Verhaftung mit Victory-Zeichen
20.11.2006 um 11:50Belgien
Die dunkle Seite des Kinderporno-Jägers
Der belgischeKinderpornojäger Marcel Vervloesem muss jetzt selbst wegen Kindesmissbrauchs insGefängnis.
Der selbsternannte Anti-Porno-Aktivist machte weltweitSchlagzeilen, als er 1998 Enthüllungsmaterial über einen internationalen Kinderpornoringpräsentierte. Doch nun stellte ein Gericht fest, dass der 54-jährige Belgier zwischen2003 und 2005 selbst drei Minderjährige missbraucht hat, und verurteilte ihn deshalb zufünf Jahren Haft. „Der Fall des weißen Ritters“, schrieb die belgische Tageszeitung „DeStandaard“. Im Gerichtssaal saß nur eine Handvoll Journalisten. Das Medieninteresse fürVervloesem war schon mal weit größer. Vor acht Jahren campierten CNN, das japanischeFernsehen und viele europäische Medien im Garten vor seiner Sozialwohnung in Morkhoven.
Schockwellen aus Zandvoort
Die zigtausend Pornobilder, die„Privatermittler“ Vervloesem im niederländischen Badeort Zandvoort gefunden hatte, löstenSchockwellen aus. Der Missbrauch von Kleinstkindern und Babys gab dem schmutzigenGeschäft „eine neue, bisher nicht für möglich gehaltene Dimension“, hieß es in derPresse. Das Fernsehen berichtete über einen „Quantensprung im Kinderporno-Handel“.
Die „Morkhoven-Gruppe“ um Vervloesem, seine Brüder und seine Lebensgefährtin, schriebsich seit Anfang der 90er-Jahre den Kampf gegen jede Form der Diskriminierung auf dieFahnen. „Nervenzentrum“ der Bürgerinitiative war ein Zimmer in Vervloesems Privatwohnung,wo lediglich ein Telefon, Fax und PC standen. Nach der Dutroux-Affäre, galt das Interesseder Gruppe vor allem Kindesmissbrauch. An den Wänden hingen zahlreiche Vermisstenanzeigenaus dem Internet.
“Spuren nach Berlin“
Die Spur eines derPorno-Ringe sollte nach Berlin führen. Immer wieder hat Vervloesem die HauptstadtDeutschlands als „Drehscheibe“, Zentrale eines „Netzwerkes“ oder eines„Menschenhändlerringes“ bezeichnet. In der Szene, so Vervloesem, kursiertenBestellkataloge. Zeige ein Kunde Interesse, würden die Jungs auf der Straße abgefangenund verschleppt. So behauptete der Belgier auch, den 1993 verschwundenen Berliner JungenManuel Schadwald gefunden zu haben.
Dass Deutsche als Täter und Opfer eineHauptrolle im Sexskandal spielen sollten, empörte die Nation und löste in Redaktionen undBehörden – von Bundesregierung bis Europaparlament – Alarmstufe rot aus. Spontanforderten Politiker zur Bekämpfung der Pornodeals den Aufbau einer internationalenFahndungsfront mit „Cybercops“, „Taskforces“ und „Hotlines“. Der damalige CSU-VorsitzendeTheo Waigel wollte das Thema schon beim nächsten europäischen Gipfeltreffen auf derAgenda sehen.
Verhaftung mit Victory-Zeichen
Einer seiner markantestenAuftritte hatte Vervloesem, als ihn die Polizei einst zu einem Verhör mitnehmen wollte.Die „Morkhoven-Gruppe“ stand im Verdacht, Beweismaterial in der Wohnung einesmutmaßlichen Pornobandenmitgliedes gestohlen zu haben. Vervloesem ließ sich abführen, dieFinger zum Siegeszeichen gespreizt und erklärte: „Ich werde festgenommen, weil ich denKinderschänderring aufgedeckt habe.“
Die ersten Risse im Bild des „Helden“zeigten sich im Laufe der offiziellen Ermittlungen. Berliner Fahnder meinten, zwar seider Pornokämpfer ein „engagierter Mann und unerschrockener Bürger“, er liefere aberbislang kaum verwertbare Informationen. Seine Tipps, so Jörg-Michael Klös vom BerlinerLandeskriminalamt, ließen sich nicht bestätigen. Vervloesem sei vor allem ein „höchstselbstdarstellungsbedürftiger Mann“.
