Alter Wein in neuen Schläuchen bzw. Herr Koch in der Nachfolge von Herrn Heydrich und Herrn Ulbricht: Nur der Name ist modischer!
In der guten alten DDR hiess das noch Jugendwerkhof.
Der Jugendwerkhof war eine Einrichtung der Jugendhilfe in der DDR, in der Jugendliche, die nicht in das Bild der sozialistischen Gesellschaft passten, umerzogen werden sollten. Dies geschah in erster Linie politisch und nur nebenbei allgemeinbildend. Neben der Indoktrination erhielten die Jugendlichen eine beinahe nutzlose Teilausbildung, mit der sie allenfalls untergeordnete Hilfstätigkeiten ausführen konnten.
Jugendliche, die zwischen 14 und 18 Jahre waren, wurden auf diese Weise nicht etwa nur für Sachbeschädigungen – besonders an „sozialistischem Eigentum“ –, Diebstähle, Gewalt oder andere Delikte zur „Verantwortung“ gezogen. Oft reichten schon kleinere „Vergehen“ aus, die der Obrigkeit oder auch den Nachbarn auffielen, wie z. B. Schulschwänzen. Es sind auch Fälle bekannt, in denen Jugendliche einfach nur aus dem Umfeld anderer entfernt werden sollten und so unschuldig in einen Jugendwerkhof eingesperrt wurden.
Jugendliche, mit denen in anderen Jugendwerkhöfen Disziplinschwierigkeiten bestanden oder die von dort mehrmals entwichen waren, konnten in den geschlossenen Jugendwerkhof Torgau eingewiesen werden, ein Gefängnis, in dem sie mittels Schikanen und Demütigungen gebrochen werden sollten.
Im Vorgängerstaat von BRD und DDR nannte man es noch Jugendschutzlager.
Reinhard Heydrich - der „Chef der Sicherheitspolizei und des SD“ - hatte im September 1939 erstmals spezielle Lager zur Internierung sog. „verwahrloster“ und unangepaßter Jugendlicher gefordert - die Ideen dazu waren im Reichskriminalpolizeiamt (RKPA) unter maßgeblicher Federführung des dortigen stellvertretenden Leiters Paul Werner entwickelt worden. In der Sitzung des Reichsverteidigungsrates vom 01.02.1940 - unter Görings Vorsitz und dem vorgegebenen Thema „Besprechung über Jugendbetreuung“ - in der die Situation der Jugend unter dem Einfluß des Krieges diskutiert, eine zunehmende „Verwilderung“ und ein Ansteigen der Jugendkriminalität für wahrscheinlich erachtet wurden - unterstützte und bekräftigte Heinrich Himmler - der „Reichsführer-SS“ - Heydrichs Forderung ausdrücklich. In der Folge dieser Sitzung beauftragte der Reichsverteidigungsrat das RKPA in Berlin, die sog. „Jugendschutzlager“ zu errichten. Vollkommen eindeutig drückten sich dabei zum Beispiel die örtlichen Vertreter der NS-Volkswohlfahrt in Hamburg anläßlich einer Sitzung zu Jugendfragen vom 02.02.1940 aus, indem sie „...die Einrichtung der vom Reich vorgesehenen ... Konzentrationslager für Jugendliche...“ ausdrücklich empfahlen. Zur rechtlichen Scheinlegitimierung des Lagers gaben die unterschiedlichsten Ministerien zunächst allgemeine Runderlasse heraus, die die Haft der Jugendlichen formal regelten. Es waren zunächst die Jugend- und Landesjugendämter sowie die Kriminalpolizei, die vom Reichskriminalpolizeiamt ein Vorschlagsrecht zur Inhaftierung auffälliger Jugendlicher in den sog. „Jugendschutzlagern“ erhielten. In akribischen Anweisungen wurden die Jugendämter aufgefordert, sog. „asoziale“ und „kriminelle“ Mädchen und Jungen für eine entsprechende Haft vorzuschlagen und der Kreis der einweisungsberechtigten Behörden in den folgenden Jahren erheblich erweitert. Runderlasse mit äußerst unklaren und vielseitig interpretierbaren Formulierungen und Richtlinien liessen breiten Spielraum, mißliebiges Verhalten Jugendlicher zu ahnden, so daß bald neben Kriminalpolizei und Jugendämtern auch die Vormundschaftsrichter, die Gefängnisse, Justizstellen oder die jeweilige HJ-Gebietsführung die Haft im Jugend-KZ formal beantragen konnten. Vor allem Erziehungsheime und Jugendämter machten in der Folge - wenn auch regional sehr unterschiedlich - recht regen Gebrauch von den Haftanträgen, um sich auffälliger und mißliebiger Jugendlicher entledigen zu können.
In den vorliegenden Anträgen auf Unterbringung in den Jugendlagern fällt besonders die Reduzierung der darin getroffenen Aussagen auf negativ besetzte Verhaltensweisen oder Eigenschaften der Betroffenen auf. Dabei wurde häufig die Auflistung von Verfehlungen und vermeintlichen Charakterschwächen für die Argumentationskette geschickt benutzt, um über diesen Weg der Stigmatisierung und Kriminalisierung die jeweils „notwendige“ Unterbringung im Jugend-KZ dringlich und revisionssicher zu untermauern. Kennzeichnend sind die Verwendung von dehnbaren Worthülsen bei der Verhaltensbeschreibung und die kategorische Abstempelung der Jugendlichen zu „Arbeitsscheuen“, „geborenen Verbrechern“ und „Volksschädlingen“. Die Einweisungsgründe verweisen eher auf erzieherische Bankrotterklärungen bei der Beurteilung der sog. „Zöglinge“. So regte ein Mitarbeiter des Landesjugendamtes Kattowitz in seinem Antrag vom 18.07.1944 zum Beispiel an, die „pubertätskritische Trotzhaltung“ des betreffenden Jungen mit den Mitteln der Jugend-KZ-Haft „zu brechen“.
Zwangsläufig waren von der Haft im Jugend-KZ vor allem solche Jugendliche betroffen, die sich unter dem Einfluß des Krieges der zunehmenden Reglementierung sämtlicher Lebensbereiche zu entziehen versuchten und mit den Norm- und Wertvorstellungen des NS-Staates in Konflikt gerieten. Vor allem die Fälle der zunehmenden „Arbeitsverweigerung“ („Blaumachen“), des „Umherstreunens“, der Diebstähle und eines freizügigeren Sexuallebens gelangten als „volksschädigendes Verhalten“ in das Blickfeld von Polizei und SS. Dabei ist festzuhalten, dass unter dem Einfluß der Kriegsgeschehnisse und der damit einhergehenden Militarisierung des gesamten Lebens- und Arbeitsumfeldes die normative Bestimmung der Begriffe „Asozialität“ und „Kriminalität“ erheblich ausgedehnt wurde, je mehr die staatliche Autorität auch durch sogenannte „innere Feinde“ angreifbar erschien. Beklagte die deutsche Justiz zunächst noch den rein polizeilichen Charakter der Haft und die fehlende Einbindung ihrer Instanzen, so reagierten SS und Polizei mit taktischen Zugeständnissen, wie z.B. mit einem Anhörungsrecht für die Vormundschaftsrichter. Letztlich hatten Polizei und SS mit der Einrichtung der Jugend-KZ einen weiteren partiellen Erfolg im Macht- und Kompetenzgerangel der verschiedenen NS-Instanzen erzielt.
( von mir stark gekürzte Fassung, Gesamttext hier:
http://www.martinguse.de/jugend-kz/entstehung.htm )
Alles schon mal dagewesen.