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Das Ende des Alls könnte eher kommen, als wir glauben
01.02.2006 um 20:34Habe mal wieder im web gewühlt und folgenden Artikel gefunden. Ich poste ihn vollständig hier rein, weil er aus einem PDF ist, und einige können das eventuell nicht öffnen. Er ist leider recht lang aber ich finde es lohnt sich. Hier aber trotzdem der Link.
http://hermes.zeit.de/pdf/archiv/archiv/1997/06/titel.txt.19970131.xml.pdf
Kurze Erklärung vorab, geht darum, dass ein „echtes“ Vakuum durch einen unglaublich starken direkten Zusammenstoß zweier Kosmischerstrahlen entstehen könnte, welches dann das ganze Universum vernichtet. Hier nun der Artikel:
Das Ende des Universums könnte rascher kommen, als wir glauben
Wenn sich eine Blase echten Vakuums durch den Kosmos wälzt und alles vernichtet, was ihr in den Weg kommt − dann ist endgültig Schluss. Mit allem. Paul Davies.
Viele Wissenschaftler nehmen an, man müsse in einer sehr fernen und möglicherweise unendlichen Zukunft mit dem Ende des Universums rechnen, ob es nun in einem lauten Knall oder mit Gewimmer erfolgt (genauer gesagt: durch Kollaps oder Tiefgefrieren). Wenn das Universum zusammenbräche, hätten unsere Nachkömmlinge viele Milliarden Jahre zuvor Kenntnis von der bevorstehenden Katastrophe. Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit, und sie ist insgesamt beklemmender.
Astronomen sehen beim Blick zum Himmel das All nicht in seinem gegenwärtigen Zustand, sozusagen als unmittelbaren Schnappschuss. Wegen der Zeit, die es dauert, bis das Licht aus fernen Regionen des Weltraums die Erde erreicht, sehen wir jedes Objekt im Raum so, wie es in dem Augenblick war, als das Licht ausgesandt wurde. Mit dem Teleskop blickt man also nicht nur in die Ferne, sondern auch in die Zeit. Je weiter ein Objekt entfernt ist, desto weiter aus der Vergangenheit kommt das Bild, das wir heute sehen. Tatsächlich ist das Universum des Astronomen ein rückwärts gerichteter Schnitt durch Raum und Zeit. In der Fachsprache wird er "Vergangenheitslichtkegel" genannt.
Der Relativitätstheorie zufolge kann sich keine Information oder kein physikalischer Einfluss schneller fortpflanzen als mit Lichtgeschwindigkeit. Daher kennzeichnet der Vergangenheitslichtkegel nicht nur die Grenze allen Wissens über das Universum, sondern auch die aller Ereignisse, die uns unter Umständen in diesem Augenblick betreffen.
Ein einfaches hypothetisches Beispiel: Eine Explosion der Sonne in diesem Augenblick würden wir erst etwa achteinhalb Minuten später mitbekommen, weil das Licht von ihr aus so lange bis zur Erde braucht. So ist es durchaus möglich, dass ein in unserer Nähe befindlicher Stern schon vor Jahren als Supernova explodiert ist − ein Ereignis, das die Erde mit einer tödlichen Strahlung einhüllen könnte − und wir nicht ahnen, dass die schlechte Nachricht mit Lichtgeschwindigkeit durch die Galaxis auf uns zurast. Auch wenn das Universum im Augenblick einen ganz ruhigen Eindruck zu machen scheint, können wir nicht sicher sein, dass nicht längst etwas wirklich Schreckliches geschehen ist.
Meist rufen plötzliche Ausbrüche im Universum Schäden hervor, die sich auf die unmittelbare kosmische Nachbarschaft beschränken. Stirbt ein Stern oder stürzt Materie in ein schwarzes Loch, zieht das Planeten und nahe Sterne bis in eine Entfernung von möglicherweise wenigen Lichtjahren in Mitleidenschaft. Am spektakulärsten scheinen die Ereignisse zu sein, die im Kern mancher Galaxien stattfinden. Gelegentlich werden gewaltige Materieströme mit einem beträchtlichen Teil der Lichtgeschwindigkeit hinausgeschleudert, wobei auch ungeheure Mengen an Strahlung auftreten. Das ist Gewalt im galaktischen Maßstab.
Wie aber verhält es sich mit Ereignissen, die das ganze Universum in Schutt und Asche legen können? Wäre ein Ausbruch möglich, der das gesamte Universum auf einen Schlag vernichtet − sozusagen in der Blüte seiner Jahre? Kann es sein, dass eine Katastrophe wahrhaft kosmischen Ausmaßes schon ausgelöst wurde und ihre unerfreulichen Auswirkungen über den Vergangenheitslichtkegel in diesem Augenblick auf unsere anfällige Nische in Ort und Zeit zurollen?
Die Physiker Sidney Coleman und Frank De Luccia haben 1980 in der Zeitschrift Physical Review D einen wichtigen Aufsatz mit dem harmlos klingenden Titel "Gravitational Effects on and of Vacuum Decay" (etwa: "Die Wirkungen, die von der Gravitation auf den Zerfall des Vakuums ausgeübt werden") veröffentlicht. Das Vakuum, auf das sie sich beziehen, ist nicht einfach leerer Raum, sondern der Vakuumzustand der Quantenphysik. Das, was uns als vollständige Leere erscheint, strotzt in Wahrheit nur so von kurzlebiger Quantenaktivität, wobei geisterhaft virtuelle Teilchen wie aus dem Nichts auftauchen und ebenso zufällig wieder verschwinden. Dieser Vakuumzustand braucht nicht einmalig zu sein; es könnte mehrere Quantenzustände geben, die verschiedene Stufen der Quantenaktivität und unterschiedliche damit verbundene Energien aufweisen.