Das digitale Horrorarchiv von Zandvoort,soviel steht fest, dokumentierte schwerste Verbrechen. Aber der von Vervloesemangekündigte „weltgrößte Pädophilenring“ wurde nicht gefunden. Der Computerhändler, indessen Wohnung das Bildmaterial lag, stellte sich lediglich als ein Konsument derPornoware heraus. Der Aidskranke starb einige Monate, bevor die „Zandvoort-Affäre“aufflog.
Der Jäger als Täter
Im Knast sitzt nun also nur Vervloesem. Erwurde in dieser Woche wegen Vergewaltigung von Minderjährigen in seiner Privatwohnung zufünf Jahren Haft, davon zwei auf Bewährung, verurteilt. „In der Zeit, als Vervloesemaktiv und intensiv gegen Kinderpornonetzwerke kämpfte und die Aufmerksamkeit der Medienauf sich gezogen hat, war er selber Täter“, sagte der Richter.
Belastend wirkteauch seine Vergangenheit: Bereits 1979 wurde Vervloesem wegen sexuellen Missbrauchs ineine psychiatrischen Anstalt verwiesen. Staatsanwalt Peter van der Flaas kommentierte:„Es ist an der Zeit, dass wir den Mythos Vervloesem auf seine richtige Proportionreduzieren. Vervloesem hat das Image eines Pornojägers benutzt, um selbst Kinder zumissbrauchen.“ Vervloesem dementiert und vermutet „ein Komplott“ gegen sich.
Wusste er zuviel? sind die vorwürfe haltbar? was denkt ihr zu diesem thema?
Die dunkle Seite des Kinderporno-Jägers
Der belgischeKinderpornojäger Marcel Vervloesem muss jetzt selbst wegen Kindesmissbrauchs insGefängnis.
Der selbsternannte Anti-Porno-Aktivist machte weltweitSchlagzeilen, als er 1998 Enthüllungsmaterial über einen internationalen Kinderpornoringpräsentierte. Doch nun stellte ein Gericht fest, dass der 54-jährige Belgier zwischen2003 und 2005 selbst drei Minderjährige missbraucht hat, und verurteilte ihn deshalb zufünf Jahren Haft. „Der Fall des weißen Ritters“, schrieb die belgische Tageszeitung „DeStandaard“. Im Gerichtssaal saß nur eine Handvoll Journalisten. Das Medieninteresse fürVervloesem war schon mal weit größer. Vor acht Jahren campierten CNN, das japanischeFernsehen und viele europäische Medien im Garten vor seiner Sozialwohnung in Morkhoven.
Schockwellen aus Zandvoort
Die zigtausend Pornobilder, die„Privatermittler“ Vervloesem im niederländischen Badeort Zandvoort gefunden hatte, löstenSchockwellen aus. Der Missbrauch von Kleinstkindern und Babys gab dem schmutzigenGeschäft „eine neue, bisher nicht für möglich gehaltene Dimension“, hieß es in derPresse. Das Fernsehen berichtete über einen „Quantensprung im Kinderporno-Handel“.
Die „Morkhoven-Gruppe“ um Vervloesem, seine Brüder und seine Lebensgefährtin, schriebsich seit Anfang der 90er-Jahre den Kampf gegen jede Form der Diskriminierung auf dieFahnen. „Nervenzentrum“ der Bürgerinitiative war ein Zimmer in Vervloesems Privatwohnung,wo lediglich ein Telefon, Fax und PC standen. Nach der Dutroux-Affäre, galt das Interesseder Gruppe vor allem Kindesmissbrauch. An den Wänden hingen zahlreiche Vermisstenanzeigenaus dem Internet.
