Berlin Teufelsberg, komische Dinge geschehen
13.05.2011 um 17:08
Von wegen künstlerischen Damen auf dem Teufelsberg:
Vor vielen Jahren bekam ich in meiner Buchhandlung eine geheimnisvolle Einladung für ein Hexentreffen auf dem Teufelsberg. Allerdings auf dem Trümmerberg, nicht dem Berg mit der Radarstation. Es war Vollmond im August, eigentlich das Erntefest. Na ja, und da Vollmondnächte nicht unbedingt zum Schlafen da sind, begab ich mich abends hinauf auf den Berg. Ein bisschen wunderte ich mich schon, denn von oben dröhnte laute Musik. Oben kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus: Es wuselte überall von seltsam verkleideten Männlein und Weiblein. Da wurde ein riesiger Gong aufgebaut, mit Eisenpfählen 200 m Fallschirmseide über den Berg gespannt, Zelte aufgebaut und lauter komische Sachen. Ich meckerte erst einmal mit der einen Tante, weil sie mit Draht die Fallschirmseide an den Pfählen befestigte und nicht eben vorsichtig mit den Drahtenden umging, sondern diese achtlos auf die Erde fallen ließ. Ich sagte ihr, dass diese Drahtstückchen für Rehe besonders gefährlich wären und zu einem qualvollen Tod führen, sollten diese im Magen stecken bleiben. Es leben tatsächlich einige Rehe in diesem Gebiet. Aber die Olle stellte auf Durchzug. Gut, ich setzte mich hin und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Plötzlich gab es eine helle Beleuchtung, ein Typ begann aufgetakelte Weiber zu filmen, die mit venezianisch anmutenden Masken nicht eben elegant hin und her hopsten. Dabei sangen sie: "Fliegt Hexen, fliegt". Es war einfach nur ulkig und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Dann kam eine Tante mit Samenkörnern in einem Beutel und verteilte diese an die Anwesenden mit dem Spruch: "Seid fruchtbar und vermehret euch". Das hatte mir gerade noch gefehlt! Zu dem Zeitpunkt war ich nämlich schon lange fruchtbar genug gewesen. Also dachte ich mir, dass ich die Samenkörner besser auf der Ostseite, da wo Maria Chodowieckis Bank stand, aussähen sollte. Samenkörner zum Erntefest für überreife Frauen - das geht gar nicht. Typisch für blöde Stadthexen! Ich ging zur Bank, wo meine Hündin gerne buddelte, und streute die Sämlein. Die Erde war sehr trocken und ich wünschte mir dabei ein bisschen Regen, damit die Saat aufgehen würde. Was soll ich Euch sagen? Wie ein Blitz aus heiterem Himmel, goss es keine halbe Stunde später in vollen Strömen. Den stark geschminkten Kunsthexen verlief das Make up, und alle ergriffen schnellstens die Flucht, um sich zu ihren Autos auf dem Parkplatz zu begeben. Die Fallschirmseide zerriss im Sturmwind, den Gong hatten sie noch mitgenommen, aber irgendwo plärrte immer noch das Radio.
Am nächsten Morgen, ich hatte die Kinder in der Schule abgeliefert, begab ich mich auf den Berg, um wenigstens die gröbsten Drähte einzusammeln. Plötzlich tauchten viele Kinder einer Charlottenburger Schule auf, die einen Waldaufräumungstag geplant hatten. Was denkt ihr, wie irritiert die Lehrer guckten, als sie die Eisenpfähle, die Planen und die Fallschirmseide sahen! Meine Hunde fanden die Seide übrigens auch ganz lustig und rupften fröhlich daran, um ihre Kräfte zu messen. Die Lehrer sammelten die Eisenpfähle ein und die Kinderchen fleißig die Drahtreste. Für mich gab's nichts mehr zu tun und so ging ich langsam hinunter zum Parkplatz. Unten, an der Treppe, sah ich zwei von diesen Weibern, die sich die Schuhe ausgezogen hatten, um barfuss auf den Berg zu gehen. So von wegen Kraft von Mutter Erde etc. Ich sagte ihnen, dass oben schon eine Schulklasse dabei wäre, den Plunder der letzten Nacht, inkl. der kostbaren Fallschirmseide, aufzuräumen. Die Weiber kreischten "huch, huch" und zogen sich ganz schnell wieder die Schuhe an, um so schnell wie möglich oben zu retten, was noch zu retten war.