Dr. Hamer- auch so ein irrer!
18.12.2009 um 10:03
Also im Grunde sehe ich die Idee von diesem Vollpfosten Hamer so:
Eine schwere Krankheit, wie Krebs, wird psychotherapeutisch behandelt, um einen eventuellen "inneren schweren Konflikt" des Patienten aufzulösen, um DANN mit medikamentöser Weiterbehandlung die Krankheit auszuheilen.
SUPER Sensationell:
Ist ja was vollkommen neues, eine physische Krankheit psychotherapeutisch begleitend zu behandeln.
NUR... dies hat nur wirklich Sinn wenn es GLEICHZEITIG stattfindet, d. h. die Erkrankung, wie ein Karzinom, wird stationär (meist erst durch eine Chemo-Therapie, muss aber nicht sein) behandelt und BEGELEITEND wird ebenfalls eine psychotherapeutische Behandlung eingleitet.
Dies steht jedem frei, lebt aber natürlich von der Eigeninitiative des jeweiligen Patienten. Bei schweren Sympthomen im Falle eines Karzinoms ist natürlich an eine psychotherapeutische Behandlung nicht zu denken, weil der Erkankte dazu einfach nicht in der Lage sein wird.
Was Dr. Hammer hier progagiert ist im Grunde ein alter Hut! Jeder, der sich mit medizinischen Sachverhalten ein wenig auskennt (ich bin medizinischer Dokumentar plus Fortbildungen auf dem Gebiet der Medizin), kann darüber nur müde lächeln.
Aber die ganze Sache wirft natürlich Fragen auf:
Der Aspket der "erkrankten" Psyche im Zusammenhang mit der akuten oder chronischen physischen Erkrankung zu sehen, wird noch viel zu wenig angewandt in Deutschland. Das bessert sich aber immer mehr.
Um mal mit der Mär der bösen schulmedizinischen Ausbildung unserer heutigen Mediziner aufzuräumen:
In der Bevölkerung ist es leider immer noch so, dass angenommen wird, die heutige schulmedizinische Ausbildung befände sich auf dem Stand von 1900 und davor (überspitzt ausgedrückt). Dem ist aber nicht so!
Die Ausbildung, das Studium, an sich hat seit dem 2. Weltkrieg immer wieder neue Aspekte aufgenommen und sich ständig erweitert. Die klinische Ausbildung (besonders die Vorklinik ist hier zu nennen) bedient sich ebenfalls jenseits alter schulmedizinsicher Pfade neueren Bodens, um sich selbst zu komplementieren.
Dr. Hamers Thesen müssten eigentlich, wenn er mit seinen Behauptungen wirklich neues medizinsches Land betreten würde, auch von der wissenschaftlich anerkannten Seite einiges Interesse hervorufen.
Besonders hervorzuheben sind hier die Psychotherapeuten in Deutschland, die sich aber nicht die Bohne für ihn interessieren, eben weil er überhaupt nichts neues beitragen kann, was sie selber nicht schon seit Jahrzehnten selbst schon praktizieren. Jeder Psychotherapeut besitzt 10mal Werkzeuge als Dr. Hamer, um innere Konflikte, die selbstverständlich Krankheiten auslösen können, der Patienten zu behandeln und hoffentlich "aufzulösen" (dieser verwendete Begriff alleine wird in der Medizin eigentlich nie benutzt).
DANN:
Die Behauptung, dass beispielsweise Karzinome immer durch traumatische Erlebnisse oder sonstige Schicksalsschläge bzw. schwere psyschiche innere Konflikte, die auch von extern auf den Erkankten einwirkten, entsteht, ist einfach falsch.
Es wird halt gerne angenommen, weil es so eben auch für den Laien nachvollziehbar wird, dass ein Mensch eine solch furchtbare Erkrankung erleiden muss, dass die Menschen irgendwie "selbst schuld" an ihrem Leiden sind (meist im Falle eines Karzinoms benutzt).
Es sterben aber auch Kinder an Krebs, jedes Jahr sogar. Kinder, die 5 Jahre und jünger sind, die das Leben gerade erst begonnen haben. Es sterben Menschen an Krebs, die nachweißlich ihr Leben lang gutes getan haben (Friedensorganisationen angehören, Menschenrechte auf der ganzen Welt verteidigt haben).
Schließlich, um es weniger dramatisch zu sagen, sterben Menschen an Karzinomen, die einfach durch ihre Eltern oder frühere Verwandten in ihrer Familie eine "relevante medizinische Disposition" besitzen und auch im hohen Maße deshalb erkranken (was aber noch nicht vollständig als bewiesen gilt, dass eine Disposition alleine schon für einen Krankheitsausbruch ausreichen könnte).
Und dann gibt es auf Grund sehr ungesunder Lebensweise ebenfalls noch die Möglichkeit, an einem Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) zu erkranken.
Bis zu 90 Prozent der Männer und rund 60 Prozent der Frauen mit Lungenkrebs waren über längere Zeit Raucher. Der derzeitige Trend zeigt, dass zwar immer mehr Männer das Rauchen aufgeben, dafür aber immer mehr Frauen damit anfangen.
Das hat dann aber überhaupt nichts mit der Psyche zu tun (im Falle des Rauchens als Urheber des Bronchialkarzinoms).
Jedes Karzinom ist mitnichten erklärbar durch eine schwere angeschlagene Psyche des Patienten. Das wäre fatal anzunehmen, für den Patienten und für unsere Gesellschaft als solche.