EnyaVanBran schrieb: Du könntest ja mal einen Brief schreiben, vll lebt er ja noch (also wenn euer letzter Kontakt nicht all zu lange her ist). Wenn dem so ist, machst du ihm bestimmt eine riesen Freude. Und wenn er schon gestorben ist, hast du etwas Zeit und ein paar Euro investiert.
Das ist schon zwanzig Jahre her ... ich habe das damals gemacht. Mindestens noch drei- viermal geschrieben, es kam keine Antwort mehr.
Ich habe damals, als ich in den Sommern in Schottland lebte, einen älteren Mann gekennengelernt, alleinstehender Lehrer, total interessanter Typ, mit ihm bin ich dann auch abends weggegangen und wir haben uns immer wieder geschrieben. Seine Geschwister fanden das "echt peinlich". Ich fand ihn sehr interessant, obwohl er mein Opa hätte sein können, es war ja eine platonische Freundschaft. Mit ihm hatte ich 20 Jahre Kontakt - da war es dann auch irgendwann so, dass Briefe nicht mehr beantwortet wurden. Ich habe ihm noch mehrfach geschrieben, in der Hoffnung, dass er noch irgendwo lebt (Altersheim, ...) aber nicht mehr schreiben kann. Irgendwann habe ich ihn gegoogelt und festgestellt, dass er sehr plötzlich verstorben ist (ein hoch auf Onlinetodesanzeigen). Ehrlich habe mich mich auch etwas geärgert, da es ja auch Leute gab, die seinen Nachlass verwaltet und sein Haus geerbt haben - wäre es zu viel verlangt gewesen, eine kurze Karte zu schicken, dass er verstorben ist?
EnyaVanBran schrieb:Das meinte ich ja. Durch dieses "entfreunden" wird man bewusst aus dem Leben anderer Menschen geworfen, das finde ich fast schon etwas respektlos. So nach dem Motto: du hast keinen Wert mehr für mich, also raus aus meiner Freundesliste. Finde ich echt mies.
Ja, v.a. kommt das so abrupt - es hätte ja auch nichts ausgemacht, wenn sie mich einfach drauf gelassen hätten oder kurz geschrieben "hey, es sieht nicht so aus, als ob sich unsere Wege noch kreuzen, wir minimieren unsere Freundesliste ...". Das fand ich dann schon sehr kalt und auch "fake". Da ist man jahrelang befreundet und dann wird man aussortiert.
Anders herum ist das aber auch schon passiert, dass einen Leute jahrelang ignoriert haben, weil sie einen für uncool hielten und dann stellte sich heraus, dass die Leute eine Position haben, die für einen sehr nützlich sein könnte. LOL.
Bundeskanzleri schrieb: Ich habe auch einige Menschen in meinem Leben getroffen, die zu genau der Zeit und der Situation wichtig waren, auch gegenseitig.
Dann ist jeder seiner Wege gegangen und man ist sich nie wieder begegnet. Kann sein, dass einer der beiden das dann anders sieht und es schade findet, aber das gab es doch schon immer. Und meistens war es irgendwie richtig so.
Klar, das gibt es immer - die Frage ist, wie man sich trennt und ob dieser komplette Kontaktabruch wirklich sein muss. Ich habe z.B. beim Auslandsstudium in einer lustigen WG in einem Studentendorf mit fünf Mädels gelebt. Mit drei bin ich noch auf Facebook befreundet - wir haben keinen direkten Kontakt mehr, aber du bekommst so Meilensteine mit: Hochzeiten, Kinder und man schreibt sich kurz zu Weihnachten. Klar könnte man sagen, ein sehr oberflächlicher Kontakt. Die vierte im Bunde hat uns mal alle zur selben Zeit "entfreundet" und wir haben nie mehr was gehört. Wir haben ein Jahr unseres Lebens zusammen gewohnt - das fand ich dann schon sehr seltsam und auch Schade.
Bundeskanzleri schrieb:Bei Partnerschaften ist das doch auch so, man trennt sich offiziell und dann verbringt man eher keine Zeit mehr miteinander. Das gibt es auch anders, ich weiß, aber es wundert sich eben keiner darüber. Das darf doch bei anderen Freundschaften ähnlich sein, man hat sich einfach auseinandergelebt.
Es heißt ja auch nicht, dass du die Freundschaft nicht runterfahren darfst, es geht mehr darum, dass dich einer nach x Jahren einfach so aus seinem Leben schmeißt. Vielleicht ist das aber eine Präferenz und Leute ticken anders. Ich war acht Jahre mit einem älteren Mann liiert, die Beziehung ging ziemlich unschön in die Brüche - jedoch nimmt er sich jedes Weihnachten Zeit und schreibt mir, manchmal sogar einen klassischen Brief (weil er weiß, dass ich das mag) - einfach unverbindlich, wie es ihm in seinem Leben gerade geht, was gemeinsame Bekannte aus der Zeit, zu denen ich keinen Kontakt mehr habe, machen ... das finde ich sehr nett. Ich könnte mir keine Beziehung mit ihm mehr vorstellen, aber die gemeinsamen acht Jahre und die vielen Erlebnisse haben uns doch beide geprägt.
Bundeskanzleri schrieb:Manchmal fürchte ich mich auch davor, dass mich irgendjemand aus meiner Vergangenheit wieder anspricht oder anschreibt :lolcry:
Das klingt jetzt richtig verrucht :lolcry:
Mir ist vor Jahren was echt Doofes passiert (ich habe aber auch echt doof reagiert :-). Bin mit Freunden auf den Weihnachtsmarkt nach Ulm gefahren (ich wohne Stunden von Ulm entfernt), da rennt eine Frau auf mich zu und ruft meinen Namen, umarmt mich, ist total happy mich zu sehen und fragt aufgeregt jede Menge Fragen "Was macht x? Wo wohnst du jetzt?". Sie hatte sich 10000 Details aus meinem Leben gemerkt und ich habe bis heute keine Ahnung, wer das war. Ich habe mich darauf verlassen, dass es mir gleich einfällt bzw. dass es sich aus dem Gespräch ergibt und irgendwann war es zu doof, zu fragen.
Dieses Jahr habe ich einen neuen Kollegen bekommen (wir haben so eine große Wand, wo wir alle mit Foto hängen) und mein Chef kündigte schon an, "da kommt ein ehemaliger Kommilitone von Ihnen, er freut sich schon riesig". Äh. Mein Studium ist über 20 Jahre her, ich hätte unter Eid schwören können, dass ich den Mann noch nie gesehen habe, wir haben aber wohl im selben Wohnheim gewohnt und hatten öfters miteinander zu tun ... manche Leute hinterlassen bei anderen tiefere Spuren als umgekehrt :-).