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Scheintot Roman und Wirklichkeit

43 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Scheintot ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
sarafin7 Diskussionsleiter
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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 16:34
Roman und Wirklichkeit
Da auch neuerdings immer wieder Fälle von SCHEINTOTEN auftreten und die Angst vor dem "lebendig begraben "werden, nach wie vor groß ist, möchte ich das Thema hier einmal anführen.....

Edgar Allan Poe
Die Scheintoten
Es gibt gewisse Themen, die stets das größte Interesse erregen, aber zu schaurig sind, als daß man sie zum Gegenstand einer Erzählung machen dürfte. Der bloße Romancier darf sie nicht zu seinem Stoff wählen, wenn er nicht Gefahr laufen will, zu beleidigen oder abzuschrecken. Man kann sie schicklicherweise nur behandeln, wenn ihnen die ernste Majestät der Wahrheit heiligend und schätzend beisteht. Wir schaudern zum Beispiel in schmerzlichster Wollust, wenn wir Berichte lesen über den Übergang über die Beresina, über das Erdbeben von Lissabon, über die Pest in London, über das Blutbad in der Bartholomäusnacht, über den Erstickungstod der hundertdreiundzwanzig Gefangenen in dem schwarzen Loch zu Kalkutta. Doch immer ist es die Tatsache an sich - die Wirklichkeit, die Geschichte -, die unser Interesse weckt. Wären diese Begebenheiten Erfindungen, sie würden nur unseren Abscheu erregen.

Ich habe einige wenige große und in ihrer Art teilweise großartige Schrecklichkeiten aus der Geschichte erwähnt; und es ist sowohl die Tragweite wie die besondere Art der betreffenden Begebenheiten, die unsere Phantasie so lebhaft erregt. Ich brauche dem Leser wohl nicht zu versichern, daß ich aus der langen, schaurigen Liste menschlichen Elends Einzelfälle hätte herausgreifen können, bei denen die Leiden noch qualvoller waren als bei irgendeinem dieser ungeheuren beklagenswerten Ereignisse, die so zahlreiche Opfer forderten. In der Tat: die tiefste Tiefe von Elend, das Äußerste an Qual trifft immer den einzelnen, nicht eine Anzahl von Menschen. Das unheimliche Schmerzensübermaß des Todeskampfes muß der Mensch einzeln ertragen, nie wird es der Masse der Menschen zuteil; und dafür wollen wir einem gnädigen Gott danken.

Lebendig begraben zu werden ist ohne Zweifel die gräßlichste unter den Qualen, die das Schicksal einem Sterbenden zuteilen kann. Und daß dies oft, sehr oft geschieht, wird kein Nachdenkender leugnen können. Die Grenzlinien, die das Leben vom Tod trennen, sind immer schattenhaft und unbestimmt. Wer vermag zu sagen, wo das eine endet und das andere beginnt? Wir wissen, daß es Krankheiten gibt, bei denen ein vollkommener Stillstand jeder sichtbaren Lebensfunktion eintreten und bei denen dieser Stillstand doch nur eine Unterbrechung genannt werden kann. Es sind lediglich Pausen, in denen der unbegreifbare Mechanismus seine Tätigkeit einmal aussetzt. Eine gewisse Zeit verläuft, und irgendein geheimnisvolles Prinzip, das wir nicht kennen, setzt das magische Getriebe wieder in Bewegung. Die silberne Saite hatte ihre Spannkraft noch nicht verloren, noch war der goldene Bogen auf immer untauglich! Aber wo war indessen die Seele?

Abgesehen von dem aprioristischen Schluß, daß solche Ursachen solche Wirkungen hervorbringen müssen- daß in den nicht abzuleugnenden Fällen pausierender Lebensfunktion natürlicherweise dann und wann verfrühte Begräbnisse stattfinden müssen -, abgesehen davon haben Ärzte und Erfahrungen bewiesen, daß solche Beerdigungen in der Tat stattgefunden haben. Wäre es nötig, so könnte ich auf der Stelle wohl hundert erwiesene Fälle anführen.

Ein ganz besonders bemerkenswerter, dessen Einzelheiten manchem meiner Leser noch frisch im Gedächtnis sein werden, ereignete sich vor nicht allzulanger Zeit in Baltimore und erregte ein peinliches, heftiges und weitgehendes Aufsehen. Die Frau eines hochgeachteten Bürgers - eines namhaften Advokaten, der auch Mitglied des Kongresses war - wurde von einer plötzlichen unerklärlichen Krankheit befallen, bei der die geschicktesten Ärzte nicht aus noch ein wußten. Nach vielem Leiden starb sie oder wurde vielmehr für tot erklärt. Niemand ahnte oder hatte auch nur den geringsten Grund zu der Annahme, daß sie nicht wirklich tot sei. Ihr Körper wies alle Kennzeichen des Todes auf. Das Gesicht verfiel und schrumpfte zusammen, die Lippen zeigten die gewöhnliche Marmorblässe, die Augen waren glanzlos. Keine Spur von Wärme war mehr wahrnehmbar, der Herzschlag hatte vollständig ausgesetzt. Drei Tage lag der Körper aufgebahrt, und eine steinerne Leichenstarre war eingetreten. Dann nahm man eiligst die Beerdigung vor, weil das, was man für Verwesung hielt, rasche Fortschritte machte.

Die Tote wurde in der Familiengruft beigesetzt, die nun drei Jahre unberührt blieb. Nach Ablauf dieser Zeit wurde sie wieder geöffnet, um einen anderen Sarg aufzunehmen - doch ach! Welch gräßlicher Schlag harrte des Gatten, der selbst die Grabstätte öffnete! Als er den Riegel der Tür, die sich nach außen öffnete, zurückschob, sank ihm klappernd ein weiß umhülltes Ding in die Arme. Es war das Skelett seiner Frau in ihrem noch nicht verfaulten Leichentuch.

Bei der nun folgenden sorgfältigen Untersuchung stellte es sich heraus, daß sie zwei Tage nach dem Begräbnis wieder zu Bewußtsein gekommen sein mußte, daß ihre verzweifelten Anstrengungen im Sarge wohl bewirkt hatten, daß er von seinem Ständer auf den Fußboden gefallen und zerbrochen war, so daß sie selbst aus ihm heraussteigen konnte. Eine Lampe, die man zufällig mit Öl gefüllt in der Gruft gelassen hatte, wurde leer vorgefunden, doch konnte dies auch die Folge von Verdunstung sein. Auf der obersten Stufe, die in das Totengemach führte, lag ein Stück von dem Sarg, mit dem sie, in der Hoffnung gehört zu werden, gegen die eiserne Tür geschlagen haben mochte. Wahrscheinlich wurde sie alsbald ohnmächtig oder starb vor Schrecken. Als sie niedersank, hakte sich dann ihr Leichentuch in einigen nach innen stehenden Eisenstücken fest. So blieb sie und verweste stehend.


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 16:37
Im Jahre 1810 ereignete sich in Frankreich ein Fall von vorzeitigem Begräbnis, dessennähere Umstände die Richtigkeit der Behauptung, daß die Wahrheit seltsamer als alleDichtung ist, von neuem beweisen. Die Heldin dieser Geschichte ist ein Fräulein VictorineLafourcade, ein junges Mädchen aus reicher, vornehmer Familie und von großer Schönheit.Unter ihren zahlreichen Anbetern befand sich auch ein gewisser Julien Boßnet, ein armerLiterat oder Journalist, der in Paris lebte. Seine Talente und seine Liebenswürdigkeitschienen die Aufmerksamkeit der Erbin auf ihn gelenkt und ihm ihre Liebe erworben zuhaben. Ihr Standesbewußtsein bestimmte sie aber endlich doch, ihn abzuweisen und einenHerrn Renelle, einen Bankier und geschickteren Literaten, zu heiraten. Nach der Hochzeitwurde sie von ihrem Gatten vernachlässigt, ja, vielleicht sogar mißhandelt. Nachdem sieeinige elende Jahre an seiner Seite dahingelebt hatte, starb sie, wenigstens glich ihrZustand so sehr dem Tod, daß er jeden, der sie sah, täuschte. Sie wurde begraben - nichtin einer Gruft, sondern in einem gewöhnlichen Grab auf dem Kirchhof ihresHeimatdorfes.

