Pen & Paper - Rollenspielgruppe
04.02.2018 um 16:51
Hier nochmal Arns Brief an seinen Tempelvorsteher, in dem er ihm die bisherigen Ereignisse unserer Reise schildert:
Schwertbruder Löwenbrand,
ich bin mir bewusst, dass wir in der Vergangenheit unsere Differenzen hatten. Doch im Namen Rondras, bitte, verwerft nicht gleich, was euch hier schreibe, denn bei allem, was heilig ist, jeder Wort davon ist wahr.
Wie in meinem letzten Brief beschrieben, wurde ich auf meiner Reise zum Andergaster Tempel von stets dem gleichen Traum heimgesucht: Ich flog in Gestalt eines Seeadlers über Thorwal hinweg und dann nach Norden übers Meer. Auf Anraten von Schwertbruder Leuenschlag folgte ich diesen Träumen.
Zusammen mit zwei Gefährten, die ich auf dem Weg kennengelernt hatte, einer horasischen Gelehrten namens Scientia Asteria un einem Elfen aus dem fernen Norden namens Svelion Frostsagt, fuhren wir den Ingval hinab Richtung Thorwal. Auf dem Weg dorthin koonte ich mich von ihrem Mut und ihrem Können überzeugen, als wir gegen den abtrünnigen Ritter Hagol von Sturzenbach vorgingen, der götterlästerliche Experimente an Kindern durchführen ließ, um ein Elixier der ewigen Jugend herzustellen. Seid versichert, dass die Kinder gerettet wurden und von Sturzenbach sein verdientes Ende gefunden hat.
Daraufhin sind wir nach weiter nach Thorwal gesegelt, wo wir am Wintersonnenwendenfest der Hetfrau der Hetleute teilnahmen. Wie jedes Jahr gaben die versammelten Recken und Reckinnen ihre Heldentaten des vergangenen Jahres zum Besten. Doch dieses Mal kam es zum Streit zwischen den beiden berühmtesten Kapitänen, Asleif "Foggwulf" Phileasson und Beorn dem Blender. Um ein Blutvergießen zu verhindern, schritt die Hetfrau ein und verkündete, dass die beiden diesen alten Streit durch eine Wettfahrt um ganz Aventurien entscheiden sollen.
Diese Ankündigung löste einen großen Tumult aus, in dem die beiden Kapitäne begannen, Mannschaften für diese Fahrt anzuheuern. Dabei erfuhr ich auch den Namen von Kapitän Phileassons berühmtem Schiff: die "Seeadler".
Mit dieser Erkenntnis versenkte ich mich am nächsten Morgen ins Gebet und bat Rondra um Führung. Nach intensivem Gebet war ich mir sicher, dass dies mein Weg sein sollte und meine Reisegefährten und ich schlossen uns Phileasson an. Eine Woche später rief uns die Hetfrau wieder zu sich, um uns die Bedingungen und die erste Etappe unserer Reise zu erklären:
"Ihr werdet zwölf Aufgaben zu lösen haben, und euer Weg wird um das ganze bekannte Aventurien führen, und manchmal sogar darüber hinaus.
Ihr dürft eure Konkurrenten auf der Reise behindern, aber es ist verboten, sie zu töten. Ihr werdet als Fürsten und als Bettler reisen, in Kälte und in Hitze, verzweifelt und voller Hoffnung. Seid gewiss, Mut und Stärke allein werden nicht ausreichen, euch ans Ziel zu bringen.
Achtzig Wochen gebe ich jedem, dieses gewaltige Abenteuer zu bestehen, und damit ihr die Aufgaben auf ehrenvolle Weise löst, wird jede Gruppe von einer jungen Travia-Geweihten begleitet werden. Die Geweihte soll darüber wachen, dass bei dem Rennen die Regeln der Ehre eingehalten werden. Ihr Urteil wird am Ende der Reise über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Eure ersten beiden Missionen erfahrt ihr nun von mir, die restlichen Aufgaben werden euch erst im Verlauf der Reise bekanntgegeben.
