Prieure de Sion
07.02.2009 um 03:01Hi
Naja. Immerhin ist Vatikan ein kleines Land. Die haben ihre Regeln.
Aber was sagt ihr zu dieser Aussage, außer das Sie ein bisschen verhast ist:
Egal ob es ein altes Thema ist:
Manche Menschen lieben Monarchien. Manche lieben sie besonders dann, wenn sie selbst als König oder Königin posieren könnten. Nehmen wir mal an, Sie sind der Sohn einer Köchin und eines Butlers, und Ihr Stammbaum verliert sich irgendwo bei den Schweinehirten. Wie würden Sie es anstellen, die Monarchie wieder einzuführen und sich obendrein als Thronanwärter zu präsentieren? Genau dieses Privatproblem hatte ein Franzose namens Pierre Plantard, und wenngleich er zu Lebzeiten nicht mehr gekrönt wurde, erlangte er doch unsterblichen Ruhm als erfolgreichster Lügenbaron des 20. Jahrhunderts. Ob man ihn ernsthaft mögen kann, steht auf einem anderen Blatt; denn seine endlosen kleinen Scherze haben beispiellose Verwirrung gestiftet.
Mag sein, dass Sie von Pierre Plantard noch nie gehört haben. Aber die ansteckende Wirkung seiner blühenden Phantasie schaukelt sich seit Jahrzehnten zu einem gewaltigen Mythos hoch, der trotz seines absurden Inhalts die Welt mit Buchauflagen in Millionenhöhe überzog und sich im Mai 2006 unter dem Filmtitel „Sakrileg“ (The Da Vinci Code) zu einem der größten Kassenschlager aller Zeiten mauserte. Sicher, das große Geld haben andere abgesahnt, aber für Pierre Plantard bleibt die unbezahlbare Ehre und das todsichere Vergnügen, Schritt für Schritt seine private Spinnerei zum planetarischen Mega-Ereignis gemacht zu haben. Für alle, die den nichtkommerziellen Aspekt der künstlerischen Selbstverwirklichung lieben, für alle, die in der Welt vor allem ein Produkt aus Wille und Vorstellung sehen, für alle Bewunderer einer versponnenen, eigenwilligen Menschenseele, die stur und stocksteif ihre eigene Innenwelt zum höchsten Maßstab erhebt, ist Pierre Plantard ein Paradebeispiel für die unaufhaltsame Macht des Träumers ... (räusper) ..., Lügners ... und Urkundenfälschers.
Jawohl, es war eigentlich nur ein umständlicher, trivialer Schabernack, als Plantard in jahrzehntelanger Kleinarbeit allerlei hintersinnige Andeutungen, Dokumentenfälschungen, esoterische Schriften und gezinkte Stammbäume in Bibliotheken und komischen kleinen Zeitschriften hinterlegte, um ganz, ganz leise die böse, weite Welt auf seine Vorstellung einzuschwenken. Aber in Zusammenarbeit mit wenigen eingeweihten Freunden hat er es tatsächlich geschafft. Dieser kleinen Clique ist es gelungen, zahlreichen esoterischen und verschwörungstheoretischen Autoren die Existenz einer mächtigen, uralten Geheimgesellschaft namens Prieuré de Sion vorzutäuschen, die das Erbe der Merowinger und womöglich gar das Geheimnis ihrer Abstammung von Jesus und Maria Magdalena hütet. Darauf liefen doch all die Andeutungen letztlich hinaus. Die Welt wurde seither von einer unglaublichen Bücherflut im Sinne Pierre Plantards überschwemmt, und es entstand ein Kult, von dessen religiösen Konsequenzen Plantard selbst überrascht und eingeschüchtert wurde, denn nun befand er sich in allzu tiefem Wasser. In Wirklichkeit war es nur eine Verabredung zur Vorspiegelung einer Geheimgesellschaft. Wenn man jedoch die Ausmaße und Folgen dieser Vorspiegelung betrachtet, die ungeheure Energie, mit der die weitgehend gleichgeschaltete Medienwelt ausgerechnet diese Vorspiegelung vorangetrieben hat – wieso gerade diese? –, dann stellt sich die Frage, ob eine so groß aufgezogene, undurchsichtige, wuchernde „Verabredung“ nicht selbst eine Art Geheimgesellschaft darstellt oder ihr zumindest im Endeffekt gleichkommt.