Verzweifelt und noch voll von der Erinnerung an seine ehemaligetiefe Zuneigung reist der erste Liebhaber aus der Hauptstadt in die entfernte Provinz, inder das Dorf liegt, mit dem romantischen Vorsatz, den Leichnam auszugraben und sich dieüppigen Locken der Toten anzueignen. Er findet das Grab, gräbt um Mitternacht den Sargaus, öffnet ihn und will gerade das Haar abschneiden, als sich die geliebten Augenöffnen: Man hatte die Dame lebendig begraben! Das Leben war noch nicht vollständigentwichen, und die Zärtlichkeiten ihres ehemaligen Geliebten hatten sie wohl aus derLethargie, die man fälschlich für den Tod gehalten hatte, erweckt. Er brachte sie inwahnsinniger Freude in seine Wohnung im Dorf und wandte alle Stärkungsmittel an, die ihm- er war in der Medizin ziemlich bewandert - nützlich erschienen. Kurz und gut, dieTotgeglaubte kam wieder vollständig zum Leben. Sie erkannte ihren Retter und blieb solange bei ihm, bis sie ihre frühere Gesundheit vollständig wiedererlangte. Sie hatte keinHerz von Stein, und dieser letzte Beweis von Liebe genügte, um es zu erweichen. Soschenkte sie es dem Boßnet. Zu ihrem Gatten kehrte sie nicht zurück, sie hielt ihreWiederauferstehung geheim und floh mit ihrem Geliebten nach Amerika.

Nach zwanzigJahren kehrten beide nach Frankreich zurück, überzeugt, daß die Zeit das Aussehen derDame so verändert habe, daß ihre Freunde sie nicht wiedererkennen würden. Doch täuschtensie sich; Herr Renelle erkannte bei dem ersten Zusammentreffen seine Frau wieder undmachte seine Ansprüche geltend. Sie weigerte sich, dieselben anzuerkennen; die Gerichtesprachen sich zu ihren Gunsten aus, indem sie erklärten, daß die eigentümlichen Umständesowie die lange, inzwischen verflossene Zeit die Ansprüche des Mannes ungültig gemachthätten - nicht nur moralisch, sondern auch juristisch.


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sarafin7 Diskussionsleiter
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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 16:38
Das Leipziger Journal für Chirurgie - eine Autorität auf seinem Gebiet - brachte einmaleinen Bericht über einen höchst betrüblichen ähnlichen Vorfall.

Ein Offizier derArtillerie, ein Mann von mächtigem Körperbau und bester Gesundheit, wurde von einemscheuenden Pferd abgeworfen und erlitt eine schwere Kopfwunde, die ihn sofort bewußtlosmachte. Doch schien direkte Gefahr nicht vorhanden, da der Schädelbruch nur einunbedeutender war. Der Verletzte wurde mit Erfolg trepaniert. Man ließ ihn zur Ader undwandte auch sonst alle Erleichterungsmittel an. Allmählich jedoch verschlimmerte sichsein Zustand, er sank in Betäubung und anhaltende Erstarrung, so daß man ihn zuletzt fürtot ansah.

Das Wetter war warm, und vielleicht war dies der Grund, daß er miteigentlich unschicklicher Hast auf einem der öffentlichen Kirchhöfe begraben wurde. DasBegräbnis fand am Donnerstag statt. An dem darauffolgenden Sonntag wurde der Kirchhof wiegewöhnlich von einer zahlreichen Volksmenge besucht, und gegen Mittag entstand unter denLeuten eine ungeheure Aufregung, weil ein Bauer erklärte, er habe, als er auf dem Grabdes Offiziers gesessen, ganz deutlich eine Erschütterung des Bodens gefühlt, als kämpfeunten jemand, um herauszugelangen.

Anfänglich schenkte man den Behauptungen desMannes wenig Glauben, aber das offenbare Entsetzen und die Hartnäckigkeit, mit der erdiese wiederholte, übten endlich ihre Wirkung auf die Menge aus. Man verschaffte sichschleunigst Spaten, und das oberflächlich bereitete, gar nicht tiefe Grab war bald soweit geöffnet, daß der Kopf seines Bewohners zutage kam. Er war scheinbar tot, doch saßer fast aufrecht in dem Sarg, dessen Deckel er bei seinen wütenden Befreiungsversuchenzum Teil aufgestoßen hatte.

Er wurde sofort in das nächste Spital gebracht, wo manihn als noch lebend, obgleich in asphyktischem Zustand befindlich, erklärte. Nach einigenStunden kam er langsam zu sich, erkannte Personen aus seiner Bekanntschaft und erzähltein abgerissenen Sätzen von seiner Todesangst und Qual im Grabe.

Aus dem, was ersagte, ging hervor, daß er nach dem Begräbnis noch länger als eine Stunde das Bewußtseingehabt hatte, er lebe noch, und dann erst in den Zustand der Empfindungslosigkeitversank. Das Grab war nachlässig und mit besonders poröser Erde zugeworfen worden, so daßimmerhin ein wenig Luft hindurchdrang. Er hörte die Tritte der Menge über sich und wolltesich deswegen bemerkbar machen. Es schien ihm, sagte er, als habe ihn der Trubel auf demKirchhof aus einem tiefen Schlaf geweckt, doch kaum war er vollständig erwacht, als ihmauch das Bewußtsein seiner gräßlichen Lage aufging.

Der Patient befand sich also,wie gesagt, in relativ günstigem Zustand, und es war die beste Hoffnung vorhanden, daß ersich vollständig wieder erholen würde; da wurde er das Opfer quacksalberischerExperimente. Man wandte nämlich die Voltasche Säule bei ihm an, und er verschied in einemjener ekstatischen Paroxismen, welche die Anwendung der Elektrizität manchmalherbeiführt.

Da ich gerade von der Voltaschen Säule spreche, kommt mir einwohlbekannter außerordentlicher Fall ins Gedächtnis, wo sich ihre Wirkung alsausgezeichnetes Mittel bei den Wiederbelebungsversuchen erwies, die man mit einem jungenLondoner Advokaten anstellte, der schon zwei im Tage im Grab gelegen hatte. Auch dieserFall - er geschah im Jahre 1831 - erregte überall, wo er besprochen wurde, dasaußerordentlichste Aufsehen.

Ein Herr Edward Stapleton war anscheinend an einemtyphösen Fieber gestorben, das von einigen abnormen Symptomen begleitet gewesen war, diedie Neugier der Ärzte erregt hatten. Nach seinem scheinbaren Tode wurden die Freundeersucht, ihn sezieren zu lassen, doch willigten sie nicht ein. Wie es nun bei solchenWeigerungen öfters geschieht, beschlossen die Ärzte, den Körper heimlich auszugraben unddie Sezierung im Verborgenen und in aller Muße vorzunehmen. Man setzte sich mit leichterMühe mit ein paar Leichenräubern in Verbindung, von denen London damals wimmelte, und inder dritten Nacht nach dem Begräbnis wurde der scheinbare Leichnam aus seinem acht Fußtiefen Grab wieder ausgegraben und in das Operationszimmer eines Privathospitalsgebracht.

Als bei einem ziemlich großen Schnitt in den Unterleib das frische,unverweste Aussehen des Körpers auffiel, beschloß man, Gebrauch von der galvanischenBatterie zu machen. Ein Experiment folgte dem anderen, und die gewohnten Wirkungen tratenein, ohne daß etwas Auffälliges zu bemerken gewesen wäre, als daß die Konvulsionen einpaarmal in ganz außerordentlich hohem Grade an das wirkliche Leben erinnerten. Es warschon spät in der Nacht, der Tag begann zu dämmern, und man entschloß sich, zur Sektionselbst überzugehen. Ein Student jedoch wollte noch eine von ihm aufgestellte Theorieerproben und bestand darauf, den elektrischen Strom noch einmal auf die Brustmuskelnspielen zu lassen. Man machte einen tiefen Schnitt und führte schnell einen Draht in dieWunde.

Da stieg der Patient mit einer eiligen, aber absolut nicht krampfhaftenBewegung vom Tisch, trat in die Mitte des Zimmers, blickte ein paar Sekunden unbehaglichumher - und sprach. Was er sagte, war nicht verständlich, doch sprach er jedenfalls Worteaus, da man deutliche Silbenbildung vernahm. Dann fiel er schwer zu Boden.