Ein fester Grundsatz der Quantenphysik heißt, dass Zustände mit höherer Energie zu solchen mit geringerer Energie tendieren. Beispielsweise kann ein Atom verschiedene angeregte Zustände annehmen, von denen jeder instabil ist. In diesem Fall wird es versuchen, in den Zustand mit der geringsten Energie, also den "Grundzustand" überzugehen, welcher stabil ist. In ähnlicher Weise wird ein "angeregtes" Vakuum versuchen, in den Zustand der geringsten Energie überzugehen, den des "echten" Vakuums.
Heute nimmt man in der Regel an, dass der gegenwärtige Zustand des Universums dem des echten Vakuums entspreche, das heißt, dass der leere Raum in der jetzigen Zeit das Vakuum mit der geringsten möglichen Energie sei. Aber können wir dessen sicher sein? Coleman und De Luccia erwägen die äußerst beunruhigende Möglichkeit, dass es sich bei dem gegenwärtigen Vakuum vielleicht gar nicht um das echte, sondern lediglich um ein langlebiges, ein metastabiles Vakuum handelt, das uns eine falsche Sicherheit vorgaukelt, weil es schon seit einigen Milliarden Jahren andauert.
Uns sind viele Quantensysteme mit einer Halbwertszeit von Milliarden Jahren bekannt − beispielsweise Urankerne. Angenommen, das gegenwärtige Vakuum falle in diese Kategorie. Der im Titel von Colemans und De Luccias Aufsatz angesprochene "Zerfall" des Vakuums bezieht sich auf die katastrophale Möglichkeit, dass dessen gegenwärtiger Zustand schlagartig enden und der Kosmos in einen Zustand noch geringerer Energie stürzen könnte. Das hätte für uns (und alles andere) schreckliche Konsequenzen.
Es ist Coleman und De Luccia gelungen, den Zerfall des Vakuums in einem mathematischen Modell darzustellen und zu zeigen, wie das Phänomen sich ereignet. Sie stellten fest, dass der Zerfall an einem zufälligen Ort im Raum beginnt, indem sich eine von instabilem falschen Vakuum umgebene winzige Blase aus echtem Vakuum bildet. Gleich nach ihrer Entstehung wird sie sich mit einem Tempo ausdehnen, das sich rasch der Lichtgeschwindigkeit annähert. Damit nimmt sie einen immer größeren Bereich des falschen Vakuums in sich auf und wandelt es unverzüglich in echtes Vakuum um. Die Energiedifferenz zwischen beiden Zuständen − die den ungeheuren Wert von 1087 Joule pro cm3 Raum haben kann − konzentriert sich in der Wandung der Blase, die sich durch das Universum wälzt und alles mit Vernichtung bedroht, was ihr in den Weg kommt.
Den ersten Hinweis auf die Existenz einer Blase aus echtem Vakuum würde uns ihr Eintreffen liefern, wobei die Vorwarnzeit nicht einmal drei Minuten betrüge. Damit würde sich die Quantenstruktur unserer Welt mit einem Mal verändern. Von einem Augenblick auf den nächsten würden sich die Wesen aller Elementarteilchen sowie ihre Wirkungen drastisch verändern; beispielsweise könnten Protonen ganz plötzlich zerfallen.
Das Ergebnis wäre ein schlagartiges Verdampfen aller Materie. Kurz: augenblickliche Vernichtung.</b "Diese Aussicht ist entmutigend", erklären die Autoren mit souveränem Understatement und fahren fort: "Die Möglichkeit, dass wir in einem falschen Vakuum leben, hat zu keiner Zeit eine besonders begeisternde Aussicht geboten. Der Vakuumzerfall bedeutet die endgültige ökologische Katastrophe; nach ihm ist nicht nur das Leben, wie wir es kennen, unmöglich, sondern auch die Chemie, so wie wir sie kennen.
Nach der Veröffentlichung von Colemans und De Luccias Aufsatz diskutierten Physiker und Astronomen intensiv die verheerenden Folgen des Vakuumzerfalls. In einer Nachfolgeuntersuchung, die in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde, beschworen Piet Hut und Martin Rees das beunruhigende Gespenst herauf, Teilchenphysiker könnten völlig unbeabsichtigt die Entstehung einer das Universum zerstörenden Vakuumblase auslösen. Ihre Besorgnis stützt sich darauf, dass bei einem mit sehr hoher Energie erfolgenden Zusammenprall von Elementarteilchen − in einer sehr kleinen Region des Raumes und einem sehr kurzen Augenblick − Bedingungen entstehen könnten, die das Vakuum zum Zerfall veranlassen. Wäre der Übergang erst einmal vollzogen, und sei es auch nur in mikroskopisch kleinem Maßstab, könnte nichts die neu entstandene Blase daran hindern, sich rasch zu astronomischer Größe aufzublähen.
Sollten wir ein Verbot für die nächste Generation von Teilchenbeschleunigern aussprechen? Hut und Rees gaben beunruhigende Erklärungen ab und wiesen darauf hin, dass kosmische Strahlung, die höhere Energiewerte erreicht, als wir sie in unseren Teilchenbeschleunigern zu erzeugen vermögen, seit Milliarden von Jahren Atomkerne in der Erdatmosphäre bombardiert, ohne dass es dabei zum Vakuumzerfall gekommen wäre. Auf der anderen Seite seien wir imstande, erklären sie weiter, Zusammenstöße mit höherer Energie hervorzurufen, als der Aufprall kosmischer Strahlung auf die Erde sie je erzeugt habe, wenn es uns gelänge, die in Teilchenbeschleunigern erzeugte Energie um ein Vielhundertfaches zu steigern.
