Der Fall Angerstein - Haigerer tötet acht Menschen
20.11.2011 um 21:08
Diese Vernehmung dauerte etwa dreieinhalb Stunden .
Nun weiter im Untersuchungsbericht vom 13. Januar 1925 :
Zunächst wurden dem Angeschuldigten folgende Asservate gezeigt:
Der im Schutt im Hofe des Hauses gefundene verrostete Revolver .
Er erklärte : „ Diesen Revolver kenne ich nicht, ich habe ihn nie in der Hand gehabt . Wenn er im Schutt gefunden (worden) ist, so kann er nur meinem gefallenen Bruder Karl gehören . Er hatte nämlich seine Sachen noch immer bei mir in einer Kiste auf dem Mansardenstock stehen . Ich nehme an, dass darin der Revolver war .
Für die Mordtaten habe ich den Revolver nicht verwandt .“
Der Revolver ohne Rahmen in der Ledertasche (aus dem Werksschreibtisch) : „ Dieser Revolver gehört mir . Er lag im Kassenschrank . Es war ein Rahmen drin und noch zwei Rahmen dabei .“
Das Futteral des Hirschfängers : „Dieses gehört mir auch . Der Hirschfänger lag nebst Futteral im Schreibtisch in meinem Herrenzimmer und nicht im Schlafzimmer bei der Jagdausrüstung .“
Die Benzinkanne : „ Diese Kanne gehört mir . Sie stand in der Waschküche . Von dort habe ich sie geholt und in dem Raum, in dem das Benzin – oder Benzolfaß lag, einmal gefüllt und den Inhalt in meiner Privatwohnung und auf dem Speicher ausgeschüttet . Dass ich auch in den Büroräumen Benzin ausgeschüttet und (auch) die Leichen damit begossen hätte, weiß ich nicht . Es ist möglich, dass die Leichen beim wahllosen Ausgießen auch etwas abbekommen haben .“
Der Beschuldigte wurde aufgefordert, die Taten im einzelnen zu schildern und zwar ab Sonntag Abend .
Er erklärte : ' Ich habe in der Nacht von Sonntag, dem 30.11. , zum Montag, dem 1.12. , zum ersten Male den Entschluss gefasst, meine Frau zu töten . Es war dies wohl nachts 2 – 3 Uhr . Es kann auch schon (um) 12 Uhr gewesen sein oder auch später ; jedenfalls war es noch völlige Nacht . Alsdann wollte ich mich selbst töten . Ich habe meiner Frau von diesem Plan vorher nichts gesagt . Ehe ich zu diesem Entschluss kam, hatte ich noch, weil meine Frau so litt, die Mutter heruntergeholt, um selbst fortzugehen und den Arzt zu holen . Meine Frau litt dies aber nicht, weil ich selbst krank war, und so ging die Mutter wieder nach oben, nachdem sie fast eine Stunde unten gewesen war . Dann bekam meine Frau das Brechen und fürchterliche Schmerzen im Leib . Ich faste nun den obigen Vorsatz, weil ich ihr Leiden nicht länger mitansehen konnte und auch selbst wegen meiner Tuberkulose nicht länger leben wollte . Ich ging ins Herrenzimmer und holte aus dem Schreibtisch den Revolver . Damit ging ich ins Schlafzimmer zu meiner Frau, die im Bett lag . Ich hielt ihn ihr an die Stirn und drückte ab . Er ging aber nicht los . Ich wusste, dass er geladen war, überzeugt habe ich mich nicht noch mal . Meine Frau rang nun mit mir, entriss mir (den Revolver) und nahm ihn unter sich ins Bett . Bei alledem sagte meine Frau aber nichts, sondern fiel ermattet ins Bett zurück . Ich ging nun wieder ins Herrenzimmer und holte den Hirschfänger, ging ans Bett meiner Frau und erstach sie . Ich habe (aber) erst auf sie eingestochen, als sie, die zunächst wie leblos im Bett gelegen hatte, plötzlich die Augen aufschlug . Sie sagte während des Stechens : „ Vater, vergib ihm“, „Fritz vergib mir“ und „Sein eigenes Weib“ . Sie starb gleich . Ich holte den Revolver aus ihrem Bett unter ihr hervor, hielt ihn mir an die Stirn und drückte ab … Er ging aber wieder nicht los . Dann bin ich ins Büro gegangen und habe sowohl mit dem Revolver im Kassenschrank, der mit soeben vorgezeigt (worden ist) , wie mit dem Revolver im Werksschreibtisch, der