EinigeSekunden lang standen die Anwesenden ganz schreckerstarrt - doch bald brachte dieDringlichkeit des Falles sie in den Besitz der vollen Geistesgegenwart zurück. Es waroffenbar, daß Herr Stapleton noch am Leben, wenn jetzt auch ohnmächtig war. DurchAnwendung von Äther wurde er vollständig zu sich gebracht und erlangte bald seineGesundheit wieder. Seinen Angehörigen gab man ihn jedoch erst dann zurück, als keineGefahr für einen Rückfall mehr zu befürchten war. Ihr Erstaunen, ihre Freude und ihrEntzücken kann man sich kaum vorstellen!

Das Schaudererregende, Merkwürdige diesesFalles ist jedoch das, was Herr Stapleton selbst erzählte. Er erklärte, daß er keinenAugenblick vollständig fühllos gewesen - daß er, wenn auch nur dumpf und verworren, vonallem Bewußtsein gehabt habe, was man mit ihm vornahm, von dem Augenblick an, in dem ihndie Ärzte für tot erklärten, bis zu dem, wo er im Spital ohnmächtig zu Boden sank. »Ichlebe noch«, das waren die unverständlichen Worte, welche er, als er den Seziersaalerkannte, im Übermaß des Entsetzens hatte aussprechen wollen.


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sarafin7 Diskussionsleiter
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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 16:41
Es wäre mir ein leichtes, noch viele solcher Geschichten hier anzuführen, aber ich stehedavon ab, da wir ihrer, wie gesagt, nicht bedürfen, um die Tatsache festzustellen, daßverfrühte Begräbnisse stattfinden. Und wenn wir uns daran erinnern, wie selten es inunserer Macht steht - die Natur der Sache macht dies ja leicht begreiflich -, dergleichenEreignisse zu entdecken, dann müssen wir sogar annehmen, daß sie häufig vorkommen. Mankann in der Tat kaum einen Kirchhof umgraben, ohne Skelette in Stellungen zu finden, diezu den grauenvollsten Mutmaßungen führen müssen.

Wahrhaftig, grauenvoll ist solcheine Mutmaßung, noch grauenvoller aber das Schicksal eines lebendig Begrabenen. Man kannwohl ohne weiteres behaupten, daß kein Unfall ein solches Übermaß körperlicher undseelischer Qualen mit sich bringt als das Lebendig-Begrabenwerden. Der unerträglicheDruck auf die Lungen - die erstickenden Ausdünstungen der feuchten Erde - die peinigendeEnge der Totenkleider - die rauhe Umarmung der schmalen Ruhestätte - die schwarze,undurchdringliche Nacht - die Stille, die wie ein Meer über dem Unglückseligenzusammenschlägt - die unsichtbare, aber gefühlte Gegenwart des ewigen Siegers Tod -,alles dies und dazu die Erinnerung an die freie Luft und das Gras über einem, an teureFreunde, die uns zu retten eilen würden, wüßten sie bloß von unserem Schicksal, und dieGewißheit, daß sie es nie, nie wissen werden, daß der wirkliche Tod hoffnungslos unserTeil geworden ist. Alles dies muß das noch klopfende Herz mit solch gräßlichem,unerträglichem Grausen erfüllen, daß auch die kühnste Phantasie vor seiner Ausmalungzurückschaudert. Wir kennen auf Erden nichts Fürchterlicheres - und können uns nichtsScheußlicheres ausdenken; und so wecken denn alle Erzählungen, die an dieses Themaanknüpfen, ein tiefes Interesse, ein Interesse, das bei der heiligen Furchtbarkeit desThemas ganz besonders durch die Überzeugung verstärkt wird, daß die Wahrheit berichtetwird.

Was ich nun zu erzählen habe, weiß ich wirklich und gewiß - weiß ich auseigener Erfahrung.

Seit mehreren Jahren war ich Anfällen jener merkwürdigenKrankheit unterworfen, die die Ärzte, mangels eines bezeichnenderen Namens, Katalepsiegenannt haben. Obgleich die unmittelbaren und mittelbaren Ursachen, ja sogar die Diagnosedes Übels noch immer nicht festgestellt, noch immer Geheimnis sind, so kennt man dochseine äußeren wesentlichen Erscheinungen zur Genüge. Variationen scheinen mir bezüglichder Heftigkeit der Erkrankung vorzukommen. Zuweilen liegt der Patient nur einen Tag lang,oft auch noch kürzere Zeit in einem lethargischen Zustand. Er ist ohne Empfindung undäußerlich vollständig bewegungslos, doch ist noch ein schwacher Herzschlag bemerkbar;eine ganz geringe Wärme bleibt sowie ein leichter Anflug von Farbe auf den Wangen; undbringt man einen Spiegel an die Lippen, so kann man eine langsame, schwache, ungleicheLungentätigkeit wahrnehmen. Andererseits kann die Erstarrung aber auch Wochen - ja Monatelang anhalten, und selbst die genaueste Untersuchung und die stärksten medizinischenMittel können keinen materiellen Unterschied zwischen dem Zustand des Leidenden und dem,was wir Tod nennen, konstatieren. Gewöhnlich wird ein solcher Unglücklicher nur dadurchvor dem Lebendig-Begrabenwerden gerettet, daß seine Freunde wissen, daß er öfterdergleichen Anfällen unterworfen ist, und deshalb mit Recht mutmaßen, der Tod sei nochnicht eingetreten - oder dadurch, daß man beobachtet, wie die Verwesung allzu ersichtlichnicht eintritt. Glücklicherweise macht die Krankheit nur gradweise Fortschritte. Schondie ersten Anzeichen sind charakteristisch und unzweideutig. Die Anfälle werdenallmählich ausgeprägter, und jeder folgende dauert länger als der vorhergehende. Diesbewahrt die Kranken hauptsächlich vor dem Lebendig-Begrabenwerden. Der Unglückselige,dessen erster Anfall schon die Heftigkeit eines seiner späteren hätte, würde diesemSchicksal wohl kaum entgehen.

Mein Krankheitsfall wich in keinem wesentlichenPunkt von denen ab, die man in medizinischen Schriften erwähnt findet. Zuweilen versankich ohne scheinbare Ursache allmählich in eine halbe Ohnmacht, und in diesem schmerzlosenZustand, in dem ich mich nicht bewegen noch sprechen noch denken konnte, aber immerhinnoch ein dunkles Bewußtsein vom Leben und von der Gegenwart der Personen, die mein Bettumstanden, hatte, blieb ich, bis die Krisis der Krankheit mir ganz plötzlich wieder denGebrauch meiner Sinne wiedergab.

Zu anderen Zeiten ergriff mich die Krankheit jähund unerwartet. Mir wurde übel, eine Taubheit legte sich auf meine Glieder, ichfröstelte. Dann ergriff mich ein Schwindel und warf mich plötzlich nieder. Und nun warwochenlang alles schwarz, leer und stumm - die ganze Welt sank mir in ein Nichts. Dievollständigste Vernichtung kann nicht mehr sein als dieser Zustand. Aus solchen Anfällenerwachte ich jedoch im Vergleich zu der Plötzlichkeit, mit der sie kamen, nur sehrIangsam. Und so langsam wie dem freund- und heimatlosen Bettler, der die lange, ödeWinternacht hindurch die Straßen durchirrt, so langsam, so zögernd, so befreiend strahlteauch mir das Licht der rückkehrenden Seele wieder zu.

Abgesehen von diesenKrampfanfällen schien mein allgemeiner Gesundheitszustand ein guter; ich bemerkte nie,daß meine Krankheit ihn in irgendeiner Weise beeinflußte, wenn man nicht eineIdiosynkrasie in meinem gewöhnlichen Schlaf aus ihr herleiten will. Wenn ich aus demSchlummer erwachte, konnte ich nie auf einmal wieder die Herrschaft über meine Sinneantreten, sondern blieb stets noch mehrere Minuten lang verwirrt und verlegen, da michmeine gedanklichen Fähigkeiten, besonders das Erinnerungsvermögen, verlassen zu habenschienen.

