@AyannaUnter relevanter Quelle verstehe ich in diesem Fall eine Primärquelle, sprich eine (schriftliche) Überlieferung, die von Kelten verfasst wurde. Alles andere sind nur wertende Beschreibungen von Beobachtungen (im besten Fall, siehe römische Geschichtsschreiber), Erzählungen (noch weniger genau, ebenfalls von den Römern) oder irgendwelchem Hörensagen, gemischt einer gehörigen Menge an Phantasie. Man kann viel von den Kelten rekonstruieren, aber ihre Religion (sofern es eine einheitliche gegeben hat) gehört definitiv nicht dazu. Man weiß, dass es Druiden gab, was aber ihre Funktion war weiß man nicht. Ebenso kennt man ein paar Götternamen, die allerdings aus gallorömischer Zeit stammen und somit nicht "originär" Keltisch sind.
Nur als Beispiel auf argumentativer Ebene: Nimm an, das Christentum stirbt aus, es werden keine Quellen hinterlassen, man weiß nur, dass das Kreuz ein zentrales Symbol gewesen ist. Nun kommen 1000 Jahre später irgendwelche Leute auf die Idee, das Christentum wieder auferstehen zu lassen und gründen irgendeinen beliebeigen Kreuzkult, der nichts mit dem Christentum gemein hat. Die Leute tanzen nackt um 13 brennende umgedrehte Kreuze, rufen "Kreuz heil!" und nennen sich Neochristentum. Das ist sowas von willkürlich, da gibt es keinerlei Kontinuität. Und genau das Problem sehe ich bei allen neumodischen Religionen/Kulten/was auch immer, die sich auf alte Religionen beziehen, von denen man im Grunde nichts mehr weiß.
"Und deshalb frage ich dich: Was denkst, oder fühlst du, wenn du an die Zeit von Oktober bis Februar denkst, an die Winterzeit?"
Ich denke an zu- und wieder abnehmende Kälte und Dunkelheit. Eben weil es in der Zeit erst dunkler und kälkter, dann wieder heller und wärmer wird. Dass diese Zeit melancholische Gefühle auslöst, ist bekannt, weshalb sie auch wunderbar geeignet für Feste wie Samhain (gegeben den Fall, dass es dieses oder ähnliches gegeben hat) geeignet ist. Deshalb muss ich doch aber nicht darauf schließen, dass es tatsächlich existiert hat. Kein Mensch kann heutzutage nachempfinden, wie die Menschen in früheren Gesellschaften gedacht und gefühlt haben, man kann es allenfalls erahnen. Und das reicht definitiv nicht, um Tatsachen festzustellen. Mit Vermutungen habe ich dagegen keine Probleme, im Gegenteil. Dann sollten diese aber auch klar als solche gekennzeichnet sein.
"Liebe Wissenschaftler, und solche, die sich ihnen zugehörig fühlen... guggt wenigstens nur einmal über euren Tellerrand hinaus, und erwägt wenigstens ein einziges Mal die Möglichkeit, dass in der Welt auch Dinge vorgehen könnten, die nicht mit irgenwelchen Messgeräten und Daten und "fundierten" Quellen nachweisbar sind..."
Das Tolle ist, gute Wissenschaftler tun genau das (zumindest die in der geisteswissenschaftlichen Sparte). Alle Möglichkeitkeiten werden zunächst in Erwägung gezogen. Dann aber werden nach und nach Möglichkeiten eliminiert, andere werden hierarchisch geordnet, bis zum Schluss eine Hypothese übrigbleibt. Wenn diese der Überprüfung standhält, müssen keine anderen unhaltbaren Möglichkeiten mehr in Erwägung gezogen werden. Das ist natürlich der Idealfall, der nicht immer eintritt. Oftmals stehen mehrere Möglichkeiten zur Auswahl, die dann solange nebeneinander existieren, bis der Beweis für eine davon erbracht wird.
Und: Jeder Naturwissenschaftler wird dir bestätigen, dass es Phänomene gibt, die momentan nicht nachweisbar sind. Allerdings macht er dann nicht den Fehler und versucht sie anhand irgendeiner willkürlichen Erklärung, die den Gegentest niemals bestehen würde, nachzuvollziehen, wie es in gewissen Kreisen sehr gerne praktiziert wird.
Aber ich verstehe durchaus, dass es ernüchternd ist, wenn für scheinbar spektakuläre Phänomene ganz nüchterne Erklärungen gefunden werden. Dadurch wird die Welt entmystifiziert, was zwar ganz im Sinne der Aufklärung, aber ganz und gar nicht in dem der Romantik ist, welcher der Mensch gerade in einer aufgeklärten und technisierten Welt wie der unseren "naturgemäß" ziemlich nachhängt.
Aber für all jene, die ebendies schade finden und ein wenig Mühe nicht scheuen, empfehle ich die Philosophie - hier geht es oftmals über die sichtbare und erklärbare Welt hinaus, nur sind die Theorien etwas komplexer und vielleicht zunächst auch weniger eingängig als irgendwelche vorgekauten Dogmen, die von den Verkündern jedweder Religion ausgesprochen werden. Man muss eben selbst nachdenken.
;)Grüße,
Oli