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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

50 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Chancengleichheit ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 12:21
Chancengleichheit.
Vielfach beschworen und propagiert gilt sie im Bildungsbereich in Deutschland als das nonplus-ultra schlechthin und ist auf der anderen Seite gern genutzte Begründung für das Scheitern von Schülern im Bildungssystem (oder gleich der ganzen Gesellschaft).

Ein Hängenbleiben oder eine schlechte Schulbildung aufgrund von fehlendem Interesse, Faulheit, Anspruchslosigkeit, mangelndem Leistungswillen seitens der Schüler gibt es in der dominanten, öffentlichen Meinung meist nicht.

Voller Verständnis weiß man, dass dies nur an ,,fehlender Chancengleichheit" liegt.
Lehrer mögen eben Kinder aus reicherem Elternhaus mehr. Und Deutsche sowieso. Kommt man also aus einem Elternhaus mit geringerem Einkommen oder hat sogar noch einen Migrationshintergrund, dann hat man es doppelt und dreifach schwer, es zu etwas zu bringen.
Schließlich sind die Pädagogen allesamt parteiisch und überfordert.
Und finanziell begütertere Leute können sich sozusagen Bildung kaufen.

Punkt. Weiter ausgeführt wird dieser Standpunkt nur selten, lieber wird kurz und knackig formuliert, wo vermeintlich der Fehler sitzt, wenn am Ende gar kein oder ein niedriger Schulabschluss steht.

Gut dargestellt in diesem Artikel hier:

http://www.welt.de/regionales/stuttgart/article13650454/Eltern-tuerkischer-Schueler-unzufrieden-mit-Lehrern.html

Um mehr Chancengleichheit zu erzielen sollen die Leistungsanforderungen heruntergefahren werden, Klassen zusammengelegt werden, Sitzenbleiben abgeschafft, das dreigliedrige Schulsystem eingestampft werden, mehr und mehr spezielle Förderungen gegeben werden...


Ich dagegen möchte mal eine Diskussion zu folgenden Fragen starten:

-Kann es überhaupt wirkliche Chancengleichheit geben?
Tatsache ist doch, dass wir alle eine verschiedene Herkunft aufweisen, finanziell, sozio-kulturell und wir auch alle verschiedene, kognitive Fähigkeiten haben.
Wirkliche Chancengleichheit würde bedeuten, dass wirklich alle vom gleichen Punkt aus starten.

-Wenn es Chancengleichheit gibt, besteht dann nicht trotzdem immer noch die Möglichkeit des Scheiterns, weil eben manche Kinder mit einigen Inhalten des Lernens nicht klarkommen oder keine Lust haben? Trotz Chancengleichheit hat man letztendlich also nichts gewonnen - was soll man dann als nächsten Lösungsversuch bringen?

-Müssen wir unsere Anforderungen wirklich runterschrauben und uns immer mehr orientieren an Schülern, die geringere, schulische Leistung erbringen, weniger lernen - um es diesen einfacher zu machen? Schädigt diese Absenkung der Anforderungen langfristig das intellektuelle Niveau der Gesellschaft?

-Wird immer mehr und mehr Eigenverantwortung der Schüler und Eltern abgegeben an Schule und Gesellschaft, was Erziehung und Lehre angeht? Was sind die Folgen? Inwieweit muss wieder mehr Eigenverantwortung von Schülern und Eltern gefordert werden?


Dies sind meine Fragen für diese Diskussion, aufbauend auf dem vielfach angestrebten ,,Mythos der Chancengleichheit".


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 12:25
Ich kenne ansatzweise eine Chancengleichheit, nämlich ein Äquivalenzverfahren. Das heisst, auch Leute ohne gewisse schulische Kentnisse/Ausbildung können studieren, wenn sie andere "gleichwertige" Erfahrungen gemacht haben. Zumindest kenne ich das auch von meiner HF (Höhere Fachschule), ansonsten braucht man da seine oblig. Schulausbildung und eine Erstausbildung.


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 12:36
Chancengleichheit ... wenn ich das schon höre!