Die eigentliche Frage allerdings heißt nicht, ob es auf der Erde zu dieser Art Blasenbildung kommen kann, sondern ob sie bereits zu irgendeiner Zeit nach dem Urknall irgendwo im beobachtbaren Universum stattgefunden hat. Hut und Rees haben dargelegt, dass in äußerst seltenen Fällen zwei kosmische Strahlen frontal aufeinander stoßen, wobei Energien frei werden, die milliardenfach höher liegen als die in den gegenwärtigen Teilchenbeschleunigern erzeugten. Wir brauchen also wohl bisher keine Behörde, die da ordnend eingreift.
Paradoxerweise könnte die Entstehung einer Vakuumblase − eben das Phänomen, das die bloße Existenz des Universums bedroht in einem nur leicht veränderten Zusammenhang dessen einzig mögliche Rettung bedeuten. Die einzig sichere Möglichkeit dem Tod des Universums zu entgehen, besteht darin, ein neues zu erzeugen, in dem man Zuflucht finden kann. Man könnte das für das letzte Wort auf dem Gebiet überhitzter phantastischer Spekulation halten, doch wurde in den letzten Jahren viel von "Kind−Universen" gesprochen.
Die Argumente, die für deren Existenz angeführt werden, lassen sich keineswegs von der Hand weisen.
Das Thema wurde erstmals 1981 von einer Gruppe japanischer Physiker ins Gespräch gebracht. Sie untersuchten ein einfaches mathematisches Modell vom Verhalten einer kleinen Blase falschen Vakuums, die von echtem Vakuum umgeben ist − die Umkehrung der soeben dargestellten Situation. Vorausgesagt wurde, dass sich das falsche Vakuum aufblähen und damit sehr rasch in einem Urknall zu einem großen Universum ausdehnen würde. Allem Anschein nach müsste sich die Blasenwandung durch die Aufblähung der Blase aus falschem Vakuum so ausdehnen, dass die Region aus falschem Vakuum auf Kosten der Region aus echtem Vakuum anwächst. Doch das widerspricht der Erwartung, dass das auf der niedrigen Energiestufe befindliche echte Vakuum das falsche Vakuum mit der höheren Energiestufe verdrängt und nicht umgekehrt.
Sonderbarerweise scheint sich − vom echten Vakuum aus gesehen − die Region des Raumes, welche die Blase aus falschem Vakuum einnimmt, nicht aufzublähen. Tatsächlich wirkt sie eher wie ein schwarzes Loch.
Ein in der Blase aus falschem Vakuum befindlicher hypothetischer Beobachter würde Zeuge, wie das Universum zu gewaltigen Ausmaßen anschwillt, doch von außen gesehen bliebe die Blase kompakt. Eine Möglichkeit, sich diese eigenartige Situation vorzustellen, liefert ein Vergleich mit einem Gummituch,
das an einer Stelle eine Blase bildet, die sich ausdehnt. Der auf diese Weise entstehende Ballon bildet eine Art Kind−Universum, das durch etwas wie eine Nabelschnur oder ein "Wurmloch" mit dem Mutter−Universum verbunden ist. Vom Mutter−Universum aus wirkt die Öffnung des Wurmlochs wie ein schwarzes Loch. Diese Anordnung ist instabil, das schwarze Loch verdampft rasch unter der Einwirkung des Hawking−Effekts und verschwindet vollständig aus dem Mutter−Universum. Als Ergebnis wird das Wurmloch abgezwickt, und aus dem nunmehr vom Mutter−Universum getrennten Kind−Universum wird ein neues, unabhängiges und eigenständiges Universum. Dieses Modell legt die Schlussfolgerung nahe, dass unser eigenes Universum auf die beschriebene Weise als Nachkömmling eines anderen Universums entstanden ist.
Alan Guth, der Vater der Aufblähungstheorie, hat mit seinen Kollegen untersucht, ob die oben beschriebene Situation die bizarre Möglichkeit zulässt, ein neues Universum im Labor zu erschaffen. Im Unterschied zu dem Angst einflößenden Zerfall eines falschen Vakuums in einer Blase aus echtem Vakuum bedeutet die Erzeugung einer Blase aus falschem Vakuum, die von echtem Vakuum umgeben ist, keine Bedrohung für die Existenz des Universums. Zwar könnte es bei diesem Experiment zu einem Urknall kommen, doch bliebe es auf das Innere eines winzigen schwarzen Lochs beschränkt, das bald verdampft. Das neue Universum würde seinen eigenen Raum schaffen und von unserem nichts für sich beanspruchen.
Obwohl der Gedanke recht hypothetisch bleibt und sich ausschließlich auf mathematische Theorien stützt, lassen Untersuchungen erkennen, dass die Entstehung neuer Universen auf diese Weise möglich wäre, sofern man in einem sorgfältig entwickelten Verfahren große Mengen an Energie konzentrierte. Wenn in sehr ferner Zukunft unser eigenes Universum allmählich unbewohnbar wird oder sich einem großen Kollaps nähert, könnten unsere Nachkommen beschließen, sich aus ihm davonzustehlen, indem sie den Knospungsprozeß in Gang setzten, um dann in aller Eile durch die wurmlochähnliche Nabelschnur ins Nachbar−Universum zu kriechen, bevor es abgezwickt wird − die fortgeschrittenste Stufe der Auswanderung.
