Was lebt noch in Tschernobyl?
21.06.2007 um 23:391. Wie viele Menschen wurden evakuiert?
Alle 50.000 Einwohner der Stadt Pripjat,
die nur drei Kilometer vom Reaktor entfernt liegt, wurden 36 Stunden nach dem Unfall
evakuiert. Während der folgenden Wochen und Monate wurden noch einmal 67.000 Menschen aus
ihren kontaminierten Wohnorten innerhalb der 30-Kilometer-Zone in Sicherheit gebracht und
in andere Regionen des Landes umgesiedelt. Da auch später immer wieder schwer verstrahlte
Flächen außerhalb der 30-Kilometer-Zone entdeckt wurden, verloren bis heute durch den
Atomunfall ungefähr 200.000 Menschen ihre Heimat.
2. Welche radioaktiven
Elemente gelangten durch den Unfall in die Umwelt?
Die Explosion setzte über 100
radioaktive Elemente in die Atmosphäre frei. Die meisten von ihnen waren kurzlebig und
zerfielen innerhalb weniger Stunden oder Tage. Die gefährlichsten Elemente, die in die
Umwelt gerieten, sind Jod, Strontium-90 und Cäsium-137. Ihre Halbwertszeiten (die Zeit,
in der sich die Radioaktivität des Isotops halbiert): 8 Tage (Jod), 29 Jahre
(Strontium-90) und 30 Jahre (Cäsium-137). Die Isotope Strontium-90 und Cäsium-137 sind
also auch noch heute nachweisbar, während das kurzlebige Jod bei der Bevölkerung in den
reaktornahen Gebieten seinerzeit die verheerendsten Gesundheitsschäden anrichtete, da es
in ungeheuren Mengen freigesetzt wurde und die Menschen ihm anfangs komplett ungeschützt
ausgeliefert waren. Während Jod Schilddrüsenkrebs (vor allem bei Kindern) hervorruft,
kann Strontium zu Leukämie (Blutkrebs) und Knochenkrebs führen; Cäsium bestrahlt den
kompletten Körper und kann unter anderem Magen-, Leber- und Milzkrebs
verursachen.
3. Auf welcher Fläche ging der radioaktive Fallout
nieder?
Zirka 150.000 Quadratkilometer in Weissrussland, Russland und der Ukraine
sind verseucht. Diese radioaktiven Zonen erstrecken sich auf einer Länge von bis zu 500
Kilometer nordwärts vom Reaktor aus betrachtet (nach der Explosion trieb der Wind die
radioaktive Wolke in diese Richtung). Die 30-Kilometer-Zone um den Reaktor ist mit
Ausnahme weniger Rückkehrer heute unbewohnt. Der radioaktive Fallout verteilte sich in
Aerosolform über den größten Teil der nördlichen Hemisphäre und verseuchte unter anderem
Regionen in Lappland, Finnland, Rumänien, Bulgarien, Polen, Bayern, Westengland und der
Südtürkei mit einer signifikanten Radioaktivitätsdosis, die seinerzeit zwar jenseits der
zulässigen Grenzwerte lag, gleichzeitig aber immer noch deutlich unterhalb der
Strahlenbelastung lag, die auf Weissrussland, Russland und die Ukraine niederging.
Während in der näheren Umgebung des Reaktors (ehemalige Sowjetunion, Osteuropa) der
größte Teil der "schwereren" Elemente Strontium und Jod niederging, finden sich in Nord-,
Mittel- und Westeuropa heute hauptsächlich Cäsium-Rückstände.
4. Wie
wurden das Kraftwerksgelände und die 30-Kilometer-Zone dekontaminiert?
Die
Dekontaminations-Aufgaben übernahmen Liquidatoren, die sich unter anderem aus
Kraftwerksangestellten, wehrpflichtigen Soldaten, Reservisten, Studenten und
Bergarbeitern zusammensetzten. Da keine lückenlose Registrierung erfolgte, ist die exakte
Zahl der in Tschernobyl eingesetzten Liquidatoren unbekannt. Fest steht, dass rund
600.000 Menschen bis Anfang der 90er Jahre der Status des "Liquidators" zuerkannt wurde,
was ihnen finanzielle Zulagen und eine kostenlose Krankenversorgung garantiert. Es ist
jedoch davon auszugehen, dass die tatsächliche Zahl der Liquidatoren höher liegt, so etwa
bei 800.000 bis 1 Million.