“Spuren nach Berlin“
Die Spur eines derPorno-Ringe sollte nach Berlin führen. Immer wieder hat Vervloesem die HauptstadtDeutschlands als „Drehscheibe“, Zentrale eines „Netzwerkes“ oder eines„Menschenhändlerringes“ bezeichnet. In der Szene, so Vervloesem, kursiertenBestellkataloge. Zeige ein Kunde Interesse, würden die Jungs auf der Straße abgefangenund verschleppt. So behauptete der Belgier auch, den 1993 verschwundenen Berliner JungenManuel Schadwald gefunden zu haben.
Dass Deutsche als Täter und Opfer eineHauptrolle im Sexskandal spielen sollten, empörte die Nation und löste in Redaktionen undBehörden – von Bundesregierung bis Europaparlament – Alarmstufe rot aus. Spontanforderten Politiker zur Bekämpfung der Pornodeals den Aufbau einer internationalenFahndungsfront mit „Cybercops“, „Taskforces“ und „Hotlines“. Der damalige CSU-VorsitzendeTheo Waigel wollte das Thema schon beim nächsten europäischen Gipfeltreffen auf derAgenda sehen.
Verhaftung mit Victory-Zeichen
Einer seiner markantestenAuftritte hatte Vervloesem, als ihn die Polizei einst zu einem Verhör mitnehmen wollte.Die „Morkhoven-Gruppe“ stand im Verdacht, Beweismaterial in der Wohnung einesmutmaßlichen Pornobandenmitgliedes gestohlen zu haben. Vervloesem ließ sich abführen, dieFinger zum Siegeszeichen gespreizt und erklärte: „Ich werde festgenommen, weil ich denKinderschänderring aufgedeckt habe.“
Die ersten Risse im Bild des „Helden“zeigten sich im Laufe der offiziellen Ermittlungen. Berliner Fahnder meinten, zwar seider Pornokämpfer ein „engagierter Mann und unerschrockener Bürger“, er liefere aberbislang kaum verwertbare Informationen. Seine Tipps, so Jörg-Michael Klös vom BerlinerLandeskriminalamt, ließen sich nicht bestätigen. Vervloesem sei vor allem ein „höchstselbstdarstellungsbedürftiger Mann“.
Das digitale Horrorarchiv von Zandvoort,soviel steht fest, dokumentierte schwerste Verbrechen. Aber der von Vervloesemangekündigte „weltgrößte Pädophilenring“ wurde nicht gefunden. Der Computerhändler, indessen Wohnung das Bildmaterial lag, stellte sich lediglich als ein Konsument derPornoware heraus. Der Aidskranke starb einige Monate, bevor die „Zandvoort-Affäre“aufflog.
Der Jäger als Täter
Im Knast sitzt nun also nur Vervloesem. Erwurde in dieser Woche wegen Vergewaltigung von Minderjährigen in seiner Privatwohnung zufünf Jahren Haft, davon zwei auf Bewährung, verurteilt. „In der Zeit, als Vervloesemaktiv und intensiv gegen Kinderpornonetzwerke kämpfte und die Aufmerksamkeit der Medienauf sich gezogen hat, war er selber Täter“, sagte der Richter.
Belastend wirkteauch seine Vergangenheit: Bereits 1979 wurde Vervloesem wegen sexuellen Missbrauchs ineine psychiatrischen Anstalt verwiesen. Staatsanwalt Peter van der Flaas kommentierte:„Es ist an der Zeit, dass wir den Mythos Vervloesem auf seine richtige Proportionreduzieren. Vervloesem hat das Image eines Pornojägers benutzt, um selbst Kinder zumissbrauchen.“ Vervloesem dementiert und vermutet „ein Komplott“ gegen sich.
Wusste er zuviel? sind die vorwürfe haltbar? was denkt ihr zu diesem thema?