Natürlich hat heutzutage niemand eine Vorstellung davon, ob oder auf welche Weise diese kühnen Geschöpfe die Aufgabe lösen könnten. Zumindest wäre die Reise durch das Wurmloch recht unbequem, es sei denn, das schwarze Loch, in das sie sich stürzen müssen, wäre sehr groß.
Abgesehen von solchen praktischen Erwägungen eröffnet die bloße Möglichkeit der Existenz von Kind−Universen die Aussicht auf echte Unsterblichkeit − nicht nur für unsere Nachkommen, sondern auch für Universen. Statt uns Gedanken über Leben und Tod des Universums zu machen, sollten wir lieber an eine Familie von Universen denken, die sich unendlich fortpflanzen, indem jedes neue Universum Generationen von weiteren erzeugt, möglicherweise in ungeheurer Zahl. Mit solcher kosmischer Fruchtbarkeit hätte die Ansammlung von Universen − oder das Metauniversum, wie man sie eigentlich nennen müsste − womöglich weder Anfang noch Ende. Jedes einzelne Universum würde Entstehung, Entwicklung und Tod erleben, aber die Gattung insgesamt würde ewig existieren.
Bei diesem Szenario drängt sich die Frage auf, ob die Erschaffung unseres eigenen Universums auf natürlichem Wege erfolgt ist (ähnlich der Geburt eines Kindes auf die von der Natur vorgesehen Weise) oder Ergebnis geplanten Eingreifens war (wie bei einem Retortenbaby). Wir können uns vorstellen, dass eine hinreichend fortgeschrittene und altruistische Gesellschaft von Wesen in einem Mutter−Universum, deren eigenes Universum zum Untergang verurteilt ist, Kind−Universen zu erzeugen beschlösse − nicht um einen Fluchtweg für das eigene Überleben zu eröffnen, sondern um dafür zu sorgen, dass das Leben irgendwo weiter bestehen kann. In dem Falle wäre es überflüssig, Möglichkeiten für die Überwindung der beachtlichen Hindernisse zu finden, die dem Versuch entgegenstehen, ein passierbares Wurmloch zum Kind−Universum zu schaffen.
Unklar ist, in welchem Ausmaß ein Kind−Universum genetisch von seiner Mutter geprägt wäre. Bisher wissen unsere Physiker nicht, warum die verschiedenen in der Natur und den Materieteilchen wirkenden Kräfte gerade die Eigenschaften haben, die sie aufweisen. Einerseits könnten sie Teil der Naturgesetze sein, die ein für allemal in jedem Universum festgelegt sind. Andererseits ist es möglich, dass diese oder jene Eigenschaften auf Evolutionszufälle zurückgehen.
Der Physiker Lee Smolin hat vorgeschlagen, dass sogar bei Universen eine Art Darwinscher Evolution am Werk sein könnte, welche das Entstehen von Leben und Bewusstsein mittelbar unterstützt. Noch interessanter ist die Möglichkeit, dass Universen durch die Einwirkung einer Intelligenz in einem Mutter−Universum geschaffen werden und bewusst mit den Eigenschaften ausgestattet werden, die erforderlich sind, damit Leben und Bewusstsein entstehen können.
Keine dieser Theorien ist mehr als wilde Spekulation, doch steht der Wissenschaftszweig der Kosmologie noch ziemlich am Anfang. Zumindest liefern die hier vorgetragenen einfallsreichen Spekulationen eine
Gegenposition zu den oft entwickelten düsteren Prognosen. Sie weisen auf die Möglichkeit hin, dass auch dann, wenn sich unsere Nachkommen eines Tages den letzten drei Minuten stellen müssen, bewusste Wesen irgendwelcher Art für immer irgendwo existieren könnten.
Paul Davies ist im angelsächsischen Sprachraum einer der bekanntesten Wissenschaftsautoren. Der Professor für theoretische Physik und Wissenschaftsphilosophie an der Universität von Adelaide in Australien beschäftigt sich in seinen Büchern, wie etwa "Gott und die moderne Physik" oder "Die Unsterblichkeit der Zeit", auf verständliche und sachkundige Art vorwiegend mit Grenzbereichen des naturwissenschaftlichen Wissens und den damit zusammenhängenden philosophischen Fragen.
Nun liegt ein neues Buch von ihm vor, "Die letzten drei Minuten“, aus dem wir diesen Text entnommen haben. Das Werk, das Anfang Februar in der Reihe "Science−Masters" bei Bertelsmann erscheint, ist als ironische Antwort auf Steven Weinbergs berühmten Bestseller "Die ersten drei Minuten" gedacht.
Nobelpreisträger Weinberg beschrieb 1977 detailliert die Abläufe wenige Augenblicke nach dem Urknall.
Nun lehnt Davies sich an das berühmte Vorbild an und stellt die vielen denkbaren Theorien über das definitive Ende des Kosmos vor. Wird das Universum mit einem Knall oder einem Klagelaut enden, wird es überhaupt enden?
Und wird die Menschheit (oder unsere Nachkommen, die vielleicht eher Biorobotern ähneln) weiterleben?
Der Leser, der sich auf solche Fragen einlässt, wird von Davies auf eine ebenso schwindelerregende wie vergnügliche Reise geschickt. Das Buch sei "nicht ganz und gar apokalyptisch", sagt der Physikprofessor im Vorwort. Aber möglicherweise sieht man die eigene irdische Existenz nach der Lektüre mit etwas anderen Augen.