Körperliche Leiden hatte ich nicht zu erdulden, dagegen eineUnendlichkeit an Seelenqualen. Meine Phantasie beschäftigte sich nur noch mit Leichen.Ich sprach nur noch von Würmern, von Gräbern und Grabinschriften. Ich verlor mich inGrübeleien über den Tod, und der Gedanke, zu früh begraben zu werden, setzte sich fastals Gewißheit meinem Kopf fest. Das Gespenst der Gefahr, die mich bedrohte, verfolgtemich Tag und Nacht. Am Tage war die Qual solch einer Vorstellung schon groß, in der Nachtfast übermenschlich. Wenn die Dunkelheit ihre grauen Fittiche über die Erde breitete,ließ mich das Grausen über meine Gedanken erbeben - wie die Trauerwedel auf einemLeichenwagen zittern. Konnte meine Natur das Wachen nicht länger ertragen, so überließich mich nur nach hartem Kampf dem Schlaf, denn mich schauderte bei dem Gedanken, micherwachend vielleicht in einem Grabe wiederzufinden. Und fiel ich endlich in Schlaf, soversank ich in eine Welt gespenstischer Traumgestalten, die meine Grabesidee mit riesigenschwarzen Fittichen beschattete.

Von den unzähligen Greuelszenen, die ich im Traumschauen mußte, will ich nur eine einzige erzählen. Es war mir, als sei ich in einenStarrkrampfanfall von ungewöhnlich langer Dauer und Heftigkeit versunken. Plötzlichberührte eine eisige Hand meine Stirn, und eine ungeduldige, kaum verständliche Stimmeflüsterte die Worte: »Steh auf!« in mein Ohr.

Ich setzte mich aufrecht. DieDunkelheit war undurchdringlich. Ich konnte die Gestalt dessen, der mich geweckt hatte,nicht erkennen. Ich konnte mich weder der Zeit erinnern, zu der ich in die Erstarrungversunken war, noch hatte ich eine Vorstellung von dem Ort, an dem ich mich befand. Undwährend ich noch regungslos saß und mich bemühte, meine Gedanken zu sammeln, ergriff diekalte Hand zornig die meine, schüttelte sie heftig, und die Stimme sagtewieder:

»Steh auf! Befahl ich dir nicht, aufzustehen?«

»Und wer«, fragteich, »bist du?«

»Ich habe keinen Namen in den Regionen, die ich jetzt bewohne«,antwortete die Stimme trauervoll. »Ich war sterblich, nun bin ich zum Leben eines Dämonserwacht; ich war unbarmherzig, nun bin ich barmherzig; du fühlst, daß ich schaudere.Meine Zähne klappern, während ich rede, doch nicht, weil die Nacht kalt ist - diese Nachtohne Ende. Aber die Gräßlichkeiten sind unerträglich. Wie kannst du ruhig schlafen? Ichfinde keine Ruhe vor dem Schrei dieser großen Todesqualen. Diese Seufzer sind mehr, alsich ertragen kann. Auf! Auf! Komm mit mir in die äußere Nacht, ich will dir die Gräberenthüllen. Ist dies nicht ein Schauspiel voll Weh? - Sieh hin!«

Ich sah hin; dieunsichtbare Gestalt, die noch immer mein Handgelenk umklammert hielt, hatte die Gräberder ganzen Menschheit sich öffnen heißen, und aus jedem kam der schwache,phosphoreszierende Glanz der Verwesung hervor, so daß ich in die verborgensten Höhlenschauen und die leichentuchumhüllten Körper in ihrem trüben, feierlichen Schlaf bei denWürmern erblicken konnte. Aber ach! Die wirklichen Schläfer waren millionenfach seltenerals die, die nicht schlummerten; ein schwaches Kämpfen ging durch ihre Reihen, eine irre,matte Rastlosigkeit; und aus den Tiefen zahlloser Gruben kam ein trauervolles Raschelnder Gewänder der Begrabenen; und ich sah, daß eine ungeheure Zahl derer, die regungsloszu ruhen schienen, die starre steife Lage, in der man sie begraben, verändert hatte. Undwährend ich noch schaute, sagte die Stimme wieder zu mir:

»Ist das nicht - o Gott,ist das nicht ein erbarmungswürdiger Anblick?« Doch ehe ich noch ein Wort der Erwiderungfinden konnte, hatte die Gestalt meine Hand losgelassen, der Lichtschein verlosch; dieGräber schlossen sich mit plötzlicher Gewalt, während verzweifelte Schreie aus ihnenhervortönten: »Ist das nicht - o Gott, ist das nicht ein erbarmungswürdigerAnblick?«

Solche schrecklichen nächtlichen Phantasien dehnten ihren unheilvollenEinfluß auch auf meine wachen Stunden aus. Meine Nerven wurden zerrüttet, ich lebte inbeständigem Entsetzen. Nicht mehr reiten wollte ich, nicht spazierengehen, noch überhauptdas Haus verlassen. Zum Schluß wagte ich überhaupt nicht mehr, mich aus der unmittelbarenGegenwart derer zu entfernen, die um meine Anfälle wußten, nur damit ich nicht, solltesich wieder ein Anfall einstellen, begraben würde, ehe man meinen wirklichen Zustanderkannt hätte. Ich mißtraute der Pflege und Treue meiner liebsten Freunde und fürchtete,daß sie mich bei einer Erstarrung von vielleicht ungewöhnlich langer Dauer doch für totansehen würden. Ich ging sogar so weit, anzunehmen, daß sie einen längeren Anfall mitFreuden als Gelegenheit begrüßen würden, mich und damit die Mühe, die ich ihnenbereitete, endgültig loszuwerden. Vergeblich bemühten sie sich, mich durch diefeierlichsten Versprechungen zu beruhigen.

Sie mußten mir mit den heiligsten Eidenschwören, daß sie mich unter keinen Umständen begraben lassen würden, bis die Zersetzungso weit vorgeschritten wäre, daß jede Erhaltung ausgeschlossen war. Und selbst dann nochließ sich meine Todesangst durch keine Vernunftgründe, keinen Trost beschwichtigen. Ichtraf zahlreiche Vorsichtsmaßregeln. Unter anderem ließ ich die Familiengruft so umändern,daß sie von innen leicht zu öffnen war. Der leiseste Druck auf einen langen Hebel, derweit in das Grab hineinragte, verursachte, daß die Eisentüren weit aufflogen. Außerdemwaren Vorkehrungen getroffen, daß Luft und Licht freien Zutritt hatten, und im übrigenwaren in unmittelbarer Nähe des Sarges, der mich einst beherbergen sollte, passendeGefäße zur Aufnahme von Speise und Trank befestigt worden. Der Sarg selbst war warm undweich gefüttert und mit einem Deckel geschlossen, der nach demselben Prinzip wie dieGrufttür gebaut und mit Sprungfedern versehen war, die ihn bei der schwächsten Bewegungim Sarge aufspringen ließen und die eingeschlossene Person in Freiheit setzten. Überdieswar an der Decke des Gewölbes eine große Glocke aufgehängt, deren Seil, wie abgemachtwurde, durch ein Loch in den Sarg geführt und an der Hand des Leichnams befestigt werdensollte. Doch ach! Was vermag alle Vorsicht gegen das Schicksal? Nicht einmal diese sowohl erdachten Sicherheitsmaßregeln genügten, einen Bedauernswürdigen, zu diesem LosVorherbestimmten, von den Höllenqualen des Lebendig-Begrabenwerdens zu retten.


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 16:42
Es kam wieder einmal eine Zeit, in der ich - wie es schon oft geschehen - fühlte, daß ichaus vollständiger Bewußtlosigkeit zu einem ersten schwachen Gefühl des Daseinszurückkehrte. Langsam, mit schildkrötenhafter Langsamkeit kam das schwache graue Dämmernmeines geistigen Tages herauf. Eine starre Unbehaglichkeit. Ein apathisches Ertragendumpfen Schmerzes. Keine Furcht - keine Hoffnung - keine Bewegung. Dann, nach langerPause, ein Sausen in den Ohren; dann, nach längerer Zeit, eine prickelnde oder stechendeEmpfindung in den Extremitäten; dann eine scheinbar endlose Zeit genußreicher Ruhe,während derer die erwachenden Gefühle sich zu Gedanken formen wollten; dann ein kurzesZurücksinken ins Nichtsein; dann ein plötzliches Zusichkommen. Endlich ein leichtesZucken des Augenlides, und gleich darauf der elektrische Schlag eines tödlichen, endlosenSchreckens, der das Blut aus den Schläfen zum Herzen peitschte. Und nun der ersteVersuch, wirklich zu denken. Und dann die erste Anstrengung sich zu erinnern. Einteilweiser, vorübergehender Erfolg. Bis schließlich das Erinnerungsvermögen so weitwiederhergestellt war, daß ich mir meines Zustandes bewußt wurde. Jedenfalls fühlte ich,daß ich nicht aus einem gewöhnlichen Schlaf erwachte. Und es wurde mir klar, daß ichwieder einen meiner Anfälle gehabt hatte. Da aber schlug wie ein Ozean das Bewußtseineiner grauenvollen Gefahr über mir zusammen, die geisterhafte Idee beherrschte michwieder.

