Würdet ihr eure Organe spenden?
22.12.2009 um 18:05
Also ich sag euch direkt, dass ich nicht alles was vorher geschrieben wurde gelesen habe. Aber ich möchte euch einfach mal ein Statement dazu geben. Ich bin 24 Jahre alt, habe seit meinem 3ten Lebensjahr einen Nierenschaden und bin nun schon seit 3 Jahren dialysepflichtig. Mit anderen Worten, seit 3 Jahren arbeiten meine Nieren nicht mehr genug um meinen Körper am Leben zu erhalten. Die Dialyse hält mich derzeit am Leben, bis ein geeignetes Spenderorgan "gefunden" wird.
Obwohl die Dialyse für mich schon seit langer Zeit vorhersehbar war, traf mich die Nachricht meines Arztes, dass ich nun wirklich an die Dialyse musste wie ein Schlag. Von Gestern auf Heute sind jeweils 15 Stunden in der Woche für eine "Sitzung" beim Arzt einzuplanen. Viele soziale Kontakte sind nur dadurch verloren gegangen und mein Arbeitgeber hat mich recht schnell vor die Tür gesetzt, weil ich als plötzlich "Schwerbehinderter" zuviele Rechte habe.
Die Dialyse ist leider kein Nierenersatz. Die Dialyse ist quasi sterben in Slow Motion. Die Gefäße verkalken, die Muskeln/Knochen bauen ab, das Risiko von Herzanfällen/Schlaganfällen nimmt zu und der Kreislauf ist ein reines auf und ab.
Die Dialyse geht einfach nicht spurlos an einem Menschen vorbei, eine normale Lebenserwartung ist quasi nicht gegeben.
Als Alternative (neben den diversen Möglichkeiten der Dialyse) gibt es dann die Organtransplantation. Die Vorteile liegen erstmal auf der Hand. Man kann fast ein normales Leben führen. Es gibt nahezu keine Diät mehr, es sind wieder Reisen oder Ausflüge möglich, ohne gleich eine riesige logistische Planung zu erstellen, der Körper gewinnt wieder deutlich an Kraft und Vitalität. Man fühlt sich gesund.
Natürlich, ist dieses Gefühl trügerisch. Man trägt einen Fremdkörper in sich und der Körper wird IMMER versuchen diesen Fremdkörper zu vernichten. Um das zu verhindern bekommt man, je nachdem wie gut die Niere passt, mehr oder weniger starke Medikamente. Diese Medikamente haben die Aufgabe das Immunsystem soweit zu schwächen, dass die Niere nicht davon beschädigt wird, aber stark genug ist, den Körper vor Krankheiten zu schützen. Diese Medikamente haben starke Nebenwirkungen von überdurchschnittlichen Haarwuchs bis Krebs ist da alles dabei. Die meisten Transplantierten, halten die Nebenwirkungen der Transplantation jedoch für geringer als die der Dialyse.
Aber auch mit der Transplantation ist man nicht gerettet. Wenn die Dialyse sterben auf Slow Motion ist, dann ist die Transplantation nur ein "Pause"-Button. Pause deswegen, weil diese transplantierten Nieren nicht ewig halten. Manche halten 2 Tage, manche 3 Wochen und Andere dann 20-30 Jahre. Kommt immer auf die Qualität des Organs, die gleichheit der Gewebemerkmale und die Achtsamkeit des Transplantierten an.
Die durchschnittliche Wartezeit beträgt in derzeit 8 Jahre. Jeder der auf der Warteliste steht sammelt Punkte. Punkte für Wartezeit, Punkte für Alter (Kinder bis 16 Jahren(glaube ich) bekommen Bonuspunkte), Punkte für Zustand...
Je mehr Punkte man angesammelt hat, desto höher Rückt man auf der Liste. Wenn man dann mal Platz 1 ist, bekommt man das nächste Organ was zur Verfügung steht.