Meine Eltern waren auch nicht reich.

Meine Mutter alleinerziehend mit Job und zwei Kids.

Gewohnt wurde im Plattenbau, wo man morgens auf dem Weg zur Schule über die Kneipengäste vom Abend zuvor gestolpert ist.

Und?

Beide Kinder Abitur gemacht, beide Kinder studiert, beide Kinder sind 'was geworden'.

Wenn ich das immer höre ... Chancengleichheit ... sicher hat jeder die gleiche Chance, er muss sie nur nutzen!

Und kommt mir nicht mit 'kein Geld für Nachhilfe' und dergleichen ... ich habe in meinem Leben NIE Nachhilfe bekommen, ich habe im UNTERRICHT mitgearbeitet. Das kostet nämlich nichts und funktioniert auch.


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 12:38
Zitat von KcKc schrieb:Um mehr Chancengleichheit zu erzielen sollen die Leistungsanforderungen heruntergefahren werden, Klassen zusammengelegt werden, Sitzenbleiben abgeschafft, das dreigliedrige Schulsystem eingestampft werden, mehr und mehr spezielle Förderungen gegeben werden...
Die Menschheit schafft sich ab...


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 12:52
Eine wirkliche "Chancengleichheit" bestünde doch nur, wenn alle von Dir aufgeführten Aspekte (vor allem das Umfeld) ausgeblendet würden. Das ginge vielleicht, wenn die Kinder im Alter von einem Jahr in eine Art Internat kämen und dort aufwüchsen. Dann hätte wohl jeder, abgesehen von der genetischen Komponente der Intelligenz, die es ja auch geben soll, die gleichen Chancen.

Die Gemeinschaftsschule sehe durchaus als Modell an, mit der man ein kleines Bisschen "Chancengleichheit" erschaffen kann. Das heißt jedoch nicht, eine Gemeinschaftsschule sei der Freibrief zum Abitur, denn auch auf der Gemeinschaftsschule entscheiden die Noten, wer in die Oberstufe kommt und Abitur macht und wer früher abgeht.
Ich wäre einer Gemeinschaftsschule gegenüber also nicht abgeneigt. Ich selbst war zuerst "nur" auf der Realschule, merkte dann aber, dass für meine Ziele das Abitur und ein Studium unabdingbar sind. Also wechselte ich nach der zehnten Klasse auf's Gymnasium. Hier in Baden-Württemberg ist das, dank der beruflichen Gymnasien, recht einfach, in anderen Ländern haben die Schüler da höhere Hürden.
Mit einer Gemeinschaftsschule wäre mir ein Schulwechsel erspart geblieben (gut, man könnte auch sagen, dass ich gleich auf's Gymnasium hätte gehen können, aber mit zehn Jahren denkt man noch nicht so weit, da sind einem die Freunde dann wichtiger).

Auch sehe ich es skeptisch, die Schüler schon in zu jungen Jahren zu trennen, da die Leistung noch nicht genau abgeschätzt werden kann und, wie schon geschrieben, andere Prioritäten im Vordergrund stehen. So mancher Gymnasiast scheitert - und so mancher ohne Gymnasialempfehlung bringt es auch noch auf anderen Wegen zum Abitur.

Ein viel wichtigeres Element sind aber Errungenschaften wie die Lehrmittelfreiheit, die es leider nicht in allen deutschen Ländern gibt.
Und dann muss den Schülern unbedingt vermittelt werden, wofür sie überhaupt lernen. Aber da kommen manche Elternhäuser, aus verschiedensten Gründen, leider nicht richtig bei. Das wäre eine Aufgabe, die die Schule meiner Meinung nach noch verstärkt übernehmen sollten.


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 12:55
Meiner Meinung nach ist in den heutigen Zeiten Bildung "billiger" geworden. Dank Internet hat man die Chance, auf Wissenquellen zuzugreifen oder mit anderen Menschen zu kommunizieren und Wissen zu teilen.

Allerdings muss Interesse bestehen, sich Wissen anzueignen. Die Quellen sind da, man muss nur aus Ihnen schöpfen (wollen).


