@greenkeepereiner hat das stichwort "Complex Adaptive Dynamical Systems" genannt. scheint mir sinnvoller als talebs wortschöpfung. da hat er da rad wohl neu erfunden allerdings eckiger
:)Ansonsten scheint er sich in felder einzumischen wovon er kein experte ist, von architektur zu bodybuilding sozusagen broscience. ok, hab das buch zwar nich gelesen, aber ich hab bei den hype-kritiken keinen mehrwertargument gefunden.
ich hab das buch nicht gelesen, aber nach dem kommentar unten wird mir klarer worums bei taleb geht. der älter werdenden taleb ist es müde von der kühlen westlichen kultur und sehnt sich nach dem einfachen leben an der levante bzw. libanon (auch wenn das land dort am rande eines bürgerkriegs ist). die quacksalber an der uni gehen ihm auf den geist. jeder spielt sich als experte auf. - er aber denkt sich: das einfachere ist doch das bessere. so ähnlich wie der fischer zufrieden ist und nicht noch mehr fische fangen will in dem er eine fischflotte kauft. ausserdem ist doch eine kleine stadt viel beständiger (anti-fragiler) als grosse nationen usw.
nur ist das ganze eine utopie. der witz ist, dass sich eben die kleinen städte nicht durchgesetzt haben, da sie von grösseren staaten unterworfen wurden.
ansonsten preist er scheinbar steve jobs an, da seine werke einfach seien. allerdings hat die technik in den geräten nichts mit einfachheit zu tun sondern mit extrem komplizierter technik.
wie auch immer, scheint ein grosser hype zu sein, angefeuert von leicht zu begeisternden glückssuchern. das ganze erinnert an "der alchimist" bzw. "the secret" im sinne von alles wird gut, wenn du das und das tust....
mit wissenschaft hat das teil wohl so gut wie gar nichts zu tun. klingt eher nach einem "herr der ringe" märchen.
http://www.amazon.de/product-reviews/3813504891/ref=cm_cr_pr_btm_link_3?ie=UTF8&pageNumber=3&showViewpoints=0&sortBy=bySubmissionDateDescendingDas Gegenteil von fragil, zerbrechlich, so der Autor, ist nicht ein Zustand, der Gefahren einfach nur mit mehr Stabilität, Robustheit begegnet, sondern ein Zustand, aus dem heraus man sich durch den Einbruch des Unvorhergesehenen, Chaotischen weiterentwickeln kann, so dass man nicht etwa nur unbeschadet, sondern gestärkt daraus hervorgeht - Antifragilität. Damit meint Taleb einer Art universellem Prinzip auf die Spur gekommen zu sein. I.d.T. ist das, was er Antifragilität nennt, ein Charakteristikum alles Lebendigen und der evolutionären Entwicklung. Es sind die widrigen Umstände eines Biotops, die dazu führen, dass eine Spezies neue Eigenschaften ausbildet, die ihr ein besseres Leben und Überleben sichern.
Menschliche Existenz, Kultur, Zivilisation hingegen, steht immer in der Gefahr, der Versuchung zur Robustheit zu erliegen. Eine wesentliche Triebkraft insbesondere der westlichen Kultur ist die Reduktion, Beherrschung und Ausschließung von Risiken. Und immer wieder kommt man in verschiedensten Bereichen an den Punkt, wo es so scheint, dass dies nun weitestgehend gelungen ist - bis zur nächsten Katastrophe.
Diesen Grundgedanken spielt Taleb in seinem Wälzer für mannigfaltigste Konstellationen in Geschichte und Gegenwart; in Mythologie, Philosophie, Literatur und Wissenschaft; für Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und individueller Daseinsgestaltung durch. Der Eindruck, dass er dabei wohl auch ein wenig mit einem schier grenzenlosen enzyklopädischen Wissen angeben möchte, scheint sich nicht wenigen seiner Rezensenten - Fans wie Kritikern - zu vermitteln. Aber seis drum - sein Buch ließt sich allenthalben inspirierend und unterhaltsam, auch wenn man ihm nicht immer zustimmt oder so manches eher verschwommen oder überzogen wirkt.
In der griechischen Mythologie sieht Taleb Fragilität in der Geschichte von Damokles, Robustheit in der des Phönix, Antifragilität hingegen bei der vielköpfigen Hydra, der man gar nicht besser zum Wachstum verhelfen konnte, als ihr einen Kopf abzuschlagen, versinnbildlicht.
