Cyberpunk 2077
21.08.2019 um 20:37
Ich kann rückwirkend betrachtet nur sagen, dass ich echt nichts zu meckern hatte. Ich ging zugleich mit offenen Erwartungen hin, habe aber auch auf gewisse Aspekte geachtet soweit möglich, wollte kritisch sein, fand nun aber nichts.
Klar, am Ende muss man das realistisch sehen: es ist nur ein Ausschnitt vom Spiel, der vermutlich schon ausreichend "gepolished" wurde und rund läuft. Aber am Ende ist es trotz feinem Disclaimer, dass sich Dinge bis Release noch ändern könnten nun mehr oder minder als Produktsample zu werten.
"So ist das, so soll das sein", quasi. Es ist also schon zu bewerten.
Als ich morgens den Stand nach ca. einer Stunde gefunden hatte (ich habe auch nicht aktiv gesucht und bin nicht direkt hin), war ich überrascht, dass kurz nach 10 Uhr, wo gerade die Pforten für alle anderen aufgehen, schon so viele Leute da saßen und die Wartezeit von 2 Stunden an irgendeinem Punkt überschritten war. Locker, nicht knapp. Ich glaube die Schlange ging mehrfach um den Block; dabei handelte es sich ja, und das war bekannt, "nur" um die Gameplay Demo von der E3. Inhaltlich ist ja schon bekannt was da passiert.
Aber es war doch etwas anderes, es alles live zu sehen. Zwei Plätze links von mir saß einer der Entwickler und hat alles mit Controller vom "Logenplatz" quasi live gezeigt und gespielt.
Mir blieb die Liebe zum Detail in Erinnerung. Es wurde primär Pacifica gezeigt und das ist nun ein raues Pflaster, aber für eben diese Verhältnisse wirkte alles sehr authentisch. Es ist einfach sehr viel Detail in der Welt. In einer kurzen Motorradfahrt sieht man wie, entschuldigung, "abgefucked" dieser Distrikt ist, mit Müll und sporadischen brennenden Fahrzeugen auf der Straße die zu festen Hindernissen geworden sind, sodass man hin und wieder Dinge umfahren musste. Lieblos wirkt in der Gestaltung der Welt absolut nichts - ein großes Plus.
Wer alte RPGs kennt oder mag könnte vermutlich die im Schnitt niedrigere Dialogauswahlmöglichkeit vermissen. Das kreide ich aber nicht negativ an, das liegt an der Natur der Dinge, weil mit Vertonung und Aufwand am Ende zwar mehr Immersion rauskommt, aber nicht mehr so viel Dialog abgedeckt werden kann wie in Spielen wo es eben im Gesamtprodukt weniger Vertonung gibt und / oder eben rein textlastig ist. Hier ist meines Erachtens wieder der Pluspunkt, dass einerseits die Vertonung sehr gut ist, auch für deutsche Verhältnisse (hier hat man also scheinbar keine Kosten und Mühen gescheut, zumal auch die dt. Synchronstimme von Keanu Reeves eben jenen spielt oder darstellt). Andererseits ist aber auch die "Dynamik" in Dialogen oft spürbar. In anderen oder älteren Spielen geht oft ein Dialogfenster auf oder es wird ein Monolog dargestellt, oder es gibt eben Dialogie die am Ende doch irgendwie statisch bleiben. Hier kann nebenher viel passieren. Es können Aktionen in den Dialog eingebettet werden, dass man abrupt die Hand wegzieht, wie eine Art "quick-time Event", oder es passieren nebenher Dinge die man auf einmal erwähnen kann. Oder auch nicht. Manchmal ploppen relevante Skill Checks auf.
Dann der Umstand, dass schon allein der Spielstil über den Ausgang von Begegnungen oder "Missionen" bzw. dem Storyverlauf Auswirkungen haben kann oder wird. Ein Beispiel ist, dass im Verlauf der Demo der Spielstiel von "Netrunnern" und "Solos" gezeigt wurde. Vereinfacht "hacken und schleichen" vs. "Rumballern". Der eine Spielstil muss nicht immer vorteilhaft sein. Hackt man z.B. eine gewisse Kamera an der man irgendwie vorbei muss, so kann der Versuch entdeckt werden, was wiederum die "Quest" ändern kann. Z.B. wird der Intrusionsversuch durch einen Netwatch-Agent entdeckt, der ist somit vorgewarnt, dass was nicht stimmt. Ironischerweise trotz Schleich-Stil. Gleiche Szene zurückgespult. Der Protagonist kämpft sich nun aktiv und "laut" durch das verlassene Einkaufszentrum. Ob das die gleiche Person die man am Ende konfrontiert so mitkriegt oder nicht, es wurde zumindest explizit gesagt, dass durch das Unterbleiben des Hackversuches jener auch nicht auf einen aufmerksam geworden ist. Beide Spielstile hatten ihre jeweiligen Vor- und Nachteile wie auch Reize.
Alles in allem sicherlich ein kleiner Ausschnitt von ca. 25 bis 30 Minuten. Aber wenn diese Qualität im Rest vom Spiel steckt, dann kann man dem Spiel gelassen bzw. mit Freude entgegensehen. Letztendlich hätte ich auch gerne einige Dinge anders; das sind Dinge, die vorher vor dem Medienrummel ab (Mitte?) 2018 für das Spiel wahrscheinlich galten oder von vielen angenommen und vermutet wurden. Z.b. klassische Factions denen man beitreten kann. Keine Frage, dahinter steh ich immer noch. Aber bei der bisher implizierten Qualität kann man kaum meckern. Das "Gunplay" wirkte auch sehr bodenständig und nicht "clunky". Gegner die getroffen wurden, zeigten nachvollziehbare Reaktionen und Gott sei Dank gab es scheinbar keine sogenannten Kugelschwämme oder bullet sponges. Das ist etwas, was ich in Spielen in der Regel nicht mag oder was mir missfällt.
Wie gesagt, Gesamtplot und Zwang zum fraktionslosen Charakter hin oder her, ich bin bisher überzeugt und denke, das Spiel wird auf jeden Fall sein Geld wert sein und viele Stunden Spaß bereiten, wenn man denn auf das Setting und Genre steht. Ich tue das zumindest.