Kynismus - Bewegung der Spätantike oder zeitlos?

Vieleicht sollten sich alle zu diesem Thema den Wiki Artikel durchlesen

Wikipedia: Kynismus

... es geht bei den Kynikern vorallem um die Bedürfnisslosigkeit ... also um ein Leben in Armut und der überzeugung dass man nicht viel braucht , um glücklich zu werden ... sozusagen eine art minimalismus

am bekanntesten dürfte Diogenes sein ... dazu diese kurze bekannte anekdote:

„Diogenes befand sich derart in Armut, dass er ein Fass als Haus bewohnte, dessen Öffnung immer zur Sonne ausgerichtet war. Als König Alexander zu diesem, der in der Sonne zum Vorschein kam, herantrat, sagte er ihm, dass er von ihm verlangen könne, was auch immer ihm gefiele. Aber jener entgegnete: „Ich will vor allem anderen, dass du nicht zwischen mir und der Sonne stehst.“ Und so wurde Alexander, der alle Völker besiegte, von jenem Armen besiegt.“


also ich lese gerade Sofies welt ... und darin wird auch der kynismus (leider viel zu kurz) abgehandelt ... und ich bin fasziniert

mir haben schon immer bettelmönche gefallen ... und die kyniker leben ein Leben das mir sehr gefällt

am liebsten würd ich auch alles verkaufen und mehr spazieren gehen .... bücher lesen ... einfach essen ... und eine leben voller demut in armut leben

ich stell mir ein solches leben als ungeheuer erfrischend vor ... wenn man aufsteht und erstmal ne halbe stunde in gedanken versunken aus dem fenster kuckt

nun gut ich bin ja nicht naiv
der zeitgeist ist ein anderer ... die welt hat sich gewandelt ... und ein leben ohne gar nichts , dürfte für einen modernen menschen sehr schwer und voller entbehrungen sein

aber wie könnte man den kynismus heutzutage leben ... oder wie kann man ihn für sich selber wieder zum leben erwecken ? ... und ihn anpassen an unsere zeit

vieleicht den fernseher weggeben ? ... ja denn ich nehme an die kyniker praktizierten den kynismus auch aus dem grund da sie philosophen waren ... und so mehr zeit zum nachdenken hatten
also vielicht die glotze (die ich eh nur noch 1 mal im monat einschalte) weggeben ... vieleicht auch das internet ... aber ich weiss nciht ... ist das internet nicht sowas wie ein moderner marktplatz ... auf welchen die kyniker ihre reden hielten und ihre stücke aufführten ?

ich mach mir mal gedanken

was meint ihr ... wie kann man ein solches leben leben heutzutage? ... und was haltet ihr von den kynikern ? :)

Im Angesicht der heutigen Konsumgesellschaft ein interessanter Gedanke. Ich denke auch es braucht nicht viel um glücklich zu sein.

Muss mal überlegen wo ich den Rotstift ansetzen würde...

Bei uns in der Gemeinde lebt eine Familie unter ähnlichen Gesichtspunkten. Es gibt viele die darüber tuscheln.

Ich will Kyniker werden. :)

@Dr.Manhattan

Ich denke die Einstellung ist großartig und wie das heute wohl praktizierbar wäre ist jedem selbst überlassen, z.B. würde ich in einer Großstadt zum Bettler, ein anderer auf dem Land zum Bauern und ein jemand in der Wildnis zum Sammler und Jäger.

Kynismus, davon habe ich zwar vorher nichts gewusst, aber im großen und ganzen besaß ich stets ein großes Fabel für die philosophischen Denkweisen der alten Griechen.

Hierzu gibt es einige Äusserungen des antiken Philosophen Seneca:

"Meide die lumpige Kleidung, das struppige Haar, den verwilderten Bart, den ausgesprochenen Haß gegen alles Geld, das Nachtlager auf bloßer Erde und alle jene Irrwege, die eine verdrehte Eitelkeit einschlägt.
Bei aller innerlichen Verschiedenheit mag doch nach außen hin unser Auftreten der Sitte des Volkes entsprechen.
Unser Ziel sei es, ein sittlich besseres Leben zu führen als das Volk, nicht ein entgegengesetztes: Sonst schrecken wir die, auf deren Besserung wir es abgesehen, von uns ab und verscheuchen sie.
Eine weitere Folge wäre die, dass sie an uns überhaupt nichts Nachahmenswertes finden, weil sie fürchten, uns alles nachahmen zu sollen.
Was die Philosophie an erster Stelle verspricht, ist Gemeinschaftssinn, Hilfsbereitschaft und Zusammenschluss. Zu dieser Ankündigung würden wir uns in starken Gegensatz bringen." (Aus dem 5. Brief an Lucilius)

Eigentlich finde ich die kynische Denkweise sehr sympathisch, aber es darf sich nicht so veräusserlichen, da gebe ich Seneca Recht.

