Wer rettet uns vor George W. Bush?
18.07.2006 um 20:46
offener Brief - 2. Teil:
Es ist überflüssig zu sagen, "er hat nicht ...", und George W. Bush hat es auch nicht getan. Die Samen, die unsere politischenStrategien gesät haben, haben bittere Früchte hervorgebracht. Das World Trade Center istnicht mehr da. Das Pentagon ist beschädigt. Und Tausende von Amerikanern sind tot. Fastjeder Journalist schreit nach einem massiven militärischen Vergeltungsschlag gegen jeden,der die Tat begangen haben könnte (es wird angenommen Osama bin Laden) und gegen jeden,der den Terroristen (besonders den Anhängern der Taliban-Regierung von Afghanistan)Unterschlupf gewährt oder ihnen hilft. Steve Dunleavy von der "New York Post" schreit:"Tötet die Mistkerle! Bildet Mörder aus, stellt Söldner an, stellt ein paar MillionenDollar zur Verfügung für Kopfgeldjäger, um sie tot oder lebend zu bekommen, am bestentot. Was die Städte oder die Länder angeht, die diese Würmer bei sich aufnehmen - walztsie einfach platt." Es ist verlockend, dem zuzustimmen. Ich hege keine Sympathie für diePsychopathen, die Tausende unserer Leute getötet haben. Solche Taten können nichtentschuldigt werden. Wenn man mich zum Aktivdienst zurückrufen würde, würde ich hingehen,ohne zu zögern. Gleichzeitig sagt mir aber all meine militärische Erfahrung und meinWissen, daß in der Vergangenheit Vergeltungsschläge die Probleme nicht gelöst haben, undsie werden es auch diesmal nicht lösen.
Der bei weitem beste Antiterror-Apparatist der von Israel. Aus militärischer Sicht ist er unglaublich erfolgreich. Trotzdemleidet Israel unter mehr Anschlägen als alle anderen Nationen zusammengenommen. WennGegenschläge funktionieren würden, wären die Israeli das sicherste Volk auf der Welt.
Terroranschläge konnten jeweils nur auf eine Weise beendet werden: man muß dieUnterstützung der Terrororganisationen durch die größere Gemeinschaft, die sierepräsentieren, unterbinden. Und der einzige gangbare Weg ist, daß man sich dieberechtigten Klagen der Menschen anhört und versucht, ihre Beschwerden zu lindern. Wenntatsächlich Osama bin Laden hinter den vier Flugzeugentführungen und dem anschließendenGemetzel steckt, bedeutet das, daß man die Sorgen der Araber und der Muslime imallgemeinen ansprechen muß, und die der Palästinenser im besonderen. Es bedeutet nicht,daß man Israel aufgibt. Es könnte aber sehr wohl bedeuten, daß man ihnen die finanzielleund militärische Unterstützung entzieht, bis sie mit der Besiedlung der besetzten Gebieteaufhören und zu den Grenzen von 1967 zurückkehren. Es könnte auch bedeuten, daß manzuläßt, daß die arabischen Länder ihre politischen Führer selbst wählen, und nicht vonhandverlesenen, von der CIA eingesetzten Diktatoren regiert werden, die willfährig mitwestlichen Ölgesellschaften kooperieren.
Chester Gillings hat es sehr treffendgesagt: "Wie schlagen wir gegen bin Laden zurück? Als erstes müssen wir uns fragen, waswir zu erreichen hoffen: Sicherheit oder Rache? Diese beiden schließen sich gegenseitigaus: Wenn wir Rache nehmen, werden wir ganz bestimmt unsere Sicherheit verringern. Wennwir nach Sicherheit streben, dann müssen wir beginnen, auch die schwierigen Fragen zubeantworten: Welche Beschwerden bringen die Palästinenser und die arabische Welt gegendie Vereinigten Staaten vor, und worin besteht unsere wirkliche Schuld an diesem Unrecht?Da, wo wir berechtigte Schuld tragen, müssen wir auch bereit sein, die Mißstände soweitwie möglich zu beheben. Da, wo wir keine Schuld oder Heilung sehen, müssen wir unsereStandpunkte den Arabern ehrlich und aufrichtig mitteilen. Kurz gesagt, ist unsere besteVorgehensweise, uns aus den Disputen der Region zurückzuziehen und nicht mitzukämpfen."
Bin Laden jetzt zu töten, würde aus ihm einen ewigen Märtyrer machen. Tausendewürden sich erheben, um seinen Platz einzunehmen. Wir würden es in einem anderen Jahr mitweiteren Terroranschlägen zu tun bekommen, und wahrscheinlich mit viel schlimmeren alsdem 11. September. Es gibt aber noch einen anderen Weg. Kurzfristig müssen wir uns vordenjenigen schützen, die uns bereits hassen. Das bedeutet verstärkte Sicherheitsmaßnahmenund bessere Nachrichtendienste. Im März schlug ich Kongreßmitgliedern vor, daß wirjegliche Mittel für "Star Wars" verweigern sollten, bis die Regierung und die Verwaltungzeigen könne, daß sie alle möglichen Nachforschungen anstellen, umMassenvernichtungswaffen, die heimlich in unser Land gebracht werden (eine wesentlichgrößere Bedrohung als Interkontinentalraketen), aufzuspüren und abzufangen. Es könnenviele Schritte unternommen werden, um unsere Sicherheit zu erhöhen, ohne dabei dieBürgerrechte einzuschränken.
Längerfristig müssen wir jedoch unsere Politikändern, um zu verhindern, daß wir Furcht und Hass hervorrufen, die neue Terroristenhervorbringen. Wenn wir vom ausländischen Öl unabhängig werden - durch Aufbewahrung,durch einen effizienten Umgang mit Energie, durch Energieproduktion aus erneuerbarenQuellen und indem wir zu einem umweltverträglichen Transport übergehen -, werden wir inder Lage sein, eine vernünftigere Nahostpolitik zu betreiben.
Die große Mehrheitder Araber und Muslime sind gute, friedfertige Menschen. Aber eine genügend große Zahlvon ihnen haben sich, aus Verzweiflung, Wut und Angst, zuerst Arafat zugewendet und sichjetzt bin Laden angeschlossen, um ihr Elend zu lindern. Herr Präsident, beseitigen Siedie Verzweiflung, geben Sie ihnen etwas Hoffnung, und die Unterstützung für denTerrorismus wird sich in Luft auflösen. Wenn dieser Punkt erreicht ist, wird sich binLaden dazu gezwungen sehen, den Terrorismus aufzugeben - so wie es auch Arafat getan hat,oder er wird wie ein gewöhnlicher Krimineller behandelt werden. In beiden Fällen werdener und sein Geld keine Bedrohung mehr darstellen. Wir können Sicherheit haben . oderRache. Beides können wir nicht haben.
Wir sollten gut sein anstatt schlecht. Undwenn wir es wären, wer könnte dann gegen uns sein? Wer würde uns hassen? Wer wollte unsbombardieren?
Das ist die Wahrheit, Herr Präsident. Das ist es, was dasnordamerikanische Volk hören sollte.
* Dr. Robert Bowman leitete alle ,StarWars'-Programme unter Präsident Ford und Präsident Carter. Er flog 101 Kampfeinsätze inVietnam. Er schrieb seine Doktorarbeit in Aeronautik und Nukleartechnologie bei Caltech.Er ist Präsident des Instituts für Weltraum- und Sicherheitsstudien und VorsitzenderErzbischof der Vereinigten Katholischen Kirche.
(Quelle:Zeitenschrift-Ausgabe Nr. 36 )