Fahrt zunächst ins Yeti-Land und fangt dort einen der riesenhaften zweizahnigen Kopfschwänzler! Aber geht acht und fangt das Tier lebend, damit es an meinen Hof gebracht werden kann. Während ihr eure Schiffe dann mit der kostbaren Fracht nach Thorwal schickt, Phileasson und Beorn, sollt ihr selber mit wenigen Auserwählten in den äußersten Norden aufbrechen, um dort den Turm zu finden, mit dem die Welt am Himmelsgewölbe aufgehängt ist und der deshalb von den Firnelfen Himmelsturm genannt wird. Ergründet seine Geheimnisse und reist dann nach Frigorn, um dort eure nächste Aufgabe zu erfahren."
Von diesen Worten geleitet, brachen wir zu unserer Wettfahrt auf. Doch bereits wenige Tage später suchte ein Sturm von so enormer Kraft das Meer heim, wie ihn selbst der launige Herr Efferd selten entfesselt. Mit letzter Kraft und nur dank des Beistands der Zwölf vermochten wir uns in den Hafen Olports zu retten. In den folgenden Tagen reparierten wir das Schiff und ich erhielt einen ersten Hinweis, warum die Göttin einen ihrer Diener auf diese Reise geschickt hat. Denn Seltsames ging von statten in Olport. Zuerst verließen alle Elfen, die dort lebten bei unserer Ankunft fluchtartig die Stadt und dann wurde in der Runajasko, der dortigen Magierakademie, eine dunkle Macht entfesselt, die nur durch die vereinten Kräfte der versammelten Tempelvorsteher eingedämmt werden konnte. Sie drängten uns, unsere Reise so schnell wie möglich fortzusetzen und so ließen wir auf Windes Schwingen die hohen Klippen Olports hinter uns.
Bei gutem Wind und klarem Wetter folgten wir weiter unserem Kurs nach Norden, passierten die trügerischen Eisberge von Ifirns Ozean und landeten an den Gletschern, die das Yetiland umgeben. Nach kurzer Rast machten wir uns erneut auf den Weg, dieses Mal jedoch mit Eisseglern. Bei der Erkundung des Gletschers stießen wir immer wieder auf Spuren von Beorns Mannschaft, die uns offenbar um einige Tage voraus war, und zuletzt auf die verwüsteten Überreste eines ihrer Lager. Während wir noch rätselten, wer den Ort so verwüstet hatte, offenbarte sich uns die Antwort nach einigem Suchen, als ein Volk von großen, weißbepelzten humanoides - die Yetis, nach denen das Land benannt ist. Offenbar war es zu einem tragischen Missverständnis mit verheerenden Auswirkungen zwischen ihnen und Beorn gekommen und zunächst schien es, als ob auch wir uns ihnen zum Kampf stellen müssten. Doch durch die Umsicht und großen Kenntnisse meiner Gefährten waren wir in der Lage nicht nur mit ihnen zu verhandeln sondern nach einigem Zögern sogar Freundschaft zu schließen. Wie wichtig diese sein würde, sollte sich uns jedoch erst später offenbaren.
Denn nachdem sich die Matriarchin des Yeti-Stammes, Mutter Grandel, von unseren hehren Absichten überzeugt hatte, führte sie uns über den Gletscher bis zu einem Eingang in das felsige Innere der Insel. Unter ihrer Führung beschritten wir diesen Weg, umgeben auf allen Seiten von Eis und Gestein. Ein unglaublicher Anblick und doch nur die geringste Überraschung, die uns noch bevorstehen sollten. Denn Mutter Grandel entpuppte sich nicht nur als weise Anführerin ihres Stammes, sondern als eine magisch verkleidete Elfe namens Galandel - eine, wie ich später erfahren sollte, der Letzten aus dem legendären Geschlecht der Hohen Elfen. Und während wir noch völlig gebannt von dieser Enthüllung waren, eröffnete sie uns schon das nächste Wunder - ein Wald von Pflanzen, wie ich sie noch nie sah, mitten im Es und bevölkert von Tieren, die selbst meiner gelehrten Gefährtin Scientia die Sprache verschlugen. Galandel führte uns mitten durch diesen noch von keines Menschen Fuß berührten Urwald zu einem weiteren Yeti-Dorf und erzählte uns, dass das Ziel unserer Reise, der Himmelsturm, tatsächlich real ist. Es handelt sich um eines der großen Werke ihres Volkes, doch sie warnte uns auch: Der Turm sei mit dem Blut der Hochelfen getränkt, Verrat und Gräuel, deren Namen nicht genannt werden sollten, sollten alles sein, was dort nach einem blutigen Bruderkrieg noch zu finden sei und die Götter selbst hätten den Ort verflucht. Die wenigen Überlebenden, die dem Unheil zu entgehen vermochten, hätten sich danach in den eisigen Weiten des Nordens verteilt, und den Turm nie wieder betreten. Doch bevor sie uns den Weg weisen würde, sollten wir uns zunächst als würdig erweisen. Sie ließ sich allerdings kaum etwas darüber entlocken, wie das geschehen sollte. Nur dass wir den Tieren des Waldes nichts tun.
