Herbstschnee schrieb:Genau, der Polizei werden diese ganzen Informationen ja auch vorliegen. Und trotzdem hat die Polizei noch nie die Eltern und Verwandte/Bekannte verdächtig, obwohl dort ausgiebig mit Hausdurchsuchungen und alles durchsucht wird. Lediglich bei der Aussage der Polizei, dass es wahrscheinlich keine Entführung war, frag ich mich was die Polizei sonst favorisiert? Ein Unfall im Wald und Summer wurde noch nixht und gefunden. Solche Fälle gab es schon, dass trotz intensiver Suche der Tote erst viel später an der Stelle gefunden wurde.
Bleiben wir mal bei den bekannten Fakten und bei dem, was offensichtlich nicht bekannt ist bzw. vorliegt. Die Polizei sagt klar, dass sich während der ganzen Ermittlungen kein Indiz gezeigt hat, das klar auf eine Entführung weist. Wobei wir hier mit dem Begriff "Entführung" vorsichtig sein müssen, denn es stehen zwei Entführungen im Raum:
1) Eine Entführung aus dem Haus (Keller) heraus - das ist die, von welcher die Eltern gesprochen haben. Die Ermittlungen zeigen keinerlei Anzeichen. Auch aus anderen schon genannten Gründen ist dies die unwahrscheinlichste "Entführung"
2) Eine Entführung, nachdem Summer das Haus (freiwillig) verlassen hat. Einzig bekanntes Indiz wäre der abrupte Abbruch der "Hundespur" an der Strasse. Mit anderen Worten: dass sie an der Strasse in einem Auto entführt worden wäre. Auch würde die behauptete Sichtung von ihr, wie sie draussen herumläuft, eher dafür sprechen, als für eine Entführung aus dem Keller. Die Polizei hat aber keine weiteren Indizien dafür, ausser der sehr vagen Sichtung des "verdächtigen" roten Pickups. Die Polizei scheint daher auch eine solche Entführung nicht sonderlich wahrscheinlich zu finden.
Dann gibt es noch das dritte Szenario, dass sie freiwillig so weit weggelaufen ist, dass man sie trotz aller Suchmassnahmen nicht gefunden hat. Das ist sicherlich möglich, aber auch hier sprechen einige Erfahrungswerte dagegen: einmal dass sie angeblich barfuss sein soll, und zum anderen, dass selbst wenn ihr das barfuss Laufen nichts ausmacht, ein 5-jähriges Mädel eben nur eine beschränkte Distanz innerhalb der Zeit zwischen Suchmassnahme und Verschwinden bewältigen kann (vergleiche mit der Diskussion im Inga G. thread). Ausserdem eben die Tatsache, dass man sie trotz der Massnahmen nicht gefunden hat.
Mir scheint, die Polizei tendiert zu dieser Annahme. Immer wieder wird betont, dass sie doch einfach weggelaufen sein könnte.
Schliesst man nun alle drei Szenarien als wenig wahrscheinlich aus, was bleibt dann?
Nur, dass der Fall komplett anders ist, und das impliziert freilich, dass an den Grundinformationen der Eltern etwas nicht stimmt und diese somit verdächtig sind. Aber in dieser Hinsicht sagt die Polizei ebenfalls nichts. Zwar mag das Familienleben dort nicht ideal gewesen sein, aber es gibt offensichtlich keinerlei Indizien, die direkt darauf hinweisen, dass hier die Eltern in irgendeiner Weise am Verschwinden von Summer beteiligt sind.
Ja, die Familie ist vermutlich keine Vorzeigefamilie. Aber erfahrene Ermittler würden wohl, wie diese hier in diesem Fall, ohne weitere Indizien extrem vorsichtig sein, sich auf solch ein Szenario zu stürzen.
Dass die anderen Kinder später(!) vom Jugendamt aus der Familie genommen wurden, wird offiziell nicht begründet und schon gar nicht mit Dingen, die vor dem Verschwinden Summers vorgefallen sind. Der Vater sagt in einem Interview (oben in den Artikeln erwähnt), dass die psychische Belastung durch das Verschwinden so extrem war, dass das Familienleben fundamental belastet wurde. Er hat offensichtlich eine Neigung zum Alkoholkonsum, was ihn auch in strafrechtliche Probleme brachte. Vergleichbare Fälle, unter anderem wieder der Fall Inga G., haben leider oft gezeigt, dass eine Familie, eine Ehe usw. unter dieser Belastung des Verlusts eines Kindes zerbrochen ist.
Meiner Ansicht nach kann das in jeder Familie passieren, es ist aber eben kein Indiz, dass irgendjemand aus der Familie an dem Verschwinden beteiligt oder Schuld ist.
Dagegen steht der Reflex Mancher, die von so einem Fall hören, sofort darauf zu schliessen, dass hier also Ursache und Schuld am Verschwinden in der Familie zu suchen sind. Das ist der gleiche Reflex, der beim Verschwinden einer Ehefrau sehr oft sofort den Ehemann verdächtigt. Oft sicherlich zu Recht, aber eben auf keinen Fall immer.
Und die Polizei hat in diesem Fall offensichtlich diesem Reflex nicht nachgegeben! Sie haben freilich umfangreich ermittelt, Spuren im und um das Haus gesucht, den Familienhintergrund untersucht und so weiter und so weiter, wie die Ermittler selbst gesagt haben, aber eben nichts gefunden, was einen solchen Tatverdacht begründet.
Aber auch das haben wir schon in einem bekannten anderen Fall erlebt: bei Madelaine McCann. Für manche stand da auch schnell fest, dass die Eltern involviert sein müssen. Dort hat selbst die Polizei eine Zeit lang diese These vertreten - um dann zuzugeben, dass es absolut keine Beweise dafür gibt.
Fazit: Opfer eines Unglücks oder gar eines Verbrechens zu werden kann auch Menschen passieren, die vielleicht vorher und nachher nicht den idealen Lebenslauf haben. Das macht sie aber nicht zu Schuldigen.
In diesem Fall ist leider weiterhin alles offen. Das ist das nicht sonderlich hoffnungsvolle Resume der Ermittler nach fast einem Jahr.