Die Liquidatoren übernahmen Dekontaminierungsmaßnahmen
(Vgl. Fotoarchiv / Die Liquidation des Unfalls) und nahmen an Errichtungsarbeiten teil,
zum Beispiel von neuen Wohnsiedlungen für Evakuierte. Außerdem erbauten sie noch Deponien
für Atommüll, Dämme sowie Wasser-Filtrationssysteme und nicht zuletzt auch den Sarkophag,
der seit November 1986 die Strahlung aus dem havarierten Reaktorblock abschirmt.
5. Was geschah mit der Natur und den Tieren nach dem Unfall?
In der
30-Kilometer-Zone und sogar noch in weiter entfernteren Gebieten traten nach dem
Atom-Unfall vermehrt Fälle von Mutationen der Tier-und Pflanzenwelt auf. Blätter
veränderten ihre Form, Eichenblätter verloren teilweise ihre Symmetrie, jungen Tannen
wuchsen mehrere Kronen, ja sogar ganze Wälder in der Nähe des Kernkraftwerks gingen
aufgrund der massiven Strahleneinwirkung ein. Bei Tieren kam es zu immer mehr
Fehlgeburten und Missbildungen; Kreaturen mit sechs Beinen, ohne Augen,
zusammengewachsenen Extremitäten und ähnlichen Mutationen wurden aus großen Teilen der
Ukraine, Weissrusslands und Westrusslands gemeldet.
Der nach wie vor hohen
Strahlenbelastung zum Trotz kehren heute immer mehr seltene Tierarten in das verseuchte
Gebiet zurück. Sie übernehmen den Lebensraum vom Menschen, der sie einst vertrieben
hatte. Zu diesen Tieren gehören Biber, Ratten, Wölfe, wilde Hunde und Wildschweine sowie
bestimmte Vogelarten.
zeitungenbilliger.de
6. Ist es heute sicher,
Tschernobyl zu besuchen?
Sowohl der Aufenthalt in der gesperrten 30-Kilometer-Zone
(inklusive der Stadt Pripjat) als auch der Besuch des Kernkraftwerkes ist heute
bedenkenlos möglich. Lediglich in unmittelbarer Nähe des Sarkophags steigt der
Strahlungspegel in einen signifikant erhöhten Bereich.
Obwohl manche Isotope wie
Cäsium-137, Strontium-90 und Plutonium-239 noch immer nicht zerfallen sind und auch durch
die Dekontaminationsarbeiten nicht vollständig beseitigt werden konnten, hält sich die
aus ihnen resultierende Strahlenbelastung für einen begrenzten Besuchszeitraum in
tolerierbaren Grenzen. Selbst bei den wenigen hundert Tschernobyl-Rückkehrern, die heute
wieder innerhalb der 30-Kilometer-Zone leben, wirkt die Dauerbestrahlung nicht tödlich.
Begründung: Eine Dauerbestrahlung auf unüblichem, wenngleich noch niedrigem Niveau ist
weniger gefährlich als jene mit einer vergleichbaren Strahlendosis innerhalb kürzester
Zeit.
7. Wie kann man Tschernobyl mit der Wirkung der Atombomben auf
Hiroshima und Nagasaki vergleichen?
Die in Tschernobyl freigesetzte Strahlung
liegt ungefähr 400mal über jener der Hiroshima-Bombe, beträgt allerdings nur ein knappes
Hundertstel der addierten radioaktiven Emissionen der oberirdischen Kernwaffentests
während der 50er und 60er Jahre.
8. Wie leben die Bewohner der
Tschernobyl-Gegend heute?
Aktuell befinden sich innerhalb der 30-Kilometer-Zone
rund 200 kleine Gemeinschaften, in die überwiegend alte Menschen "zum Sterben"
zurückgekehrt sind. Obwohl das Leben in der Zone eigentlich gesetzlich verboten ist,
werden die Rückkehrer stillschweigend toleriert und von der kontrollierenden Miliz
manchmal sogar mit wichtigen, den Alltag erleichternden Gütern (wie zum Beispiel
Batterien) aus der Stadt versorgt. Kinder dürfen in der Zone allerdings nicht
leben.
Der Großteil der evakuierten Bevölkerung lebt heute entweder in einem Vorort
von Kiew ("Klein-Pripjat"), der nach der Evakuierung Pripjats für dessen Einwohner
errichtet wurde, sowie in Slawutitsch, einer ebenso kurzfristig erbauten Stadt rund 60
Kilometer vom Reaktor entfernt, in der vor allem jene Menschen mit ihren Familien leben,
die bis zur endgültigen Stillegung der Anlage im Dezember 2000 noch im Kernkraftwerk
Tschernobyl gearbeitet haben.
9. Was passiert jetzt mit dem
Atomkraftwerk?
