Der mystische Hintergrund der Märchen
28.05.2005 um 23:50
Wenn ich mal zitieren darf, ich könnte es nicht treffender ausdrücken:
Die Wurzeln des Märchens sind uralt und reichen zurück in die graue Vorzeit. Mythische und magische Elemente können wir in den Inhalten des Märchens entdecken. Es macht die Kinder mit Zusammenhängen vertraut, die in der heutigen Zeit kaum noch zu finden sind, z. B. echte Armut, das alte Handwerk, alte Berufe, das Königtum in der ursprünglichen Art.
Es bewahrt uns die alte Sprache, die so vielseitig ist, dass der Computer Mühe hat, alle Worte zu kennen. Diese Sprache ist sehr bildhaft und stark in ihrer Aussage. Manches wird vom modernen Menschen gar nicht mehr richtig verstanden. Kindern fällt es im allgemeinen leichter, die aus dem Märchen entstehenden Emotionen zu begreifen, zu verarbeiten und in ihr tiefestes Innerstes aufzunehmen, um sie dort später wieder zu entdecken. Wenn dieser Grundstein fehlt, ist es als Erwachsener nur sehr schwer möglich, diese Gefühle zu entwickeln.
Das Kind entdeckt im Märchen die eigene Innenwelt, seine Wünsche und Ziele. Es entdeckt die alten Tugenden, lernt verschiedene Verhaltensmuster kennen und wird mit der Problembewältigung vertraut gemacht. Dadurch werden neue Entwicklungsschritte möglich, bestimmte Ängste finden keinen Nährboden, Reifungsvorgänge werden vertieft und Ablösungsprozesse erleichtert.
Aus der Erfahrung kann gesagt werden, dass die Märchen nie langweilig werden, wenn man sich für ihre Hintergründe und die Symbolik interessiert. Die Märchen und Bilder wollen in der Phantasie ausgestaltet werden und einzelne Situationen können meditativ betrachtet werden. Die daraus entstandenen Botschaften helfen im Leben und wirken wie ein Jungbrunnen.
Der Mensch erlebt die Heilkraft der Märchenbilder an seiner eigenen Seele als Stärkung für den Alltag. Nicht zuletzt erwacht auch im Leser wieder die Freude am Märchen und der Spaß am Lesen oder am Erzählen im Freundeskreis.
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Ob jung oder alt, die Faszination, die Märchen auf Menschen ausüben, ist nach wie vor ungebrochen. Zu allen Zeiten gab es sie und jede Kultur hat eine eigene Märchengeschichte, die alle eine eigene Welt archetypischer Bilder, Phantasien und Ereignisse beinhaltet. Märchen sind tradierte Erzählungen, die uns in ihrer schlichten volksnahen Form der Erzählkunst innerlich und auf besondere Weise berühren. Sie sprechen Tieferes in uns an, das bei Erwachsenen oftmals für Momente das verschüttete Kindliche freisetzt und uns mit verborgenen Wunschträumen konfrontiert. Ihre Erzählkunst ist Ästhetik und vom Zauber oft schwer fassbarer Mystik und Symbolik geprägt. Sie enthalten oft eine konkrete Weisheit, die mehr individuell als allgemein und formelhaft zu betrachten ist. Sie ist mythisches Denken und entspricht den Frühstufen der Völker, als Bildsymbole bedeutungsvoller waren als abstraktes, formelhaftes Denken. Deshalb sind Märchensymbole in der heutigen Zeit auch schwer interpretierbar, zumal früher das Selbstverständnis für Zauberei, Geister, Fabelwesen und unerklärliche Vorgänge natürlicher war als heute. Märchen durchliefen viele Wandlungsformen. So dienen sie heute nicht nur vergnüglicher Unterhaltung durch entsprechende Medien, sondern sie belehren auch, repräsentieren Urkräfte und sind pädagogisch in Form von Fabeln, Moritaten, Allegorien, Schwänken, Parabeln usw. zu verstehen. Märchenerzählung ist epische Dichtung, eine Urform der Erzählkunst. Natürlich hat die Gattung Märchen eine eigene formale und inhaltliche Bedeutung, die sich von anderen Literaturarten abgrenzt. Trotzdem ist sie eine Erzählkunst, die reich an Inhalten, Symbolen, archetypischen Bildern und dichterischer Phantasie ist. Bekannt sind vor allem die gesammelten Werke der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, im Vergleich zu den Kunstmärchen, die eine eigene Art der Erzählkunst darstellen. Warum also Märchen? Die Weltliteratur der Märchen ist so gewaltig und vielfältig, dass es notwendig ist, sich mit ihrer Auswahl einzuschränken. Märchen sind symbolhafte Spiegelbilder ursprünglicher Ideen und pragmatischer Weisheiten.
Märchen sind symbolische Botschaften, die entschlüsselt werden wollen, wenn man ihre geheimnisvolle Mythologie interpretieren und verstehen will. Sie weisen auf eine Bewusstseinsebene hin, die dem heutigen Zeitgeist oft fremd und schwer nachvollziehbar ist. Abgesehen von ihrem märchenhaften Zauber und ihrer phantasievollen Bildersprache, enthalten sie verschiedenste Aspekte, Weisheiten und Erkenntnisse, die nach wie vor aktuell, tiefgründig und lehrreich sind. Deshalb lohnt es sich, sie näher zu betrachten und ihre anziehenden Sinnbilder eingehender zu untersuchen. Sie sind eine Materie, die ungewöhnlich umfassend und vielschichtig sind. Für diejenigen, die Märchenliteratur nur als eine abwechslungsreiche, spannende und phantastische Unterhaltung betrachten, erübrigt sich eine eingehendere Betrachtung. Wer aber ihre Botschaften verstehen will, sollte folgende Grundfragestellungen mit einbeziehen:
1. Welchen Inhalt, Nutzen oder Wert haben sie noch für den heutigen Menschen?
2. Welchen Sinn können sie uns an mythologischen, geistigen, psychologischen und gesellschaftlichen Einsichten und Erkenntnissen vermitteln?
3. Welche Aspekte enthalten sie und wie lassen sie sich deuten und verstehen?
Gruss,
Sidhe
Wer nur Stroh im Kopf hat, sollte sich vor dem Funken der Wahrheit in Acht nehmen.