querdenker2016 schrieb am 06.09.2021:Tja wer ist nun der Gute???
Es gibt keine absolute Definition von gut und böse. Das ist immer nur eine moralische Bewertung auf Basis der jeweils geltenden Moralvorstellungen.
Tsurukawa schrieb am 10.09.2021:Genau. Und weil das so ist, ist die pauschale Feststellung, Mord sei nie gerechtfertigt, nicht haltbar.
Die Bezeichnung "Mord" ist halt für diese Fragestellung falsch. "Mord" beinhaltet eben schon eine Verwerflichkeit.
Tsurukawa schrieb am 10.09.2021:Die Verwendung von Sprengstoff dürfte doch wohl das Tatbestandsmerkmal "gemeingefährliche Mittel" ausfüllen.
Ja. Aber generell ist diese Diskussion in ihrem Verlauf juristisch (in Teilen) recht laienhaft. Mehr auf einer philosophischen Ebene.
Das ist nicht per se schlecht - aber es sollten dann keine Gesetzesbezüge oder "Fachausdrücke" in fachlicher Sicht verwendet werden, bzw. darüber die Debatte geführt werden.
Als Exkurs:
Für eine Strafbarkeit bei Vorsatzdelikten (z.B. eben Mord, Totschlag etc.) betrachtet man den objektiven Tatbestand (das Geschehen), den subjektiven Tatbestand (was der Täter denkt oder möchte), die Rechtswidrigkeit (ist die Handlung wirklich etwas, dass der Rechtsordnung entgegen steht) und der Schuld (kann der Täter etwas dafür).
Jemand, der einen andern aus Notwehr oder in Folge eines Notstandes tötet, ist eben kein Mörder. Er hat den Tatbestand des 211 StGB zwar erfüllt - aber die Tat ist nicht rechtswidrig. Weil er die Rechtsordnung gerade nicht verletzt hat.
Tsurukawa schrieb am 10.09.2021:Juristisch gesehen muss man jedoch, bevor man zur Prüfungsebene der Rechtfertigung gelangt, erst einmal einen Tatbestand feststellen.
Schon richtig.
Aber jemand, der "gerechtfertigt" nur den Tatbestand "Mord" erfüllt, ist eben kein Mörder. Wie Du richtig sagst, "will man das nicht", gesellschaftlich gesehen. Der Mörder ist - moralisch betrachtet - jemand, der besonders verwerflich jemand anderen tötet.
Jemand, der tötet wenn diese konkrete Handlung gesellschaftlich adäquat ist, handelt eben nicht verwerflich.
Unsere Strafgesetze sind auch kein allgemeingültiges, von Gott kommendes Gesetz. Sie dienen unserem gesellschaftlichen Zusammenleben. Sie sind Ausfluss unserer Moralvorstellungen.
querdenker2016 schrieb:Der Punkt ist aber das Mord an sich nie gerechtfertigt ist bzw. sein sollte.
Na ja - dann ist die Tötung eben kein Mord. Sondern eben "nur" das Töten eines anderen Menschen. Eine rein sprachliche Problematik.
querdenker2016 schrieb:Dann wäre das Staufenberg Attentat nicht mehr gerechtfertigt gewesen.
Sicher.
Aber eben nur, weil dann eine andere moralische Bewertung vorgenommen werden würde.
Der "Selbstmordattentäter" handelt in seinem moralischen Kontext einwandfrei. In unserem jedoch nicht. Der SS-Offizier, der hunderte Juden töten lässt, handelte in seinem Wertekanon einwandfrei - weil er (in seiner Moralvorstellung!) keine "Menschen" töten ließ, sondern "Untermenschen".
Was uns zeigt, dass wir auch heute extrem vorsichtig sein müssen, wenn wir andere aus welchen Gründen auch immer ihre Menschlichkeit absprechen. So verlockend das auch in manchen Fällen sein mag.