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 12:58
Aber durch die Gemeinschaftsschulen wird die Chancengleichheit meiner Meinung nach noch mehr genommen und eher weiter auf ein Zwei-Klassen-System hingearbeitet. In Hamburg gibt es jetzt nur noch "Stadtteilschulen" und Gymnasien. Wechseln kann man zwischen diesen Schulen nicht mehr; zwar kannst man auf der Stadtteilschule auch sein Abitur machen, dies jedoch nach 13 Jahren, während du es auf dem Gymnasium nach 12 Jahren machst. Sitzen bleiben gibt es auch nicht mehr. Es entscheidet sich also in der 4. Klasse auf welche Schule du kommst und bleibst. Dein ganzes Leben ist dann davon abhängig, wie du dich als Kind verhalten hast. Dass die Weichen des Lebens oft erst in den Jahren danach gestellt werden, scheint dann überhaupt keine Rolle mehr zu spielen.
Abgesehen davon, dass nur die Lehrer Einfluss darauf haben, welche Schule du besuchst. Ist doch das perfekte System für Bestechung und Machtausübung.
[Privatschulen gibt es natürlich immer noch.]


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:01
-Kann es überhaupt wirkliche Chancengleichheit geben?
Tatsache ist doch, dass wir alle eine verschiedene Herkunft aufweisen, finanziell, sozio-kulturell und wir auch alle verschiedene, kognitive Fähigkeiten haben.
Wirkliche Chancengleichheit würde bedeuten, dass wirklich alle vom gleichen Punkt aus starten.t
Vielleicht sollte Chancengleichheit bedeuten, daß jeder Mensch die Chance bekommt in dem was er gerne macht und für das er geschaffen zu sein scheint auch die Chance hat aufzusteigen
und anerkannt zu werden,... ganz egal wie deren Vorraussetzungen aussehen.
Zitat von KcKc schrieb:Um mehr Chancengleichheit zu erzielen sollen die Leistungsanforderungen heruntergefahren werden, Klassen zusammengelegt werden, Sitzenbleiben abgeschafft, das dreigliedrige Schulsystem eingestampft werden, mehr und mehr spezielle Förderungen gegeben werden...
Wie soll dasfunktionieren? Es wird welche geben, die alles mit Leichtigkeit begreifen, aber auch solche, die so gut wie nix begreifen... im übertragenen Sinne. d. h. Jeder kann was anderes besser.
Vielleicht sollte man dafür Sorgen, Daß Möglichkeiten geschafft werden um zu gewährleisten, daß jeder sich auf das spezialisieren kann, was er am besten kann.

---->spezielle Förderung :D wie muß die dann aussehen ?

MfG


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:01
Ich denke mal dieses Satirevideo von Extra-3 trifft es ziemlich gut!

Youtube: Sendung mit dem Klaus "Hauptschule" (extra3 Classix)
Sendung mit dem Klaus "Hauptschule" (extra3 Classix)
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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:10
@Kc