Einige Minuten blieb ich regungslos. Warum? Ich konnte den Mut nichtfinden, auch nur eine einzige Bewegung zu machen. Ich wagte es nicht, mich von meinemSchicksal zu überzeugen, und doch flüsterte irgend etwas in meinem Herzen mir dieGewißheit zu. Eine Verzweiflung, wie keine andere Art menschlichen Elendes hervorbringenkann, trieb mich endlich dazu, ein Augenlid zu öffnen. Es war dunkel - undurchdringlichdunkel um mich. Ich wußte, daß der Anfall vorüber - ich wußte, daß die Krisis längstvorbei war. Ich wußte, daß ich den Gebrauch meines Sehvermögens vollständig wiedererlangthatte, und doch war alles dunkel, undurchdringlich dunkel, die äußerste, achtloseste,undurchdringlichste Nacht!

Ich versuchte zu schreien, meine Lippen und meinetrockene Zunge bewegten sich mit krampfhafter Anstrengung; doch kein Ton entrang sichmeinen Lungen, die wie von einer Bergeslast bedrückt nach Luft schnappten und zuzerreißen drohten.

Als ich bei dem Versuch, zu schreien, die Kinnbacken bewegenwollte, hatte ich gefühlt, daß man sie, wie bei Toten üblich, umbunden hatte. Ich fühlteferner, daß ich auf etwas Hartem lag und etwas Ähnliches mich an den Seiten drückte. Bisjetzt hatte ich noch nicht gewagt, ein Glied zu rühren, nun aber warf ich meine Arme, dieausgestreckt mit gekreuztem Handgelenk dagelegen hatten, heftig in die Höhe. Sie stießensich an einem festen, hölzernen Gegenstand, der sich über meinem ganzen Körper,vielleicht in der Höhe von sechs Zoll, ausdehnte. Nun konnte ich nicht länger zweifeln,daß ich in einem Sarg war.

Als diese fürchterliche Überzeugung über mich gekommenwar, versuchte ich noch eins: zu schreien; und es gelang mir. Ein langer, wilder,anhaltender Schrei oder vielmehr ein tierisches Gebrüll der Todesangst durchdrang dieReiche der unterirdischen Nacht. »Hallo, hallo, was soll das?« antwortete mir eineunwillige Stimme.

»Zum Teufel, was ist denn los?« hörte ich einezweite.

»Heraus mit ihm!« meinte eine dritte. »Was fällt Ihnen ein, hier wie einewilde Katze zu heulen?« fragte eine vierte; und dann fühlte ich mich gepackt und ohneweitere Umstände ein paar Minuten lang von ein paar ziemlich rauhbeinig aussehendenGesellen derb hin und her geschüttelt. Sie weckten mich nicht aus dem Schlaf, denn ichwar, als ich schrie, schon völlig erwacht, sie gaben mir nur den vollen Besitz meinesGedächtnisses wieder.

Das Abenteuer ereignete sich in Virginia, in der Nähe vonRichmond.

In Begleitung eines Freundes hatte ich einen kleinen Jagdausflug denJames River hinab unternommen.

Eines Nachts hatte uns ein Sturm überrascht; dieKajüte einer kleinen Schaluppe, die mit Mutterboden beladen im Fluß vor Anker lag,gewährte uns Schutz und Obdach. Wir richteten uns, so gut es ging, ein und übernachtetenauf dem Boot. Ich schlief in einer der beiden Kojen - und das Aussehen einer solchen aufeiner kleinen Schaluppe von sechzig bis siebzig Tonnen brauche ich wohl nicht weiter zubeschreiben. In meinem Schlupfwinkel befand sich nicht das geringste Bettzeug. Er maß ander breitesten Stelle achtzehn Zoll, und die Entfernung zwischen Boden und Decke betrugauch nicht mehr. Nur mit großer Schwierigkeit hatte ich mich in diesen Raumhineingezwängt. Dennoch war ich in einen gesunden Schlaf gesunken; und meine ganze Vision- sie war weder ein Traum noch ein Alp - war nur die natürliche Folge meiner Lage, meinesgewöhnlichen Ideenganges und der Schwierigkeit, die es mir, wie schon bemerkt, bereitete,beim Erwachen sofort meine Sinne beherrschen und mein Gedächtnis befragen zu können. DieMänner, die mich schüttelten, gehörten zur Mannschaft des Schiffes. Der Erdgeruch kam vondessen Ladung her, und die Bandage um mein Kinn bestand aus einem seidenen Taschentuch,das ich mir, mangels einer gewohnten Nachtmütze, um den Kopf gebunden hatte

Aberda erschien mir in all dem grenzenlosen Elend ein süßer Hoffnungsengel - ich dachte anmeine Vorsichtsmaßregeln. Ich wand mich und machte krampfhafte Anstrengungen, den Deckelzu öffnen - er war nicht zu bewegen. Ich suchte an meinen Handgelenken nach demGlockenseil - es war nicht zu finden. Da entfloh mein Tröster für immer, und gräßlicheVerzweiflung fiel mich an: ich bemerkte, daß die Polster fehlten, die ich für meinen Sarghatte herrichten lassen, und dann drang plötzlich der starke, eigentümliche Geruchfeuchter Erde in meine Nase. Nein, ich konnte mich nicht mehr betrügen - ich lag nicht inder Gruft. Ich war während einer Abwesenheit von zuhause bei Fremden in Starrkrampfverfallen. Wann oder wie? Dessen entsann ich mich nicht mehr und sie hatten mich wieeinen Hund begraben, in einen gewöhnlichen Sarg eingenagelt und tief, tief und auf ewigin ein gewöhnliches, unbekanntes Grab verscharrt.

Die Qualen jedoch, die icherlitten hatte, kamen denen eines Lebendig-Begrabenen vollständig gleich - sie warengräßlich, grauenvoll gewesen. Doch aus ihnen erwuchs mir unsagbar viel Gutes, denn geradeihr Übermaß hatte den wohltätigsten Einfluß auf meinen Seelenzustand. Ich gewann mehrHerrschaft über mich, überließ mich nicht mehr so sehr meinen Gedanken und mehr meinemgesunden Gefühl. Ging viel aus und machte reichlich körperliche Übungen. Atmete ausvollem Herzen die freie Himmelsluft und begann an anderes als nur an den Tod zu denken.Meine medizinischen Bücher schaffte ich ab, ›Buchan‹ verbrannte ich und las keine›Nachtgedanken‹ mehr, keine Kirchhofs- noch Gespenstergeschichten, keine extravagantenErzählungen - wie diese hier! Kurz, ich wurde ein neuer Mensch und begann, wie ein Menschzu leben. Von dieser denkwürdigen Nacht an verabschiedete ich auf immer meineGrabesphantasien, und mit ihnen verschwand auch meine Katalepsie, die vielleicht mehrihre Wirkung als ihre Ursache war.

Es gibt Augenblicke, in denen diese Welt selbstdem Auge des nüchternsten Betrachters eine Hölle scheinen muß; doch die Phantasie desMenschen führt ihn zu keiner Katharsis, mit der er es wagen darf, all ihre Abgründe zuerforschen. Ach, die unheimliche Schar der Todesschrecken sind doch nicht bloßPhantasien, aber wir müssen sie, wie die Dämonen, die den Afrasiab den Oxus hinabbegleiteten, schlafen lassen, wenn sie uns nicht verschlingen sollen - wir müssen sieschlafen lassen, wenn wir nicht zugrunde gehen wollen!