Damokles war der Überlieferung zufolge ein unzufriedener Günstling des Tyrannen Dionysios von Syrakus. Letzterer ließ - um dem Emporkömmling eine Lehre zu erteilen - bei einem luxuriösem Symposion über dessen Platz ein Schwert an einem Rosshaar befestigen. Als Damokles dies entdeckte, verging ihm der Appetit. Die Botschaft des Königs: Sieh dich vor, du wähnst dich satt und sicher und weist doch nicht, was als nächstes über dich hereinbrechen könnte. Du gierst nach immer mehr Macht und Einfluss, statt dankbar und weise zu sein. - Ein schönes Bild für Leute, die Taleb als "Turkeys" - Truthähne bezeichnet. Die Experten und Prognostiker, die uns - stets mit dem Anspruch der Wissenschaftlichkeit - erklären, was als nächstes kommt. Auch der Truthhahn "denkt" streng fakten- und evidenzbasiert. Der Farmer verwöhnt ihn ja jeden Tag und er wird kugelrund unter seiner Fürsorge. Mit jedem Tag ist die Annahme, dass alles bestens ist, statistisch ein wenig besser belegt. Bis zum Tag vor Thanks Giving.
Überhaupt steht Taleb mit dem gängigen Wissenschaftsbetrieb auf Kriegsfuß. Mit dem Mathematiker Benoît Mandelbrot kooperierte und verstand er sich bestens. Für sein Verhältnis zum Psychologen und Verhaltensökonomen David Kahneman, der ihn zwar bei aller Freundschaft nicht unkritisch sieht, ihm aber dennoch bescheinigt, sein Denken verändert zu haben, gilt dies ebenso. Sein - bei Verfassung des Buches abgebrochener, inzwischen allerdings wieder fortgesetzter - Ausflug in den universitären Lehrbetrieb hingegen hatte offenbar keinen guten Eindruck hinterlassen. Hier sei er Menschen begegnet, die sich anmaßen, in den großen Fragen unserer Zeit Experten zu sein, und dabei in einer Pseudowelt leben; prognostizieren und über Risiken philosophieren, ohne je ein existenzielles Risiko eingegangen zu sein.
Sicherlich etwas übertrieben, ebenso wie der verklärten Rückblick auf seine Zeit als Trader an der Wallstreet - die er als eine gesunden Sportsgeist erfordernde Welt ständiger Rivalität und Herausforderung, die aber durchaus von lebensnahem Pragmatismus und gewissen Ehrenkodices geprägt sei, beschreibt. Verständlich ist seine Nostalgie natürlich. Als Hedgefondmanager hatte er seinerzeit allen Buh-Rufen zum Trotz auf fallende Kurse gewettet und die Finanz- und Immobilien-Krise in The Black Swan" 2007 vorausgesagt. Als diese dann ein Jahr später hereinbrach, wurde er steinreich durch seine Transaktionen; reich und berühmt durch sein Buch, das zum Megaseller und Kultbuch der Börsenszene wurde und zum begehrten Ratgeber in Politik und Finanzwelt obendrein.
Aber er schwelgt auch in der Erinnerung an die levantischen Suks seiner Kindheit. Hier käme nur das Beste im Menschen zum Vorschein: Nachsicht, Ehrlichkeit, Liebe, Vertrauen und Offenherzigkeit." Solche Formen des Handels in einem überschaubaren Rahmen seien seines Erachtens das einzige Tor zu jeglicher Form von Toleranz."
Besonders angetan haben es Taleb antireligiöse Fanatiker wie Richard Dawkins, Sam Harris, Daniel Dennett. Für ihn sind die sog. Neu-Atheisten engstirnige Dogmatiker, "naive Rationalisten". I.d.T. wirkte in öffentlicher Diskussion selbst der eloquente Christopher Hitchens (R.I.P.), ehedem eine Art Popstar der neu-atheistischen Szene, neben Taleb wie ein neunmalkluger Schuljunge.