Chancengleichheit heißt ja nicht, dass ein Schüler mit einem IQ von 80 plötzlich Vorstandsvorsitzender der deutschen Bank oder Molekularbiologe werden können muss. Wenn aber ein "Arbeiterkind" deutlich bessere Leistungen erbringen muss, um sich in so einem Beruf zu positionieren, als ein Kind aus dem bürgerlichen Milieu, dann haben wir wohl noch keine Chancengleichheit.
Zitat von KcKc schrieb:Wird immer mehr und mehr Eigenverantwortung der Schüler und Eltern abgegeben an Schule und Gesellschaft, was Erziehung und Lehre angeht?
Zum Teil. Allerdings sollte man dabei bedenken, dass einige Eltern schlicht nicht in der Lage sind, ihrer Verantwortung gerecht zu werden - die Kinder sind dann die Leidtragenden.
Zitat von KcKc schrieb:Müssen wir unsere Anforderungen wirklich runterschrauben und uns immer mehr orientieren an Schülern, die geringere, schulische Leistung erbringen, weniger lernen
Auf keinen Fall. Trotzdem wäre es schön, wenn auch diese Schüler im Rahmen ihrer Möglichkeiten die maximale Förderung erhielten.
Zitat von KcKc schrieb:Wenn es Chancengleichheit gibt, besteht dann nicht trotzdem immer noch die Möglichkeit des Scheiterns, weil eben manche Kinder mit einigen Inhalten des Lernens nicht klarkommen oder keine Lust haben?
Die Möglichkeit bestand schon immer und wird auch weiterhin bestehen. Sollten wir daraus schließen, dass es sich nicht lohnt, wirkliche Chancengleichheit anzustreben? Das wäre dann wohl das Kind mit dem Bade ausgeschüttet ...
Zitat von KcKc schrieb:Kann es überhaupt wirkliche Chancengleichheit geben?
Wahrscheinlich nicht. Man könnte aber noch manches verbessern. Ich habe z. B. ohne langes Suchen einen Artikel gefunden (im Spiegel gab es mal einen ähnlichen, vielleicht hat den noch jemand?), in dem darauf eingegangen wird, welchen familiären Hintergurnd man in den Vorstandsetagen der deutschen Unternehmen am häufigsten antrifft:
Prof. Dr. Michael Hartmann, Technische Universität Darmstadt: "Am eindeutigsten ist es in der Wirtschaft, da stammen über vier Fünftel der Spitzenleute aus dem, was man Bürgertum nennt, also den oberen dreieinhalb Prozent, und jeder Zweite kommt aus den oberen fünf Promille. Ich will es jetzt auch aktuell machen. Es gibt Zahlen für die hundert größten deutschen Unternehmen, wir sind gerade dabei, das wieder zu aktualisieren. Das letzte Mal habe ich das 1995 gemacht, wir machen es jetzt für 2005. Aber ich habe mal bei den Dax-Unternehmen geguckt, da hat es in den letzten zweieinhalb Jahren elf Neubesetzungen im Vorstand gegeben. Sie werden vermutlich alle einen Namen kennen, das ist Klaus Kleinfeld, ein Arbeiterkind. Der Vater war Arbeiter und hat sich zum Betriebsingenieur hochgearbeitet. Nach von Pierer, dem Spross einer KuK-Offiziersfamilie, der neue Siemens-Chef ein Arbeiterkind, das war spektakulär. Die anderen zehn sind durch die Bank bürgerlicher Herkunft und jeder zweite sogar großbürgerlicher Herkunft. Man wird es vielleicht noch bei Riecke kennen – sein Vater war zugleich sein Vorvorgänger. Aber wenn Sie sich angucken Ziebart, der Vorstandschef von Infineon, sein Vater war schon Vorstandschef bei der Zahnradfabrik Friedrichshafen. Oder nehmen Sie Panke, der Vater war im Siemens-Management, Diekmann, der Vater hat ein großes, wirklich großes Bauunternehmen. Und so könnte ich die anderen zehn alle durchgehen – Sie werden keinen einzigen finden, der aus einer normalen Familie stammt. Aber was uns in Erinnerung ist, ist der Name Kleinfeld. Das heißt doch, man nimmt immer die Ausnahme wahr und nicht die Regel".
Quelle: http://www.wirtschaftsmedienberatung.de/news_events/40,116,116,0.php (Archiv-Version vom 13.10.2007)

Das macht doch nachdenklich, auch wenn man es sicher nicht verallgemeinern kann (für Politik und Wissenschaft gelten die Zahlen z. B. nicht).

LG

Zongo


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:15
Zitat von IlianIlian schrieb:von der genetischen Komponente der Intelligenz
Intelligenz wird nicht so stark durch Gene beeinflusst, sondern viel mehr vom sozialen und frühkindlichen Förderungen. Intelligenz gilt im algemeinen als nicht vererbbar!


