Menedemos
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Der mysteriöse Tod des Radrennfahrers Ottavio Bottecchia
31.10.2019 um 22:57Bei der Suche nach einem neuen Fahrrad bin ich zufällig auf den Fall Ottavio Bottecchia gestoßen:
Zugegeben ist die Angelegenheit schon ein paar Tage her, aber das stört leidenschaftliche Ermittler ja nicht und Mord verjährt ja bekanntlich auch nicht ...
Bottecchia, geboren 1894, war der erste große Radrennstar Italiens, als erster Italiener hat er zwei Mal die Tour de France gewonnen (1924 und 1925). Außerdem war er Mitbegründer und Namensgeber des Fahradherstellers Bottecchia, den es heute noch gibt.
Allerdings war sein junges Leben am 15.6.1927 bereits zu Ende. Wenige Tage zuvor, am 3.6.1927, hatte man ihn beim Dorf Peonis im Friaul, unweit seines Wohnorts, schwer verletzt (Schädelbruch) am Straßenrand gefunden, sein Fahrrad lag neben ihm. Er wurde ins Krankenhaus gebracht, konnte aber außer dem Wort "Krankheit" nichts mehr artikulieren.
Er war morgens in Clauzetto gestartet und wollte eigentlich binnen 3 Stunden wieder zurück sein. Ursprünglich wollte er mit Freunden zusammen radeln, aber die hatten alle keine Zeit, so ging er alleine auf Tour.
Offiziell starb er an einem Hitzschlag, der (so habe ich die Quellen jedenfalls interpretiert) zum Sturz und zur Kopfverletzung geführt haben soll. Doch offenbar hatte schon die damalige Polizei an dieser Erklärung gezweifelt, die faschistischen Behörden drängten aber die Polizei, die Ermittlungen abzuschließen. Auch seine Witwe war damit einverstanden, da bei einem gewaltsamen Tod seine Lebensversicherung nicht ausbezahlt worden wäre (https://www.cyclingnews.com/features/cyclings-murder-mysteries/). Es soll in diesen Tagen zwar sehr heiß gewesen sein, allerdings fand man ihn bereits um 10 Uhr am Morgen und als Spitzensportler dürfte er auch an Strapazen gewöhnt gewesen sein.
Ein Verkehrsunfall (zumal mit anderen Beteiligten) wird praktisch ausgeschlossen, da in diesem Fall auch das Rad irgendwie beschädigt worden wäre (was nicht der Fall war).
Neben dem Schädelbruch hatte der Verletzte auch noch einen Schlüsselbeinbruch und eine gebrochene Rippe. Gerade der Schlüsselbeinbruch könnte tatsächlich auf einen Sturz hindeuten, die Schädelfraktur war aber für einen Radunfall nicht so typisch.
Ein Gewaltverbrechen erscheint daher plausibel. Allerdings haben wir in diesem Fall statt zu wenige eher zu viele Verdächtige: Gleich zwei Männer bezichtigten sich völlig unabhängig voneinander jeweils auf ihrem Sterbebett des Verbrechens:
Ein Sarde, der später nach New York ausgewandert ist, behauptete in seinen letzten Zügen, er habe von einer Wettmafia den Auftrag erhalten, Bottecchia zu ermorden. Dieser hat auch den Namen seines angeblichen Auftraggebers genannt, diese Person konnte aber nie identifiziert werden.
Außerdem behauptete ein Bauer viele Jahre nach dem Vorfall auf dem Totenbett, er habe einen Mann in seinem Weinberg erwischt, der sich an seinen Trauben schadlos hielt. Voller Wut habe er einen schweren Stein in dessen Richtung geworfen, angeblich habe er ihn nicht treffen wollen. Er habe ihn aber eben doch getroffen und beim Näherkommen sah er erst, wen er so schwer verletzt hat, nämlich den auch ihm bekannten Sportler. Er habe darauf den Verletzten zur Straße geschleppt und das Weite gesucht. Es wurde aber öfters darauf hingewiesen, dass zu dieser Jahreszeit die Trauben noch gar nicht reif seien.
