Segler vermisst

Ich habe einen Fall aus meiner Heimat:

http://www.kn-online.de/News/Nachrichten-aus-Ostholstein/Suchaktion-Segler-in-der-Neustaedter-Bucht-vermisst (Archiv-Version vom 12.09.2016)
11.09.2016:
Mit einem Großaufgebot suchen seit den Morgenstunden Einsatzkräfte in der Neustädter Bucht nach der Besatzung einer Segelyacht. Das etwa neun Meter lange Boot war am Morgen gegen 8.30 Uhr durch eine andere Sportbootbesatzung in der Bucht treibend entdeckt worden.

Eine Spur zur Besatzung der in der Neustädter Bucht herumtreibenden Segelyacht fehlt bislang. Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) schickte den Kreuzer „Hans Hackmack“ aus Grömitz und die Rettungsboote „Henrich Wuppesahl“ (Neustadt) sowie „Hans Ingwersen“ (Travemünde) in das Gebiet.

Der Suchformation schlossen sich auch das Polizeiboot „Fehmarn“ der Wasserschutzpolizei aus Heiligenhafen und das Einsatzboot „Altmark“ der Bundespolizei sowie das Mehrzweckschiff „Scharhörn“ des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Lübeck an.

Die Marine schickte zusätzlich einen Hubschrauber vom Typ „Sea King“ aus Nordholz zur Unterstützung aus der Luft. Außerdem beteiligte sich ein Spezialflugzeug zur Suche nach Ölverschmutzungen an dem Einsatz.

Die Einheiten bildeten eine Suchformation in dem Gebiet etwa vier Meilen nordöstlich von Timmendorfer Strand. „Bislang verlief die Suche aber leider erfolglos“, sagte Ralf Bauer, Sprecher der Seenotretter in Bremen. Die verlassene Segeljacht wurde eingeschleppt. Die Wasserschutzpolizei ermittelt derzeit die Hintergründe und versucht die Route des Bootes zu rekonstruieren. Die Suche wurde schließlich Sonntagmittag abgebrochen.
Offizielle Polizei-Meldung:

http://news.feed-reader.net/ots/3427129/pol-hl-oh_luebecker-bucht--segler/


Ist das überhaupt etwas für dieses Forum? ich finde den Fall jedenfalls spannend und er erinnert mich an den Film "Doppelmord".
Bisher wurde jedenfalls der Segler weder wohlbehalten noch tot aufgefunden, so dass es Raum für Spekulationen gibt.

Da ich am gesamten Wochenende selbst von Morgens bis Abends am Wasser in der Lübecker Bucht von Scharbeutz über Timmendorfer Strand bis Travemünde unterwegs war, kann ich noch folgende Fakten geben:
- selbst schon am frühen Morgen sehr, sehr viel Betrieb auf See, da es perfektes Strand- und Segelwetter war. Außerdem bereits ab 8 Uhr in Timmendorf sehr viele Leute am Strand, da dort die Beach-Volleyball-Meisterschaften stattgefunden haben.
- ruhige See und somit eher auszuschließen, dass es zur Havarie kommen konnte.
- es herrschte ablandiger Wind, d.h. ein Körper würde weiter aufs Meer hinaus getrieben werden

Zum Fall:
- die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Unfall ist, steht wohl an erster Stelle - also "Mann über Bord", warum auch immer.
- gesundheitliche Probleme eher unwahrscheinlich, da der vermisste gerade mal 32 Jahre alt ist.
- geplantes Absetzen á la "Doppelmord" (Film) - wäre spekulativ aber möglich. Mann geht über Bord, schwimmt an Land, mischt sich unters Volk und verschwindet.

Der Hubschrauber war jedenfalls Sonntag Morgen/ Vormittag bis zum frühen Nachmittag unentwegt am Kreisen und hat ein großes Gebiet abgesucht.

Was ich noch ergänzen möchte:

Der Motor des Schiffs lief, so war jedenfalls in einer anderen Meldung zu lesen. Also ein losreißen vom Anleger o.ä. fällt damit wohl weg:

http://www.hl-live.de/aktuell/textstart.php?id=109146

War der Bootseigner alleine an Bord oder waren da noch mehr Menschen an Bord?

Wenn der Motor des Bootes noch lief, wieso trieb das Boot dann?

