@ChomskyChomsky schrieb:Kannst du das näher erläutern?
Ok, ich will mal mit dem Computer beginnen. Quanteneffekte spielen für Elementarteilchen, Atome und Moleküle eine wesentliche Rolle. Bei chemischen Reaktionen z.B. kann für einzelne Atome nicht vorhergesagt werden, ob und wann sie z.B. ein Molekül bilden und wie lange dieses besteht. Für große Stoffmengen mitteln sich diese Unsicherheiten jedoch und man kann z.B. im Gleichgewichtsfall dann sagen, wie groß der Anteil der Ausgangsstoffe und der Reaktionsprodukte ist (mal ganz einfach gesprochen). Bei kleinsten Stoffmengen (Teilchenzahlen) versagt eine Vorhersage immer mehr.
Im Computer wird deshalb z.B. eine Mindestladungsmenge (Elektronenzahl) benutzt, um die Bitinformationen darzustellen, sonst würde sich der Bitzustand zufällig ändern. Das trifft auch für die Transistorgröße und den Leitungabstand in den Schaltkreisen zu, da sonst der Tunneleffekt, also die Unschärfe, Temperatureinflüsse und Strahlungseffekte immer stärker in Erscheinung treten. Man versucht also den Computer soweit "makroskopisch" aufzubauen, dass diese Effekte weitgehend (aber nie völlig) ausgeschlossen werden können und die Maschine streng deterministisch bleibt, es also immer einen klar definierten Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung gibt. Sollte es im Computer trotzdem eine zufällige Veränderung eines Bitzustandes geben, was immer wieder mal passieren kann (das ist ja das Wesen des Zufalls), dann greifen redundante Codes wie zB ECC (bei RAM, Festplatte oder gesamtem Datenaustausch im Computer) etc um die Maschine deterministisch zu halten.
Gerade weil bei immer höheren Speicherdichten und immer kleineren Strukturgrößen auf dem Chip diese zufälligen Prozesse sich auswirken musste man solche redundanten Fehlerkorrekturen ja einbauen, denn große Computersysteme würden sonst ständig abstürzen.
Nun meine Gedanken zum Gehirn. Ich will das mal auch ganz allgemein beschreiben, ohne auf Details einzugehen.
Im Gehirn erfolgt die Datenverarbeitung- und weiterleitung zwischen den Neuronen nicht komplett auf elektrischem Wege wie im Computer und dafür muss es einen Grund geben. Die Weiterleitung und Verarbeitung z.B. durch die Transmitter, Ionenkanäle etc. erfolgt durch chemische Prozesse an der Synapse und im Neuron, die bei geringsten Mengen immer stärkeren stochastischen Prozessen unterliegen. Je höher die Stoffmengen sind, desto "deterministischer" ist das Ergebnis, da sich bei immer größeren Teilchenzahlen diese Effekte herausmitteln. Damit ist es also denkbar, dass das Gehirn genau diesen sanften Übergang vom Zufall bis hin zu einer deterministischen Schlusskette von Ursache und Wirkung simulieren kann und dieser Effekt in den Gehirnstrukturen ganz klar ausgenutzt wird, denau wie wir ihn überall in der Umwelt beobachten können. Damit sind die Möglichkeiten des Gehirns gegenüber einem streng deterministischen Gehirn wesentlich größer, was ein evolutionärer Vorteil ist.
Streng genommen ist es doch so, dass alle Prozesse im Universum mehr oder weniger stark durch den Zufall bestimmt werden. Echten Determinismus gibt es nur in unserer mechanistischen Vorstellung von der Welt (der ja definitiv falsch ist) und recht verlässlichen Determinismus in Maschinen und technischen Einrichtungen die menschen geschaffen haben und die viel Energie benötigen um diesen Determinismus aufrecht zu erhalten.
Gerade bei komplexen Systemen gibt es im Prinzip immer Zonen der Instabilität, in denen sich geringste Ursachen stark auswirken können und so können auch Einzelteilchen über die Geschichte des ganzen Systems entscheiden und diese Teilchen unterliegen dem Zufall.
Ich habe keine gute Idee, wie im Gehirn ein zufälliger Anteil verhindert werden sollte. Statt dessen ist es aus meiner Sicht so, dass der Zufall gerade genutzt wird (wie in der gesamten Evolution auch) um Probleme zu lösen. Genau diese nichtdeterministische Komponente ist es, die unser Gehirn so flexibel macht, denn Zufall kann neue Strukturen in ungeahnter Vielfalt erzeugen, auch Determinismus, deterministische Strukturen können das nicht. Man könnte vielleicht sagen, dass das Gehirn zuerst nichtdeterministisch arbeitet und mit Mustern gefüttert wird. Diese Muster führen dazu, dass durch die Veränderungen der Synapsen die Prozesse an den Synapsen in immer geringerem Maße vom Zufall bestimmt sind und damit sozusagen ein Determinismus sich herauskondensiert und wir in den Mustern Ursache und Wirkung erkennen.
Es gibt aus meiner Sicht auch noch eine pragmatischere Sichtweise, warum das Gehirn nicht deterministisch (also im Prinzip auch algoritmisch) arbeitet. Wenn das Gehirn nur eine deterministische Maschine ist, die durch Wirkungen von Außen beeinflusst wird, dann ist niemand für seine Handlungen verantwortlich.
Also kurz gesagt, alle Prozesse in der Natur unterliegen zufälligen Einflüssen, da Quanteneffekte auch makroskopische Auswirkungen haben können, wenn das Sytem eine günstige Instabilität besitzt und beim Gehirn ist es genauso, da es nach den selben Naturgesetzen funktioniert.