Etwas später sahen wir von unserer erhöhten Position aus am Eingang des Tals Kapitän Beorn und seine Mannschaft. Wir beschlossen, sie ebenfalls über diese Warnung zu unterrichten und machten uns auf den Weg zu ihnen. Wir erreichten sie am nächsten Morgen und stellt euch meine Überraschung vor, als ich dort auf niemand anderen als euren Neffen Ulfried stieß. Ich begrüßte ihn freudig, doch er war überaus abweisend und beschimpfte mich gar als Eidbrecher. Ich versuchte, ihm zu erklären, dass ich nur Rondras Ruf gefolgt war, doch er wollte mir nicht zuhören. Ich wollte keinen weiteren Streit beginnen und wollte mich gerade abwenden, als Ulfried stöhnend zusammenbrach. Ich eilte zu ihm, um ihm zu helfen, doch er wehrte sich dagegen. Dann hatte ich plötzlich eine Eingebung, vielleicht von der Göttin selbst, und wandte ich mich zu Beorn um, der uns still beobachtete. Meine Zunge verselbstständigte sich, als ob jemand anderes durch mich spräche und ich fragte ihn, was mit seinem Auge los wäre. Er grinste nur boshaft und fragte: "Dieses hier?", bevor er seine Augenklappe hob. Darunter kam ein purpurnes Leuchten zum Vorschein, und als ich hineinblickte, war mir, als ob alles Gute aus der Welt verschwunden wäre, selbst unsere Göttin. Es war furchterregend, als hätte eine kalte Hand mein Herz aus der Brust geschnitten. Ich stolperte zurück und versuchte noch, Ulfried mitzuziehen, doch er wehrte sich erneut. Unter Beorns Gelächter zogen meine Gefährten und ich uns zurück in den Dschungel, doch der Anblick seines Auges sucht mich seitdem in meinen Alpträumen heim und nach langer Überlegung befürchte ich, dass Beorn vielleicht kein gewöhnlicher Mensch mehr ist. Sein Auge erinnert mich an alte Aufzeichnungen., über ähnlich gezeichnete Diener des dreizehnten Gottes und dass er vielleicht der Grund ist, warum Rondra mich auf diesen Weg geschickt hat.
Wir kehrten daraufhin zurück ins Yeti-Dorf, wo uns eine erfreute Galandel erklärte, dass ein solcher Akt der Selbstlosigkeit, wie unsere Konkurrenten zu warnen, uns als würdig kennzeichnet und wir erhielten nicht nur die Erlaubnis, einen der hier heimischen zweizähnigen Kopfschwänzler zu fangen, sondern sie würde uns auch erklären, wie wir zum Himmelsturm gelangen können. Begleitet von ihrem Rat machten wir uns am nächsten Morgen auf den Weg. Doch vor unserem Aufbruch gab uns Galandel noch ein Geschenk mit: einen Kristall, der , in einem antiken Heiligtum ihrer Götter aufgestellt, uns den Weg zum Himmelsturm weisen würde. Wir folgten ihrem Rat und geleitet vom Licht der Praiosscheibe, das sich im Kristall brach, gelangten wir zum Ziel unserer Reise: dem Himmelsturm. Lasst mich euch sagen, dass keine Legende der Größe und der Majestät dieses monumentalen Bauwerks gerecht wird.
Doch wird die Schönheit dieses Ortes auch nach all den Jahrtausenden noch immer getrübt von den Spuren des Bruderkrieges, der dort wütete. Wir erkundeten die vielen Dutzend Hallen und Kammern, von der Aussichtsplattform an der Spitze bis in die Tiefen Deres hinein, denn der Turm reicht mindestens so weit in die kalten Wasser von Ifirns Ozean und den Fels darunter, wie er nach oben in den Himmel ragt. Wir fanden auch Überreste der hochelfischen Magie, aber die ganze Zeit dräute ein Gefühl von verborgener Dunkelheit am Rand meines Bewusstseins.