@Sushi48 wenn kein gang eingelegt ist und das boot im leerlauf ist, tuckert es ja nur und kann somit treiben.

@Marmeladenglas
Das mit dem Gang leuchtet mir ein. Ist den etwas bekannt darüber, ob er alleine war? Wäre doch wichtig, ob man eine Person suchen muss oder mehrere.

Die Suche wurde ohne Erfolg abgebrochen. Es wird 1 Segler vermisst. Wahrscheinlich gab es einen Unfall.

http://www.abendblatt.de/hamburg/article208228441/Segler-vermisst-Suche-ohne-Erfolg-abgebrochen.html

In diesem Jahr sind ungewöhnlicher weise 425 Menschen ertrunken. Ich denke dass der Segler die Zahl erhöht hat.

Es ist gar nicht so selten, dass Alleinsegler über Bord gehen. Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung berichtet immer wieder über derartige Fälle. Hier zwei Beispiele:

http://www.bsu-bund.de/SharedDocs/pdf/DE/Unfallberichte/2009/UBericht_404_08-422_08.pdf?__blob=publicationFile&v=1

https://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article12089438/Die-verzweifelte-Suche-nach-Segler-Bodo-Rufenach.html

Fazit der BSU:

Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung hat in den letzten Jahren keine signifikante Häufung von Seeunfällen festgestellt, bei denen Einhandsegler betroffen waren. Während bei Schiffen mit mehr Besatzung außenbords gefallene Personen durch die Besatzung gerettet werden können, enden die Unfälle, bei denen Einhandsegler das Fahrzeug auf See unfreiwillig verlassen, fast immer tödlich. Das primäre Ziel ist, nicht über Bord zu gehen und das wird durch Tragen von Sicherheitsgurten und das Anleinen an Strecktaue verhindert. Zusätzlich sollte das Tragen von Rettungswesten nicht nur für Einhandsegler bei Schwerwettersituationen obligatorisch sein.

PS. Selbst erfahrenen Regattacrews gelingt es nicht immer, über Bord gegangene Personen zu retten. Trauriges Beispiel:

http://www.bsu-bund.de/SharedDocs/pdf/DE/Unfallberichte/2011/UBericht_286_09.pdf?__blob=publicationFile&v=1

@Egi
Bei den meisten geschilderten Unfällen ist es aber so, dass man wirklich auf dem offenen Meer die Segel gesetzt hatte und es dann zur Havarie gekommen ist. Diese Unfälle sind nachvollziehbar.
Aber hier liegt der Fall anders: Segel eingerollt, Motor lief, Yacht war in Küstennähe, ruhige See.

Und auch interessant in den Berichten ist, dass dort oftmals steht: "Da Augenzeugen fehlen, wird er endgültige Unfallhergang und die Ursache des Unfalls nicht abschließend zu klären sein."
Demnach kann auch nicht ausgeschlossen werden, das im Einzelfall evtl. ein gut geplanter Mord vorliegt oder der betreffende untergetaucht ist (im Sinne von neues Leben in Südamerika o.ä.).

Hier gibt es übrigens noch Infos zur Yacht, mit der der vermisste unterwegs war:

http://www.klassik-yachtcharter.de/yachten/calpurnia/index.html (Archiv-Version vom 16.09.2016)

Ich könnte mir vorstellen, er ist zum Schwimmen ins Wasser und dort mit einer giftigen Qualle in Berührung gekommen. Oder hat sich im Tang verheddert.

@Merlinde

Merlinde schrieb:Ich könnte mir vorstellen, er ist zum Schwimmen ins Wasser und dort mit einer giftigen Qualle in Berührung gekommen. Oder hat sich im Tang verheddert.

Ich bin jetzt kein Experte für Meeresfauna- und Flora, aber ich glaube nicht,
daß es in der Ostsee derart giftige Quallen gibt.

Und für im Tang zu verheddern dürfte es da vermutlich schon zu tief
gewesen sein.

In der Ostsee gibt es Ohrenquallen (harmlos) und Feuerquallen. Letztere können unangenehme Hautreizungen verursachen, wirklich giftig sind sie aber nicht.

An die Segler hier: Ist es üblich sich so eine Yacht allein zu "mieten"?