ganz ähnlich ist, mich zu erschießen versucht, sie an meine Stirn gehalten und abgedrückt, aber vergebens . Sie waren beide geladen, wenigstens was der Rahmen drin, und ich habe nachher, als ich aus dem Revolver im Werksschreibtisch den Rahmen nahm und aus dem Revolver im Kassenschrank (den) Rahmen in den ersten Revolver einführte, gesehen, dass in beiden Rahmen Patronen waren . Ich habe mit dem ersten Revolver nochmals abgedrückt, aber wieder vergebens . Als dies misslungen war, bin ich in den Keller gelaufen und suchte dort etwas, womit ich mich umbringen konnte . Ich hatte gerade das Beil in der Hand, um mich damit umzubringen, wie, kann ich nicht sagen, da hörte ich die Schwiegermutter oben schreien und stürzte nach oben . Sie kam mir im Flur entgegen, lief dann aber wieder zum Schlafzimmer zurück, ich hinter ihr her . Das Beil hatte ich in der Hand behalten, eine Absicht hatte ich nicht dabei. Als sie sich im Schlafzimmer gerade nach mir herumdrehte, fasste ich das Beil mit beiden Händen und schlug es ihr auf den Kopf . Sie stürzte auf den ersten Schlag hin . Ich habe dann noch mehrere Male im Liegen mit dem Beil auf sie geschlagen . Ich habe dies alles getan weil mir vor Augen stand, was sie meiner Frau getan hatte … '
Auf Vorhalt, dass die Ärzte festgestellt hätten, dass seine Frau auch am Kopf einen Beilhieb habe : 'Das war, nachdem ich das Mädchen umgebracht hatte . Da habe ich meiner Frau im Bette mit der Axt noch eins auf den Kopf geschlagen . Ich glaubte, sie lebte vielleicht noch, sie hat sich allerdings nicht vorher geregt . Nun kam die Minna herunter . Als sie mitten im Flur unserer Wohnung war, kam ich ihr mit der blutigen Axt in der rechten Hand und einem kleinen Küchenlämpchen in der linken Hand entgegen . Ich wollte sie auch erschlagen und lief deshalb hinter ihr die Treppe herauf . Oben fasste ich sie im (Gang) mit der rechten Hand, in der ich das Beil hatte, kurz an den Kleidern, sie stürzte aber nach links in den Speicher . An der Tür dorthin habe ich sie dann durch einen Schlag mit dem Beil auf den Kopf niedergeschlagen und dann noch mehrmals im Liegen mit dem Beil auf ihren Kopf geschlagen . Dabei hielt ich mit der linken Hand die Lampe . Als ich ihr den ersten Schlag versetzt hatte und sie hingefallen war, stellte ich das Lämpchen auf den Fußboden, fasste das Beil mit beiden Händen und schlug noch mehrmals auf sie ein , Dann nahm ich das brennende Lämpchen wieder mit herunter . '
Nach Vorzeigen der Bilder der ermordeten Frau und Schwiegermutter :
' Dies ist meine Frau und meine Schwiegermutter . Ich weiß genau, dass ich, als ich meine Frau erstach, von der rechten Seite an ihr Bett getreten bin und auf sie eingestochen habe von rechts, während sie auf der linken Körperseite lag, und zwar habe ich sie in die rechte Seite und auch vielleicht in den Rücken gestochen . '
Nach Vorhalt, dass die Stiche alle links säßen : 'Vielleicht sind sie durch und durch gegangen . '
Auf den Vorhalt, dass dies nach dem ärztlichen Befund nicht der Fall sei, schweigt der Angeschuldigte . Auf weiteren Vorhalt, ob er seine Frau nicht heimlich im Bett liegend von seinem Bett aus und zwar von links erstochen habe : ' Das habe ich nicht getan . Sie hat doch quer im Bett gelegen, dass müssen die Ärzte doch festgestellt haben .
Ich habe meiner Schwiegermutter keine Stiche durch den Hirschfänger begeibracht . '
Nach Vorhalt seiner früheren Angaben, dass er uns seine Frau beschlossen hätten, zusammen zu sterben : 'Das muss eine falsche Auffassung der Vernehmung sein . '
Nach Vorhalt : 'Ich habe nicht sagen wollen, dass ich meine Frau von unserem Plan verständigt hätte . ' (!)
