@amaroks:
Ach ja, der "Gesunde Menschenverstand":
Wie sieht er aus, was sagt eraus, wem ist er zu eigen?
Wenn ich Prostitution in Ordnung finde und Du nicht:
Wer hat dann den gesunden Menschenverstand und wer den kranken?
Wenn ichbestimmte Sexualpraktiken okay finde, die Du nicht magst:
Wer ist dann pervers?
Wenn ich Tiere esse und Du nicht: Wer ist dann der Spinner?
Ich denke,darüber werden Du und ich uns nicht einig. Es gibt eben keine gemeinsamen Standards vonMoral und Ethik.
Es gab Zeiten, da fanden es hierzulande viele Menschen alsmoralisch durchaus vertretbar, Mitmenschen anderen Glaubens zu schikanieren, zudenunzieren, zu quälen und zu ermorden.
Es gab Zeiten, da war dieBevölkerungsmehrheit der Meinung, es gäbe durchaus Hexen, und die hätte man gefälligstbei lebendigem Leib zu verbrennen.
Es gab Zeiten, da galt Sex mit Minderjährigen alsanständiger Zeitvertreib bestimmter Gesellschaftsschichten.
Es gab Zeiten, da warFolter ein legitimes Mittel zur Rechtsfindung.
Die Beispiele liessen sich inhistorischer Sicht beliebig fortsetzen. Was uns heute als verbrecherisch, abergläubischoder absurd erscheint, entsprach zu seiner Zeit durchaus der mehrheitlich vertretenenEthik und Moral.
Auch geografisch betrachten können wir feststellen, dass Ethikund Moral keine globalen Standards haben, ggf. noch nicht einmal einen kleinstengemeinsamen Nenner.
Wer sich im Kreise seiner Mitmenschen in die Luft sprengt, giltin einigen Regionen als Märtyrer, wer in der U-Bahn Jugendliche erschiesst, anderswo alsHeld, dass Frauen beschnitten werden ist andernorts Usus, Kinderarbeit regt in manchenLändern niemand auf, ebensowenig wie Sex mit Kindern oder Blutrache.
Also bitte, wassind die derzeit gültigen Standards von Ethik und Moral und wer legt sie (für uns)fest???
@Spartacus:
Natürlich vergleiche ich andere Berufe mit dem derProstituierten.
Viele Menschen werden in ihrem Job gewungen, Sachen zu machen, diesie nicht unbedingt machen wollen, aber tun müssen, weil sie das Geld brauchen oderwollen, weil sie nichts anderes können, weil ihr Chef oder ihr Kunde es von ihnenverlangt.
Ich verkaufe z.B. meinen Kopf, meine Fähigkeiten im Umgang mit Sprache anmeinen Arbeitgeber.
Und was ist moralisch vertretbarer (s.o.) oder auch nur"anständiger":
Der Creativ-Director, der eine Werbekampagne für ein Produktunterstützt, das unnütz, überteuert, unsicher oder gefährlich ist?
Der Journalist,der einen Sachverhalt zurecht biegt, um Chefredakteur oder Anzeigenkunden nicht zuverärgern?
Der Politiker, der die Bevölkerung bewusst belügt, weil sein Lobbyist esso wünscht?
Der Soldat, der Frauen und Kinder tötet, weil sein Vorgesetzter es ihmbefiehlt?
Die Liste lässt sich beliebig lang fortsetzen.
Sie alle verkaufen sich,sie alle prostituieren sich, sie alle nehmen Geld - und sie alle gehen zu Prostituierten.Und nicht wenige erheben sich über diese Frauen und zeigen angewidert mit ethischemNaserümpfen und moralischen Zeigefinger auf die Frauen.
Wir alle verkaufen uns aufdie eine oder andere Weise - auch Du, SaifAliKhan - oder tust Du nicht, was Dein Chef Dirsagt und wofür er Dich bezahlt?
Ach ja, dann war da noch die Sache mit Angebotund Nachfrage:
Du warst ja der marktwirtschaftlich wenig begründbaren Ansicht, dasserst das Angebot weg muss, dann würde auch die Nachfrage verschwinden. Ich weiss janicht, wo Du Dein BWL-Studium absolviert hast, aber im Regelfalle weckt die Nachfrage dasAngebot. Lässt die Nachfrage nach, schrumpft auch das Angebot. Oder gibt's noch einbreites Angebot von Holzgasgeneratoren, Hochrädern, Schreibmaschinen oder Kunsthonig?
Und so lange es Männer gibt, wird die Nachfrage nach Bezahlsex - und damit dasAngebot da sein, übrigens unabhängig von Staatsform oder Mehrheits-Religion. Es gabkäuflichen Sex in den sogenannten sozialistischen Ländern ebenso, wie es ihn heute inislamisch geprägten Staaten gibt - und das nicht nur für devisenbringende Touristen.
Solange Prostitution nicht durch gesetzliche Regelungen aus der rechtsfreien"Schmuddelecke" geholt und in einen "anständigen" Beruf umgewandelt, sind Frauen derrechtlosen und gewalttätigen Ausbeutung durch Männer ausgesetzt - aber dies ist keinGrund, auf sie herab zu blicken oder sie zu beleidigen.
@Arikado:
Studienhin oder her, Auftragsforschung findet immer ihre Zahler und Verbreitung. Ich denkenicht, dass sich die Zahl der Vergewaltigungen dramatisch verändern würde, egal obLiberalisierung oder Verschärfung der Rahmenbedingungen für Prostitution.
VerGEWALTigung hat immer mehr mit Gewalt als mit Sexualität zu tun. Das kann Dirjeder bestätigen, der sich mit Kriminologie oder Psychologie beschäftigt. Dabei geht esum Macht und Unterdrückung, nicht um "Spaß"!
Aber das wäre wieder ein ganz anderesThema.