Mit der Schließung am 15. Dezember 2000 begannen gleichzeitig die
Abbauarbeiten. Dazu zählen unter anderem die Beseitigung und Entsorgung von Treibstoff
und Abfall und die endgültige Dekontamination des Kraftwerksgeländes und seiner Umgebung,
insbesondere was Grundwasser und Erdreich betrifft, das radioaktiv verseucht sein könnte.
Auch die Demontage der drei ebenfalls stillgelegten, aber noch intakten Reaktoren der
Blöcke 1-3 steht noch an und wird wohl mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Die
Aufgaben stehen unter Leitung der ukrainischen Regierung. Für administrative und
ingenieurstechnische Probleme steht ihr die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in
Wien zur Seite. Das weitere Schicksal des zerstörten vierten Reaktors ist noch
ungewiss.
10. Wie ist der aktuelle Status des Sarkophags?
Die
Errichtung des Sarkophags wurde von den Liquidatoren unter Opferung ihrer Gesundheit
schon wenige Wochen nach dem Unfall in Angriff genommen und im November 1986
abgeschlossen. Die in aller Eile errichtete, massive Beton-Stahl-Konstruktion ist über
die Jahre instabil geworden und stellt heute eine riskante Situation dar. Zahlreiche
Reparaturen wurden bereits durchgeführt, unter anderem die Stabilisierung des
Ventilationssystems, das Verschliessen von Löchern und eine Verstärkung der
Dachkonstruktion. Dennoch wurde parallel ein Plan ausgetüftelt, mit dem eine zweite,
stabile Sarkophagkonstruktion über die bereits bestehende Schutzhülle gezogen werden
soll. Die ambitionierte Vision der Ingenieure: neben der Reaktorruine soll eine
bogenförmige Stahlkonstruktion mit einer Breite von 245 Metern, einer Länge von 144
Metern und einer Höhe von 86 Metern entstehen, ein Bauwerk, doppelt so groß wie der
Kölner Dom. Auf Schienen soll die Konstruktion dann über den alten Sarkophag geschoben
und an den Seiten verschlossen werden. Die Arbeiten an der Infrastruktur haben bereits
begonnen, im Jahr 2008 soll der Stahlgigant fertig sein und die Tschernobyl-Ruine
endgültig und für alle Zeit begraben. Das Projekt unter Federführung der Europäischen
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in Osteuropa wird mindestens 800 Millionen
US-Dollar kosten.
Alle 50.000 Einwohner der Stadt Pripjat,
die nur drei Kilometer vom Reaktor entfernt liegt, wurden 36 Stunden nach dem Unfall
evakuiert. Während der folgenden Wochen und Monate wurden noch einmal 67.000 Menschen aus
ihren kontaminierten Wohnorten innerhalb der 30-Kilometer-Zone in Sicherheit gebracht und
in andere Regionen des Landes umgesiedelt. Da auch später immer wieder schwer verstrahlte
Flächen außerhalb der 30-Kilometer-Zone entdeckt wurden, verloren bis heute durch den
Atomunfall ungefähr 200.000 Menschen ihre Heimat.
2. Welche radioaktiven
Elemente gelangten durch den Unfall in die Umwelt?
Die Explosion setzte über 100
radioaktive Elemente in die Atmosphäre frei. Die meisten von ihnen waren kurzlebig und
zerfielen innerhalb weniger Stunden oder Tage. Die gefährlichsten Elemente, die in die
Umwelt gerieten, sind Jod, Strontium-90 und Cäsium-137. Ihre Halbwertszeiten (die Zeit,
in der sich die Radioaktivität des Isotops halbiert): 8 Tage (Jod), 29 Jahre
(Strontium-90) und 30 Jahre (Cäsium-137). Die Isotope Strontium-90 und Cäsium-137 sind
also auch noch heute nachweisbar, während das kurzlebige Jod bei der Bevölkerung in den
reaktornahen Gebieten seinerzeit die verheerendsten Gesundheitsschäden anrichtete, da es
in ungeheuren Mengen freigesetzt wurde und die Menschen ihm anfangs komplett ungeschützt
ausgeliefert waren. Während Jod Schilddrüsenkrebs (vor allem bei Kindern) hervorruft,
kann Strontium zu Leukämie (Blutkrebs) und Knochenkrebs führen; Cäsium bestrahlt den
kompletten Körper und kann unter anderem Magen-, Leber- und Milzkrebs
verursachen.
3. Auf welcher Fläche ging der radioaktive Fallout
nieder?