Jawohl, der plantardsche Herrschaftsanspruch, vorgetragen zugunsten der „Merowinger“, ist eigentlich ein albernes Ablenkungsmanöver, das spirituell motivierte Menschen zu einer unglaublichen Zeitverschwendung verleitet, denn sobald man sich mit Plantards Hinterlassenschaft an Merowinger-Mystik, steinreichen südfranzösischen Dorfpriestern, Magdalena-Mythen und düsteren Templer-Geheimnissen befasst, kommt man jahrelang aus dem Dickicht der Unbeweisbarkeit und Unwiderlegbarkeit nicht wieder heraus. In diesem Sinne ist es ein scheußlicher Unfug. Aber das Ganze ist auch extrem unterhaltsam und hat der Öffentlichkeit zumindest eine kleine und durchaus wahre Botschaft vermittelt: dass offenbar nicht alles so gelaufen ist, wie Kirche und Staat es uns Jahrhunderte lang, Jahrtausende lang erzählt haben. Und das war doch schon eine Leistung.
Jawohl, auch die Geheimgesellschaft Prieuré de Sion ist im Grunde ein Betrug, ein Schwindel, ein Lügengespinst. Genauer gesagt, es gibt sie gar nicht. (Falls doch, möge sie bitte irgendwo Farbe bekennen!) Aber die raffinierte Methodik, die verblüffende Geduld und jahrzehntelange Gründlichkeit, mit der dieser Schwindel zum weltweiten Mythos erhoben wurde, erweckt unweigerlich das Interesse des politischen oder soziologischen Forschers, der anhand zahlreicher Einzelheiten den elementaren Mechanismus eines Massenwahns zu ergründen versucht. Außerdem kommt bei historischen Studien auf der Fährte der plantardschen Phantasie eine Unmenge an schillerndem Faktenmaterial zum Vorschein. So lernt man eine Menge dazu. Und famoserweise hat Plantard für sein Lügengebäude auch zahlreiche einzelne Bausteine verwendet, die auf erstaunlichen, aber nachprüfbaren Fakten beruhen; so führt man geschulte Historiker in die Irre. Dass zahlreiche einzelne Bruchstücke plausibel sind, heißt aber noch lange nicht, dass die Verknüpfungen oder gar das beabsichtigte Gesamtbild stichhaltig wären.
Beginnen wir einfach von vorn! Folgen wir dem abenteuerlichen, spinnerten Lebenslauf eines sympathischen, schlitzohrigen Möchtegern-Königs, der den wohl skurrilsten Mythos unserer Zeit so liebevoll erlogen, zusammengestrickt und großgezüchtet hat, bis er weitaus größere Dimensionen annahm, als der Erfinder vorhersehen konnte: Pierre Plantard.
Der brutale historische Hintergrund
Pierre Athanase Marie Plantard kam am 18. März 1920 in Paris als Sohn der Köchin Amélie Marie Raulo und des Butlers Pierre Plantard zur Welt. Über seine Kindheit liegt nichts weiter vor, außer dass er als Einzelkind aufwuchs, aber als er 17 war – das heißt 1937, als in Deutschland bereits die Nazis wüteten –, begann er, wie es heißt, Phantom-Gesellschaften zu gründen, „um Frankreich zu reinigen und zu erneuern“. Inhaltlich lag er nicht weit entfernt von der faschistischen „Hochstimmung“, die sich in vielen Ländern Europas breitgemacht hatte.
Man muss wissen, dass damals nicht nur Deutschland ein faschistisches Land war, sondern verschiedene Spielarten des Faschismus, oder genauer gesagt des radikalen Nationalismus und Militarismus unter tyrannischen Regierungen auch andernorts herrschten.
In Russland unternahm Josef Stalin grausame „Säuberungen“ unter russischen und ausländischen Parteigenossen, wie ja überhaupt der Kommunismus, sobald er im Sattel sitzt, zu krassen faschistischen Methoden greift. Zahlreiche linke Idealisten endeten in den Folterkellern ihrer eigenen ideologischen ...