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 16:45
Scheintot: Frau starb in der Leichenhalle

Pflegerin hatte die leblose Fraugefunden

Von Thomas Görger



Die Pflegerin in dem MettmannerSeniorenheim machte ihre Runde. Es war gegen 4:50 Uhr. Der Blick auf die 72-jährige Frau,die in ihrem Bett lag, beunruhigte sie. Die Gesichtszüge hatten sich verändert, die Hautwirkte fahl. Sie wollte den Puls der alten Dame fühlen, doch sie fand ihn nicht. Siealarmierte den ärztlichen Notdienst. Was dann geschah ist Gegenstand der Ermittlungen derStaatsanwaltschaft Wuppertal. Fest steht: Der Mediziner erklärte die Frau für tot. Feststeht aber auch: Zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch gelebt.


Bestatter brachtensie in Leichenkühlhaus

Gerd Schomacher und ein Kollege holten die angeblich toteFrau gegen 8.30 Uhr ab. Auf einer Trage schoben sie die 72-Jährige in eine der auf 4 GradCelsius gekühlten Aufbahrungskammern des Friedhofs Mettmann. Im Bestattungsinstitutregelten die Angehörigen die Bestattung, suchten einen Sarg aus. Ihn brachte Schomachermit, als er gegen 16 Uhr zurück zum Friedhof fuhr, um die Frauumzubetten.


„Ihre Augen waren noch nicht gebrochen“


"MeinKollege hielt die Frau an den Beinen und ich am Oberkörper. Wir wollten sie in den Sargheben als wir feststellten, dass sie noch warm war," erinnert sich der erfahreneBestatter am 6. Februar dieses Jahres. "Ich dachte mir, dass da etwas nicht stimmenkann." Schomacher untersuchte die 72-Jährige, öffnete ihre Lider: "Ich habe gesehen, dassdie Augen noch nicht gebrochen waren. Ich dachte: Das kann nicht sein. Dann fühlte ichihre Leiste, den Bauch und den Hals." Die Haut war warm und weich.


KeineHinweise auf andere Todesursache

Schomacher benachrichtigte Notarzt und Polizei.Doch die 72-Jährige konnte nicht mehr gerettet werden. Die Rechtsmediziner derUniversität Düsseldorf fanden bei der Sektion der inzwischen tatsächlich verstorbenenFrau Hinweise auf Tod durch Unterkühlung. Für eine organische Erkrankung oder einenaltersbedingten Tod gibt es keine Indizien. Schomacher: "Als der Notarzt kam, hatte dieFrau noch eine Körpertemperatur von 36,5 Grad. Nach etwa einer halben Stunde hat er nochmal gemessen und da fiel die Temperatur schon ganz rapide ab. Dann kamen auch schon dieZeichen des Todes."


Totenflecken bilden sich nach einer halben Stunde


Unverständlich, warum der Mediziner, der in der Nacht zu der Frau gerufen wordenwar, nicht auf diese gewartet hat, meint Dr. Wolfgang Huckenbeck. Der Rechtsmediziner ausDüsseldorf: "Totenflecken sind etwa eine halbe Stunde nach dem Tod zu sehen und nach etwazwei Stunden ausgeprägt. Sie sind ein erstes sicheres Zeichen dafür, dass der Todtatsächlich eingetreten ist." Dabei sinkt das Blut zur Unterseite des Leichnams, die Hautrötet sich. Die Flecken werden umso deutlicher, je länger der Todeszeitpunkt zurückliegt.Auch die Leichenstarre beginnt nach zwei bis drei Stunden.


Puls und Atmungnicht mehr wahrnehmbar

Dr. Huckenbeck kennt die Probleme beim sogenanntenScheintod. Puls, Atmung und Reflexe etwa der Augen sind nicht mehr wahrnehmbar, derHerzschlag ist selbst mit einem Stethoskop kaum zu hören. Allein die Messungen der Hirn-oder Herzströme mit EEG oder EKG können den Zustand des Scheintods entlarven. DieUrsachen für dieses Phänomen können ein Schockzustand, Medikamenten- undAlkoholvergiftung aber auch schwere Verletzungen sein. Die weiteren Untersuchungen imLabor sollen klären, was bei der 72-Jährigen verantwortlich war.


Lebenszeichenkehren langsam zurück

Scheintod ist ein seltenes Phänomen, sagt derRechtsmediziner, aber es taucht immer wieder auf; häufig mit gutem Ausgang. Denn nichtimmer werden die Patienten sofort abtransportiert. Huckenbeck: "Es passiert, dassAngehörige später, wenn der leichenschauende Arzt verschwunden ist, doch Lebenszeichenwahrnehmen, wenn der Betroffene langsam wieder aus dem Zustand des Scheintodszurückkehrt." Aus einer deutschen Millionenstadt sei bekannt, dass sich dort jährlicheinige solcher Fälle ereignen.


Harte Kritik der Rechtsmediziner an denÄrzten

Für Huckenbeck und viele seiner Kollegen aus der Rechtsmedizin Anlass fürharte Kritik: "Natürlich steht für Mediziner die Rettung des Lebens im Vordergrund. Wennsie dann aus ihrer klinischen Erfahrung wissen, dass nichts mehr zu retten ist, genügtdas dennoch nicht für das Ausstellen einer Todesbescheinigung." Erst wenn eindeutigeTodeszeichen feststellbar sind, so Huckenbeck, darf diese ausgestellt werden. Einesorgfältige Leichenschau nennt der Rechtsmediziner den "letzten Dienst" des behandelndenArztes an seinem Patienten: "Und dafür muss er dann eben notfalls nach einiger Zeit zudem Toten zurückkehren, um diese Zeichen auch zu finden."


Hätte der ArztScheintod erkennen können?

Staatsanwalt Ralf Meyer


Hätte die72-jährige Frau aus Mettmann so gerettet werden können? Die Wuppertaler Justiz ermitteltgegen den Mediziner. Der Verdacht: Fahrlässige Tötung. Staatsanwalt Ralf Meyer: "Es mussgeklärt werden, was der Arzt unternommen hat, ob er den Scheintod der Frau hätte erkennenkönnen und was die genaue Todesursache war." Dr. Reinhard Hunold, Vorstandsmitglied derArbeitsgemeinschaft Notärzte NRW glaubt, daß einem Notfallmediziner, der mit einemRettungswagens zu der Frau gekommen wäre, die offenbar noch vorhandene, schwacheHerztätigkeit aufgefallen wäre: "Der Rettungsdienst legt grundsätzlich ein EKG an." Warumdie Pflegerin nicht den Notarzt verständigte, sondern den Bereitschaftsdienst derKassenärzte, müssen die Ermittlungen ergeben.


Abschließendes Gutachten sollKlärung bringen

Das abschließende Gutachten der Rechtsmediziner steht noch aus. Am13. Februar dieses Jahres wurde die 72jähige bestattet. Wenn es überhaupt Trost gebenkann, dann vielleicht dieser: Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Frau aus ihremZustand erwacht war, während sie in der Leichenhalle lag. Sie lag noch so auf der Bahre,wie die Bestatter sie im Kühlhaus zurückgelassen hatten.


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 16:46
Todesursache "scheintot begraben"

Die folgende Erzählung trug sich tatsächlich inAgnetheln, einer Kleinstadt in Siebenbügen zu:

Im Jahre 17.. starb eine Fraujüngeren Alters, weil sie fälschlicherweise für tot erklärt wurde einige Tage nach ihrerBeerdigung in ihrem Grab.

Dieser Irrtum wurde einige Wochen später entdeckt,nachdem Räuber das Grab öffneten, um an den Schmuck der wohlhabenden Frau zu kommen.Neben dem Schmuck fanden die Räuber eine erstaunlich gut erhaltene Leiche vor. Als dieRäuber ihr die Ringe abnehmen wollten, entdeckten sie, dass die Dame ihre Hände nicht wiesonst bei Leichen üblich über dem Herzen zusammengefaltet hatte. Stattdessen waren sie anden Mund geführt. Die Fingerkuppen der Daumen waren nahezu vollständig abgenagt und dieFingernägel abgerieben und zersplittert.

Dies ließ wohl den Schluss zu, dass dieFrau noch lebte als sie beerdigt wurde und erst erwachte als sie bereits längst unter derErde lag. Durch Kratzen an den Sargdeckel versuchte die Scheintote auf sich aufmerksam zumachen, daher die abgenutzten Fingernägel. Die Daumen dienten der Frau wohl dazu denquälenden Hunger zu stillen.