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:19
@Mindslaver
Ich habe da schon andere Meinungen gehört.
Hier z.B. eine:
Intelligenz ist vererbbar
Tatsächlich ist ein gewisser Einfluss des Erbgutes wahrscheinlich. Darauf deuten unter anderem Studien von eineiigen Zwillingen hin: Selbst wenn diese in unterschiedlicher Umgebung aufwuchsen, entwickelten sie eine ähnlich hohe Intelligenz.

http://www.geo.de/GEO/heftreihen/geokompakt/57366.html?p=3

Die Meinungen gehen, was das angeht, gewiss weit auseinander. Doch kann man durchaus sagen, wenn man diesen Studien Glauben schenkt, dass ein Teil der Intelligenz vererbbar ist. Ich streite ja nicht ab, dass vor allem das Umfeld auch ein wichtiger Faktor ist.
Zitat von zongozongo schrieb:Das macht doch nachdenklich, auch wenn man es sicher nicht verallgemeinern kann (für Politik und Wissenschaft gelten die Zahlen z. B. nicht).
In der Politik zählt eben Charisma, in der Wissenschaft Leistung. ;)


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:22
Zitat von zongozongo schrieb:Wenn aber ein "Arbeiterkind" deutlich bessere Leistungen erbringen muss, um sich in so einem Beruf zu positionieren, als ein Kind aus dem bürgerlichen Milieu, dann haben wir wohl noch keine Chancengleichheit.
Das kann ich nicht nachvollziehen.

Inwiefern muss ein so genanntes Arbeiterkind deutlich bessere Leistungen für das gleiche Ziel erbringen, als ein Kind aus ,,bürgerlichem" Hause?

Wir haben in Deutschland eine Schulpflicht ab der 1. Klasse.
Die Kinder lernen in der Schule alle das gleiche, egal ob die Eltern Milliardäre sind oder Hartz4-Empfänger.

Wie kannst du begründen, dass Kinder aus finanziell weniger begütertem Elternhaus mehr leisten müssen, um die gleiche Note in einer Arbeit zu erhalten?


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:27
Natürlich gibt es keine Chancengleichheit, wie denn auch.
Jeder Mensch ist anders und auch die Lebensumstände sind individuell verschieden.
Das Angebot ist da und (fast) allen zugänglich.
Was der einzelne daraus macht ist aber völlig unterschiedlich.

Dass Lehrer bei der Korrektur der einzelnen Arbeiten jeweils die Verdienstbescheinigungen der Eltern daneben liegen haben, halte ich allerdings auch für unwahrscheinlich.^^


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:36
Das Problem ist: Kinder aus wohlhabenderen Familien haben oft ganz andere Möglichkeiten. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob man als Kind aus einer weniger wohlhabenden Familie etwa durch viel mehr Lernen genau die gleiche Bildung erreichen könnte.

Denn gerade wenn man viel mehr Eigenaufwand erbringen muss, da man zum Beispiel in einer Schule in einer sozial Schwächeren gegend Schüler ist, wo das Niveau deutlich niedriger ist und die Lehrer weniger soziale Kompetenzen aufweisen, dann sind das eben keine gleichen Chancen.

Gleiche Chancen bedeutet, mit gleichem Aufwand das gleiche erreichen zu können. Wenn die wohlhabenderen Kinder nebenher noch Zeit haben für Hobbies, die Kinder aus weniger wohlhabenderen Familien diese Zeit aber nicht haben, dann ist dies keine Chancengleichheit. Und das wird man so wohl auch nicht ganz beseitigen können - denn sonst müsste man den Reichen verbieten, ihre Kinder in irgendeiner Form zu fördern. Geht vermutlich nicht. Andere Möglichkeit wäre, allen die gleichen Möglichkeiten zu geben, die dem Kind aus der Familie mit dem meistem Möglichkeiten. Wäre zu teuer. Man kann versuchen, sinnvoll Unterschiede auszugleichen, soweit es möglich ist und vom Kosten-Nutzen-Verhältnis angemessen scheint.

Beim Rest, der nicht ausgleichbar scheint, müssen die Kinder aus weniger wohlhabenderen Familien einfach mehr Eigenarbeit bringen, um die gleichen Ergebnisse zu erzielen - sie haben einfach Pech gehabt. Heißt nicht, dass es unmöglich ist. Aber würde das nicht unbedingt als gleiche Chancen bezeichnen.