Nach weiterem Vorhalt : 'Ich habe damals auch nichts anderes angegeben wie heute . Ich habe mich mit dem Hirschfänger nicht umgebracht, weil ich mich nicht für würdig hielt, mich mit demselben Hirschfänger umzubringen, mit dem ich meine Frau umgebracht habe .'
(Dieser Satz ist im Protokoll mit einem Ausrufezeichen versehen . )
Nach Vorhalt seiner früheren Angaben über sein Zusammentreffen mit der Schwiegermutter : ' Das sind keine anderen Angaben . Wenn ich die Wahrheit sagen soll, so muss ich alles ganz genau noch einmal erzählen .'
Auf Vorhalt, dass er doch eben alles erzählt habe : ' Dann brauchen Sie mich auch nicht mehr zu fragen . Ich habe das Dienstmädchen umgebracht, weil als ich sie sah der ganze Zorn über mich kam, was sie meiner Frau alles angetan hatte . Ich bin dann, nachdem ich die Minna umgebracht hatte, zusammengebrochen und wachte erst wieder auf, als der Schnautz kurz vor oder nach 8 Uhr an die Hintertür kam, um die Asche zu holen . Dann bin ich wieder nach oben gegangen …
Da hörte ich unten jemand an der vorderen Haustür, ich ging (hinunter) und machte auf, es war K. Ich schickte ihn gleich los, um Brötchen zu holen . Geld habe ich ihm nicht mitgegeben . Als er fort … und ich wieder oben in der Wohnung was, stand auf einmal G. im Flur … Ich nahm an, dass er sich wie jeden Morgen Kaffee holen wollte und ging deshalb mit ihm nach der Küche . Als ich sah, dass die Kaffeekanne nicht dort war, fiel mir ein, dass ich sie im Schlafzimmer hatte . Ich ging dorthin, und
G. kam hinter mir her . Ich sah ihn wenigstens ganz plötzlich hinter mir, als ich gerade die Schlafzimmertür aufgemacht hatte . Ich sag an seinem entsetztem Gesicht, dass er die Leichen gesehen hatte . Ich zog ihn nun mit mir nach der Küche . Ich gab ihm einen Stoß, er fiel dabei lang auf die Seite, und ich schlug mit dem Beil auf seinen Kopf . Das Beil stand unmittelbar neben der Tür am Herd, so dass ich es greifen konnte . Ich war selbst noch kurz vorher im Korridor ausgerutscht auf dem Läufer und in die Küche gefallen, hatte mich aber wieder aufgerafft . Das Beil hatte ich vorher in der Küche abgewaschen und dorthin gestellt . '
Auf die Frage, warum : ' Ja, warum – ich habe das Beil nicht vorher hingestellt, um G. umzubringen . '
Auf Vorhalt : ' Ich habe G. nicht von der Hintertür mit zur Küche hinaufgenommen . Ob G. vorher schon im Hause war, wei ich nicht . Ich wusste auch nicht, woher G. genau kam . Ich habe ihm nicht aufgelauert . Ich hatte keinen Grund, den G. umzubringen . Nun kam Di.
Ich schlug noch gerade auf G. ein, da sah ich plötzlich im Flur Di. stehen . Ich stand in der offenen Küchentür . Ich drehte mich nun mit dem Beil in der Hand um und stürzte auf Di. los . Er wich einen Schritt zurück, und ich schlug ihm mit dem Beil auf den Kopf, so dass er in das Herrenzimmer durch die offene Tür stürzte . Ich habe im Liegen mit dem Beil noch mehrfach auf ihn eingeschlagen, ebenso wie ich das bei G. getan habe . Er war beim Zurückweichen noch in das Zimmer getreten . Ich nehme an , dass er durch das Stöhnen des G. nach oben gekommen ist . Geschrien hatte er nicht . '
Nach Vorhalt seiner anderen Angaben : ' Wenn man das ganz haarscharf nimmt, stimmt das doch . Ich habe gar keinen Grund gehabt . Ich habe auch bei ihm wieder in dem Augenblicke, als ich ihn niederschlug, daran gedacht, was er meiner Frau getan (hatte) . Wenn meine Frau im Büro über ihre Krankheit klagte, dann hat er immer so dünn gelacht . Ich sehe heute allerdings, dass es gar keine Gründe sind . Ich habe Di. nicht umgebracht um ihn als Zeugen wegen meiner Unterschlagungen zu beseitigen . Er kann davon gar nichts gemerkt haben . Als ich gerade mit Di. fertig geworden war , hörte ich jemanden an der Korridortüre und ging auf den Gang . Er war schon durch die geöffnete Tür hereingekommen . Dies war K. Ich hatte das Beil noch in der Hand . Wir rangen auf dem Flur miteinander, er rutschte aus . Ich habe ihn dann in das Esszimmer gedrängt, das heißt, er wich vor mir zurück in die offenstehende Tür des Esszimmers . Dort habe ich ihn mit dem Beil von vorn auf den Kopf geschlagen und ihm im Liegen noch mehrere Schläge versetzt . Geschrien hat er nicht . '
