Bettman
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Statistik im Amateurfußball
07.06.2018 um 12:06Jedem Liebhaber der Simpsons sollte die Folge bekannt sein, in der Lisa die neue Baseballtrainerin des Schulteams wird und dieses zu Glanzleistungen führt indem sie das Team in bestimmten Situationen die Aktionen durchführen lässt, die statistisch gesehen erfolgreicher sind1. Nun ist das Geschehen auf einem Fußballplatz etwas unübersichtlicher als auf einem Baseballfeld: Es gibt verschiedenste Aufstellungen, das Zusammenspiel ist komplexer, Situationen sind schwerer zu erkennen, es sind Fouls verschiedenster Art möglich und das Ergebnis hängt nur bedingt von verschiedenen Standardsituationen ab. Dennoch steckt auch im Fußball eine ganze Menge Statistik. An dieser Stelle möchte ich 3 Beispiele nennen:
--> Wohin springt der Tormann beim 11-Meter?
Die Reaktionszeit des Tormanns entspricht in etwa der Flugzeit des Fußballs. Daher ist es theoretisch nicht möglich einen in die Ecke platziert geschossenen Ball zu halten. Dem Tormann bleibt nur übrig auf eine Ecke zu spekulieren und in diese zu springen. Der mathematisch begeisterte Torhüter weiß natürlich wohin statistisch gesehen die meisten Bälle fliegen und begibt sich in diese Ecke. Ein Beispiel dafür wäre der Zettel Jens Lehmanns2. Ein Manager hatte dem Torhüter aufgeschrieben in welche Ecke er beim 11-Meterschuss bestimmter Spieler springen soll - erfolgreich. Selbstverständlich ließe sich das auch umgekehrt auf den Stürmer anwenden. Weiß dieser beispielsweise, dass die meisten Torhüter in eine Ecke springen, so ist er gut beraten den Ball direkt und halbhoch in die Mitte zu schießen
--> Die "Notbremse"3
Zwei gleichstarke Mannschaften spielen gegeneinander. Es steht unentschieden. Der Stürmer eines Teams durchbricht die gegnerische Verteidigung und stößt mit dem Ball aufs Tor zu. Wenn er sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, liegt eine so gut wie 100-prozentige Torchance vor. Dem hinterste Verteidiger bleibt nur noch eine Wahl: Foult er seinen Gegenspieler von hinten und kassiert dafür Rot oder lässt er ihn das sichere Tor schießen. Um die sinnvollere Entscheidung abzuwägen sollte der Spieler wissen in welcher Spielminute er sich befindet. Je weniger Spielzeit verbleibt, desto sinnvoller erscheint das Foul.
--> Der Eckstoß
Mit diesem Beispiel möchte ich in die Diskussion einsteigen. Schaut man sich Profispiele im Fernsehen an, so werden erfolgreiche Ecken in der Regel mit einer hohen Flanke in den Strafraum ausgeführt. In der Theorie starten die Stürmer im Moment des Schusses an der 16-Meterlinie, laufen in den Ball und köpfen diesen ins Tor. In der Praxis passiert häufig etwas Anderes, jedoch hat sich an dem prinzipiellen Ablauf nur wenig geändert. Dennoch scheint die praktizierte Flanke im Profisport die beste Technik zu sein.
Ich selber habe in der Jugend und später auch bei den Männern Fußball gespielt. Insbesondere bei der letztgenannten Situation konnte ich nie verstehen warum wir unsere Ecken wie ein Profiteam ausführen sollten. In der Regel sind die meisten Amateurspieler sehr kopfballschwach und dementsprechend sind Tore aus dieser Situation ziemliche Glückstreffer. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass wir mal auf diese Art ein Tor gemacht hätten. Viel eher wurde der Ball abgefangen und nach einigem "Kuddelmuddel" im Strafraum kam es zu einem Glückstreffer weil irgendein Spieler den mehrmals abgefälschten Ball auf kürzeste Distanz doch noch irgendwie in Richtung Tor geschlagen hat. Meiner Meinung nach waren straff und kniehoch geschossene Bälle vor den Elfmeterpunkt immer die bessere Lösung. Da musste man nur irgendwie rankommen und schon kam die gegnerische Verteidigung ins schwimmen. Ich selber habe fast immer als Außenverteidiger gespielt und vor solchen Bällen mehr Angst gehabt als vor irgendwelchen kopfhohen Flanken. An diese hält man halt als Verteidiger den Kopf und lässt sie irgendwie seitlich wegspringen. Dann klärt sich das schon von alleine.
