paranormales Heilen
13.09.2005 um 00:07
Carl Gustav Jung hat mit seinem Werk nicht nur die Psychotherapie, sondern auch die Psychologie, Theologie, Völkerkunde, Literatur und Kunst beeinflusst. In die Psychologie sind vor allem seine Begriffe Komplex, Introversion und Extraversion eingegangen. Ein Komplex ist eine Konstellation von Gefühlen, Gedanken, Wahrnehmungen und Erinnerungen, die sich um einen bestimmten bedeutenden Zusammenhang gesammelt haben und mit diesem Kern des Komplexes assoziiert sind. Komplexe, die in das Unbewusste verdrängt sind, können im Bewusstsein als "Affekt" erscheinen. Ein Beispiel: Ein Mutterkomplex ist das Kernelement des Komplexes. Alle Gefühle, Gedanken, Wahrnehmungen und Erinnerungen, die direkt oder indirekt mit der Mutter zu tun haben, werden von dem Kernelement des Komplexes angezogen und sind mit ihm assoziiert. Sie werden so dem Bewusstsein entzogen und können die bewusste Absicht stören. Als extravertiert bezeichnete er einen Menschen, dessen Verhalten auf die äußere, objektive Welt ausgerichtet und von ihr geleitet wird. Introvertierte Menschen sind dagegen auf ihre innere, subjektive Welt ausgerichtet und verhalten sich nach ihr.
Persönlichkeitsstruktur: Das Ich ist nur ein Komplex unter vielen anderen. Es ist aber gleichzeitig auch das Zentrum des Bewusstseins. Bewusst wahrnehmen kann man folglich nur Dinge, die mit dem Ich-Komplex assoziiert sind. Das persönliche Unbewusste besteht meist aus gefühlsbetonten Komplexen, sowie aus Verdrängtem, Vergessenem oder Ignoriertem. Die persona (grch.: Maske) dient der Anpassung an die Außenwelt im Sinne eines normativen, sozialverträglichen Verhaltens. Sie ist nicht mit dem Ich identisch, eher dem Über-Ich Freuds ähnlich.
Der "Schatten" ist die dunkle Seite der Persönlichkeit. In ihm werden alle Teile der Persönlichkeit zusammengefasst, die aus verschiedenen Gründen (noch) nicht vom Individuum angenommen wurden. Das sind meist Verhaltensweisen oder Einstellungen, die der Einzelne vor seinen Mitmenschen regelmäßig verbirgt und sich zuweilen selbst nicht eingesteht. Die schlechten Eigenschaften, die man missliebigen Mitmenschen gern vorwirft oder Feinden unterstellt, entspringen meist der eigenen Seele und suchen sich einen Träger außerhalb der eigenen Persönlichkeit ("Projektion"), weil das Individuum moralisch noch zu gering entwickelt ist, diese vermeintlich verachtenswerten Eigenschaften sich selbst zuzuschreiben. Auf dem Weg zur Ganzwerdung ("Individuation") der Persönlichkeit, muss der Schatten aber integriert werden. Die "Integration" ist dabei Jungs Metapher für den Prozess der Auseinandersetzung mit den eigenen Schattenseiten, der ein vorwiegend moralisches Problem darstellt und vom Individuum beträchtliche seelische Anpassungsleistungen erfordert. Die Integration des Schattens ist auf dem Weg zur "Individuation" nur ein erster Schritt, aber einer, der zwingend erforderlich ist und nicht ausgelassen werden darf. Zu Beginn der Lebensmitte steht die Integration der eigenen Anteile des jeweils anderen Geschlechts im Vordergrund, d.h. für einen Mann, seine Anima und für eine Frau ihren Animus.
Das "Kollektive Unbewusste" besteht aus ererbten Grundlagen der Menschheitsgeschichte. Auf ihm beruhen alle entwicklungsgeschichtlich jüngeren Persönlichkeitsstrukturen, wie etwa dem Ich. Im kollektiven Unbewussten manifestieren sich Archetypen. Archetypen sind universell vorhandene Urbilder in der Seele aller Menschen, unabhängig von ihrer Geschichte und Kultur. Dazu zählen Gegenstände und Lebewesen aus der Umwelt wie etwa Bäume oder Bären. Die Existenz der Urbilder konnte Jung mit seinen Mitarbeitern nachweisen, indem er Menschen, die nachweislich noch nie einen Baum oder einen Bären gesehen hatten, und auch nicht mit Massenmedien in Berührung gekommen waren, ihre Träume malen ließ. Darauf malten sie deutlich Bäume und Bären. Jung recherchierte Jahrtausende altes Material aus vielen Kulturen und stellte in den Darstellungen fest, dass bestimmte Bilder, Motive und Symbole immer wieder auftauchten, unabhängig voneinander. Andere Urbilder treten dem Menschen in seinen Träumen vor Augen. Dazu gehören der "Schatten", "Anima" und "Animus", der oder die alte Weise, das Mandala, der Abstieg der Seele zum Wasser, der Abstieg ins Totenreich, das Numinose und andere.