Zirka 150.000 Quadratkilometer in Weissrussland, Russland und der Ukraine
sind verseucht. Diese radioaktiven Zonen erstrecken sich auf einer Länge von bis zu 500
Kilometer nordwärts vom Reaktor aus betrachtet (nach der Explosion trieb der Wind die
radioaktive Wolke in diese Richtung). Die 30-Kilometer-Zone um den Reaktor ist mit
Ausnahme weniger Rückkehrer heute unbewohnt. Der radioaktive Fallout verteilte sich in
Aerosolform über den größten Teil der nördlichen Hemisphäre und verseuchte unter anderem
Regionen in Lappland, Finnland, Rumänien, Bulgarien, Polen, Bayern, Westengland und der
Südtürkei mit einer signifikanten Radioaktivitätsdosis, die seinerzeit zwar jenseits der
zulässigen Grenzwerte lag, gleichzeitig aber immer noch deutlich unterhalb der
Strahlenbelastung lag, die auf Weissrussland, Russland und die Ukraine niederging.
Während in der näheren Umgebung des Reaktors (ehemalige Sowjetunion, Osteuropa) der
größte Teil der "schwereren" Elemente Strontium und Jod niederging, finden sich in Nord-,
Mittel- und Westeuropa heute hauptsächlich Cäsium-Rückstände.
4. Wie
wurden das Kraftwerksgelände und die 30-Kilometer-Zone dekontaminiert?
Die
Dekontaminations-Aufgaben übernahmen Liquidatoren, die sich unter anderem aus
Kraftwerksangestellten, wehrpflichtigen Soldaten, Reservisten, Studenten und
Bergarbeitern zusammensetzten. Da keine lückenlose Registrierung erfolgte, ist die exakte
Zahl der in Tschernobyl eingesetzten Liquidatoren unbekannt. Fest steht, dass rund
600.000 Menschen bis Anfang der 90er Jahre der Status des "Liquidators" zuerkannt wurde,
was ihnen finanzielle Zulagen und eine kostenlose Krankenversorgung garantiert. Es ist
jedoch davon auszugehen, dass die tatsächliche Zahl der Liquidatoren höher liegt, so etwa
bei 800.000 bis 1 Million.
Die Liquidatoren übernahmen Dekontaminierungsmaßnahmen
(Vgl. Fotoarchiv / Die Liquidation des Unfalls) und nahmen an Errichtungsarbeiten teil,
zum Beispiel von neuen Wohnsiedlungen für Evakuierte. Außerdem erbauten sie noch Deponien
für Atommüll, Dämme sowie Wasser-Filtrationssysteme und nicht zuletzt auch den Sarkophag,
der seit November 1986 die Strahlung aus dem havarierten Reaktorblock abschirmt.
5. Was geschah mit der Natur und den Tieren nach dem Unfall?
In der
30-Kilometer-Zone und sogar noch in weiter entfernteren Gebieten traten nach dem
Atom-Unfall vermehrt Fälle von Mutationen der Tier-und Pflanzenwelt auf. Blätter
veränderten ihre Form, Eichenblätter verloren teilweise ihre Symmetrie, jungen Tannen
wuchsen mehrere Kronen, ja sogar ganze Wälder in der Nähe des Kernkraftwerks gingen
aufgrund der massiven Strahleneinwirkung ein. Bei Tieren kam es zu immer mehr
Fehlgeburten und Missbildungen; Kreaturen mit sechs Beinen, ohne Augen,
zusammengewachsenen Extremitäten und ähnlichen Mutationen wurden aus großen Teilen der
Ukraine, Weissrusslands und Westrusslands gemeldet.
Der nach wie vor hohen
Strahlenbelastung zum Trotz kehren heute immer mehr seltene Tierarten in das verseuchte
Gebiet zurück. Sie übernehmen den Lebensraum vom Menschen, der sie einst vertrieben
hatte. Zu diesen Tieren gehören Biber, Ratten, Wölfe, wilde Hunde und Wildschweine sowie
bestimmte Vogelarten.
zeitungenbilliger.de
6. Ist es heute sicher,
Tschernobyl zu besuchen?
Sowohl der Aufenthalt in der gesperrten 30-Kilometer-Zone
(inklusive der Stadt Pripjat) als auch der Besuch des Kernkraftwerkes ist heute
bedenkenlos möglich. Lediglich in unmittelbarer Nähe des Sarkophags steigt der
Strahlungspegel in einen signifikant erhöhten Bereich.
Obwohl manche Isotope wie
Cäsium-137, Strontium-90 und Plutonium-239 noch immer nicht zerfallen sind und auch durch
die Dekontaminationsarbeiten nicht vollständig beseitigt werden konnten, hält sich die
aus ihnen resultierende Strahlenbelastung für einen begrenzten Besuchszeitraum in
tolerierbaren Grenzen. Selbst bei den wenigen hundert Tschernobyl-Rückkehrern, die heute
wieder innerhalb der 30-Kilometer-Zone leben, wirkt die Dauerbestrahlung nicht tödlich.