Ob es denen wirklich so viel schlechter geht, die z. B. nach dem Abitur nicht studieren? Weiß man nicht. Wenn die sofort eine Ausbildung machen, verdienen sie ja sofort Geld, was von manchen positiv gesehen wird - die fühlen sich vielleicht gar nicht schlechter und die stört es gar nicht, dass z. B. die Universität Studiengebühren kostete und den Mehrnutzen von eventuell mehr Entlohung später geringer einschätzen, als direkt sofort Geld zu verdienen, was vielleicht nicht ganz dem entspricht, was sie mit Studienabschluss bekommen würden.

Problem ist, wenn die Gesellschaft mehr höhere Bildung will - da man sich durch mehr Akademiker für das Land und die Menschheit mehr Vorteile erhofft. Und für die Unternehmen, die auch mehr solches Personal suchen. Dann kann es natürlich sein, dass durch Studiengebühren Menschen abgeschreckt werden, die dann eventuell nebenher arbeiten müssten, oder Schulden machen müssten(unsicher, ob man überhaupt das Studium packt und das dann mal zurückzahlen könnte). Den Menschen geht es vielleicht gar nicht mal schlechter, aber die Gesellschaft die da höhere Zahlen bei den höheren Bildungsabschlüssen will, wird diese natürlich durch sowas nicht fördern.
Zitat von KcKc schrieb:nwiefern muss ein so genanntes Arbeiterkind deutlich bessere Leistungen für das gleiche Ziel erbringen, als ein Kind aus ,,bürgerlichem" Hause?
Ich denke, gemeint war, dass diese mehr "Eigenarbeit" erbringen müssen. Habe auch versucht - und hoffe, dass ich es durchgehalten habe - den Begriff Leistung zu vermeiden, da man hier ja dann im diesigen Kontext an die schulischen Leistungen denkt. Die müssen ja - wenn sie bei beiden gleich sind - auch gleich bewertet werden. Aber ein reiches Kind mit Privatlehrer und Nachhilfe und bei dem man auch im Haushalt privat vielleicht über "gehobenere Themen" spricht, muss hier weniger tun, als ein Kind aus weniger wohlhabenderem Haus - wenn man z. B. davon ausgeht, dass mit dem Privatlehrer oder Nachhilfe der gleiche Stoff schneller ins Hirn reingeht, als wenn er selber aus einem Buch gelernt wird und z. B. auch bei Fragen dazu kein Ansprechpartner vorhanden ist.


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:47
@Kc
Zitat von KcKc schrieb:Wie kannst du begründen, dass Kinder aus finanziell weniger begütertem Elternhaus mehr leisten müssen, um die gleiche Note in einer Arbeit zu erhalten?
Bei einer einzelnen Klassenarbeit sicher nicht. Es gab aber mal eine Untersuchung dazu, welche Schulform Lehrer nach der Grundschule für einzelne Schüler empfehlen. Dabei ließen sich - unabhängig von den Noten - signifikante Abweichungen feststellen. Verkürzt ausgedrückt: Ist Dein Vater Arzt, ist die Chance, dass Du Abitur machen kannst bei gleicher Leistung höher, als wenn Dein Vater Harz IV Empfänger ist.

LG

Zongo


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Mythos Chancengleichheit (bildungsbezogen)

10.10.2011 um 13:49
Zitat von IlianIlian schrieb:Die Meinungen gehen, was das angeht, gewiss weit auseinander. Doch kann man durchaus sagen, wenn man diesen Studien glauben schenkt, dass ein Teil der Intelligenz vererbbar ist. Ich streite ja nicht ab, dass vor allem das Umfeld auch ein wichtiger Faktor ist.
Soweit ich weiß, liegt der Teil des Einflusses durch Gene bei weniger als 5%.
Ok, laut Wikipedia sind es sogar nur 1%. :D :

"Mit Hilfe der SNP-Microarray-Technik wurden insgesamt 47 Genabschnitte identifiziert, die mit der Intelligenzentwicklung korrelierten. Jedoch trägt keine dieser Genvarianten mehr als 0,4 Prozent zur Intelligenz bei, die sechs einflussreichsten Genvarianten zusammengenommen steuern lediglich etwas mehr als ein Prozent zur Ausprägung der Intelligenz eines Individuums bei."