Archetypen sind "Energiekomplexe", die besonders in Träumen, Neurosen und Wahnvorstellungen ihre Wirkmacht entfalten. Jung erklärt eine Psychose, die unter anderem dann entstehen kann, wenn eine Neurose nicht behandelt wird, als Überhandnehmen des Unbewussten, das sich des Bewusstseins bemächtigt, um dessen Einstellung zu korrigieren und das Individuum auf dem Weg zur Ganzwerdung zu befreien. Die nun "symbolisch" wirksamen Archetypen zielen darauf ab, die Gesamtpersönlichkeit wieder ins Lot zu bringen, indem sie urzeitliche, durch Numinosität sehr attraktive Zielbilder ins Bewusstsein aufsteigen lassen. Diese Bilder und die Beschäftigung der Seele mit ihnen haben die Aufgabe, der Persönlichkeit eine fundamentale Balance zurückzugeben, Sinn und Ordnung zu stiften. Sie manifestieren sich daher in symbolischen Bildern universeller Gültigkeit, die einen beträchtlichen Anteil am Leben eines jeden haben. Das Selbst ist das Zentrum der Persönlichkeit. In ihm werden alle gegenläufigen Teile der Persönlichkeit zusammengefasst und vereinigt. Es ist das Ziel des lebenslangen Individuationsprozesses, der im wesentlichen daraus besteht, möglichst große Teile des Unbewussten dem Bewusstsein einzugliedern. Die "Individuation" setzt immer neue und umfassendere Anpassungsleistungen der Persönlichkeit voraus und in Gang. Er findet auf der "Ich-Selbst-Achse" statt.
Kritisiert wird Jungs Theorie vor allem durch seinen ehemaligen Lehrer Freud und durch die akademische Psychologie, die in Jungs Konzepten mehr ein schwankendes, bis zur Beliebigkeit reichendes Herumdeuteln an Träumen sehen. Sie sehen in dem Konzept eine hermeneutische Beschäftigung, die sich nach ihrem Verständnis nicht genügend objektivieren läßt. Jung selbst sieht den Psychotherapeuten als einen Begleiter des Patienten, der sich frei machen sollte von allen theoretischen Erkenntnissen, die er erlernt hat, und der sich möglichst vorurteilsfrei auf das einlassen sollte, was der Patient an Bildern, Eindrücken etc. aus seinem Unbewussten mitbringt oder im Verlaufe der Therapie entwickelt. Beim Abstieg des Patienten in seine eigenen seelischen Tiefen sah sich Jung als Begleiter, der allenfalls mehr Erfahrung hat und dadurch zum Gelingen des jeweils einzigartigen und individuellen Weges der betreffenden Persönlichkeit zur Individuation beitragen kann.
Seine Präsidentschaft in der Internationalen Gesellschaft für ärztliche Psychotherapie fiel in die Zeit des Nationalsozialismus. Als er sich öffentlich über den Unterschied zwischen jüdischer und arischer Psychologie äußerte, geriet er in den Verdacht des Antisemitismus. Jüdische Mitarbeiter und Biographen verneinen diesen allerdings.
Eine lebendige Einführung in sein Werk bietet seine unten erwähnte Autobiographie "Erinnerungen, Träume, Gedanken". Dort schreibt er: "Die Erinnerung an die äußeren Fakten meines Lebens ist mir zum größten Teil verblaßt oder entschwunden. Aber die Begegnung mit der inneren Wirklichkeit, der Zusammenprall mit dem Unbewußten, haben sich meinem Gedächtnis unverlierbar eingegraben. Ich kann mich nur aus den inneren Geschehnissen verstehen. Sie machen das Besondere meines Lebens aus, und von ihnen handelt meine Autobiographie."
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