Seit der Aufklärung, so Taleb, wollen wir Entscheidungen nur noch anhand umfassender Informationen treffen - und übersehen regelmäßig, dass die Welt viel zu komplex ist, um auf einer solchen Basis langfristige Strategien zu entwickeln.Vor der Aufklärung seien wir weiser gewesen; mithilfe der Religion in der Lage, trotz mangelhafter Informationen vorwärts zu gehen. Das lag zum Einen daran, dass Religionen ein evolutionär erfolgreich erprobtes, kulturspezifisches Grundraster für Entscheidungsprozesse zur Verfügung stellen, zum anderen, dass sie ein existenzielles Grundvertrauen ermöglichen, das vor übersteigertem Aktivismus, der oft mehr schadet als nutzt, bewahrt. Nur selten erkennen wir unter den Segnungen der Religion den Umstand, dass sie den Interventionsirrtum begrenzt."
Rationalisten verrennen sich regelmäßig; wer antifragil ausgerichtet ist, bleibt nah am Leben. Die großen Neuerungen der Wissenschaft wurden nicht von den oft deduktiv denkenden professionellen Wissenschaftlern mit ihren großen Gedankengebäuden, aufwendigen Laboren und Forschungseinrichtungen hervorgebracht, sondern von Tüftlern, Querdenkern und innovativen Praktikern - Antifragilisten, die auf konkrete Herausforderungen konkrete Antworten fanden.
Antike Stadtstaaten oder mittel-europäische Fürstentümer hätten kriegerische Auseinandersetzungen wie einen Volkssport betrieben. Krieger oder Ritter traten gegeneinander an und akzeptierten bei einer Niederlage die Bedingungen des Siegers - bis zum nächsten Streit. Darüber, ob dgl. zu begrüßen ist, kann man geteilter Ansicht sein. Aber, so Taleb, man verhielt sich antifragil, blieb wehrhaft und kampferprobt und die Opferzahlen hielten sich in Grenzen. Die eigentlichen zivilisatorischen Katastrophen erlebte die Welt gerade dadurch, dass man jede Bedrohung auszuschließen versuchte. Hochgerüstete Imperien und eine entsprechende Bündnisspolitik sorgten dafür, dass aus Regionalkonflikten, globale Flächenbrände wurden. Das Verteidigungspotenzial" moderner Waffen führte dazu, dass Millionen Unschuldige, Frauen und Kinder - die der mit Lanze, Schwert und Schild gerüstete griechische Hoplit noch problemlos schützen konnte - ihr Leben lassen mussten.
Das Bankensystem wurde im Laufe der Jahrzehnte nicht zuletzt auch durch die Basel-Vereinbarungen, die es doch eigentlich sicherer machen sollten, in einer Weise hochgezüchtet, dass der Bankrott eines der großen Institute einer Katastrophe für die gesamte Finanzwirtschaft gleich kommt. Das Bemühen nach Robustheit hat die Risiken für die Weltwirtschaft also noch erhöht. Antifragilität tut Not - kleine Unternehmen, die manövrierfähig sind und auf Krisen und Herausforderungen flexibel und effektiv reagieren oder auch ohne Schaden für das System ausscheiden bzw. sich neu erfinden können. So sieht es Taleb bspw. in der Gastronomie verwirklicht. Dadurch, dass Restaurants ständig um ihre Kunden konkurrieren müssen, wird das System insgesamt immer besser.
Die moderne Medizin, so Taleb, will mit gigantischem Aufwand dafür sorgen, den Menschen robuster zu machen. Gesünder seien wir dadurch mitnichten. Bestenfalls werden wir mit all unseren Zivilisationskrankheiten immer älter. Auch hier wäre mehr dadurch getan, dass Menschen sich vor ungesunder Ernährung bewahren, statt Cholesterinblogger zu schlucken, sich körperlich fit halten, statt Kreislaufmedikamente einzunehmen - kurzum spätestens bei auftauchenden gesundheitlichen Problemen, die dem Betroffenen seine Fragilität vor Augen führen, kreativ und konstruktiv zu reagieren. Der Burnout-Epidemie begegnet man nicht erfolgreich, indem man einseitig auf Stressreduktion setzt, sondern indem man Stressoren und Herausforderungen aktiv begegnet.
Wenn Antifragilität eine Eigenschaft derjenigen natürlichen (und komplexen) Systeme ist, die sich durchsetzen konnten, dann werden diese Systeme logischerweise darunter leiden, wenn sie Volatilität, Zufälligkeit und bestimmten Stressoren nicht länger ausgesetzt sind. Sie werden schwächer, sterben oder gehen in die Luft. Indem wir Zufälligkeit und Instabilität unterdrücken, haben wir die Wirtschaft, unsere Gesundheit, das politische Leben, das Erziehungswesen, fast all unsere Lebensbereiche fragilisiert."