Meine Befürchtungen sollten bestätigt werden, als wir tiefer in den Turm eindrangen. An den Wänden fanden sich Bilder, die zeigten, dass sich eine der Hochelfen namens "Pard-ona" (wir glauben, dass der Name aus dem Hochelfischen so oder so ähnlich ausgesprochen wird) zu einer GOTTHEIT aufschwingen wollte. So lächerlich dieser Gedanke auch scheinen mag, so scheint der Sturz des Himmelsturms doch ihr Wirken gewesen zu sein und sie scheint auch immer noch in den Tiefen desselben zu hausen. Zudem schienen die Bilder darauf hinzudeuten, dass sie Portale geöffnet hat, durch die seltsame Kreaturen unsere Welt betraten. Es handelte sich um Dämonen, wie wir bald darauf herausfanden, als wir auf eines dieser Portale stießen. Es wurde bewacht von Abscheulichkeiten, für die gottesfürchtige Menschen keinen Namen haben: Mischwesen aus Hochelfen und Dämonen! Doch, den Zwölfen sei Dank, waren wir in der Lage diese Kreaturen in die Finsternis zurückzutreiben, aus der sie einst gekrochen kamen. Und auch das Portal konnte der Macht der Götter nicht widerstehen und wurde geschlossen.
Entschlossener denn je, den Geheimnissen des Turms auf den Grund zu gehen, stiegen wir immer tiefer hinab, bis wir in eine Kammer gelangten, in der Dutzende Sklaven daran arbeiteten, die Gewölbe noch tiefer in Dere hineinzugraben. Bewacht wurden sie von weiteren abartigen Geschöpfen. Wir verwickelten wir sie einen Kampf, während zwei unserer Gefährten die Gefangenen nach oben führten. Mit Rondras Beistand hielten wir die Kreaturen zurück und durch unsere Bemühungen brachten wir die Kammer zum Einsturz. Doch bevor wir alles unter Trümmern begraben war, erhaschten wir noch einen letzten Blick auf die Kammer und durch ein großes Fenster auf das, was darunter liegt: Unser Blick fiel auf den Meeresgrund und dort, verborgenen vor den Augen der Welt, sahen wir eine enorme durchsichtige Kuppel und darin eine Stadt. Eine Stadt gefüllt mit Hunderten, vielleicht sogar Tausenden von Monstrositäten, wie wir sie im Turm bekämpft haben. Dann entzog der aufsteigende Staub sie unseren Blicken und wir flohen, hinauf zu unseren Eisseglern, während sich der Turm schüttelte, als wolle er jeden Moment einstürzen.
Doch wir schafften es nach oben, ohne jemanden zu verlieren und verließen diesen Ort auf einem großen elfischen Eissegler, den wir dort gefunden hatten. Wir sind gestern wieder im verborgenen Tal angekommen, wo wir von den Elfen und Yetis herzlich willkommen geheißen wurden.
Unsere ersten beiden Questen sind damit erfüllt und wir wollen nachher Richtung Fingorn aufbrechen, um dort unsere nächste Aufgabe zu erfahren.
Doch das nagende Gefühl bleibt bestehen und sowohl unsere Travia-Geweihte Shaya als auch ich sind uns sicher, dass der namenlose Gott seine Finger in diesem Spiel hat. Sowohl im Himmelsturm als auch darüber hinaus. Zusammen mit unserer Begegnung mit Beorn in diesem Tal zeichnet sich ein düsteres Bild ab. Insbesondere die Stadt auf dem Meeresgrund bereitet mir größte Sorgen. Sie ist eine Brutstätte des Bösen und ich glaube nicht, dass der Einsturz der unteren Turmstockwerke es dauerhaft aufhalten wird. Wir müssen etwas dagegen tun, bevor sie bereit sind zuzuschlagen!
Ich bitte euch noch einmal, meine Worte ernst zu nehmen.
Mit tiefstem Respekt
Knappe der Göttin Arn Eisenseite von Havena
Geschrieben am 2. Phex 1008 Anno calamitatis Bosparanis