@RabenfederVor einiger Zeit wurde hier ein Artikel eingestellt, der sich u.a. auch auf die in Betracht kommenden Rechtsmittel nach dem Urteil in einem Strafverfahren befasst:
http://www.groundup.org.za/content/guide-being-tried-murder-south-africa“Which courts can be appealed to and who grants leave to appeal?
Where the accused has been convicted by a single judge of the High Court, she may seek leave to appeal against her conviction or sentence (or both) by applying to the same judge who convicted her. That judge must decide whether there is a reasonable prospect that an appeal court would reach a different finding. If the judge decides the appeal does have reasonable prospects of success, she can grant leave to appeal either to a full court (three judges) of the High Court or, if the matter is difficult, straight to the Supreme Court of Appeal.
If the single High Court judge refuses leave to appeal, that decision is itself appealable: the accused may petition the Supreme Court of Appeal, asking it to overturn the single judge’s refusal and grant leave to appeal.
The Constitutional Court is the highest court. It decides who can bring appeals to it. Normally it gives leave to appeal to it only in constitutional cases, but it can also decide a case if it involves an arguable point of law of general public importance.”
Auch hier werden die appeal options nochmal dargestellt:
http://www.mediaclubsouthafrica.com/democracy/3733-faqs-on-the-oscar-pistorius-trialDie Richterin kann auf Antrag des Angeklagten entscheiden, ob sie eine Berufung zulässt. Das geschieht in Abhängigkeit davon, ob sie eine realistische Chance sieht, dass ein Berufungsgericht zu anderen Feststellungen kommt.
Wenn sie eine Berufung nicht zulässt, kann diese Entscheidung allenfalls mit einer Petition beim obersten Berufungsgericht angegriffen werden.
In Ausnahmefällen kann auch das Verfassungsgericht als höchste Instanz angerufen werden, wenn es in dem Verfahren um einen strittigen Punkt geht, dessen Klärung im Interesse der Allgemeinheit liegt.
Im Normalfall werden im Rahmen des Berufungsverfahren keine neuen Beweismittel eingebracht (das wird zum Ende des ersten verlinkten Artikels erklärt). Das Berufungsgericht prüft erneut die Fakten und deren rechtliche Bewertung. Die Entscheidung des vorinstanzlichen Gerichts wird aber regelmäßig nur dann aufgehoben, wenn eindeutige Fehler feststellbar sind. Wo es Ermessensspielräume gibt, werden diese also respektiert.
Zu dem Urteil und dem Strafmaß traue ich mir keine Prognose zu. Ich persönlich halte aber eine Verurteilung wegen Mordes in diesem Fall für absolut gerechtfertigt. Für mich wäre es nicht nachvollziehbar, wenn eine solche Tatbegehung als Fahrlässigkeit bewertet würde. Ohnehin finde ich in diesem Zusammenhang die Ausdrücke wie „Irrtum“, „Fehler“ oder „Unfall“ völlig unpassend, weil sie das Geschehen verharmlosen.
Genauso unpassend empfand ich heute das Grinsen OPs im Gerichtssaal. Bleibt zu hoffen, dass ihm das nach dem Urteilsspruch erstmal vergeht.
:(Zum heutigen Tag teile ich die Einschätzung der meisten hier:
Auch der sound experte konnte OP mMn nicht entlasten. Er bestätigt, dass die Zeugen auch in 177m Entfernung die Schreie hören konnten. Dazu, ob diese die Schreie mit ihrer Bewertung als Frauenschreie richtig interpretiert haben, konnte er (natürlich) nichts sagen und es damit auch nicht widerlegen. Zuvor hat er aber immerhin eingeräumt, dass Frauenstimmen neben der höheren Tonhöhe auch einen typischen klanglichen Charakter haben, den man erkennen kann.
Auch ohne Gegengutachten wurde durch die Befragung Nels deutlich, dass einige wichtige Faktoren bei der Durchführung der Tests nicht berücksichtigt wurden und sich z.B. bei der Einbeziehung eines üblichen Korrekturaufschlages für die Hörbarkeit schon signifikante Unterschiede ergeben. Auch wurde das Hörvermögen der Zeugen als ganz zentraler Umstand komplett außenvorgelassen. Genauso ergeben sich Unterschiede, wenn man für das geschlossene Fenster weniger als die unterstellten 25 db als Abzug ansetzt, was insbesondere dann gerechtfertigt wäre, wenn das Fenster nicht ganz dicht abschließt. Geht man statt eines Schreies von 110 db von 120db aus (was in der Extremsituation naheliegt), ergeben sich erneut wesentliche Unterschiede. Auch dass durch die Fliesen sich das sound level erhöht, wurde nicht berücksichtigt, da sich dieser Umstand schlecht quantifizieren lässt.
Zum Ende hin räumte der Experte ja auch sinngemäß ein, dass ein Geräusch mit speziellem klanglichen Charakter unabhängig von der Lautstärke besser gehört wird. Dies wird für die angstvollen Schreie sicher zutreffen. Damit wird insgesamt deutlich, dass die Werte keine verbindliche Aussagekraft haben. Das räumt er im Grunde selbst ein, wenn er feststellt, dass die Zeugen die Schreie durchaus gehört haben können und es somit keinen Grund gibt, davon auszugehen, dass diese Zeugen (unter Eid) gelogen haben.
Für morgen kann ich mir auch vorstellen, dass Nel die Gelegenheit nutzt, um im Kreuzverhör „character evidence“ zu Ungunsten OPs einzubringen.