@BairdHirnforschung
Mehr Lust auf Sex mit Migräne
Von WELT.de/ddp/cl 22. November 2007, 09:16 Uhr
Der Satz "Schatz, ich habe Kopfschmerzen" gewinnt eine völlig neue Bedeutung: Menschen mit Migräne haben ein stärkeres sexuelles Verlangen. Ursache ist wahrscheinlich der gleiche Botenstoff, der auch für die Krankheit zuständig ist: Serotonin.
Weniges gibt es auf der Welt, über das mehr Studien angestellt werden, als über Partnerschaft und Sex, das Thema also, das alle interessiert. Eine kleine Auswahl des aktuellen Wissensstands: Ein Spermium "lebt" 2,5 Monate. Solange braucht es von der Entwicklung bis zur großen Schlussbeschleunigung: der Ejakulation.
Dem Gehirnbotenstoffs Serotonin wird eine Schlüsselrolle sowohl bei der Steuerung der Libido als auch bei der Entstehung von Migräne zugeschrieben wird.
Amerikanische Wissenschaftler um Timothy Houle von der Wake-Forest-Universität in Winston-Salem untersuchten in einer kleinen Studie das sexuelle Verlangen bei Migräne-Patienten mit dem von Menschen mit anderen Kopfschmerzen.
Bei einem hohen Serotoninspiegel ist das sexuelle Verlangen vermindert. Patienten mit Migräne haben dagegen häufig einen sehr niedrigen Serotoninspiegel. Daraus folgerten die Wissenschaftler, dass die Lust auf Sex bei Migränepatienten stärker sein müsste. Um zu überprüfen, ob sich dieser Zusammenhang direkt nachweisen lässt, untersuchten die Forscher 68 Freiwillige, die mindestens zehn Mal im Jahr unter Kopfschmerzen litten. Je nachdem, ob es sich dabei hauptsächlich um Migräne oder um Spannungskopfschmerzen handelte, wurden die Probanden in zwei Gruppen eingeteilt. Außerdem sollte jeder Teilnehmer in einem Fragebogen Angaben über Stärke und Häufigkeit seines sexuellen Verlangens machen. Die Probanden in der Migräne-Gruppe berichteten tatsächlich über ein stärkeres sexuelles Verlangen als die Angehörigen der anderen Gruppe, zeigte die Auswertung. Dieser Unterschied schien den Migränepatienten auch bewusst zu sein, kommentiert Studienleiter Houle: Sie stuften ihre Libido als höher ein als die ihrer Alters- und Geschlechtsgenossen. Obwohl die Studiengruppe mit ihrem geringen Durchschnittsalter von 24 Jahren und der mäßigen Gruppengröße keine allgemeingültigen Aussagen zulasse, deuteten die Ergebnisse doch auf einen direkten Zusammenhang zwischen Libido und Migräne hin, schreiben die Forscher. Sie erhoffen sich von den Ergebnissen neue Erkenntnisse über die Ursache von Migräne und anderen Erkrankungen wie Depressionen, die ebenfalls vom Serotoninspiegel beeinflusst werden.
Der tatsächliche Zusammenhang zwischen den chronischen Kopfschmerzen und dem sexuellen Verlangen ist vielschichtig. Das haben bereits mehrere andere Studien gezeigt. Bei einigen Patienten können sexuelle Kontakte beispielsweise Migräneanfälle auslösen, während andere von einer Besserung ihrer Beschwerden durch Geschlechtsverkehr berichteten.
Über ihre Studie berichten Timothy Houle und seine Kollegen in der Fachzeitschrift „Headache” (Band 46, Seite 983).