Naja. Immerhin ist Vatikan ein kleines Land. Die haben ihre Regeln.
Aber was sagt ihr zu dieser Aussage, außer das Sie ein bisschen verhast ist:
Egal ob es ein altes Thema ist:
Manche Menschen lieben Monarchien. Manche lieben sie besonders dann, wenn sie selbst als König oder Königin posieren könnten. Nehmen wir mal an, Sie sind der Sohn einer Köchin und eines Butlers, und Ihr Stammbaum verliert sich irgendwo bei den Schweinehirten. Wie würden Sie es anstellen, die Monarchie wieder einzuführen und sich obendrein als Thronanwärter zu präsentieren? Genau dieses Privatproblem hatte ein Franzose namens Pierre Plantard, und wenngleich er zu Lebzeiten nicht mehr gekrönt wurde, erlangte er doch unsterblichen Ruhm als erfolgreichster Lügenbaron des 20. Jahrhunderts. Ob man ihn ernsthaft mögen kann, steht auf einem anderen Blatt; denn seine endlosen kleinen Scherze haben beispiellose Verwirrung gestiftet.
Mag sein, dass Sie von Pierre Plantard noch nie gehört haben. Aber die ansteckende Wirkung seiner blühenden Phantasie schaukelt sich seit Jahrzehnten zu einem gewaltigen Mythos hoch, der trotz seines absurden Inhalts die Welt mit Buchauflagen in Millionenhöhe überzog und sich im Mai 2006 unter dem Filmtitel „Sakrileg“ (The Da Vinci Code) zu einem der größten Kassenschlager aller Zeiten mauserte. Sicher, das große Geld haben andere abgesahnt, aber für Pierre Plantard bleibt die unbezahlbare Ehre und das todsichere Vergnügen, Schritt für Schritt seine private Spinnerei zum planetarischen Mega-Ereignis gemacht zu haben. Für alle, die den nichtkommerziellen Aspekt der künstlerischen Selbstverwirklichung lieben, für alle, die in der Welt vor allem ein Produkt aus Wille und Vorstellung sehen, für alle Bewunderer einer versponnenen, eigenwilligen Menschenseele, die stur und stocksteif ihre eigene Innenwelt zum höchsten Maßstab erhebt, ist Pierre Plantard ein Paradebeispiel für die unaufhaltsame Macht des Träumers ... (räusper) ..., Lügners ... und Urkundenfälschers.
Jawohl, es war eigentlich nur ein umständlicher, trivialer Schabernack, als Plantard in jahrzehntelanger Kleinarbeit allerlei hintersinnige Andeutungen, Dokumentenfälschungen, esoterische Schriften und gezinkte Stammbäume in Bibliotheken und komischen kleinen Zeitschriften hinterlegte, um ganz, ganz leise die böse, weite Welt auf seine Vorstellung einzuschwenken. Aber in Zusammenarbeit mit wenigen eingeweihten Freunden hat er es tatsächlich geschafft. Dieser kleinen Clique ist es gelungen, zahlreichen esoterischen und verschwörungstheoretischen Autoren die Existenz einer mächtigen, uralten Geheimgesellschaft namens Prieuré de Sion vorzutäuschen, die das Erbe der Merowinger und womöglich gar das Geheimnis ihrer Abstammung von Jesus und Maria Magdalena hütet. Darauf liefen doch all die Andeutungen letztlich hinaus. Die Welt wurde seither von einer unglaublichen Bücherflut im Sinne Pierre Plantards überschwemmt, und es entstand ein Kult, von dessen religiösen Konsequenzen Plantard selbst überrascht und eingeschüchtert wurde, denn nun befand er sich in allzu tiefem Wasser. In Wirklichkeit war es nur eine Verabredung zur Vorspiegelung einer Geheimgesellschaft. Wenn man jedoch die Ausmaße und Folgen dieser Vorspiegelung betrachtet, die ungeheure Energie, mit der die weitgehend gleichgeschaltete Medienwelt ausgerechnet diese Vorspiegelung vorangetrieben hat – wieso gerade diese? –, dann stellt sich die Frage, ob eine so groß aufgezogene, undurchsichtige, wuchernde „Verabredung“ nicht selbst eine Art Geheimgesellschaft darstellt oder ihr zumindest im Endeffekt gleichkommt.