Eine dritte Theorie rückt die regierenden Faschisten ins Zwielicht: Bottecchia soll sich häufig recht kritisch über Mussolini und seine Mannen geäußert haben und war bei diesen nicht beliebt. Zu seinem Begräbnis trauten sich daher kaum italienische Sportler hingehen (im Gegensatz zu ausländischen Sportskameraden). Außerdem soll Ottavio Bottecchia Streit mit einem führenden Faschisten gehabt haben, mit Franco Marinotti, der Trauzeuge Mussolinis war. Ein Auto aus dem Fuhrpark Marinottis hatte wenige Wochen zuvor (22.5.1927) Ottavios Bruder, Giovanni Bottecchia totgefahren. Ottavio forderte Tage vor seinem eigenen Unfall Entschädigung von Marinotti, er war aber mit der angebotenen Summe nicht einverstanden und soll diesen beleidigt haben. Es wird berichtet, dass es wenige Kilometer vorher, in Cornino, zu einem Überfall von Faschisten auf den Rennfahrer gekommen sei, dieser sei danach verwundet weitergefahren. Allerdings sind mir für diese Auseinandersetzung die Quellen etwas schleierhaft.
Es werden sich sicherlich einige Quellen im Netz zu dem zumindest in Italien bekannten Fall finden lassen, hier mal ein Anfang (man muss oft ein bisschen Italienisch können oder den Google-Translator aktivieren):
Wikipedia: Ottavio Bottecchia
Wikipedia: Ottavio Bottecchia
Wikipedia: Ottavio Bottecchia
Wikipedia: Ottavio Bottecchia
https://www.repubblica.it/venerdi/articoli/2017/06/22/news/ottavio_bottecchia-168833489/?refresh_ce
https://www.cyclingnews.com/features/cyclings-murder-mysteries/
http://www.museociclismo.it/content/articoli/1138-La-morte-di-Ottavio-Bottecchia/index.html
Es gäbe noch weit mehr Quellen (sogar ganze Bücher), ich kann aber nicht alles auflisten und andere dürfen auch noch was recherchieren...
Zugegeben ist die Angelegenheit schon ein paar Tage her, aber das stört leidenschaftliche Ermittler ja nicht und Mord verjährt ja bekanntlich auch nicht ...
Bottecchia, geboren 1894, war der erste große Radrennstar Italiens, als erster Italiener hat er zwei Mal die Tour de France gewonnen (1924 und 1925). Außerdem war er Mitbegründer und Namensgeber des Fahradherstellers Bottecchia, den es heute noch gibt.
Allerdings war sein junges Leben am 15.6.1927 bereits zu Ende. Wenige Tage zuvor, am 3.6.1927, hatte man ihn beim Dorf Peonis im Friaul, unweit seines Wohnorts, schwer verletzt (Schädelbruch) am Straßenrand gefunden, sein Fahrrad lag neben ihm. Er wurde ins Krankenhaus gebracht, konnte aber außer dem Wort "Krankheit" nichts mehr artikulieren.
Er war morgens in Clauzetto gestartet und wollte eigentlich binnen 3 Stunden wieder zurück sein. Ursprünglich wollte er mit Freunden zusammen radeln, aber die hatten alle keine Zeit, so ging er alleine auf Tour.
Offiziell starb er an einem Hitzschlag, der (so habe ich die Quellen jedenfalls interpretiert) zum Sturz und zur Kopfverletzung geführt haben soll. Doch offenbar hatte schon die damalige Polizei an dieser Erklärung gezweifelt, die faschistischen Behörden drängten aber die Polizei, die Ermittlungen abzuschließen. Auch seine Witwe war damit einverstanden, da bei einem gewaltsamen Tod seine Lebensversicherung nicht ausbezahlt worden wäre (https://www.cyclingnews.com/features/cyclings-murder-mysteries/). Es soll in diesen Tagen zwar sehr heiß gewesen sein, allerdings fand man ihn bereits um 10 Uhr am Morgen und als Spitzensportler dürfte er auch an Strapazen gewöhnt gewesen sein.
