@AnGStAnGSt schrieb:was ist, wenn etwas das derart unglaublich scheint, im eigentlich erstaunlichen Sinne, aber das eigentlich bildhaft gesprochen umrundet werden kann damit es bewiesen ist. Aber wer sich nicht auf diesen Weg macht?
Hervorragende Frage. Darüber habe ich mich mit anderen auch unterhalten. Das die Erde eine Kugel ist, kann ja eigentlich keine Theorie sein, schließlich lässt es sich faktisch beweisen - eine Umrundung bzw. Satellitenfotos lassen sich nicht wegdiskutieren. Aber wie sah es aus im, was weiß ich, sagen wir im Jahre 500 v. Chr.?
Das beste Argument, was ich kenne, führt an, das es sich dabei nicht um eine Theorie handelt, weil hier keine Funktionalität oder ähnliches unterstellt wird, sondern schlicht eine Tatsachenbehauptung aufgeführt wird. Die konnte zwar damals schwer belegt werden (genauer genommen, es war nicht unmöglich aber doch sehr, sehr schwer durchführbar), aber es war immerhin prinzipiell möglich. So etwas gibt es heute auch noch. Die Relativitätstheorie und die Urknalltheorie stellen letztlich nämlich auch eine Tatsachenbehauptung auf: Das Universum ist in sich selbst geschlossen. Heißt, wenn Du eine Stange nimmst, die absolut gerade ist und sie immer länger machst, wird das Ende der Stange irgendwann ihren Anfang berühren. Oder aber, wenn Du mit einem Raumschiff immer weiter geradeaus fliegst, landest Du irgendwann da, wo Du gestartet bist. Ein solches Experiment ist nicht völlig ausgeschlossen, aber auf Basis der uns bekannten Technologien ist es ausgeschlossen (ebenso auf Basis der in Zukunft vorstellbaren Technologien).
Insofern kann die Behauptung, der Weltraum wäre in sich geschlossen, streng genommen keine Theorie darstellen, weil sich die Behauptung letztlich endgültig beweisen lässt. Auf der anderen Seite gibt es für uns derzeit keine Möglichkeit, diesen Beweis zu führen (und es ist gar nicht mal so abwegig, das uns diese Möglichkeit nie gegeben wird). Ich würde mal behaupten, das so etwas so eine Art Grenzsache ist. Vermutlich gibt es für solche Fälle in der Erkenntnistheorie auch etwas, das sie behandelt - bei Interesse kann ich mich umhören.
Es gibt noch eine andere Art von Grenzfall, vielleicht meintest Du den. Nehmen wir mal an, wir beide würde im Jahre 500 n. Chr. leben. Damals gab es schon ziemlich viele Menschen, die eine Menge gute Belege (aber keine Beweise) dafür anführen konnten, das die Erde rund sein müsste. Nehmen wir mal an, ich habe solche Leute kennengelernt. Ihre Belege kommen mir schlüssig vor; ich bin aber nicht imstande, sie ganz nachzuvollziehen. Ich erzähle Dir also davon, und Du glaubst mir nicht. Also sage ich, das ich in einem Segler die Welt umrunden werde, um so einen Beweis zu liefern. Ich steige also in ein Schiff. Viele, viele Jahre später komme ich wieder und behaupte, die Welt umrundet zu haben.
Jetzt steckst Du in einem Dilemma: Das einzige, was Du anführen könntest, wenn Dich jemand fragt, ob Du beweisen kannst, das die Erde rund ist, wäre nämlich Glaube. Der Glaube daran, das ich Dir die Wahrheit erzählt habe.
In der Wissenschaftstheorie wird so etwas abgefangen, indem Wiederholbarkeit gefordert wird. Nehmen wir also mal an, das andere Seefahrer sich jetzt auch auf den Weg machen, die Erde zu umrunden. Und mehr und mehr treffen von einer solchen Fahrt ein. Du kannst jetzt hingehen, und die Berichte dieser Segler sammeln und ihre Behauptungen miteinander vergleichen. Ab einem bestimmten Punkt wird es relativ unwahrscheinlich, das alle miteinander lügen und sich abgesprochen haben.
Aber wenn nur ich fahre, und Du nur meine Aussage hast - dann befinden wir uns in einer Grauzone.