Jawohl, der plantardsche Herrschaftsanspruch, vorgetragen zugunsten der „Merowinger“, ist eigentlich ein albernes Ablenkungsmanöver, das spirituell motivierte Menschen zu einer unglaublichen Zeitverschwendung verleitet, denn sobald man sich mit Plantards Hinterlassenschaft an Merowinger-Mystik, steinreichen südfranzösischen Dorfpriestern, Magdalena-Mythen und düsteren Templer-Geheimnissen befasst, kommt man jahrelang aus dem Dickicht der Unbeweisbarkeit und Unwiderlegbarkeit nicht wieder heraus. In diesem Sinne ist es ein scheußlicher Unfug. Aber das Ganze ist auch extrem unterhaltsam und hat der Öffentlichkeit zumindest eine kleine und durchaus wahre Botschaft vermittelt: dass offenbar nicht alles so gelaufen ist, wie Kirche und Staat es uns Jahrhunderte lang, Jahrtausende lang erzählt haben. Und das war doch schon eine Leistung.
Jawohl, auch die Geheimgesellschaft Prieuré de Sion ist im Grunde ein Betrug, ein Schwindel, ein Lügengespinst. Genauer gesagt, es gibt sie gar nicht. (Falls doch, möge sie bitte irgendwo Farbe bekennen!) Aber die raffinierte Methodik, die verblüffende Geduld und jahrzehntelange Gründlichkeit, mit der dieser Schwindel zum weltweiten Mythos erhoben wurde, erweckt unweigerlich das Interesse des politischen oder soziologischen Forschers, der anhand zahlreicher Einzelheiten den elementaren Mechanismus eines Massenwahns zu ergründen versucht. Außerdem kommt bei historischen Studien auf der Fährte der plantardschen Phantasie eine Unmenge an schillerndem Faktenmaterial zum Vorschein. So lernt man eine Menge dazu. Und famoserweise hat Plantard für sein Lügengebäude auch zahlreiche einzelne Bausteine verwendet, die auf erstaunlichen, aber nachprüfbaren Fakten beruhen; so führt man geschulte Historiker in die Irre. Dass zahlreiche einzelne Bruchstücke plausibel sind, heißt aber noch lange nicht, dass die Verknüpfungen oder gar das beabsichtigte Gesamtbild stichhaltig wären.
Beginnen wir einfach von vorn! Folgen wir dem abenteuerlichen, spinnerten Lebenslauf eines sympathischen, schlitzohrigen Möchtegern-Königs, der den wohl skurrilsten Mythos unserer Zeit so liebevoll erlogen, zusammengestrickt und großgezüchtet hat, bis er weitaus größere Dimensionen annahm, als der Erfinder vorhersehen konnte: Pierre Plantard.
Der brutale historische Hintergrund
Pierre Athanase Marie Plantard kam am 18. März 1920 in Paris als Sohn der Köchin Amélie Marie Raulo und des Butlers Pierre Plantard zur Welt. Über seine Kindheit liegt nichts weiter vor, außer dass er als Einzelkind aufwuchs, aber als er 17 war – das heißt 1937, als in Deutschland bereits die Nazis wüteten –, begann er, wie es heißt, Phantom-Gesellschaften zu gründen, „um Frankreich zu reinigen und zu erneuern“. Inhaltlich lag er nicht weit entfernt von der faschistischen „Hochstimmung“, die sich in vielen Ländern Europas breitgemacht hatte.
Man muss wissen, dass damals nicht nur Deutschland ein faschistisches Land war, sondern verschiedene Spielarten des Faschismus, oder genauer gesagt des radikalen Nationalismus und Militarismus unter tyrannischen Regierungen auch andernorts herrschten.
In Russland unternahm Josef Stalin grausame „Säuberungen“ unter russischen und ausländischen Parteigenossen, wie ja überhaupt der Kommunismus, sobald er im Sattel sitzt, zu krassen faschistischen Methoden greift. Zahlreiche linke Idealisten endeten in den Folterkellern ihrer eigenen ideologischen ...