@KonradTönz1 Na ja, wie das so ist, in den empirischen Sozialwissenschaften. Du erhebst eine Reihe von Faktoren und schaust dann, welchen Einfluss sie auf das Ergebnis haben und wie groß der ist. Im Zusammenhang mit Suizidalität, was aus naheliegenden Gründen aber ein schwieriges Forschungsfeld darstellt, hat sich halt gezeigt, dass von Suiziden im Nahumfeld ein Risiko für weitere Suizide ausgeht. Für die konkurrierende Hypothese - Abschreckung - gibt es hingegen keinen Beleg. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom "Werther"-Effekt.
Prominent in Deutschland ist in diesem Zusammenhang auch die Serie "Tod eines Schülers". Vielleicht kennt die ja noch jemand? Wie der Name schon nahelegt, geht es hier um den Suizid eines Schülers und angeblich sei nach Ausstrahlung der Serie die Suizidrate bei 15-19 Jährigen um 175% angestiegen. Dies ließ sich dann aber in weiteren Untersuchungen so nicht bestätigen. Ist eben ein komplexes Feld.
KonradTönz1 schrieb:Was aber, wenn der abschreckende Effekt größer wäre als der begünstigende? Dann müsste man gerade ausführlich über jeden einzelnen Selbstmord berichten.
Das stimmt natürlich, aber dann müsste man ja auch fallende Suizidraten finden. Das ist aber bei so Globalereignissen wie Fernsehberichterstattungen immer schwierig nachzuweisen. Wie Du ja selbst richtig sagst, ist da eine solche Vielzahl an konfundierenden Variablen denkbar, die lassen sich einfach nicht alle kontrollieren.
Dennoch ist es ein sehr stabiles Forschungsergebnis, dass es bei Suiziden und Suizidversuchen überdurchschnittlich häufig zuvor erfolgreiche Suizide im Nahumfeld gegeben hat. Man erklärt dies heute damit, dass die Person tatsächlich so etwas wie eine "Suizidfähigkeit" besitzen muss, mit dem sie den natürlichen Selbsterhaltungstrieb überwinden kann. Theoretisch wäre dann quasi ein "Lernen-am-Modell" anzunehmen.
Wichtig ist aber zu betonen, dass der Nachahmungseffekt aber eben auf Suizide im NAHumfeld zurückgeht und eben nicht unbedingt auf Fernsehserien. Sicherheitshalber sollte man sich aber bei der Darstellung von Suiziden eher zurückhalten, denke ich.