Da könnte man einen Rückschluss ziehen, dass wenn es so wäre, die restlichen 99% durch das Umfeld beeinflusst wird. Ist ja aber eig auch nicht Thema des Threads! Zur Fragestellung von @Kc .
Zitat von KcKc schrieb:-Kann es überhaupt wirkliche Chancengleichheit geben?
Tatsache ist doch, dass wir alle eine verschiedene Herkunft aufweisen, finanziell, sozio-kulturell und wir auch alle verschiedene, kognitive Fähigkeiten haben.
Wirkliche Chancengleichheit würde bedeuten, dass wirklich alle vom gleichen Punkt aus starten.
Die Chancengleichheit wird in vielen Punkten beeinträchtigt. Nur einige, selbstverständlich rein fiktive Beispiele:

Tolga (10) hat Schwächen im Fach "Deutsch". Es muss aber keinen wundern, denn bevor in die erste Klasse ging, redete man in seinem Elternhaus nie richtig die Sprache dieses Landes. Sein Sitznachbar Sergej (10) ist auch nicht deutscher Abstammung, seine Eltern zogen aus Weißrussland her und die Mutter lernte schnell die deutsche Sprache. So wurde sie auch im Elternhus gesprochen. Gegenüber Tolga hat er enorme Vorteile im Fach Deutsch.

Alina (11) will auf das Gymnasium und trotzdem rät der Lehrer ihr das ab, nicht aufgrund der Noten, den mit 2,2 ist man sicherlich nicht so schlecht! Er fragt die Kleine: "Meinst du wirklich, dass du auf das Gymnasium willst?" - "Ja, Herr Lehrer! Ich möchte nämlich mal studieren, und zwar etwas mit Meerestieren! Sie wissen doch wie gern ich Delphine mag!" sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht. Der Lehrer sieht die Mutter an. "Ein Gymnasium ist nicht immer billig. Man zahlt mehr Büchergeld zum Beispiel. Ich würde vorschlagen mit einer Realschule anzufangen und weiter zu sehen. "Ich verstehe!" meinte die junge Mutter, die vor ca. eineinhalb Monaten einen Job als Aushilfskrfaft in einem Reinigungsunternehmen von der Arbeitsagentur vermittelt bekam um ihrer Tochter doch etwas mehr bieten zu können.

Ganz anders ist es bei Timo (11). Sein Vater ist Notar und seine Mutter Gymnasiallehrerin, die ihren Job über alles liebt. Das beide Timo bereits in frühen Jahren fordern konnten lag auf der Hand, denn ein Nachhilfelehrer war finanziell nie ein Problem. Und auch wenn Timo mal etwas in der Schule nicht versteht, seine Mutter ist Gymnasiallehrerin und kann ihm bei den Hausaufgaben immer helfen, wenn er mal wieder nichts versteht oder nicht aufgepasst hat!
Zitat von KcKc schrieb:-Wenn es Chancengleichheit gibt, besteht dann nicht trotzdem immer noch die Möglichkeit des Scheiterns, weil eben manche Kinder mit einigen Inhalten des Lernens nicht klarkommen oder keine Lust haben? Trotz Chancengleichheit hat man letztendlich also nichts gewonnen - was soll man dann als nächsten Lösungsversuch bringen?
Diese Möglichkeit besteht immer.
Zitat von KcKc schrieb:-Müssen wir unsere Anforderungen wirklich runterschrauben und uns immer mehr orientieren an Schülern, die geringere, schulische Leistung erbringen, weniger lernen - um es diesen einfacher zu machen? Schädigt diese Absenkung der Anforderungen langfristig das intellektuelle Niveau der Gesellschaft?
Besser wäre es Kinder nach ihren Interessen und Stärken zu fördern.
Zitat von KcKc schrieb:-Wird immer mehr und mehr Eigenverantwortung der Schüler und Eltern abgegeben an Schule und Gesellschaft, was Erziehung und Lehre angeht? Was sind die Folgen? Inwieweit muss wieder mehr Eigenverantwortung von Schülern und Eltern gefordert werden?
Das ist eine sehr gute Frage. Da mein Essen fertig ist, werde ich mich später etwas mehr widmen. :) Bis dann!


