@Saxnot555 Für Dein Erlebnis gibt es neurologische Erklärungen.
Jedesmal, wenn wir etwas wahrnehmen, das wir bereits kennen, liefert uns unser Gehirn ein paar neue Bilder, aber bei weitem nicht alle, weil eben unserer Auge die Realität nicht so schnell erfassen kann. Genau genommen, benötigt der chemische Auf- und Abbau der Bilder so furchtbar lange, dass wir eben nur ca 10 Bildern/sek verarbeiten können. Was zu wenig ist, um ein fertiges Bild zu erhalten.
Daher vergleicht das Gehirn nun diese rudimentären Bilder mit dem Gedächtnis, es spielt quasi "Dalli-Click", und wenn es dabei auf etwas stößt, das es kennt, wird Dir das als jetzt "gesehen" ausgegeben. Dieses Erkennen (im Grunde genommen: Assozieren) geht viel schneller als lange auf ein Objekt starren, um es wirklich zu sehen.
U.a. ist das der Grund dafür, dass wir trotz Kontrolle geschriebener Texte Tippfehler meist nicht sofort bemerken, oder meist nicht
genau wissen, welche Kleidung jemand trägt, mit dem wir uns eben noch unterhalten haben (V-Kragen? Oder doch rund? Blaue oder graue Jeans? Etc)
Diese Methode der Automatisierung funktioniert trotzdem gut bei bereits Bekanntem. Hat aber den Nachteil, dass jedes kleines bisschen sinnlicher Input eine Pallette von Assoziationen auslöst, ohne dass das Gehirn sofort jede auch real überprüft, stattdessen aber das Wahrscheinlichste als "passt schon" annimmt. Dh, ein kleiner Lufthauch löst die Assoziation: "Da ist wer hinter mir" aus - oder Ähnliches, je nachdem, woran man gerade denkt oder welche Erfahrung man am häufigsten mit einem Lufthauch gemacht hat.
Wenn das zu Hause geschieht, wo dann nur Du und Deine Frau sind, dann ist die nächste Assoziation "Oh, meine Frau" nahe liegend. Somit "spürst" Du eine Umarmung Deiner Frau, obwohl nur ein leichter Luftdruck auf Dir war.
Du "siehst" sie auch aus denselben Gründen, weil Dein Gehirn eben "meint", Deine Frau würde Euch (Dich & Gehirn) bereits umarmen. Und liefert Dir jetzt das "Bild" "meine Frau", obwohl niemand hinter Dir steht.
Diese Empfindungen fühlen sich deshalb real an, weil Dir eben auch das reale Gefühl auf dieselbe Art (wenig Wahrnehmung / viel Gedächtnisinhalt / viel Assoziation) geliefert wird.
Erst wenn die nächsten, diesmal echten, Bilder der Umgebung in Deinen Kopf gelangen, dort mit dem vorher Gesehenem abgeglichen werden, und das Gehirn jetzt feststellt, dass der neue Input ("keine Frau") nicht mit dem alten Vorschlag ("Frau") übereinstimmt, dann erst "siehst" Du es. Allerdings auch erst nach einer kurzen Periode, in der Dir Deine Wahrnehmung "eigenartig" vorkommt. Das ist jener Augenblick, in dem das Gehirn merkt, dass seine Erinnerungsvorschläge ja doch irgendwie nicht zum tatsächlichen sensorischen Input passen (ganz so doof ist es ja schließlich auch nicht, nur halt sehr bequem
;) )
Es ist eigentlich eine Art Pareidolie, die ein paar Sekunden lang anhält.
In der Tat ein verwirrendes Erlebnis, aber dennoch keine Geister, sondern einfach eine Sinnestäuschung. Wenn Du Dich in so einer Situation mal ganz cool ruhig beobachtest, wirst Du auch feststellen, dass diese Momente eigentlich ziemlich kurz sind, und nur im Nachhinein als lang interpretiert werden.
Wenn einem dann noch klar ist, was wirklich passiert, ist an solchen Momenten nichts Unheimliches mehr. Faszinierend, verwunderlich, eigenartig, befremdlich, ja, belustigend, auch ja, aber nicht unheimlich oder unerklärlich.
Da fällt mir wieder mal eine Anekdote ein (weiß nicht mehr, ob ich sie schon mal erzählt hab):
Ich kann vom WC aus bei offener Tür von innen nach außen auf dem Flur die Garderobe sehen. Eine Zeitlang hing dort an einer bestimmten Stelle ein Mantel und darüber lag auf der Ablage ein Hut. Jedesmal, und wirklich jedesmal, wenn ich hinsah, erblickte ich im ersten Moment nicht nur einen dort stehenden Mann, sondern es erschreckte mich auch immer wieder aus Neue. Und das, obwohl ich
wusste, es waren nur Mantel und Hut.
Diese Paradolie konnte ich nur mit voller Konzentration abstellen, aber beim nächsten Mal war sie wieder da.
Habe mittlerweile den Mantel umgehängt.
;)