Hoffe Ihr fandet das auch interessant.
lebe lange und in frieden
Kurze Erklärung vorab, geht darum, dass ein „echtes“ Vakuum durch einen unglaublich starken direkten Zusammenstoß zweier Kosmischerstrahlen entstehen könnte, welches dann das ganze Universum vernichtet. Hier nun der Artikel:
Das Ende des Universums könnte rascher kommen, als wir glauben
Wenn sich eine Blase echten Vakuums durch den Kosmos wälzt und alles vernichtet, was ihr in den Weg kommt − dann ist endgültig Schluss. Mit allem. Paul Davies.
Viele Wissenschaftler nehmen an, man müsse in einer sehr fernen und möglicherweise unendlichen Zukunft mit dem Ende des Universums rechnen, ob es nun in einem lauten Knall oder mit Gewimmer erfolgt (genauer gesagt: durch Kollaps oder Tiefgefrieren). Wenn das Universum zusammenbräche, hätten unsere Nachkömmlinge viele Milliarden Jahre zuvor Kenntnis von der bevorstehenden Katastrophe. Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit, und sie ist insgesamt beklemmender.
Astronomen sehen beim Blick zum Himmel das All nicht in seinem gegenwärtigen Zustand, sozusagen als unmittelbaren Schnappschuss. Wegen der Zeit, die es dauert, bis das Licht aus fernen Regionen des Weltraums die Erde erreicht, sehen wir jedes Objekt im Raum so, wie es in dem Augenblick war, als das Licht ausgesandt wurde. Mit dem Teleskop blickt man also nicht nur in die Ferne, sondern auch in die Zeit. Je weiter ein Objekt entfernt ist, desto weiter aus der Vergangenheit kommt das Bild, das wir heute sehen. Tatsächlich ist das Universum des Astronomen ein rückwärts gerichteter Schnitt durch Raum und Zeit. In der Fachsprache wird er "Vergangenheitslichtkegel" genannt.
Der Relativitätstheorie zufolge kann sich keine Information oder kein physikalischer Einfluss schneller fortpflanzen als mit Lichtgeschwindigkeit. Daher kennzeichnet der Vergangenheitslichtkegel nicht nur die Grenze allen Wissens über das Universum, sondern auch die aller Ereignisse, die uns unter Umständen in diesem Augenblick betreffen.
Ein einfaches hypothetisches Beispiel: Eine Explosion der Sonne in diesem Augenblick würden wir erst etwa achteinhalb Minuten später mitbekommen, weil das Licht von ihr aus so lange bis zur Erde braucht. So ist es durchaus möglich, dass ein in unserer Nähe befindlicher Stern schon vor Jahren als Supernova explodiert ist − ein Ereignis, das die Erde mit einer tödlichen Strahlung einhüllen könnte − und wir nicht ahnen, dass die schlechte Nachricht mit Lichtgeschwindigkeit durch die Galaxis auf uns zurast. Auch wenn das Universum im Augenblick einen ganz ruhigen Eindruck zu machen scheint, können wir nicht sicher sein, dass nicht längst etwas wirklich Schreckliches geschehen ist.
Meist rufen plötzliche Ausbrüche im Universum Schäden hervor, die sich auf die unmittelbare kosmische Nachbarschaft beschränken. Stirbt ein Stern oder stürzt Materie in ein schwarzes Loch, zieht das Planeten und nahe Sterne bis in eine Entfernung von möglicherweise wenigen Lichtjahren in Mitleidenschaft. Am spektakulärsten scheinen die Ereignisse zu sein, die im Kern mancher Galaxien stattfinden. Gelegentlich werden gewaltige Materieströme mit einem beträchtlichen Teil der Lichtgeschwindigkeit hinausgeschleudert, wobei auch ungeheure Mengen an Strahlung auftreten. Das ist Gewalt im galaktischen Maßstab.
Wie aber verhält es sich mit Ereignissen, die das ganze Universum in Schutt und Asche legen können? Wäre ein Ausbruch möglich, der das gesamte Universum auf einen Schlag vernichtet − sozusagen in der Blüte seiner Jahre? Kann es sein, dass eine Katastrophe wahrhaft kosmischen Ausmaßes schon ausgelöst wurde und ihre unerfreulichen Auswirkungen über den Vergangenheitslichtkegel in diesem Augenblick auf unsere anfällige Nische in Ort und Zeit zurollen?
Die Physiker Sidney Coleman und Frank De Luccia haben 1980 in der Zeitschrift Physical Review D einen wichtigen Aufsatz mit dem harmlos klingenden Titel "Gravitational Effects on and of Vacuum Decay" (etwa: "Die Wirkungen, die von der Gravitation auf den Zerfall des Vakuums ausgeübt werden") veröffentlicht. Das Vakuum, auf das sie sich beziehen, ist nicht einfach leerer Raum, sondern der Vakuumzustand der Quantenphysik. Das, was uns als vollständige Leere erscheint, strotzt in Wahrheit nur so von kurzlebiger Quantenaktivität, wobei geisterhaft virtuelle Teilchen wie aus dem Nichts auftauchen und ebenso zufällig wieder verschwinden. Dieser Vakuumzustand braucht nicht einmalig zu sein; es könnte mehrere Quantenzustände geben, die verschiedene Stufen der Quantenaktivität und unterschiedliche damit verbundene Energien aufweisen.