Ein Verkehrsunfall (zumal mit anderen Beteiligten) wird praktisch ausgeschlossen, da in diesem Fall auch das Rad irgendwie beschädigt worden wäre (was nicht der Fall war).
Neben dem Schädelbruch hatte der Verletzte auch noch einen Schlüsselbeinbruch und eine gebrochene Rippe. Gerade der Schlüsselbeinbruch könnte tatsächlich auf einen Sturz hindeuten, die Schädelfraktur war aber für einen Radunfall nicht so typisch.
Ein Gewaltverbrechen erscheint daher plausibel. Allerdings haben wir in diesem Fall statt zu wenige eher zu viele Verdächtige: Gleich zwei Männer bezichtigten sich völlig unabhängig voneinander jeweils auf ihrem Sterbebett des Verbrechens:
Ein Sarde, der später nach New York ausgewandert ist, behauptete in seinen letzten Zügen, er habe von einer Wettmafia den Auftrag erhalten, Bottecchia zu ermorden. Dieser hat auch den Namen seines angeblichen Auftraggebers genannt, diese Person konnte aber nie identifiziert werden.
Außerdem behauptete ein Bauer viele Jahre nach dem Vorfall auf dem Totenbett, er habe einen Mann in seinem Weinberg erwischt, der sich an seinen Trauben schadlos hielt. Voller Wut habe er einen schweren Stein in dessen Richtung geworfen, angeblich habe er ihn nicht treffen wollen. Er habe ihn aber eben doch getroffen und beim Näherkommen sah er erst, wen er so schwer verletzt hat, nämlich den auch ihm bekannten Sportler. Er habe darauf den Verletzten zur Straße geschleppt und das Weite gesucht. Es wurde aber öfters darauf hingewiesen, dass zu dieser Jahreszeit die Trauben noch gar nicht reif seien.
Eine dritte Theorie rückt die regierenden Faschisten ins Zwielicht: Bottecchia soll sich häufig recht kritisch über Mussolini und seine Mannen geäußert haben und war bei diesen nicht beliebt. Zu seinem Begräbnis trauten sich daher kaum italienische Sportler hingehen (im Gegensatz zu ausländischen Sportskameraden). Außerdem soll Ottavio Bottecchia Streit mit einem führenden Faschisten gehabt haben, mit Franco Marinotti, der Trauzeuge Mussolinis war. Ein Auto aus dem Fuhrpark Marinottis hatte wenige Wochen zuvor (22.5.1927) Ottavios Bruder, Giovanni Bottecchia totgefahren. Ottavio forderte Tage vor seinem eigenen Unfall Entschädigung von Marinotti, er war aber mit der angebotenen Summe nicht einverstanden und soll diesen beleidigt haben. Es wird berichtet, dass es wenige Kilometer vorher, in Cornino, zu einem Überfall von Faschisten auf den Rennfahrer gekommen sei, dieser sei danach verwundet weitergefahren. Allerdings sind mir für diese Auseinandersetzung die Quellen etwas schleierhaft.
Es werden sich sicherlich einige Quellen im Netz zu dem zumindest in Italien bekannten Fall finden lassen, hier mal ein Anfang (man muss oft ein bisschen Italienisch können oder den Google-Translator aktivieren):
Wikipedia: Ottavio Bottecchia
Wikipedia: Ottavio Bottecchia
Wikipedia: Ottavio Bottecchia
Wikipedia: Ottavio Bottecchia
https://www.repubblica.it/venerdi/articoli/2017/06/22/news/ottavio_bottecchia-168833489/?refresh_ce
https://www.cyclingnews.com/features/cyclings-murder-mysteries/
http://www.museociclismo.it/content/articoli/1138-La-morte-di-Ottavio-Bottecchia/index.html
Es gäbe noch weit mehr Quellen (sogar ganze Bücher), ich kann aber nicht alles auflisten und andere dürfen auch noch was recherchieren...