Den Räubern jedenfalls saß der Schreck über den gutenZustand der Leiche wohl zu tief - sie ließen allen Schmuck im Grab. Schließlich gilt jaSiebenbürgen als das Ursprungsland von blutsaugenden Untoten.

In Agnetheln lebtetatsächlich eine Frau in deren Sterbeurkunde "scheintot begraben" als Todesursacheangegeben wurde.


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 16:54
Eine 15-jährige Chinesin hat nach einer Vergewaltigung tagelang unter Steinen vergrabenüberlebt. Das Mädchen aus Chongqing im Südwesten des Landes sei in kritischem Zustand,einige Verletzungen könnten lebensgefährlich sein, zitierte die Zeitung «Beijing News» amDonnerstag Ärzte.
Die 15-Jährige war ihrem Peiniger abends in ein entlegenes,stillgelegtes Bergwerk gefolgt - warum, war unklar. Der Täter, ein Geschäftspartner desVaters, vergewaltigte das Mädchen, schlug sie bewusstlos und begrub sie unter Steinen.Die Polizei fand das Mädchen nach sechs Tagen. Sie habe überlebt, indem sie in die Gruberinnendes Regenwasser aufleckte, erzählte das Mädchen ihrer Mutter. (Reuters)


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07.07.2007 um 16:59
Wikipedia: Scheintod

Lebendig Begraben
Das lebend Begrabenwerden wurde schon im alten Rom praktiziert. Hiermit bestrafte man die Vestalinnen, diegegen das Gelübde der Keuschheit verstoßen hatten. Sie mussten in eine eigens zu diesemZwecke gebaute unterirdische Kammer steigen. Diese wurde dann verschlossen und die Türmit Erde zugeschüttet.

Im Mittelalter war diese Hinrichtungsart sehr unter demHochadel in Mitteleuropa verbreitet und vor allem den Frauen vorbehalten, und zwar fürdie Straftaten Ehebruch und Kindesmord.

Solche Hinrichtungen sind stets im kleinenKreis vollzogen worden. Man vermied so, das Schande auf das Haus der Angehörigen kam. Somusste sich der Verurteilt in eine Mauernische setzen, welche hiernach mit Ziegelnzugemauert wurde. Der Tod musste qualvoll gekommen sein, man verdurstete bzw.verhungerte. Eine "Erleichterung" war es, wenn man einen kleinen Spalt frei ließ, wodurchman Essen und Wasser reichen konnte. Aber auch hier wurde der Tod nur durch schrecklicheweitere Tage herausgezögert.

Doch es gab auch andere Arten des Begrabens. So wurdeder Delinquent gefesselt in einer Grube gestellt und mit Erde zugeschüttet bis nur nochder Kopf herausragte. Eine Verschärfung der Exekution bestand darin, dem Verurteilteneinen Schlauch in den Mund zu stecken, bevor auch sein Haupt mit Erde bedecktwurde.

In Italien wurde der Verurteilte mit dem Kopf voraus lebendig eingegraben,man ließ nur die Knöchel aus der Erde schauen.


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 17:03
Die Scheintodängste reichen bis ins Mittelalter zurück. 1357 soll auf dem Kölner Friedhofeine Frau namens Richmuth ihrem Grab entstiegen sein, als der Totengräber und sein Knechtes öffneten, um sie ihrer Grabbeigaben zu berauben. Doch zur kollektiven Angst, jaHysterie geriet die Vorstellung vom Scheintod erst im 18. und dann vor allem im 19.Jahrhundert. Der Scheintote, so glaubte man, verfüge über einen fortdauerndenBlutkreislauf, ein intaktes Nervensystem und alle weiteren lebenswichtigen Funktionen,wenn auch auf ein Minimum beschränkt. Dies führte zu teilweise kurios anmutendenVorsichtsmaßnahmen und testamentarischen Bestimmungen vom Abtrennen des kleinen Fingersbis hin zur Enthauptung. Man forderte eine gewissenhafte Feststellung des Todes und diebeginnende Verwesung als Voraussetzung für die Freigabe der Leiche zur Bestattung. InGraz vollzog man bis ins 20. Jahrhundert den Herzstich, um sicherzustellen, daß der zuBeerdigende tatsächlich tot sei: War man es nicht bereits, so jetzt mit Sicherheit.

Drei Forderungen sollten ein frühzeitiges Begräbnis verhindern:

a) dieausreichende Wartezeit bis zum Begräbnis,
b) die gewissenhafte Feststellung des Todesund
c) der Bau von Leichenhäusern.

Die letzte Forderung erfüllte sich 1792mit dem ersten Leichenhaus Deutschlands in Weimar. Als ideales Leichenhaus wurde einRundbau angesehen mit dem Zimmer für eine Aufsichtsperson in der Mitte; von hier auskonnte man die Körper der Verstorbenen beobachten und eventuelle Lebenszeichenwahrnehmen. In Weimar unterstützte den Wächter ein akustisches Signal, das durch eineKonstruktion aus Fäden und Glöckchen, die an den Fingern und Zehen der Leichen befestigtwaren, hervorgerufen wurde. Diese Erfindung des Begründers des Leichenhauses, Dr.Christoph Wilhelm Hufeland, diente dazu, auch die kleinste Bewegung eines "Patienten" zumelden.

In einer Zeit, in der weder EKG noch EEG (zur Messung des Hirntodes) zurVerfügung standen, mußte man sich anderer Techniken bedienen, um den Scheintod vomwirklichen Tod unterscheiden zu können. So galt das Fehlen des Blutkreislaufes alssicheres Zeichen für den eingetretenen Tod, den man u.a. durch Injektion von Flouresceinin die unteren Gliedmaßen, was bei bestehendem Blutkreislauf zu einer gelben und grünenVerfärbung der Haut führte, oder durch Einträufeln von Dionin ins Auge, das bei intaktemBlutkreislauf eine Schwellung und Rötung hervorrief, feststellte.

Erwachte aberein Scheintoter im Grab aus seiner kataleptischen Starre, hatte der nun "Neugeborene"gemäß den Vorschlägen der Ärzte drei Möglichkeiten:

a) Begräbnis ohne Sarg, um imFalle des Erwachens ein sofortiges Ersticken herbeizuführen,
b) die Verwendung vonSärgen, deren Inneres mit toxischen Gasen gefüllt ist, und
c) die Verbrennung desLeichnams bei extrem hoher Temperatur, um ein Aufwachen zu verhindern.

DiePhantasien zur Bekämpfung des Scheintodes kannten offensichtlich keine Grenzen; soberichtete der Schriftsteller Dr. Ludwig Chierici von einem Gerät, das "man demVerstorbenen so auf die Brust legt, dass bei der geringsten Bewegung dieses Letzteren einscharfes Eisen hervorspringt und dem Betreffenden das Herz durchbohrt".
SanftereMethoden zur Verhinderung eines qualvollen Todes im Sarg sahen die Bestattung in einemSarg vor, der nur mit einem Leichentuch bedeckt wurde und in einem offenen gelassenenGrab lag, in das man eine Leiter stellte."Rettungs Wecker". Klingelmechanismus zurVerhinderung des Erstickens Scheintoter im SargÄhnlich zahlreich waren die Mittel zurWiederbelebung Scheintoter. So beschrieb das bayerische Polizeireglement eingehend, wiemit einem Scheintoten zu verfahren sei:

1. Die Fenster öffnen und das Zimmererwärmen.
2. Die künstliche Athmung anwenden
3. Warme Kataplasmen von Senf aufdie Brust und die Extremitäten legen.
4. Mit einer weichen Bürste, einem Stück mitEssig oder Kamphergeist durchtränkten Stoffes oder einem erwärmten Tuch Reibungenvornehmen.
5. Mit einer Vogelfeder die Kehle kitzeln.
6. Ammoniakgeist unter dieNase halten.
7. Von Zeit zu Zeit einige Tropfen eines Balsamextraktes oder derartigerEssenz in den Mund träufeln lassen

.Man konnte ein Stück Eisen in siedendes Wassertauchen, um es dann auf die Magengegend aufzulegen und dort maximal 30 Sekunden zubelassen, um "Verletzungen, wenigstens schwerere, [zu] vermeiden"; man konstruierte sogareinen automatischen Zungenzieher, der bei Erwachsenen 20 - 25 Mal pro Minute, bei Kindern20 - 30 Mal pro Minute an der Zunge zog.

