Marlies von Gahlen vom März 1970
07.12.2017 um 00:52
Habe die Folge gerade gesehen, fand den Fall recht interessant. Schade, dass offenbar aus dem Vorhaben, nach weiteren Informationen zu ersuchen nichts geworden zu sein scheint. Natürlich ist es höchst unwahrscheinlich, dass dieser Fall jemals auch nur nahezu aufgeklärt wird.
Hier wurde eine Verbindung hergestellt zu den Anhaltermorden im Münsterland - allerdings scheint mir der Münsterlandmörder in seinem Modus Operandi viel geplanter zu sein. Er scheint die Ablageorte seiner Opfer gekannt zu haben und der Wald schien als Ort sehr fest in seiner Vorstellungswelt verankert zu sein. Da ist es etwas unwahrscheinlich, dass er dann in Wuppertal davon abweicht - zumal auf so depperte, dilletantische Weise. Wenn er - wie im Filmfall dargestellt - als Verkehrsbehinderer auftritt, hätte irgendein ordnungsliebender Typ auch anhalten und ihn zurechtweisen können, während er gerade den Kofferraum öffnet oder, noch schlimmer, die Leiche über die Brüstung wirft. Ein solches Risiko einzugehen, das lässt normalerweise nicht auf einen erfahrenen Täter schließen, der weiß was er tut (und sein Opfer zwecks Spurenbeseitigung post mortem selbst ankleidet).
Auch der Personalausweis würde nur als Souvenir passen (genau wie die verschwundene Uhr), ist einem Serienmörder doch die Unkenntlichmachung des Opfers in der Regel relativ lumpe. Für das Verschwinden der Uhr gibt es auch zehntausend mögliche Theorien.
Wenn die Sache mit dem zweiten Telefongespräch stimmt ("Date"), dann ist es m.E. sehr wahrscheinlich eine wie auch immer geartete Beziehungstat gewesen. Sie macht ihren Anruf bei der bekannten Affäre ("Du kannst doch noch vorbeikommen" oder sie lässt nur durchklingeln), sie schaut auf die Uhr, um abzuschätzen, wie lange er brauchen könnte, um von der Arbeit (oder auch seine Wohnung - allerdings eher unwahrscheinlich) dort zu sein, sie fährt mit ihm in die Wohnung, Geschlechtsverkehr, "oh, schon so spät, ich muss gleich nach Hause, meine Eltern warten" - "ach, lass’ doch die blöde Uhr in Ruhe", er nimmt ihr die Uhr weg, sie ziehen sich wieder an und es kommt zu einem Streit, wahrscheinlich um irgendetwas, das schon lange eine Rolle gespielt hat ("ich kann Dich unmöglich meinen Eltern vorstellen" oder auch "willst Du Deine Frau wirklich nicht verlassen?") und falls er sie erdrosselt haben sollte (das weiß ja offenbar niemand genau), dann halte ich eine Beziehungstat für recht wahrscheinlich. Er wird panisch, nimmt ihr den Personalausweis ab, weil er befürchtet, dass man ihn mit ihr assoziieren könnte, wenn man den Ausweis findet. Schafft die Leiche ins Auto (was wiederum eher auf ein Haus, weniger eine Wohnung schließen ließe) und fährt an die nächstbeste Autobahnbrücke mit ungünstigen Verhältnissen, um das "Problem" zu beseitigen.
Natürlich würde diese Theorie fast gänzlich in sich zusammenbrechen, wenn es heftige Spuren starker sexuell-assoziierter Gewaltanwendung gegeben hätte. Das ist eben das Problem mit unvollständigen Informationen. Aber wenn der Zusammenhang mit dem Telefonanruf tatsächlich zum Täter führt, halte ich das klassische Serienmörderszenario für relativ unwahrscheinlich. Stalking ist ein Phänomen bei Serienmördern, es gibt Serienmörder, die ihre Opfer vorher auch flüchtig gekannt haben, aber ein so guter Kontakt, dass Opfer ihre Mörder sogar herbeirufen, ist meines Wissens eher unüblich und selten.
Wie auch immer: Sehr tragischer Fall. Und Edes Einwurf wäre u.U. auch deplatziert gewesen, wenn es tatsächlich ein zufälliger Täter war, der nach Anhalterinnen Ausschau hielt. So ehrlich wie das Mädchen im FF dargestellt wurde (falls das akurat war), dürfte es ihr ohnehin schwergefallen sein, einen Autofahrer, der sie anspricht, komplett zu ignorieren. Mich würde interessieren, ob aus den Erkundigungen, die auf den ersten drei Seiten angekündigt wurden, noch irgendetwas wurde.
Es ist irgendwie bei solchen Fällen immer schlimm zu wissen, dass die Eltern wahrscheinlich mittlerweile verstorben sind und nie das "Warum" erfahren haben.