@TussineldaIch habe nicht behauptet, dass mir die Aussage des Ballistikers nicht reicht, sondern nur deren Inhalt in verkürzter Form mit eigenen Worten wiedergegeben. Es ist nachvollziehbar, dass die Anklage der Version ihres Experten folgt und daher mit größerer Wahrscheinlichkeit von Schüssen ohne Prothesen ausgeht. Aus demselben Grund nimmt sie ja auch an, dass es wahrscheinlich (auch) Schläge gegen die Klotür ohne Prothesen gab, was OPs Version widerspricht.
Dass die Polizeiarbeit in Teilen recht schlampig war, ist unbestritten. Derzeit kann ich aber nicht erkennen, dass dadurch die Bewertung des Falles in den zentralen Punkten beeinflusst wird.
Für die Beschädigungen im Haus kann es unterschiedliche Erklärungen geben. Kein Experte wird mit absoluter Sicherheit feststellen können, wodurch sie verursacht wurden. Ich kann mir vorstellen, dass die Anklage aus diesem Grund auf umfangreiche Untersuchungen verzichtet hat und sich auf die Kernpunkte des Falles konzentriert. Schon an anderer Stelle hatte ich geschrieben, dass ich es für denkbar halte, dass man im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse darauf verzichtet hat, Recherchen anzustellen, wo es ungewiss ist, ob man zu einem klaren Ergebnis kommt. Evtl. wurde es daher für nicht nötig erachtet, sich in Detailfragen, die sich auf die juristische Bewertung nicht elementar auswirken, zu verstricken, sofern diese nicht bewiesen werden können, z.B. weil OP sich raus reden kann oder weil es auch zwischen Sachverständigen/Experten unterschiedliche Auffassungen gibt.
Die unbestrittene Faktenlage spricht zunächst einmal für die Version der Anklage:
Auf Reeva Steenkamp wurde 4mal durch die geschlossene Klotür geschossen. Sie wurde 3mal tödlich getroffen. Oscar Pistorius hat gestanden, dass er der Schütze war. Ihm war bekannt, dass Reeva sich zusammen mit ihm im Haus aufhielt. Das sind meiner Ansicht nach die wichtigsten Punkte.
Wenn OP nun behauptet, dass es sich um einen Irrtum bzw. Unfall handelt, ist es zunächst an ihm, diese Version glaubhaft darzulegen, um an der Faktenlage, die klar gegen ihn spricht, angemessene Zweifel zu begründen. Nach meiner Einschätzung ist ihm das nicht gelungen. Die Zeugenaussagen der bisher gehörten Nachbarn widersprechen seiner Version. Es wurden Schreie einer Frau vor und während der Schüsse gehört. Der Ballistik-Experte stellte fest, dass der erste Schuss Reeva Steenkamp in der Hüfte traf und sie zusammenbrechen ließ, aber nicht sofort töte. Sie hatte Zeit zu schreien und sich in eine Abwehrposition zu bringen. Auch der Pathologe geht davon aus, dass sie geschrien hat (alles andere wäre unnormal gewesen).