Ein fester Grundsatz der Quantenphysik heißt, dass Zustände mit höherer Energie zu solchen mit geringerer Energie tendieren. Beispielsweise kann ein Atom verschiedene angeregte Zustände annehmen, von denen jeder instabil ist. In diesem Fall wird es versuchen, in den Zustand mit der geringsten Energie, also den "Grundzustand" überzugehen, welcher stabil ist. In ähnlicher Weise wird ein "angeregtes" Vakuum versuchen, in den Zustand der geringsten Energie überzugehen, den des "echten" Vakuums.
Heute nimmt man in der Regel an, dass der gegenwärtige Zustand des Universums dem des echten Vakuums entspreche, das heißt, dass der leere Raum in der jetzigen Zeit das Vakuum mit der geringsten möglichen Energie sei. Aber können wir dessen sicher sein? Coleman und De Luccia erwägen die äußerst beunruhigende Möglichkeit, dass es sich bei dem gegenwärtigen Vakuum vielleicht gar nicht um das echte, sondern lediglich um ein langlebiges, ein metastabiles Vakuum handelt, das uns eine falsche Sicherheit vorgaukelt, weil es schon seit einigen Milliarden Jahren andauert.
Uns sind viele Quantensysteme mit einer Halbwertszeit von Milliarden Jahren bekannt − beispielsweise Urankerne. Angenommen, das gegenwärtige Vakuum falle in diese Kategorie. Der im Titel von Colemans und De Luccias Aufsatz angesprochene "Zerfall" des Vakuums bezieht sich auf die katastrophale Möglichkeit, dass dessen gegenwärtiger Zustand schlagartig enden und der Kosmos in einen Zustand noch geringerer Energie stürzen könnte. Das hätte für uns (und alles andere) schreckliche Konsequenzen.
Es ist Coleman und De Luccia gelungen, den Zerfall des Vakuums in einem mathematischen Modell darzustellen und zu zeigen, wie das Phänomen sich ereignet. Sie stellten fest, dass der Zerfall an einem zufälligen Ort im Raum beginnt, indem sich eine von instabilem falschen Vakuum umgebene winzige Blase aus echtem Vakuum bildet. Gleich nach ihrer Entstehung wird sie sich mit einem Tempo ausdehnen, das sich rasch der Lichtgeschwindigkeit annähert. Damit nimmt sie einen immer größeren Bereich des falschen Vakuums in sich auf und wandelt es unverzüglich in echtes Vakuum um. Die Energiedifferenz zwischen beiden Zuständen − die den ungeheuren Wert von 1087 Joule pro cm3 Raum haben kann − konzentriert sich in der Wandung der Blase, die sich durch das Universum wälzt und alles mit Vernichtung bedroht, was ihr in den Weg kommt.
Den ersten Hinweis auf die Existenz einer Blase aus echtem Vakuum würde uns ihr Eintreffen liefern, wobei die Vorwarnzeit nicht einmal drei Minuten betrüge. Damit würde sich die Quantenstruktur unserer Welt mit einem Mal verändern. Von einem Augenblick auf den nächsten würden sich die Wesen aller Elementarteilchen sowie ihre Wirkungen drastisch verändern; beispielsweise könnten Protonen ganz plötzlich zerfallen.
Das Ergebnis wäre ein schlagartiges Verdampfen aller Materie. Kurz: augenblickliche Vernichtung.</b "Diese Aussicht ist entmutigend", erklären die Autoren mit souveränem Understatement und fahren fort: "Die Möglichkeit, dass wir in einem falschen Vakuum leben, hat zu keiner Zeit eine besonders begeisternde Aussicht geboten. Der Vakuumzerfall bedeutet die endgültige ökologische Katastrophe; nach ihm ist nicht nur das Leben, wie wir es kennen, unmöglich, sondern auch die Chemie, so wie wir sie kennen.
Nach der Veröffentlichung von Colemans und De Luccias Aufsatz diskutierten Physiker und Astronomen intensiv die verheerenden Folgen des Vakuumzerfalls. In einer Nachfolgeuntersuchung, die in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde, beschworen Piet Hut und Martin Rees das beunruhigende Gespenst herauf, Teilchenphysiker könnten völlig unbeabsichtigt die Entstehung einer das Universum zerstörenden Vakuumblase auslösen. Ihre Besorgnis stützt sich darauf, dass bei einem mit sehr hoher Energie erfolgenden Zusammenprall von Elementarteilchen − in einer sehr kleinen Region des Raumes und einem sehr kurzen Augenblick − Bedingungen entstehen könnten, die das Vakuum zum Zerfall veranlassen. Wäre der Übergang erst einmal vollzogen, und sei es auch nur in mikroskopisch kleinem Maßstab, könnte nichts die neu entstandene Blase daran hindern, sich rasch zu astronomischer Größe aufzublähen.
Sollten wir ein Verbot für die nächste Generation von Teilchenbeschleunigern aussprechen? Hut und Rees gaben beunruhigende Erklärungen ab und wiesen darauf hin, dass kosmische Strahlung, die höhere Energiewerte erreicht, als wir sie in unseren Teilchenbeschleunigern zu erzeugen vermögen, seit Milliarden von Jahren Atomkerne in der Erdatmosphäre bombardiert, ohne dass es dabei zum Vakuumzerfall gekommen wäre. Auf der anderen Seite seien wir imstande, erklären sie weiter, Zusammenstöße mit höherer Energie hervorzurufen, als der Aufprall kosmischer Strahlung auf die Erde sie je erzeugt habe, wenn es uns gelänge, die in Teilchenbeschleunigern erzeugte Energie um ein Vielhundertfaches zu steigern.
