile ist zum Beispiel ganz interessant. Das Land hat längst das sogenannte mittlere Einkommen erreicht, aber noch wächst es recht dynamisch.
Ein weiteres interessantes Feld ist Russland. Von diesem Land müsste man eigentlich am ehesten erwarten, in den hohen Einkommensbereich aufzusteigen, weil es wohl über die größten Ressourcen verfügt. Unter Putin hat es sich auch ganz gut entwickelt, aber das war vielleicht trotz und nicht wegen Putin. Jetzt scheint sich die Entwicklung abzuschwächen, trotz oder wegen Putin?
Die Türkei stagniert tatsächlich gerade. Aber das muss ja nicht das Ende der Geschichte sein, weil das Land seit 50 Jahren insgesamt aufholt mit vielen Unterbrechungen dazwischen. Boomphasen gab es hier in den 70er und 80er, danach keine Weiterentwicklung in den 90ern, und seit Erdogan gab es den nächsten größeren Entwicklungsschritt.
Eine sichtliche Entwicklung hat es auch in Polen gegeben. Immer wenn ich hinfuhr, war ich überrascht was sich da alles getan hat. Auch hier gibt es im Moment kaum noch Wachstum, aber das war auch 2001-2003 so, ansonsten gab es dort in den 90er Jahren und nach 2003 jeweils lange Boomphasen.
Polen hat auf mich auch immer einen ausgesprochen positiven Eindruck gemacht. Auch die Menschen dort. Vorurteile gibt es da viele, aber es hat eben erstaunlich viel zu bieten.
In Brasilien oder sowieso ganz Lateinamerika gab es auch immer wieder schwere Krisen. Und da ist es egal, ob es ein mittleres oder niedriges Einkommen gab. Die Länder mit niedrigem Einkommen sind aber dort sogar krisenanfälliger. In Brasilien scheint es derzeit tatsächlich eine Krise zu geben, aber die gab es nach der Boomphase von 1967-1980 auch.
Danach gab es wieder in den 90ern und nach der Krise um 2000, danach wieder eine Phase mit stärkerem Wachstum. 2010 waren es sogar 7,5 Prozent.
In China soll es seit Ende der 60er durchgehende Wachstumsraten geben. Aber die Diktatur schönt wahrscheinlich die Zahlen. Wenn wir westliche Berechnungsmethoden anwenden würden, kämen wir bestimmt nicht auf 10 Prozent im Jahr über einen so langen Zeitraum. Die werden das allein quantitativ berechnen, die Qualität ihrer Wirtschaft ist aber von unserer noch weit entfernt.
Wenn man die dreckigen Abgase betrachtet und die Tatsache, dass der Wohlstand sich allein auf die Städte konzentriert, die auch diese dreckige Luft einatmen, kann hier nicht von einem qualitativen Wachstum die Rede sein. Entsprechend ist das BIP pro Kopf auch noch nicht nur vom Westen weit entfernt, sondern auch deutlich unterhalb von dem in Russland, Chile, Türkei oder Mexiko. Die 10 Prozent im Jahr sollen aber wohl immernoch die Überlegenheit des Sozialismus darstellen und damit das Regime gut dasteht. Es ist dieselbe hohe Wachstumsrate, die es auch in der Sowjetunion noch bis zu ihrem Ende gegeben haben soll.
Von daher ist die Vermutung, dass ausgerechnet China diese Einkommensgrenze noch am ehesten überspringen könnte, schonmal gewiss falsch. So hoch ist die Überlegenheit Chinas nämlich gar nicht, wie immer vermutet wird. Gewiss kann China das irgendwann schaffen, aber das ist noch ein weiter Weg, der nicht ohne Rückschläge sein wird. Nach einer Krise, die es dringend braucht, muss es sich völlig neu erfinden, weil dieses Wirtschaftsmodell nicht wirklich etwas taugt.
Und da stößt auch ein Putin zunehmend an seine Grenzen. Er ist auch noch ein Mann der alten Schule, ein KGBler und sowjetische Strukturen bestehen sicherlich im heutigen Russland weiter fort. Das ist aber sicher nicht modern. Und so kann man heute auch kein Land mehr führen.
Da sind vielleicht Kasachstan und Aserbaidschan schon weiter. Das sind auch klassische Schwellenländer, waren sehr arm aber entwickeln sich seither rasant. Schaffen die es vielleicht?
Auch Thailand, Kambodscha, Myanmar oder Indonesien wären da noch. In Thailand war die Wachstumsrate in den letzten Jahrzehnten besonders beeindruckend, in Kambodscha ist sie heute sehr hoch, aber das Land ist noch kein Schwellenland sondern noch unterentwickelt. Auch Myanmar boomt, seitdem es sich demokratisch entwickelt, aber die Wirtschaft ist so weit vom Niveau hier im Westen entfernt, dass es Myanmar auf absehbare Zeit auch nicht schaffen kann.
Sehr interessant ist sicher auch Laos. Das war noch in den 80ern das vielleicht ärmste Land der Welt. Die Wachstumsrate verläuft hier am gleichmäßigsten, immer so 8%. Ich denke nicht, dass Laos irgendwann westliches Niveau erreichen kann, aber für seine Verhältnisse sind 8% sicher ein sehr guter Wert. Ob sich mal ein Urlaub dahin lohnt wird man sehen, aber es wird in letzter Zeit oft von dem Land berichtet. Auch von seinem immernoch großen Anteil an unterernährten Menschen, die Lebenserwartung ist dort aber besonders stark gestiegen.
In Afrika ist besonders Botswana schon sehr lange am boomen. Das mittlere Einkommen ist auch schon erreicht, aber das stört die dortige Wachstumsrate nicht. Bald wird Botswana also ein Land mit hohem Einkommen sein, aber was nutzt das wenn die Hälfte der Bevölkerung Aids hat?
Das traurigste Beispiel ist aber sicher Indien. Wo war es früher und was ist heute aus dem Land geworden? Indien war in früheren Zeiten ein Land der Blüte aber da lebten auch deutlich weniger Menschen da. Indien verträgt wohl einfach nicht so viele Menschen. Wegen dem rasanten Abstieg, den Indien im Vergleich zu früher erlebt hat, und wegen einer falschen Religiosität, die z.B. einem Mahatma Gandhi huldigt, obwohl der nur sein Ego in den Vordergrund stellte, und wegen der dortigen Heuchelei, man will sein Ego bekämpfen aber man schafft es einfach nicht, wird den Indern auch in absehbarer Zeit nicht viel gelingen. Deshalb wird Indien ein unterentwickeltes Land bleiben und auch moralisch ziemlich verkommen.
Zusammengefasst könnte man sagen, dass eine sogenannte "Falle des mittleren Einkommens" natürlich blödsinn ist. Allderings wird es natürlich immer Länder geben, die darin festhängen, genauso wie das beim niedrigen Einkommen ist, das übrigens sicher die größere Falle ist. Allderings ist es auch gar nicht wünschenswert, wenn alle Länder ein hoch entwickeltes Niveau haben. Nicht alle sollten versuchen wie der Westen zu werden.
Die Unterentwicklung hat dabei verschiedene Ursachen. In China ist es sicherlich eher der zu ideologisch geprägte Staat, während in Indien eher die Gesellschaft sich ändern müsste.
In Afrika ist es das zu starke Bevölkerungswachstum, weil sich das genauso entwicklungshemmend auswirkt wie eine hohe Inflation. Und das wird eines der Hauptgründe sein, warum China nicht Afrika ist. Zu selten ist aber pauschal "der Kapitalismus" dafür verantwortlich.