Anscheinend basiert diese Situation im Amateursport also auf anderen Grundlagen als im Profisport:
1. Amateurspieler sind verhältnismäßig (zu ihren anderen Fähigkeiten) viel kopfballschwacher als Profispieler --> Kopfbälle bereiten ihnen mehr Probleme
2. Im Amateursport ist der Glückstreffer "an der richtigen Stelle des Balles" entscheidender als im Profisport, wo die Situation und der Schuss aus jeder Lage viel häufiger trainiert wurden --> solche glücklich abgefälschten Bälle und so ein "rumgeeiere im Strafraum" wie im Amateurfußball ist im Profisport seltener zu finden. Demensprechend sinkt auch die Chance des Glückstreffers
An dieser Stelle stellt sich mir die Frage, inwieweit bestimmte Taktiken im Amateurfußball eventuell umgedacht werden sollten, da die Erfolgswahrscheinlichkeiten anders liegen könnten als im Profisport. Das fängt bei Eck- und Freistößen an und endet bei der Mannschaftsaufstellung (bestimmte Aufstellungen lassen sich unkomplizierter spielen als die Klassischen, haben jedoch dafür andere Nachteile) sowie den Laufwegen der Spieler.
Folgende Fragen würde ich gerne im Thread diskutieren:
(- Kennt jemand ein gutes Werk über Fußballstatistik?)
- Hat jemand die gleichen oder ähnliche Beobachtungen wie ich machen können? Wenn ja, welche?
- Hat schon mal jemand ähnliche Ansichten in der Teambesprechung angesprochen und eventuell daraufhin die Vorgehensweise in bestimmten Situationen geändert?
- Wie sind eure spezifischen Erfahrungen bei der Eckstoßsituation, bzw. was haltet ihr für besser: die klassische Flanke, ein halbhoher Schuss oder etwas ganz Anderes?
1: Ausschnitt Simpsons Lisa als Trainerin:
https://www.youtube.com/watch?v=Vif2kixqrf0 (Video: The Simpsons - Lisa became a baseball coach)
2: Artikel Spiegel online "Zettel Jens Lehmann"
www.spiegel.de/sport/fussball/fussball-wm-lehmanns-geheimnis-gelueftet-a-438988.html
3: Artikel Spiegel online "Wann sich die Notbremse für einen Spieler lohnt":
www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/kalkuliertes-foulspiel-wann-sich-eine-notbremse-fuer-fussballer-lohnt-a-750748.html
--> Wohin springt der Tormann beim 11-Meter?
Die Reaktionszeit des Tormanns entspricht in etwa der Flugzeit des Fußballs. Daher ist es theoretisch nicht möglich einen in die Ecke platziert geschossenen Ball zu halten. Dem Tormann bleibt nur übrig auf eine Ecke zu spekulieren und in diese zu springen. Der mathematisch begeisterte Torhüter weiß natürlich wohin statistisch gesehen die meisten Bälle fliegen und begibt sich in diese Ecke. Ein Beispiel dafür wäre der Zettel Jens Lehmanns2. Ein Manager hatte dem Torhüter aufgeschrieben in welche Ecke er beim 11-Meterschuss bestimmter Spieler springen soll - erfolgreich. Selbstverständlich ließe sich das auch umgekehrt auf den Stürmer anwenden. Weiß dieser beispielsweise, dass die meisten Torhüter in eine Ecke springen, so ist er gut beraten den Ball direkt und halbhoch in die Mitte zu schießen
--> Die "Notbremse"3
Zwei gleichstarke Mannschaften spielen gegeneinander. Es steht unentschieden. Der Stürmer eines Teams durchbricht die gegnerische Verteidigung und stößt mit dem Ball aufs Tor zu. Wenn er sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, liegt eine so gut wie 100-prozentige Torchance vor. Dem hinterste Verteidiger bleibt nur noch eine Wahl: Foult er seinen Gegenspieler von hinten und kassiert dafür Rot oder lässt er ihn das sichere Tor schießen. Um die sinnvollere Entscheidung abzuwägen sollte der Spieler wissen in welcher Spielminute er sich befindet. Je weniger Spielzeit verbleibt, desto sinnvoller erscheint das Foul.