@halele

ich finds auch klasse

nur zum bettler muss man glaub ich nicht werden ... obwohl das wohl im sinn des kynismus wäre

es ist einfach die suche nach wahrheit in der bedürfnislosigkeit =)

@Gurnemanz

natürlich gibts ein für und wider in dieser frage

aber es ist wohl mehr eine philosophie an sich selber angewandt ... und mehr sowas wie eine lebenseinstellung

@Dr.Manhattan

Jedenfalls würde ich es gutheißen mir einige Jahre vollkommener Freizeit gönnen zu dürfen um ein wenig über das Dasein nachzudenken, vielleicht wollten die Kyniker auch den Ablenkungen der Gesellschaft ausweichen um sich konzentrieren zu können, genau so wie es die buddhistischen Mönche tun.

@Dr.Manhattan
Du hast ganz recht, aber eine Philosophie sollte eben auch auf die Mitmenschen wirken und nicht nur auf einen selbst.

@halele
Ich bin mir sicher, dass hier der Hauptgrund für die betonte Einfachheit der Kyniker liegt.

@Gurnemanz

nun da es die kyniker nicht mehr gibt , kann man sie ja eben (nur) als einen way of life missbrauchen

jeder kann jederzeit nachlesen und sich selber ein bild machen , was sie wollten und für was sie einstanden

ich finde überzeugungsarbeit ist nicht mehr so wichtig

zudem stimm ich Seneca nicht ganz zu ... ausser in der sache , dass sie eben nicht leicht zugänglich sind ... und vieleicht ist das ja die herausforderung am kynismus =)

wenn man aber wieder überzeugungsarbeit leisten wollen würde ... dann müsste man es eben reformieren ... wie genau weiss ich auch nicht

@Dr.Manhattan


Wenn ich mit wenig glücklich werden kann, dann habe ich wohl durch das viele Unglück erfahren...wie kann ich dann mit wenig glücklich sein, wenn dabei noch viel übrig bleibt... :)

@halele

ja das glaub ich auch ... es ist auch eine art demut vor dem leben , wenn man so lebt =)

@Dr.Manhattan

und dennoch erfüllend, also ich würde den Versuch irgendwann angehen, vielleicht in einigen Jahren..

@halele

man kann ja langsam damit anfangen ... sich fragen ... was ist überfluss ?
ich weiss leider auch nicht allzugut bescheid über die kyniker ... aber ich werd mir bestimmt ein buch dazu bestellen

ich schätz es fasziniert mich einfach , dass es eine ganze art von philosophen gab ... die das so sahen wie ich auch schon oft =)

@dergeistlose

dergeistlose schrieb:Wenn ich mit wenig glücklich werden kann, dann habe ich wohl durch das viele Unglück erfahren

ja aber ist das nicht einfach der lauf der dinge ?

@Dr.Manhattan


Nur wenn man läuft... :)

Ich habe auch Diagones Schriften teilweise im (übersetzten) Original gelesen und muss sagen, dass sich alle hier, Gläubige wie Skeptiker eine Scheibe von den "Kynikern" oder aber auch von den Pyrrhoneern abschneiden können, vor allem die selbsternannten angeblichen Skeptiker, die keine wahren sind.

Um aber ein wahrer "Kyniker" (Skeptiker) zu werden, müsste man natürlich die Dinge so nehmen, wie sie sind und auch die Phänomene so akzeptieren, wie sie kommen. Das können aber die meisten Menschen nicht. Meistens sind die sogenannten Skeptiker das Gegenteil eines Kynikers oder Skeptikers, denn sie leugnen ja die Phänomene und sind damit unrealistischer als die meisten "Gläubigen".

Ich selbst würde mich als Halb-Kyniker bezeichnen, aber eben auch vom Lebensstil als Hedonisten, was wieder nicht passt.

@Dr.Manhattan

Wie gesagt, auch ich habe ein ganz besonderes Fabel für die damaligen Philosophen, überhaupt ist es undenkbar anzunehmen dass es eine Denkweise die es heute gibt nicht schon bereits damals gegeben hat, immer wieder entdecke ich dass die Philosophen zu wirklich allem eine Meinung hatten und wirklich jede Denkrichtung gründeten.

@schluessel

sind die denn lesbar ... also für einen modernen menschen ? also kommt man da mit und versteht alles?


@halele

jap ... ich werd mich auch noch ordentlich damit beschäftigen ... zuerst mal mit den kynikern =)
aber diese welt der alten philosophen hat mich gepackt ... ich bin fasziniert =)

@Dr.Manhattan
Das haben Philologen übersetzt und Diagones ist meiner Kenntnis nach nur in Fragmenten erhalten. Das heißt, es gibt sehr viele Lücken. Die Texte sind altfränkisch gebacken und erschließen sich schwierig wie jeder philosophische Text. Man muss sehr viel Hintergrundwissen über die verschiedenen Schulen der Antike haben, um Diagones richtig zu lesen - von den Stoikern über die Vorsokratiker bis zu den Akademikern müsste man schon etwas Vorbildung mitbringen, um Diagones richtig einzuordnen.

@schluessel

hmmm dann wäre eine abhandlung über ihn wohl geeigneter für mich