Sarkawi plante Anschläge in den USA
Die Regierung Bush hat geheime Dokumente überOsama Bin Laden freigegeben - sie sollen belegen, dass der Terrorführer den Irak zurAusgangsbasis für Anschläge in aller Welt bestimmt hat. Qaida-Chef Sarkawi, inzwischentot, plante demnach Anschläge in den USA.
Washington - Der im vergangenen Jahr imIrak getötete Chef der dortigen Qaida-Filiale, Abu Mussab al-Sarkawi, ist nach Ansichtdes Weißen Hauses an konkreten Planungen von Anschlägen in den USA beteiligt gewesen.Laut kürzlich freigegebenen Geheimdienst-Dokumenten hat Qaida-Chef Osama Bin LadenSarkawi schon im Januar 2005 mit der Bildung einer Terrorzelle außerhalb des Iraksbeauftragt, sagte gestern Frances Townsend, die Beraterin von US-Präsident George W. Bushin Fragen der inneren Sicherheit.
Die USA hätten bei diesen Planungen "erstePriorität" besessen. Sarkawi habe die Aufgabe angenommen und mitgeteilt, er habe bereitseinige "gute Ideen". Der Chef der Qaida im Irak war im Juni 2006 bei einem US-Luftangriffin Baakuba getötet worden.
Nach den bisherigen Meldungen ist unklar, was dieGrundlage der Darstellungen Townsends ist - ob zum Beispiel das US-Militär einenBriefwechsel zwischen Bin Laden unds Sarkawi abgefangen hat, ein Informant dieseInformationen mitgeteilt hat oder diese angeblichen Vereinbarungen in öffentlichzugänglichen Quellen gefunden wurden. In europäischen Sicherheitskreisen war zunächstauch nicht klar, auf was für Dokumente oder Quellen die USA sich stützenkönnten.
Die Regierung Bush rechtfertigt ihren auch im eigenen Land zunehmendumstrittenen Irak-Einsatz unter anderem mit dem Kampf gegen den islamistischen Terror.Laut Townsend belegen die Geheimdienst-Dokumente Bin Ladens Streben, den Irak zur"Zufluchtstätte für Terroristen" zu machen. Bush wolle die Erkenntnisse über Kontaktezwischen Sarkawi und Bin Laden heute bei einer Rede im US-Bundesstaat Connecticutansprechen.
Townsend zufolge hat Bin Laden den hochrangigen Qaida-Kader HamsaRabia damit beauftragt, Anschläge außerhalb Iraks zu planen. Auch Abu Faradsch al-Libihabe vorgeschlagen, dass Rabia mit einer solchen Mission betraut werde. Die Informationenstammten aus der "Geheimndienst-Community", erklärte Townsend, ohne spezifischer zuwerden.
Die US-Regierung hat in der Vergangenheit wiederholt gezieltGeheimdienst-Informationen an die Öffentlichkeit gebracht, um bestimmte Positionen zuunterstützen oder Kritik zurückzuweisen. Bush, der derzeit mit den Demokraten um dieweitere Finanzierung des Irak-Kriegs ringt, werde deutlich machen, welche Erfolge die USAbei der Abwehr terroristischer Angriffe erzielt hätten, sagte Townsend.
Kritikerwerfen der Regierung vor, im Irak die Spannungen zwischen den verschiedenen religiösenund ethnischen Bevölkerungsgruppen nicht ausreichend zu berücksichtigen. Bush versuche,einen unpopulären Krieg mit Verbindungen zur Qaida zu rechtfertigen.
Abu Mussabal-Sarkawi, ein gebürtiger Jordanier, etablierte im Irak nach Beginn des Krieges dieTerrorgruppe "al-Tawhid wa al-Dschihad", die er später in "al-Qaida im Zweistromland"umtaufte, ein Schritt, den die Qaida-Zentrale in einem offenen Brief ausdrücklichbegrüßte. In einem 2005 angeblich von der US-Armee abgefangenen Brief von al-QaidasNummer Zwei, Aiman al-Sawahiri, an al-Sarkawi, soll dieser um Geld gebeten haben - einmöglicher Hinweis darauf, dass das Gewicht der irakischen Filiale im Vergleich zurZentrale deutlich größer geworden war. Zugleich kritisierte Sawahiri die irakischeFiliale wegen ihrer Brutalität gegen Zivilisten.
Sarkawi seinerseits ließ nieeinen Zweifel daran, dass er eine internationale Agenda hatte - er betonte stets, derIrak sei nur ein Schritt auf dem "Weg nach Jerusalem". Aber auch schon vor dem Irakkrieghalf er bei Anschlagsplanungen in Europa. Einer Aufforderung durch Bin Laden, in eineminternationalen Rahmen zu denken, hätte es deswegen eigentlich nicht bedurft. Sollte dievom Weißen Haus lancierte Meldung wahr sein, wäre sie eher deswegen interessant, weil siebedeuten könnte, dass die Zentrale am Hindukusch offenbar so sehr unter Druck geratenist, dass sie das "internationale Geschäft" zumindest teilweise an ihr Tochterunternehmenim Irak abgeben wollte.
hen/yas/AP/Reuters
( sry für c/p )
//Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,484509,00.html