@tic Ist ein bisschen unglaubwürdig, wenn du hier behauptest, ein Tierleben sei erstrebenswerter, als ein Menschenleben. Tiere sind in den Möglichkeiten ihrer Entfaltung und Denken extrem determiniert. Der Mensch dagegen hat die Möglichkeit zu unglaublich vielen Freiheiten. Ich sehe am Erleben aus der Tierperspektive qualitativ eher etwas Schlechteres, als an einem Menschenerleben, nicht zuletzt aufgrund der abstrakten Vernunft des Menschen. Ich würde nicht als halbbewusstes, von Emotionen getriebenes Äffchen durch die Bäume hüpfen wollen.
Solche Meinungen drücken doch oft nur aus, dass man mit sich und der Welt maximal unzufrieden ist und die Schuld bei den Menschen, bei der Gesellschaft, bei dem System und bei anderen Allgemeinheiten sucht, die ja alle so verkommen und verblödet und eingesperrt seien, anstatt das Positive zu sehen, auf das Positive hinzuarbeiten und gleichzeitig (Macht-)Mechanismen kritisch denkend zu durchschauen, ohne eine feste Barrikadenmeinung einzunehmen. Man schiebt Verantwortung ab und findet Gründe, wieso man unglücklich sein darf. Das finde ich keinen guten Weg.
@dedux dedux schrieb:Man muesste dem Menschen als Erstes seine kulturellen Verzerrungen nehmen, dann wuesste man vielleicht wieder, was es heisst, wie ein Mensch zu leben. Man kann sich auch auf den Standpunkt stellen, dass Menschen nun mal verzerrt sind.
Dein Begriff der kulturellen Verzerrung ist wertneutral: Alles, was wir bewusst denken und sagen, ist kulturell verzerrt und wir sehen alles, wie wir es entsprechend unserer Sozialisation erlernt haben durch eine Brille. Dieses Gejammere, dass unsere Zivilisation so verblendet sei, kann ich einfach nicht gelten lassen. Was ist denn nicht verzerrt und was wäre denn frei von Illusionen und Lügen, was den Menschen davon abhält, "Mensch zu sein"?
Sollte man zurück zur Natur? Wenn ich zwischen einem Leben als ein an Naturgeister glaubender Amazonasbewohner oder als ein zivilisierterer Europäer, der zweifelsohne mehr Wissen über die Welt hat als Ersterer, wählen könnte, ich würde immer noch als Europäer leben wollen, weil es näher an der Realität ist, denn nicht alles ist relativ: Es gibt keine Götter des Donners und des Regens, aber es gibt kausale Verhältnisse und Wissen über die Welt mittels unserer Sprache und unseres Denkens. Auch Amazonasbewohner sehen ihre Welt kulturell verzerrt.
@EssentiaVitae EssentiaVitae schrieb:Ein Mensch ist meiner ganz persönlichen Meinung nach ein Lebewesen das leider dumm und blind Denkt und Fühlt und ebenso Handelt den das Denken und Fühlen ist für das Handeln verantwortlich . Es besteht aber die Möglichkeit nach wie vor das der Mensch sich entwickelt geistig ins Bewusste Denken und Bewusste Fühlen und somit als Resultat auch Bewusst Handelt.
EssentiaVitae schrieb:Nur wer sich SELBST wirklich ERKENNT VERSTEHT sich SELBST auch . Der Wahre Sehende Sieht wirklich alle anderen geben es nur vor .
Sorry, ich will dich nicht beleidigen, aber genau das ist das bösartige, esoterische Geschwubbel, das oft für Philosophie gehalten wird und das wie Aphorismen unglaublich weise daherkommt, weil es so allgemein ist, dass es nichts aussagt und nahezu alles beantwortet. Ich sage das, ohne dir bewusste Bösartigkeit vorzuwerfen. Ich glaube eher, du hast eine gute Absicht, wenn du sowas schreibst.
Heutzutage ist unsere Persönlichkeit genauso zerklüftet, wie die vielen sozialen Rollen, die wir spielen. Man kann sein Selbst also gar nicht finden, weil uns kein Kriterium sagt, welches das richtige Selbst zu sein hat. Das Selbst ist in jeder Situation ein anderes, das sich immer in Abgrenzng zu wechselnden äußeren Einflüssen befindet. Und daran ist erstmal nichts per se schlecht, weil wir als sehr vielseitige Wesen (im Gegensatz zu Menschen des 18. Jhds) nur noch so existieren können. Ich sehe darin einen Vorteil.
Menschen werden in einer Täuschung erzogen, in der sich Machtungleichheiten reproduzieren und in der uns beigebracht wird, wie frei und glücklich wir doch angeblich leben. Dabei sind wir alle genau da, wo die soziale Dynamik der Macht uns postiert. Nicht, weil irgendwelche Verschwörer uns bewusst dahinlenkten, sondern weil es sich in abermilliarden Kleinschritten eher unbewusst so reproduziert. Das kann man blind nennen - da stimme ich dir zu. Aber darüber zu diskutieren und das zu ändern, erfordert mehr als ein paar allgemeine Phrasen, wie man müsse ein wahrer Sehender werden und sein Selbst erkennen. Solche Rezepte helfen den Menschen nicht, sie verwirren und zerstören sie, weil sie ihnen nichts Konkretes geben. Sie erreichen keine Veränderung, sie rütteln nicht an den wahren Problemen, die die Menschen unglücklich machen. Das lehne ich ab.
Man kann also nicht zu einem nicht vorhandenen Selbst finden, sondern sollte sich kritisch philosophisch und soziologisch bilden.
EssentiaVitae schrieb:Es besteht aber die Möglichkeit nach wie vor das der Mensch sich entwickelt geistig ins Bewusste Denken und Bewusste Fühlen und somit als Resultat auch Bewusst Handelt.
Nun ist aber so das dieser Lernprozess ein Leben lang dauert allein schon deswegen weil man ja wirklich niemals auslernt.
Ich denke, du meinst das Richtige und denkst im Alltag kritisch nach und lässt dir nicht alles vorschreiben und willst auch glücklich werden. Das ist erstmal gut. Doch sollte man das mit mehr als "die anderen leben blind und dumm" und "zu sich selbst finden" begründen können. Solche Formulierungen ärgern mich, denn das ist Menschenverarsche (was ich dir nicht unterstellen will, deine Absicht war sicher nicht diese, aber unbewusst hast du eben sowas mitreproduziert). Ich lese und höre sowas immer wieder (auch hier auf Allmy in der Philorubrik beliebt...) und alle kommen sich dann mit solchen Allgemeinplätzen ungemein schlau vor.
Man sollte konkret werden und wissenschaftlich kritisch analysieren und nicht Verantwortung abgeben und sich sein eigenes neues Ich zurechtzimmern und damit alle anderen im Stich lassen. Im Grunde ist dieses Gerede vom Selbst-Erkennen dasselbe Muster, wie es die großen Verführer unserer Gesellschaften verwenden. Und überschwemmt uns nicht zuletzt mit einem unnütz ausstaffierten Ratgebermarkt.
@Dr.AllmyLogo Das war einfach ein Slogan, in den jeder seine Wünsche hineinprojizieren kann. Er reitet auf derselben Welle, wie alle Aussagen, die sich die diffuse Verunsicherung der Menschen zunutze machen. Rattenfängerei. Ein Mensch kann auf viele Arten gut oder schlecht leben.