^^ Das stimmt völlig.Die Kirche hat sich da ganz schön was geleistet, natürlich NICHT ALLE, aber viele von denen ganz oben.
Neue Erkenntnisse
Ca. 2003 hat der Vatikan seine geheimen Archive aus der Zeit von 1933 bis 1939 geöffnet. Eugenio Pacelli, vorher Kardinalstaatssekretär in Rom wurde 1939 zum Papst gewählt als Pius XII. Er galt bislang als Zögerer und Zauderer, ein großer Beschweiger der Verbrechen der Nazis. Dieses Bild hat seit Rolf Hochhuts Theaterstück über den "Stellvertreter" das Geschichtsbewusstsein ganzer Generationen geprägt. Jetzt lassen die Akten die Päpste in einem neuen Licht erscheinen.
Historiker, die diese Dokumente gelesen haben, rücken ab von der weit verbreiteten Sicht, der Vatikan habe zu lange geschwiegen und sich gar mit Hitler arrangiert. "Ab 1934 war jedem klar, dass die Kirche eine ablehnende Position zum Nationalsozialismus einnahmen", sagt Dominik Burkard, Kirchenhistoriker an der Universität Würzburg. Der Historiker und Buchautor Godman ist zwar der Ansicht, dass man nicht sagen könne, dass die Päpste geschwiegen hätten. aber die neuen Erkenntnisse bestünden darin, "dass wir jetzt wissen, dass die Kirche eine sehr ausführliche Verurteilung der Nazis vorbereitet hatte. Diese Verurteilung war schon weitgehend 1936 abgeschlossen." Sie sei auf Befehl von Pius XI. unterschlagen worden.
Erklärung unterschlagen
Warum sollte Pius XI., genannt "der Gelehrte", ein solche Verurteilung unterschlagen? Godman ist diesem Vorwurf akribisch nachgegangen, war aber keineswegs, wie der Verlag behauptet, der Einzige, der die Archive vor ihrer offiziellen Öffnung nutzen konnte. Was er bestätigt fand, ist bemerkenswert genug. Seit 1934 arbeitete die geheimste aller geheimen Vatikanbehörden an einer Verurteilung moderner Irrlehren: des Kommunismus, Hypernationalismus, Rassismus und Totalitarismus. Das Heilige Offizium ist seit Jahrhunderten mit Inquisitions- und Zensurfragen befasst.
"Wenn die Kirche diese Verurteilung veröffentlicht hätte, hätte das eine Befremdung nicht nur der Kommunisten in Russland und in Spanien und zum Teil in Mexiko, sondern auch der Faschisten in Italien geheißen", sagt Godman. "Man hatte starke Gründe aus moralischen und dogmatischen Erwägungen alle drei zu verurteilen. Aber man hielt sich zurück."
Politik der Nadelstiche
Die Argumentation, die zum Beispiel im Offizium laufe, in den katholischen Zeitschriften, in der "Civiltà Cattolica", dem offiziösem Organ des Papstes, sei naturrechtlich, meint der Burkard. "Das heißt Rassenideologie und Antisemitismus ist von vornherein ausgeschlossen." Ein Beleg: Anfang Februar 1934 wurde über Alfred Rosenbergs, wie es hieß, "menschen- und christenfeindliche" Schrift über den Blut- und Boden-Mythus des 20. Jahrhunderts" der Bann verhängt. Wirkungslose Maßnahmen gegen die Nazis, unter denen immer mehr Katholiken zu leiden hatten.
Ebenfalls 1934 protestierte der damalige Kardinalstaatssekretär Pacelli in einer Denkschrift an die Reichsregierung gegen die Rassepolitik der Nationalsozialisten. Und im Januar 1938 beklagt Papst Pius XI. in einem Telegramm nach Berlin "Polizeimaßnahmen gegen Priester und katholische Jugendvereine". Der Vatikan betreibt eine diskrete Politik der Nadelstiche, vermeidet aber den offenen, machtpolitischen Schlagabtausch. "Seine diplomatischen Noten sind oft Meisterwerke, und es ist absolut falsch zu behaupten, wie John Cornwall in seinem Buch über Hitlers Papst, dass er nie Widerstand geleistet hat", sagt Godman. "Auf dieser Ebene sind es starke, sehr geschickte und intelligente Anmahnungen an die Reichsregierung. Aber das war ihre Schwäche."
Kirche entpolitisiert sich
Das 1933 zwischen dem Vatikan und dem Deutschen Reich beschlossene Konkordat, garantierte der katholischen Kirche das Recht zur Religions- und Kultausübung und die Sicherung ihrer Einnahmen aus der Kirchensteuer. Der Preis war eine weitgehende Entpolitisierung, die Pflege der Militärseelsorge, -und ansonsten ein Zurück in die Sakristei. Der Vatikan hielt sich an den Vertrag, während die Nazis tagtäglich dagegen verstoßen haben. Der Vatikan habe sich binden lassen, sagt Burkard. "Man hat aber auch den Staat demonstrieren lassen, wie er sich ins Unrecht setzt. Auch das ist in der Öffentlichkeit passiert und ist keine Sache im Verborgenen. Von daher kann man nicht sagen, dass es ein feiger Rückzug oder ein Ja-Sagen zum Nationalsozialismus war, - ganz im Gegenteil."
Es sei das einzige Bollwerk gewesen, das sie sehen konnten, meint Godman. "Der Gedanke des Vatikans war: Werden die deutschen Katholiken, diese Verurteilung respektieren und durchführen? Alle Hinweise aus Berlin und anderswo haben dagegen gesprochen. Der Vatikan glaubte, dass die deutschen Katholiken hinter Hitler standen." Vielleicht wagten auch deshalb die deutschen Bischöfe nicht, zum offenen Protest aufzurufen, gegen Schikane und Unterdrückung vor allem durch SA-Horden.
Milde Verurteilung
Anfang Januar 1937 kam es zur Nagelprobe im Vatikan bei den Vorbereitungen zur später berühmten Enzyklika "Mit brennender Sorge". Die deutschen Bischöfe warnen vor Polemik, Papst und Staatssekretär verschweigen die erarbeitete scharfe Verurteilung der Irrlehren, von Kommunismus und Nationalsozialismus durch das Heilige Offizium. Das Ergebnis der Enzyklikaberatungen ist eine abgeschwächte Kritik an den Nazis, eine milde Verurteilung von Rassismus und Antisemitismus.
"Die Frage, die man sich im Vatikan stellte, war: "Wenn wir die Verurteilung bekannt machen, was wird die Reaktion sein?" meint Godman. "Die Reaktion wird eine Kampfansage oder ein Krieg sein. Wenn man die Reaktion der Nazis auf 'brennende Sorge' sieht, dann muss man sagen, dass der Vatikan nicht Unrecht hatte. Wir wissen, dass Goebbels und Hitler Pläne hatten, die katholische Kirche zu vernichten."
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