Es sei denn, dieses Organ hat die gleichen 5 Gewebemerkmale wie ein Anderer auf der Warteliste. Dann bekommt der Andere das Organ, egal an welcher Stelle er steht. Unter den Ärzten nennt man das "Full House", weil dieses Organ würde dann optimal passen und garantiert eine minimale Medikamentenkonzentration(=weniger Nebenwirkungen) und längere Haltbarkeit.
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So nun etwas zum Thema ;)
Ich bin als betroffener, jedem Menschen dankbar, der sich dafür entschliesst seine Organe zu spenden. Denn diese Organe werden Menschen definitv ein paar Jahre normales Leben schenken.
Und ich akzeptiere jeden Menschen, der aus irgendwelchen Gründen nicht spenden möchte. Welche Gründe er hat, sind mir dabei vollkommen egal.
Eine Organspende heisst Organspende, weil sie eine Spende ist. Spenden geschehen auf freiwilliger Basis, ohne Druck und aus gutmütigkeit. Deswegen bin ich auch gegen Widerspruchsregelungen oder generelle Organentnahmen nach dem Tod, wie in Bulgarien.
Man muss für sich selber die Frage beantworten, wann ist der Mensch tod?
Ist er tot, wenn das Herz aufhört zu schlagen? Dann darf er nicht spenden, denn ein potentieller Organspender hat Herzschlag, Stuhlgang, ist warm und blutet. Die Persönlichkeit gilt jedoch als ausgelöscht. Es kam übrigens auch noch nie vor, dass ein Hirntoter (nach deutschen Kriterien) wieder aufgewacht ist. Der Mensch stirbt, jedoch nur verzögert, weil eine Beatmungsmaschine den Körper noch mit Sauerstoff versorgt.
Die Organentnahme bedeutet in diesem Fall, dass Abklemmen von den Maschinen, die die Grundfunktionen am "leben" halten. Die Hinterbliebenen sehen das oft unterschiedlich. Die einen fühlen sich wie Mörder, die anderen als Sterbehelfer.
Wenn das Leben für euch vorbei ist, wenn die Persönlichkeit erloschen ist, dann könnt ihr aus wissenschaftlicher Sicht bedenkenlos spenden.
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Übrigens, viele Menschen haben Angst von den Ärzten sterben gelassen zu werden um an die Organe zu kommen. Das ist natürlich quatsch. Eine Organtransplantation ist eine absolut ungeliebte Sache unter den Ärzten. Es ist lästig, zeitintensiv und bringt wenig Ertrag. Wenn man es rein wirtschaftlich betrachtet, ist die Organtransplantation für die Mediziner ein Verlustgeschäft, denn die verdienen recht gut an den regelmäßigen Behandlungen der Dialysepatienten.
Das größte Problem derzeit, ist das einfach zu wenig Organe zur Verfügung stehen. Das liegt nicht mal unbedingt, an mangelnder Spendenbereitschaft, sondern oft daran, dass die Ärzte zu sehr unter Zeitdruck stehen um überhaupt die Spendenwilligkeit eines "Spenders" zu überprüfen. So gehen viele Organspender verloren.
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Übrgens... ich trage schon immer einen Organspendeausweis mit mir herum. Auch wenn ich wohl nicht als Spender in Frage komme, habe ich dort auch einige Dinge ausgeschlossen. Zb. Alle Arten von Gewebe und Haut.
Es ist also keine Schande nicht zu spenden. Nicht-Spender sind keine schlimmen Menschen und ich möchte nicht, dass Nicht-Spender einem hohen moralischen Druck ausgesetzt werden.
Und möchte mich an dieser Stelle, bei all den Menschen bedanken, die Spenden würden und schon gespendet haben. Ich bewundere euch.
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Das ist jetzt alles etwas viel geworden. Ich entschuldige mich bei allen, die sich davon gestört gefühlt haben. Auch die Rechtschreibfehler und der chaotische Aufbau sind zu entschuldigen, ich hoffe alles ist irgendwie zu verstehen. Das Thema ist für mich sehr emotional.