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10.10.2011 um 13:59
Zitat von zongozongo schrieb:Dabei ließen sich - unabhängig von den Noten - signifikante Abweichungen feststellen. Verkürzt ausgedrückt: Ist Dein Vater Arzt, ist die Chance, dass Du Abitur machen kannst bei gleicher Leistung höher, als wenn Dein Vater Harz IV Empfänger ist.
Wenn das tatsächlich unabhängig von den Noten ist, und ausreichend belegt ist, dann klingt das für mich schon fast nach einem Fall einer selbsterfüllenden Prophezeihung. Der Lehrer erwartet ganz einfach viel mehr vom Kind eines Arztes(da es ja wohl tatsächlich so ist, dass Kinder aus höheren sozialen Schichten öfter höhere Bildungsabschlüsse erreichen) - daraufhin empfiehlt er dem Kind eine höhere Schulform. Das Kind sieht, dass man hohe Erwartungen hat und will diese erfüllen und strengt sich dementsprechend mehr an, besucht diese Schulform und es kommt dazu, dass tatsächlich mehr Kinder aus höheren Schichten höhere Bildungsabschlüsse aufweisen.

Beim Kind aus der niedrigeren Schicht verhält es sich ähnlich, nur eben umgekehrt.


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10.10.2011 um 14:03
@Kc

Nachtrag zu meiner Aussage von oben:
Die Hamburger LAU-Studie, die IGLU-Studie, die PISA-Studie, die AWO-Studie, die Studie Ungleiche Bildungschancen: Welche Rolle spielen Underachievement und Persönlichkeitsstruktur? vom April 2009[u 1], sowie eine Simulation der PISA-Daten[25] von 2007 weisen darauf hin, dass Kinder mit einer niedrigen sozialen Herkunft bei gleicher Kompetenz sehr viel seltener eine Gymnasialempfehlung erhalten als Kinder mit einer höheren sozialen Herkunft. Darüber hinaus konstatierte die LAU-Studie, dass Eltern aus „höheren Schichten“ dazu neigen würden, selbst dann ihre Kinder zu einer höheren Schule zu schicken, wenn die Lehrkräfte hiervon abrieten. Eltern aus „niedrigeren Schichten“ hingegen würden sich genau an die Empfehlung der Lehrkräfte halten.
Quelle: Wikipedia: Bildungsbenachteiligung in der Bundesrepublik Deutschland

@Luthan

Das spielt mit Sicherheit eine Rolle. Bemerkenswert finde ich allerdings, dass sich das Kind mit "höherer sozialer Herkunft" offenbar gar nicht zusätzlich anstrengen muss - die o. g. Studie zeigt z. B., dass Kinder aus sozial schwachen Schichten offenbar bei gleicher Kompetenz (!) seltener auf weiterführende Schulen geschickt werden.

LG

Zongo


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10.10.2011 um 14:05
@zongo
@Luthan

Das ist es eben, woran ich sehr zweifle: Die Behauptung, dass es nach Geld oder Beruf der Eltern ginge.

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Lehrer immer genau wissen, was für Berufe die Eltern ihrer Schüler haben. Und man muss schließlich auch vor der Benotung keinen Gehaltsnachweis abgeben.
Und die Lehrer selbst werden sicherlich auch nicht sagen:,,Den Arztsohn benote ich besser."

Ich denke es handelt sich hier um eine schlicht nicht nachprüfbare Unterstellung.

Eine Unterstellung, die zur Begründung herhalten muss, warum angeblich Schüler benachteiligt würden, wodurch wiederum Verantwortung von diesen und von ihren Eltern genommen wird.


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