mothwoman
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dabei seit 2007
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s war einmal eine arme Witwe, die hatte ihren letzten Groschen ausgegeben. Sie hatte sich dafür zu essen gekauft, und als sie das verzehrt hatte, da machte sie ihre Küche blank, wusch das einzige Kännchen, das sie noch hatte, und setzte es draußen vor die Tür zum Trocknen. Dann schloss sie die Untertür und danach auch die Obertür und dachte: Was soll nun aus mir werden?@mothwoman
Aber während sie so saß und sann, fing das Kännchen an zu rollen und rollte so lange fort, bis es zu einem Schlächter kam. Da stand gerade eine Frau, die hatte Suppenfleisch gekauft und hatte nichts mitgebracht, wo sie es hineintun konnte. Sie sah das leere Kännchen und sagte: "Das kommt ja. wie gerufen für mein Fleisch." Aber sowie das Kännchen merkte, dass es war gefüllt, da rollte es weg. Und ehe man es fassen konnte, war es den Leuten schon aus den Augen und rollte nach Haus zurück. Da bumste es an die Tür.
Die Frau rief: "Wer ist da?'"
Das Kännchen antwortete: "Kännchenvoll; fühl nur mal in mein Hollebolle-Bäuchlein!"
Die Frau tat die Tür auf und da fand sie das herrlichste Suppenfleisch. Den anderen Tag ging das ebenso. Als die Frau ihre Suppe gegessen und das Kännchen ausgewaschen hatte, setzte sie es wieder draußen vor die Tür zum Trocknen und tat die Tür zu, und das Kännchen fing nun wieder an zu rollen und rollte fort, bis es zu einem Krämer kam. Da war jemand, der Kaffee und Kandiszucker kaufte, und der Krämer tat es aus Versehen in das Kännchen. Das Kännchen rollte weg und machte schnell, dass es wieder nach Hause kam, und bumste gegen die Tür.
"Wer ist da?"
"Kännchenvoll; fühl nur mal in mein Hollebolle-Bäuchlein.!"
Und wahrhaftig, da fand die Frau Kaffee und gleich den Zucker dazu! Den dritten Tag ging das Kännchen nach dem Gemüsemarkt, und es dauerte nicht lange, da fühlte es wieder, dass es voll war. Da rollte es nach Hause und stieß gegen die Tür.
"Wer ist da?" rief die Frau.
"Kännchenvoll; fühl nur mal in mein Hollebolle-Bäuchlein!"
Und da fand die Frau das Kännchen voll köstlicher grüner Bohnen.
Das war natürlich ganz herrlich für die arme Frau und konnte ihr wohl gefallen, und sie setzte den folgenden Tag das Kännchen wieder vor die Tür zum Trocknen. Und jawohl, es fing wieder an zu rollen und rollte nach dem Kuhmarkt. Da war gerade ein Bauer; der hatte seine Kuh verkauft und wusste nicht recht, wohin er das Geld tun sollte. Wie er das Kännchen sah, dachte er: Halt, da kann ich es fein hinein tun und tat es auch. Aber da rollte das Kännchen weg, wieder nach Hause und bums! gegen die Tür.
"Wer ist da'" rief das Frauchen wieder.
"Kännchenvoll; fühl nur mal in mein Hollebolle-Bäuchlein!" Die Frau tat es, und wirklich, das Kännchen war voll Geld.
Na, da hättet ihr mal die Freude der armen Frau sehen sollen.
Aber dann dachte sie bei sich: Warum soll ich eigentlich bis morgen damit warten, das Kännchen auszuschicken, sicher will es noch eine Tracht holen, und setzte es wieder hinaus. Und wahrhaftig, das Kännchen fing wieder an zu rollen und wieder nach dem Markt. Da blieb es stehen und wartete, und der Zufall wollte es, dass gerade eine Kuh eine große Botschaft verrichtete über dem Kännchen. Kaum merkte dies das Kännchen, da rollte es nach Hause.
"Wer ist da?" rief die Frau.
"Kännchenvoll; fühl nur mal in mein Hollebolle-Bäuchlein!"
Die Frau dachte: Was mag es nur diesmal sein und steckte gierig ihre Hand in das Kännchen. Wie sie aber merkte, was es war, wurde sie so giftig, dass sie das Kännchen auf die Straße warf, und da sprang es entzwei. So war sie ihr Kännchen los; aber sie hatte nun Geld genug zum Leben, und wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie heute noch.
Paul Zaunert