Begründung: Eine Dauerbestrahlung auf unüblichem, wenngleich noch niedrigem Niveau ist
weniger gefährlich als jene mit einer vergleichbaren Strahlendosis innerhalb kürzester
Zeit.
7. Wie kann man Tschernobyl mit der Wirkung der Atombomben auf
Hiroshima und Nagasaki vergleichen?
Die in Tschernobyl freigesetzte Strahlung
liegt ungefähr 400mal über jener der Hiroshima-Bombe, beträgt allerdings nur ein knappes
Hundertstel der addierten radioaktiven Emissionen der oberirdischen Kernwaffentests
während der 50er und 60er Jahre.
8. Wie leben die Bewohner der
Tschernobyl-Gegend heute?
Aktuell befinden sich innerhalb der 30-Kilometer-Zone
rund 200 kleine Gemeinschaften, in die überwiegend alte Menschen "zum Sterben"
zurückgekehrt sind. Obwohl das Leben in der Zone eigentlich gesetzlich verboten ist,
werden die Rückkehrer stillschweigend toleriert und von der kontrollierenden Miliz
manchmal sogar mit wichtigen, den Alltag erleichternden Gütern (wie zum Beispiel
Batterien) aus der Stadt versorgt. Kinder dürfen in der Zone allerdings nicht
leben.
Der Großteil der evakuierten Bevölkerung lebt heute entweder in einem Vorort
von Kiew ("Klein-Pripjat"), der nach der Evakuierung Pripjats für dessen Einwohner
errichtet wurde, sowie in Slawutitsch, einer ebenso kurzfristig erbauten Stadt rund 60
Kilometer vom Reaktor entfernt, in der vor allem jene Menschen mit ihren Familien leben,
die bis zur endgültigen Stillegung der Anlage im Dezember 2000 noch im Kernkraftwerk
Tschernobyl gearbeitet haben.
9. Was passiert jetzt mit dem
Atomkraftwerk?
Mit der Schließung am 15. Dezember 2000 begannen gleichzeitig die
Abbauarbeiten. Dazu zählen unter anderem die Beseitigung und Entsorgung von Treibstoff
und Abfall und die endgültige Dekontamination des Kraftwerksgeländes und seiner Umgebung,
insbesondere was Grundwasser und Erdreich betrifft, das radioaktiv verseucht sein könnte.
Auch die Demontage der drei ebenfalls stillgelegten, aber noch intakten Reaktoren der
Blöcke 1-3 steht noch an und wird wohl mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Die
Aufgaben stehen unter Leitung der ukrainischen Regierung. Für administrative und
ingenieurstechnische Probleme steht ihr die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in
Wien zur Seite. Das weitere Schicksal des zerstörten vierten Reaktors ist noch
ungewiss.
10. Wie ist der aktuelle Status des Sarkophags?
Die
Errichtung des Sarkophags wurde von den Liquidatoren unter Opferung ihrer Gesundheit
schon wenige Wochen nach dem Unfall in Angriff genommen und im November 1986
abgeschlossen. Die in aller Eile errichtete, massive Beton-Stahl-Konstruktion ist über
die Jahre instabil geworden und stellt heute eine riskante Situation dar. Zahlreiche
Reparaturen wurden bereits durchgeführt, unter anderem die Stabilisierung des
Ventilationssystems, das Verschliessen von Löchern und eine Verstärkung der
Dachkonstruktion. Dennoch wurde parallel ein Plan ausgetüftelt, mit dem eine zweite,
stabile Sarkophagkonstruktion über die bereits bestehende Schutzhülle gezogen werden
soll. Die ambitionierte Vision der Ingenieure: neben der Reaktorruine soll eine
bogenförmige Stahlkonstruktion mit einer Breite von 245 Metern, einer Länge von 144
Metern und einer Höhe von 86 Metern entstehen, ein Bauwerk, doppelt so groß wie der
Kölner Dom. Auf Schienen soll die Konstruktion dann über den alten Sarkophag geschoben
und an den Seiten verschlossen werden. Die Arbeiten an der Infrastruktur haben bereits
begonnen, im Jahr 2008 soll der Stahlgigant fertig sein und die Tschernobyl-Ruine
endgültig und für alle Zeit begraben. Das Projekt unter Federführung der Europäischen
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in Osteuropa wird mindestens 800 Millionen
US-Dollar kosten.