--> Der Eckstoß
Mit diesem Beispiel möchte ich in die Diskussion einsteigen. Schaut man sich Profispiele im Fernsehen an, so werden erfolgreiche Ecken in der Regel mit einer hohen Flanke in den Strafraum ausgeführt. In der Theorie starten die Stürmer im Moment des Schusses an der 16-Meterlinie, laufen in den Ball und köpfen diesen ins Tor. In der Praxis passiert häufig etwas Anderes, jedoch hat sich an dem prinzipiellen Ablauf nur wenig geändert. Dennoch scheint die praktizierte Flanke im Profisport die beste Technik zu sein.
Ich selber habe in der Jugend und später auch bei den Männern Fußball gespielt. Insbesondere bei der letztgenannten Situation konnte ich nie verstehen warum wir unsere Ecken wie ein Profiteam ausführen sollten. In der Regel sind die meisten Amateurspieler sehr kopfballschwach und dementsprechend sind Tore aus dieser Situation ziemliche Glückstreffer. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass wir mal auf diese Art ein Tor gemacht hätten. Viel eher wurde der Ball abgefangen und nach einigem "Kuddelmuddel" im Strafraum kam es zu einem Glückstreffer weil irgendein Spieler den mehrmals abgefälschten Ball auf kürzeste Distanz doch noch irgendwie in Richtung Tor geschlagen hat. Meiner Meinung nach waren straff und kniehoch geschossene Bälle vor den Elfmeterpunkt immer die bessere Lösung. Da musste man nur irgendwie rankommen und schon kam die gegnerische Verteidigung ins schwimmen. Ich selber habe fast immer als Außenverteidiger gespielt und vor solchen Bällen mehr Angst gehabt als vor irgendwelchen kopfhohen Flanken. An diese hält man halt als Verteidiger den Kopf und lässt sie irgendwie seitlich wegspringen. Dann klärt sich das schon von alleine.
Anscheinend basiert diese Situation im Amateursport also auf anderen Grundlagen als im Profisport:
1. Amateurspieler sind verhältnismäßig (zu ihren anderen Fähigkeiten) viel kopfballschwacher als Profispieler --> Kopfbälle bereiten ihnen mehr Probleme
2. Im Amateursport ist der Glückstreffer "an der richtigen Stelle des Balles" entscheidender als im Profisport, wo die Situation und der Schuss aus jeder Lage viel häufiger trainiert wurden --> solche glücklich abgefälschten Bälle und so ein "rumgeeiere im Strafraum" wie im Amateurfußball ist im Profisport seltener zu finden. Demensprechend sinkt auch die Chance des Glückstreffers
An dieser Stelle stellt sich mir die Frage, inwieweit bestimmte Taktiken im Amateurfußball eventuell umgedacht werden sollten, da die Erfolgswahrscheinlichkeiten anders liegen könnten als im Profisport. Das fängt bei Eck- und Freistößen an und endet bei der Mannschaftsaufstellung (bestimmte Aufstellungen lassen sich unkomplizierter spielen als die Klassischen, haben jedoch dafür andere Nachteile) sowie den Laufwegen der Spieler.
Folgende Fragen würde ich gerne im Thread diskutieren:
(- Kennt jemand ein gutes Werk über Fußballstatistik?)
- Hat jemand die gleichen oder ähnliche Beobachtungen wie ich machen können? Wenn ja, welche?
- Hat schon mal jemand ähnliche Ansichten in der Teambesprechung angesprochen und eventuell daraufhin die Vorgehensweise in bestimmten Situationen geändert?
- Wie sind eure spezifischen Erfahrungen bei der Eckstoßsituation, bzw. was haltet ihr für besser: die klassische Flanke, ein halbhoher Schuss oder etwas ganz Anderes?
1: Ausschnitt Simpsons Lisa als Trainerin:
2: Artikel Spiegel online "Zettel Jens Lehmann"
www.spiegel.de/sport/fussball/fussball-wm-lehmanns-geheimnis-gelueftet-a-438988.html
3: Artikel Spiegel online "Wann sich die Notbremse für einen Spieler lohnt":
www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/kalkuliertes-foulspiel-wann-sich-eine-notbremse-fuer-fussballer-lohnt-a-750748.html