Es geht mal wieder um Ego-Auflösung.
20.09.2012 um 23:33
„Es kommt gar nicht darauf an, wie ich diesen Augenblick erlebe. Es kommt nur darauf an, dass ich ihn erlebe. Die Welt lässt sich nur in Gegensätzen erschließen. Freude definiert sich erst durch Trauer, Gut erst durch Böse. Und wenn ich mich jetzt richtig mies fühle, sollte ich mich doch darüber freuen. Denn je schlechter ich mich fühle, desto höhere Sphären der Glückseligkeit öffnen sich mir zukünftig. Zudem macht es doch irgendwie Spaß, im Selbstmitleid zu zerfließen. Ich bin weit davon entfernt, dies als tiefgründige Einsicht anzusehen, sie ist allgegenwärtig, oder zumindest seit Heraklit nichts Neues mehr. Auch Volksweisheiten spiegeln die Essenz dieser Erkenntnis wieder: „ Auf Regen folgt Sonnenschein.“
Also, warum freue ich mich nicht über mein Elend? Ich kann es nicht, ich kann es nicht können. Und ich bin froh darüber, denn sonst könnte ich mich nicht mehr freuen. Ich weiß nur, dass auf Regen Sonnenschein folgt, nein, ich weiß es noch nicht mal, denn ich kann nicht in die Zukunft sehen. Ich kann nur darauf vertrauen, dass sich die Zukunft prinzipiell nicht anders ausgestaltet als das bisher Erlebte, sich mit meinen bisherigen empirischen Feldstudien deckt. Ich kann nur hoffen, dass auf Regen Sonnenschein folgt. Jedoch erhoffe ich mir einen Sonnenschein, der mehr als einen temporären Wetterumschwung bedeutet, ich wünsche mir einen Sonnenschein, der meine emotionale Sinuskurve zum Schmelzen bringt und die Wolken des Trübsaals für immer vertreibt. Leider bin ich mir bewusst, dass es dauerhaften Sonnenschein genauso wenig geben kann wie dauerhafte Freude, denn ebenso, wie sich Tag und Nacht gegenseitig bedingen, verhält es sich nun mal eben mit der Freude und dem Trauer.
Es ist, als stehe man auf einer Leiter, von der man in seinem Leben nicht absteigen kann, aber auch die oberste Sprosse bleibt ein Leben lang unerreicht. Es geht immer nur herauf und herab. Gefangen auf den Sprossen des Lebens.
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