Die eigentliche Frage allerdings heißt nicht, ob es auf der Erde zu dieser Art Blasenbildung kommen kann, sondern ob sie bereits zu irgendeiner Zeit nach dem Urknall irgendwo im beobachtbaren Universum stattgefunden hat. Hut und Rees haben dargelegt, dass in äußerst seltenen Fällen zwei kosmische Strahlen frontal aufeinander stoßen, wobei Energien frei werden, die milliardenfach höher liegen als die in den gegenwärtigen Teilchenbeschleunigern erzeugten. Wir brauchen also wohl bisher keine Behörde, die da ordnend eingreift.
Paradoxerweise könnte die Entstehung einer Vakuumblase − eben das Phänomen, das die bloße Existenz des Universums bedroht in einem nur leicht veränderten Zusammenhang dessen einzig mögliche Rettung bedeuten. Die einzig sichere Möglichkeit dem Tod des Universums zu entgehen, besteht darin, ein neues zu erzeugen, in dem man Zuflucht finden kann. Man könnte das für das letzte Wort auf dem Gebiet überhitzter phantastischer Spekulation halten, doch wurde in den letzten Jahren viel von "Kind−Universen" gesprochen.
Die Argumente, die für deren Existenz angeführt werden, lassen sich keineswegs von der Hand weisen.
Das Thema wurde erstmals 1981 von einer Gruppe japanischer Physiker ins Gespräch gebracht. Sie untersuchten ein einfaches mathematisches Modell vom Verhalten einer kleinen Blase falschen Vakuums, die von echtem Vakuum umgeben ist − die Umkehrung der soeben dargestellten Situation. Vorausgesagt wurde, dass sich das falsche Vakuum aufblähen und damit sehr rasch in einem Urknall zu einem großen Universum ausdehnen würde. Allem Anschein nach müsste sich die Blasenwandung durch die Aufblähung der Blase aus falschem Vakuum so ausdehnen, dass die Region aus falschem Vakuum auf Kosten der Region aus echtem Vakuum anwächst. Doch das widerspricht der Erwartung, dass das auf der niedrigen Energiestufe befindliche echte Vakuum das falsche Vakuum mit der höheren Energiestufe verdrängt und nicht umgekehrt.
Sonderbarerweise scheint sich − vom echten Vakuum aus gesehen − die Region des Raumes, welche die Blase aus falschem Vakuum einnimmt, nicht aufzublähen. Tatsächlich wirkt sie eher wie ein schwarzes Loch.
Ein in der Blase aus falschem Vakuum befindlicher hypothetischer Beobachter würde Zeuge, wie das Universum zu gewaltigen Ausmaßen anschwillt, doch von außen gesehen bliebe die Blase kompakt. Eine Möglichkeit, sich diese eigenartige Situation vorzustellen, liefert ein Vergleich mit einem Gummituch,
das an einer Stelle eine Blase bildet, die sich ausdehnt. Der auf diese Weise entstehende Ballon bildet eine Art Kind−Universum, das durch etwas wie eine Nabelschnur oder ein "Wurmloch" mit dem Mutter−Universum verbunden ist. Vom Mutter−Universum aus wirkt die Öffnung des Wurmlochs wie ein schwarzes Loch. Diese Anordnung ist instabil, das schwarze Loch verdampft rasch unter der Einwirkung des Hawking−Effekts und verschwindet vollständig aus dem Mutter−Universum. Als Ergebnis wird das Wurmloch abgezwickt, und aus dem nunmehr vom Mutter−Universum getrennten Kind−Universum wird ein neues, unabhängiges und eigenständiges Universum. Dieses Modell legt die Schlussfolgerung nahe, dass unser eigenes Universum auf die beschriebene Weise als Nachkömmling eines anderen Universums entstanden ist.
Alan Guth, der Vater der Aufblähungstheorie, hat mit seinen Kollegen untersucht, ob die oben beschriebene Situation die bizarre Möglichkeit zulässt, ein neues Universum im Labor zu erschaffen. Im Unterschied zu dem Angst einflößenden Zerfall eines falschen Vakuums in einer Blase aus echtem Vakuum bedeutet die Erzeugung einer Blase aus falschem Vakuum, die von echtem Vakuum umgeben ist, keine Bedrohung für die Existenz des Universums. Zwar könnte es bei diesem Experiment zu einem Urknall kommen, doch bliebe es auf das Innere eines winzigen schwarzen Lochs beschränkt, das bald verdampft. Das neue Universum würde seinen eigenen Raum schaffen und von unserem nichts für sich beanspruchen.
Obwohl der Gedanke recht hypothetisch bleibt und sich ausschließlich auf mathematische Theorien stützt, lassen Untersuchungen erkennen, dass die Entstehung neuer Universen auf diese Weise möglich wäre, sofern man in einem sorgfältig entwickelten Verfahren große Mengen an Energie konzentrierte. Wenn in sehr ferner Zukunft unser eigenes Universum allmählich unbewohnbar wird oder sich einem großen Kollaps nähert, könnten unsere Nachkommen beschließen, sich aus ihm davonzustehlen, indem sie den Knospungsprozeß in Gang setzten, um dann in aller Eile durch die wurmlochähnliche Nabelschnur ins Nachbar−Universum zu kriechen, bevor es abgezwickt wird − die fortgeschrittenste Stufe der Auswanderung.
