Ist Pippi Langstrumpf rassistisch?
„Bedenkt mal — Negerprinzessin!“ sagte Pippi träumerisch. „Es gibt nicht viele Kinder, die das werden. Und fein werde ich sein! In allen Ohren werde ich Ringe haben und in der Nase einen noch größeren Ring.“
„Was wirst du sonst noch anhaben?“ fragte Annika.
„Nichts weiter“, sagte Pippi. „Nicht eine Spur mehr! Aber ich werde einen eigenen Neger haben, der mir jeden Morgen den ganzen Körper mit Schuhcreme putzt. Damit ich ebenso schwarz werde wie die anderen Neger. Ich stelle mich jeden Abend zum Putzen raus, gleichzeitig mit den Schuhen.“
Diese Passage mag rassistisch erscheinen- oberflächlich betrachtet. Aber Pippi relativiert alles, indem sie sich selbst zum schwarz- anmalen anbietet. Damit wäre sie auch "Negerin".
Natürlich muss man auch die Zeit beachten, in der das Buch geschrieben wurde. Koloniale Überheblichkeiten waren da noch salonfähig.
Der Stern über ARD-Literaturkritiker Denis Scheck:
Er plädierte dafür, vor Jahrzehnten geschriebene Kinderbücher wie "Die kleine Hexe" von Otfried Preußler und Astrid Lindgrens "Pippi Langstrumpf" zu belassen, wie sie sind, statt sie von Wörtern wie "Negerlein" und "Negerkönig" zu befreien, weil diese inzwischen als rassistisch aus dem Sprachgebrauch verbannt wurden.
"Gerade junge Leser sollten lernen, dass der Gebrauch der Sprache einem steten Wandel unterliegt", sagte Scheck. "Die Alternative hat George Orwell in seinem Roman '1984' beschrieben, in dem die Angestellten des Wahrheitsministeriums permanent die Vergangenheit umschreiben." Ein Satz provozierte besonders: "Es gibt aber auch feigen vorauseilenden Gehorsam vor den Tollheiten einer auf die Kunst übergriffigen politischen Korrektheit."
http://www.stern.de/kultur/buecher/umfrage-zur-ueberarbeitung-von-klassikern-pippis-traum-von-der-negerprinzessin-ist-ausgetraeumt-1968811.htmlSehr klug, was Herr Scheck da bemerkte. Wollen wir ständig die Vergangenheit umschreiben? Statt uns ernsthaft mit unserer Kolonialgeschichte und mit Erscheinungen von Neo- Kolonialismus zu beschäftigen?
Auch ein schöner Kommentar zum Umschreiben von Büchern:
Überhaupt sollte die ganze Weltliteratur politisch und anderweitig korrekt umgeschrieben werden: Mephisto wird Versicherungsvertreter (da es »in Wirklichkeit« keinen Teufel gibt), Dantes »Göttliche Komödie« wird bis auf die einleitende Szene im Wald komplett gestrichen und der Rest von den Grünen angemessen überarbeitet, die »Ilias« wird gleich ganz verboten, da sie gewaltverherrlichend ist usw. usf. O brave new world, that has such people in’t!