In der Nähe verlaufen viele Fährverbindungen ab Travemünde. Denkbar wäre, dass der Mann durch heftige Schwankungen, ausgelöst von Bug- oder Heckwelle eines in der Nähe vorbeifahrenden Schiffes, über Bord gefallen ist. Dazu müsste er allerdings gestanden haben, z.B. am Segel oder Mast hantierend.

Möglich ist hier natürlich fast alles - vom tragischen Unglücksfall über Suizid und Verbrechen bis zum geplanten "Untertauchen".

@E_M

Bin zwar kein Segler, sondern habe nur welche im Bekanntenkreis: Diese Bootsgröße mit reichlich acht Metern Länge ist problemlos allein bedienbar.

Ich kam auf die Idee mit den Quallen, da ich dies hier gelesen hatte.
http://www.ostsee.de/schon-gewusst/feuerqualle.html

Gefährlich sind die Feuerquallen nur für Menschen, die darauf allergisch reagieren.
Der Kontakt mit ihnen kann zur Bewusstlosigkeit führen.

War eben nur so eine Idee, die sich anbot.

@Merlinde
Also eigentlich leben die Feuerquallen in der Nordsee. Nur wenn die Windverhältnisse über eine längere Zeit es begünstigen, kann man vereinzelt auf Feuerquallen in der Ostsee treffen.
Das ist aber eher selten der Fall. Ich selbst habe das nur ein Mal in den letzten 40 Jahren Feuerquallen beim Schwimmen gesehen.
Derzeit gibt es keine - war gerade gestern noch schwimmen ;-).

E_M schrieb:An die Segler hier: Ist es üblich sich so eine Yacht allein zu "mieten"?

Als begeisterter Segler kann ich nur sagen: auf jeden Fall. Die meisten charters werden zwar vermutlich von Ehepaaren oder gar mehr als zwei Personen getätigt, aber es gar kein Problem für einen halbwegs erfahrenen Segler so ein Boot allein zu handhaben. Vor allem bei dem derzeitigen Wetter in der Neustädter Bucht.

Ich hatte früher mein Boot in Grossenbrode und bin häufig dort in der Bucht umhergesegelt, ein angenehmes Revier, sehr gut auch für Anfänger geeignet.

Ich kann mir allerdings vorstellen, dass ihn das schöne Wetter und das sehr leichte Revier zu Leichtsinn veranlasst haben. Wer Sicherheit ernst nimmt, sollte als Einhandsegler immer Lifebelt, lifeline und eventuell Rettungsweste tragen. Das wird allerdings oft nicht getan, da ja alles so friedlich erscheint und man ja nicht weit weg von anderen Menschen ist.

Wem allerdings einmal der Baum unerwartet um die Ohren geflogen ist, der weiss, welche Gefahr hier besteht. Ein falscher Tritt, eine Unachtsamkeit...

Eine Regel in der Schiffahrt lautet, dass man niemals erwarten kann, seinem Boot hinterherschwimmen zu können. Das geht nicht.

Mit anderen Worten: wer ins Wasser fällt und das Boot liegt nicht vor Anker, der sieht sehr alt aus.

Ebenso gilt unter Profis: Schwimmen oder Tauchen ohne einen Kameraden an Bord ist ein no-no.

Hier ist ein sehr guter Blogeintrag, der das in Worte fasst, was ich hier sagen will, mit Bildern:
http://luvgier.blogspot.com/2015/10/einhandsegeln-leben-am-abgrund.html

Rick_Blaine schrieb:Wem allerdings einmal der Baum unerwartet um die Ohren geflogen ist, der weiss, welche Gefahr hier besteht. Ein falscher Tritt, eine Unachtsamkeit...

Dann kann ich mir gut vorstellen, dass es wohl einen solchen (oder ähnlichen) Unfall gab. Da man ihn bisher nicht gefunden hat, ist wohl zu befürchten, dass er ums Leben gekommen ist? :(

Musste kurz an den Film Open Water denken... Wäre er denn wieder auf das Boot zurück gekommen, wenn er über Bord gegangen wäre?

Das ist eben der Punkt. Wenn er keine Sicherheitsausrüstung trug und der Motor an war... nein, dann kommt er nur noch mit Riesenglück auf das Boot zurück. Das Problem ist, das Boot treibt schneller davon als er hinterherschwimmen kann.