Natürlich hat heutzutage niemand eine Vorstellung davon, ob oder auf welche Weise diese kühnen Geschöpfe die Aufgabe lösen könnten. Zumindest wäre die Reise durch das Wurmloch recht unbequem, es sei denn, das schwarze Loch, in das sie sich stürzen müssen, wäre sehr groß.
Abgesehen von solchen praktischen Erwägungen eröffnet die bloße Möglichkeit der Existenz von Kind−Universen die Aussicht auf echte Unsterblichkeit − nicht nur für unsere Nachkommen, sondern auch für Universen. Statt uns Gedanken über Leben und Tod des Universums zu machen, sollten wir lieber an eine Familie von Universen denken, die sich unendlich fortpflanzen, indem jedes neue Universum Generationen von weiteren erzeugt, möglicherweise in ungeheurer Zahl. Mit solcher kosmischer Fruchtbarkeit hätte die Ansammlung von Universen − oder das Metauniversum, wie man sie eigentlich nennen müsste − womöglich weder Anfang noch Ende. Jedes einzelne Universum würde Entstehung, Entwicklung und Tod erleben, aber die Gattung insgesamt würde ewig existieren.
Bei diesem Szenario drängt sich die Frage auf, ob die Erschaffung unseres eigenen Universums auf natürlichem Wege erfolgt ist (ähnlich der Geburt eines Kindes auf die von der Natur vorgesehen Weise) oder Ergebnis geplanten Eingreifens war (wie bei einem Retortenbaby). Wir können uns vorstellen, dass eine hinreichend fortgeschrittene und altruistische Gesellschaft von Wesen in einem Mutter−Universum, deren eigenes Universum zum Untergang verurteilt ist, Kind−Universen zu erzeugen beschlösse − nicht um einen Fluchtweg für das eigene Überleben zu eröffnen, sondern um dafür zu sorgen, dass das Leben irgendwo weiter bestehen kann. In dem Falle wäre es überflüssig, Möglichkeiten für die Überwindung der beachtlichen Hindernisse zu finden, die dem Versuch entgegenstehen, ein passierbares Wurmloch zum Kind−Universum zu schaffen.
Unklar ist, in welchem Ausmaß ein Kind−Universum genetisch von seiner Mutter geprägt wäre. Bisher wissen unsere Physiker nicht, warum die verschiedenen in der Natur und den Materieteilchen wirkenden Kräfte gerade die Eigenschaften haben, die sie aufweisen. Einerseits könnten sie Teil der Naturgesetze sein, die ein für allemal in jedem Universum festgelegt sind. Andererseits ist es möglich, dass diese oder jene Eigenschaften auf Evolutionszufälle zurückgehen.
Der Physiker Lee Smolin hat vorgeschlagen, dass sogar bei Universen eine Art Darwinscher Evolution am Werk sein könnte, welche das Entstehen von Leben und Bewusstsein mittelbar unterstützt. Noch interessanter ist die Möglichkeit, dass Universen durch die Einwirkung einer Intelligenz in einem Mutter−Universum geschaffen werden und bewusst mit den Eigenschaften ausgestattet werden, die erforderlich sind, damit Leben und Bewusstsein entstehen können.
Keine dieser Theorien ist mehr als wilde Spekulation, doch steht der Wissenschaftszweig der Kosmologie noch ziemlich am Anfang. Zumindest liefern die hier vorgetragenen einfallsreichen Spekulationen eine
Gegenposition zu den oft entwickelten düsteren Prognosen. Sie weisen auf die Möglichkeit hin, dass auch dann, wenn sich unsere Nachkommen eines Tages den letzten drei Minuten stellen müssen, bewusste Wesen irgendwelcher Art für immer irgendwo existieren könnten.
Paul Davies ist im angelsächsischen Sprachraum einer der bekanntesten Wissenschaftsautoren. Der Professor für theoretische Physik und Wissenschaftsphilosophie an der Universität von Adelaide in Australien beschäftigt sich in seinen Büchern, wie etwa "Gott und die moderne Physik" oder "Die Unsterblichkeit der Zeit", auf verständliche und sachkundige Art vorwiegend mit Grenzbereichen des naturwissenschaftlichen Wissens und den damit zusammenhängenden philosophischen Fragen.
Nun liegt ein neues Buch von ihm vor, "Die letzten drei Minuten“, aus dem wir diesen Text entnommen haben. Das Werk, das Anfang Februar in der Reihe "Science−Masters" bei Bertelsmann erscheint, ist als ironische Antwort auf Steven Weinbergs berühmten Bestseller "Die ersten drei Minuten" gedacht.
Nobelpreisträger Weinberg beschrieb 1977 detailliert die Abläufe wenige Augenblicke nach dem Urknall.
Nun lehnt Davies sich an das berühmte Vorbild an und stellt die vielen denkbaren Theorien über das definitive Ende des Kosmos vor. Wird das Universum mit einem Knall oder einem Klagelaut enden, wird es überhaupt enden?
Und wird die Menschheit (oder unsere Nachkommen, die vielleicht eher Biorobotern ähneln) weiterleben?
Der Leser, der sich auf solche Fragen einlässt, wird von Davies auf eine ebenso schwindelerregende wie vergnügliche Reise geschickt. Das Buch sei "nicht ganz und gar apokalyptisch", sagt der Physikprofessor im Vorwort. Aber möglicherweise sieht man die eigene irdische Existenz nach der Lektüre mit etwas anderen Augen.
Hoffe Ihr fandet das auch interessant.
lebe lange und in frieden