Doch zum grundsätzlichen Nachweis desScheintodes mußte Fälle aufgedeckt werden, die keinen Zweifel daran aufkommen ließen, daßder Begrabene nicht wirklich tot gewesen und nach dem Erwachen im Grab eines qualvollenErstickungstodes gestorben sei. Dabei ging man folgendermaßen vor: Das Grab sollteverlegt, zur Überprüfung der Authentizität geöffnet oder der Umstand des Todes überprüftwerden. Dennoch gestaltete sich der Nachweis des Scheintodes schwierig. Im April 1905veröffentlichte die Zeitschrift "The Burial Reformer", das Organ der "Gesellschaft zurVerhinderung der voreiligen Begräbnisse" in London, eine Auflistung aus der zweitenAuflage des Buches "Premature Burial and How it May be Prevented", das die von Ärztenbestätigten Scheintodfälle statistisch zusammenfaßte:

LebendigBegrabene...149
Dem voreiligen Begräbnis Entronnene...219
Lebendig Sezierte...10
Der Vivisektion Entronnene...3
Lebendig Verbrannte....1
LebendigEinbalsamierte...2

Diese Auflistung ergab insgesamt 384 Scheintodfälle. Angst abermacht bekanntlich erfinderisch. Die erfolgreichste Konstruktion zur Verhinderung einesqualvollen Erstickungstodes, der "Apparat Karnice", ging von einer Röhre aus, in der einStab zu einem hermetisch geschlossenen Kasten führte. Die Röhre wurde durch eine Luke inden Sarg gesteckt, so daß sich der in einem Knauf endende Stab über der Brust desBegrabenen befand. Berührte der Erwachende nun den Knauf, wurde der Mechanismus innerhalbdes Kastens, der etwa 0,5 m über der Erdoberfläche war, aktiviert. Es ertönte einKlingelsignal, und eine Stange mit einer glänzenden Kugel am Ende richtete sich alssichtbares Zeichen auf. Bei diesem Vorgang öffnete sich der Kasten und sowohl Licht alsauch Luft strömten durch die Röhre in das Innere des Sarges, gleichzeitig konnte derBegrabene die nun offene Röhre als Sprachrohr benutzen und sich so bemerkbar machen.

Die Scheintodangst bildete eines der kollektiven Traumata der Gesellschaft des18. und des 19. Jahrhunderts. In ihr trafen sich die alten Vorstellungen vom Fortlebender Toten mit den sich vergrößernden medizinischen Kenntnissen und dem Wunsch nach einerpräzisen Feststellung des exakten Todeszeitpunktes. Doch die unterschwelligen Ängste,vorzeitig begraben zu werden, sind bis heute geblieben. nicht nur als Gegenstandeinschlägiger Horrorfilme: Sie formulieren die unbewältigte Trauer und den letzten FunkenHoffnung, nicht endgültig Abschied nehmen zu müssen, und sie durchziehen wie winzigeGeflechte nach wie vor die Diskussion um die Feststellung des Todeseintrittes und damitletztendlich auch das Problem der Organentnahme.


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 17:09
Hi Sarafin7 ; )

Makaberes Thema...

Ich habe vor einiger Zeit etwas dazu imFernsehn gesehen und wenn ich mich recht erinnere, war die Rede davon, das auch Heutenoch in Deutschland jährlich etwa 30 Menschen scheintot bestattet werden.

Auchkann ich mich an einen Fall erinnern, der ein paar Jeahre zurückliegt,
bei dem einRentner im Krankenhaus für tot erklärt wurde, zum Bestatter kam,
und als er, nachTagen, zur Beerdigung aufgebahrt wurde, einen tiefen Seufzer tat.
Er lebte noch, kamzurück ins Krankenhaus, erlag dann aber endgültig seiner
Krankheit,- oder den Folgender inzwischen erlittenen Unterkühlung.

Eine sehr "schöne" Kurzgeschichte zumThema ist in einem Sammelband
veröffentlicht, den ich einmal las, sie heißt:

"Plötzlich nach einem guten Abendessen"
(Suddenly after a goodSupper)

Leider weiß ich Autor und Verlag nicht mehr, - das Buch hieß:

"Küsschen, Küsschen", - oder "Noch ein Küsschen"

und enthielt subtilenHorror vom Feinsten.

Ich werde mich mal verbrennen lassen, zum einen müssen dazwei Ärzte
unabhängig voneinander den Tod feststellen, zum anderen hat man esschneller hinter sich, als im Grab, falls es trotzdem noch schiefgehen sollte mit derTodesfeststellung...


Möge DIE MACHT mit Uns sein !

MIKESCH


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 17:24
Hi,sicher ist dieses thema irgendwo makaber, doch allgegenwärtig wie man sieht und leiderauch hört...aber allein die vorstellung dessen läßt mich mächtig erschauern.verbrennenist eine gute idee-da hats man schnell hinter sich,obwohl das ja auch eine ganze weiledauert...aber bis dahin ist man dann wohl endgültig erstickt.


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 17:36
Hi blackbabs !

Verbrannt wirst du in der Kiste über einer Gasflamme mit irre hoherTemperatur, - da ist der Sauerstoff schlagartig weg und auch der Schmerz
dervollflächigen Verbrennung würde dich sofort ohnmächtig werden lassen.

Wenn mansich allerdings die tibetanischen, schamanischen und hindistischen
Vorstellungen vondem, was der Mensch nach seinem Tod erlebt mal ansieht,
dann ist die Zeit, die einlebendig Begrabener noch bei Bewußtsein verbringt,
eher gemütlich...

Mal nurgut, das ich Christ bin und sofort ins Paradies komm ; )

MIKESCH


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 17:56
@ Mikesch
....kannte ich auch, hatte ich auch.Irgendwann verschwunden.
ES WAR:Küsschen, Küsschen.: Bücher: Roald Dahl


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 17:56
vllt. ist die idee mit der sargcam doch nicht soooo schlecht.hast du mal da geguckt?


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 17:57
Früher war das nicht so üblich, mit dem Verbrennen...und die Leute ließen sich eine Mengeeinfallen...um" ES " zu vermeiden.


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 18:00
ja von glöckchen über klingeln bis hin zu kunstvoll geschnitzten stöcken.besteht aberimmernoch das risiko,dass dich keiner hört ;-(


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 18:07
naja, heutzutage gibt es wie schon oben im Text ewähnt, die Messung der Hirn- bzwHerzströme (EEG/ EKG), und sind ziemlich zuverlässig, den echten Tod und den Scheintodeines Menschen zu unterscheiden, trotzdem ziemlich schauriges Thema!


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 18:15
vorausgesetzt,die lieben ärzte machen sich die mühe.ist doch garnicht solange her,dasseine alte "verstorbene"omi im leichenkeller zusich kam ber dann an einer lungenentzündungverstorben ist...


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sarafin7 Diskussionsleiter
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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 18:18
AUszug / Terracotta Armee

Auch ausgeblutete Pferde, Tiger und Pandabären wurdendem Kaiser in die Ewigkeit mit gegeben. Ebenfalls wurden Gruben mit menschlichenSkeletten gefunden. Unklar ist noch, ob sie dem Herrscher in den Tod folgen mußten, wasin diesen Zeiten nicht ganz ungewöhnlich war, oder ob es sich schlicht um verstorbeneArbeiter handelt. Die Zukunft wird allerdings erst zeigen, welche weiteren Überraschungennoch unter dem 56 qkm großen Grabareal des Kaisers Qin Shi lagern. Der Kaiser Qin Shigilt heute als der Begründer Chinas und von ihm leitet China auch seinen Namen ab. Er mußein brutaler Despot gewesen sein, der seine Gegner lebendig begraben ließ; andererseitsblühte China aber in seiner Zeit auf und schuf Gewaltiges, wie gerade diese Grabanlagebeweist. Man steht vor dieser Armee und will nicht glauben, das es so etwas geben kann.Das unmittelbare Erlebnis ist einfach nicht zu beschreiben, man muß es eben erlebthaben.

Ganzer Bericht:
http://www.bp-reiseberichte.de/china/china_xian_3.htm (Archiv-Version vom 22.06.2007)


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Scheintot Roman und Wirklichkeit

07.07.2007 um 18:23
Poe ist ja schön und gut aber hättes ein Link dazu nicht getan?


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