Nach Vorhalt : ' Auch das muss eine falsche Auffassung sein, oder ich bin früher nicht genau genug gefragt worden . - Ich hatte keinen Grund, den K. umzubringen . Ich weiß nicht mehr, was ich früher für einen Grund angegeben habe. '
Nach Vorhalt : ' Was ich früher angegeben habe, habe ich gar nicht als Grund für die Tat angeben wollen . Ich habe auch K. nicht umgebracht, weil er über die Unterschlagungen hätte etwas verraten können . Ebenso habe ich auch Nix nicht umbringen wollen . Wenn Nix allerdings an diesem Tage dazu gekommen wäre, so hätte er mich entweder überweltigt, oder ich ihn . Es wäre jedem so gegangen, der nach oben kam . Nun kam meine Schwägerin Ella – es mag 9 Uhr gewesen sein – ins Haus und ging nach oben . Ich hörte sie hinaufgehen . Dann hörte ich sie oben nach der Minna rufen . Ich ging (hinauf) mit dem Beil in der Hand . Dieses hatte ich noch vom Niederschlagen des K. In der Hand . Sie war gerade in das Badezimmer gegangen, um nach der Minna zu sehen, drehte sich, als ich durch die Tür nach der Treppe zu hereinkam, nach mir um und sagte : 'Fritz, wo ist denn die Minna ?' Ich antwortete nicht, sondern schlug sie sofort von vorn mit dem Beil auf den Kopf . Ich habe mit beiden Händen zugefasst . Sie stürzte sofort hin , und ich habe noch mehrmals auf sie eingeschlagen, gestochen habe ich sie nicht, auch nicht hinterher .'
Nach Vorzeigen des Bildes der Ella : ' Der Hieb in der Stirn kann der erste Hieb sein, vielleicht auch der zweite, gestochen habe ich sie nicht . Ich sah dabei auch vor mir, dass sie schlecht zu meiner Frau war . Da. Habe ich zwischen 11 und 12 Uhr umgebracht . Ich war gerade an der Speisekammer eine halbe Treppe über unserer Wohnung, um mir etwas zu Essen zu holen . Da kam Da. die Treppe herauf und sagte mir, er wollte für ein Mistbeet, das er anlegen wollte, Strohdecken vom Speicher holen die ich dort liegen hatte . Ich ging mit ihm nach oben und hinten zum Speicher . Dabei sah er das Dienstmädchen liegen und drehte sich ganz entsetzt nach mir um . Ich kam mit ihm ins Ringen oder richtiger, er wich vor mir zurück, und ich schlug ihm mit dem Beil auf den Kopf . Das Beil stand von dem Niederschlagen der Ella noch an der Tür am Badezimmer . Ich war auch vor ihm zurückgewichen und als ich bis vorne an das Badezimmer kam, sah ich das Beil stehen und griff danach . Ich habe das Beil nicht schon beim Vorbeigehen als Waffe an mich genommen . Ich habe mir den Da. auch nicht oben auf den Speicher bestellt . Ich habe noch, als er lag, auf ihn geschlagen . Ich habe blindlings drauflos geschlagen . Er ist auch in die offenstehende Tür des Schlafzimmer der Ella zurückgewichen und dort hingestürzt . Den Hund habe ich im Keller erschlagen, als ich abends aus der Stadt zurückkam . Ich hatte keinen Grund, Da. zu erschlagen . Ich habe allerdings in dem Moment das gesehen, was er meiner Frau Schlechtes angetan hatte, bei Da. Dass er ihr nicht das besorgt hatte, was sie wollte . Als ich vorher gefragt (worden) bin, ob ich mich später einmal an meiner Frau vergriffen hätte, habe ich das so aufgefasst, als wenn ich mich geschlechtlich an ihr vergriffen hätte . '