@lernender Lass mich den ganzen Spaß für dich mal an einem Beispiel durchrechnen. Dann wirst du sehen, dass:
- die kinetische Energie vom Bezugssystem abhängt
- die verrichteten Arbeit bei einem Stoß trotzdem die Gleiche ist, also gleich viel "Zerstörung" ensteht
Also, die Situation ist die folgende:
Wir wollen rein klassisch rechnen. Die Massen der Körper seien jeweils
In unserem ersten Bezugssystem fliegen die beiden Kugeln mit den Geschwindigkeiten
aufeinander zu, wobei positive Geschwindigkeiten nach rechts zeigen sollen. Wir gehen von einem vollkommen unelastischen Stoß aus, das heißt, die beiden Körper haben nach dem Stoß die selbe Geschwindigkeit. Auf diese Weise fließt die maximale Menge an Energie in die Verformung der Körper.
Die Impulse errechnen sich über
und ergeben sich damit zu
Der Gesamtimpuls ist damit
Da der Gesamtimpuls erhalten bleibt, ist der Impuls also auch nach dem Stoß exakt Null. Wir können damit nun die Geschwindigkeit der Massen nach dem Stoß feststellen. Da beide Massen nach dem unelastischen Stoß die gleiche Geschwindigkeit haben, gilt für den Gesamtimpuls nach dem Stoß
und damit für die Geschwindigkeit
Die beiden Körper bleiben also in diesem Bezugssystem nach dem Stoß stehen.
Schauen wir uns mal die Energien an. Die klassische kinetische Energie eines Körpers ist
Vor dem Stoß haben die Körper also zusammen eine Energie von
Nach dem Stoß sind beide Körper in Ruhe, deswegen ist nun die kinetische Energie Null. Die Differenz der Energien ging in die Verformung der Körper über, und beträgt demnach in diesem Bezugssystem
Und wie du siehst interessiert uns die Relativgeschwindigkeit der Körper überhaupt nicht. Für die physikalischen Vorgänge zählen nur die Geschwindigkeiten der Körper in diesem Koordinatensystem.
Jetzt betrachten wir das Schauspiel mal aus einem anderen Blickwinkel. Uns interessiert das Koordinatensystem, in dem die linke Kugel vor dem Stoß ruht. Da wir klassisch rechnen, benutzen wir eine Galilei-Transformation um den Koordinatenwechsel zu vollziehen.
Hierzu addieren wir einfach die alten Geschwindigkeiten zu der Geschwindigkeit, mit der sich das alte Koordinatensystem im neuen Koordinatensystem bewegt. Damit erhalten wir für die Geschwindigkeiten im neuen System
Die zweite Geschwindigkeit ist nun das, was du als "Relativgeschwindigkeit" interpretierst. Die Physik dahinter ist aber eine andere, es handelt sich um die Geschwindigkeit des Körpers in diesem Koordinatensystem. Wir berechnen erneut die Impulse:
Nach dem Stoß haben beide Körper natürlich wieder die selbe Geschwindigkeit. Diese erhalten wir wieder, indem wir die Impulserhaltung benutzen:
Nun berechnen wir wieder die kinetischen Energien. Vor dem Stoß kommen wir auf
Und nach dem Stoß ist noch eine Energie von
übrig. Die die Energiedifferenz ist wieder in die Verformung der Körper eingegangen und beträgt
Also genau das Gleiche wie in dem anderen Bezugssystem.
Die Galileitransformation beschreibt also in beiden Bezugssysteme die selben physikalischen Vorgänge, obwohl die Energien anders sind. Die Gründen dafür liegen sehr viel tiefer als was ich dir hier erklären kann. Selbstverständlich gelten Erhaltungssätze, wie die Energieerhaltung oder die Impulserhaltung. Aber dazu müssten wir erst sehr viel genauer darauf eingehen, was eigentlich ein Impuls ist und wie er sich auf beliebige Koordinatensysteme verallgemeinern lässt. Dann würden wir nämlich feststellen, dass der Koordinatenwechsel eine Energie hat, weil der Hamiltonian dann zeitabhängig wird. Und auch die kanonischen Impulse werden dann viel komplexer.
Jedenfalls, wenn du diese Rechnungen nachvollziehen kannst, dann hast du auch kein Problem mehr mit der Relativitätstheorie. Da ist nämlich alles EXAKT das Selbe. Nur sehen die Impulse, die Energien und die Koordinatentransformationen komplizierter aus.
Der Impuls ist nun
Die kinetische Energie sieht so aus:
Und die Koordinatentransformation ist statt einer einfachen Addition der Geschwindigkeit zur Koordinantengeschwindigkeit nun die relativistische Beziehung
Daneben ändern sich eben auch noch zusätzlich die Zeitbeziehungen und die Längen in Transformationsrichtung. Aber wenn du das durchrechnest ist das ebenfalls in sich konsistent. Es passiert wirklich exakt das Gleiche wie oben und mit diesen drei Formeln kannst du das Beispiel auch selber mal relativistisch durchrechnen. In dieser Hinsicht ist die RT überhaupt nicht "unverständlicher" als die normale Newtonsche Mechanik. Lediglich die Ausdrücke werden komplexer. Die Prinzipien, die dir an der RT aber aufstoßen gibt es schon in der klassischen Mechanik. Versteh sie dort, dann lösen sich die Probleme in Wohlgefallen auf
:)