secknow schrieb:Dieses Buch ist nun keine wissenschaftliche Arbeit, es lehnt diesen Anspruch explizit ab. Wäre es anders, würde man nicht versucht sein, es unter ‚Verschwörungstheorie’ verhandeln zu wollen. Das Buch hat auch nicht die Wirkmacht, dass man sich herausgefordert sähe, in der Tradition von Westerbarkey, Rogalla von Bieberstein, Aegthen oder all den anderen Theoretikern der Verschwörungstheorien eine Wissenschaft über das Buch zu veranstalten. Dann würde man wahrscheinlich auch nicht bei allmystery.de landen, sondern einen DfG Antrag stellen. Der Text ist vielleicht eher zwischen James George Frazers Goldener Zweig, Joseph Campbells Mythologienbände oder Mircea Eliades Mythensammlungen anzusiedeln (die ja deutlich mehr Seiten beschrieben haben), vielleicht über den Lincoln/Baigent/Leigh Stories und in jedem Fall deutlich oberhalb Hancock, Däniken, Sitchin und Konsorten.
Bis hierhin ist alles nur substanzloses Blabla.
secknow schrieb:Im Gegensatz zu all diesen Erzählungen lese ich in ‚Auge des Logos’ nicht Archetypen, mythisches Bewusstsein oder Übersinnliches und ähnliches als Leitmotiv heraus, sondern die Behauptung, rationales (proto-)wissenschaftliches Denken sei von Anfang bestimmend für die Entwicklung der menschlichen Kultur gewesen (dies ist eine These). Dazu werden allerlei Überlieferungen (Mythen), etwa die Bibel oder Atlantis, andersherum dargestellt und neu interpretiert.
Und hier wirds leider nicht besser, immerhin aber inhaltlich. Aha, das behauptet er. Und belegt dies - wie? Leitet er das her? Nee, er deutet Sachen so lange um, bis sie dazu zu passen scheinen. Damit aber steckt er in "die Bibel oder Atlantis" erst genau das hinein, was er dann - o Wunder! - wie's Kaninchen ausm Hut zieht. Entschuldige, aber das ist sowas von Däniken & co, nicht ein Deut besser. Er reimt sich was zusammen und denkt sich halt, daß X, Y und Z dazu passen und dies stützen würden, wenn man es genau so eben interpretierte. Gaanz wie Du ja selbst schreibst:
secknow schrieb:Es bleiben aber natürlich weiterhin Mythen und Märchen, und die Interpretationen sind nicht mehr als Vermutungen und Hypothesen mit wissenschaftlicher Anmutung.
Genau, "wissenschaftliche Anmutung", Vortäuschung. So etwa in Sachen Wechsel vom steinzeitlichen Matriarchat zum späteren Patriarchat. Darüber haben nämlich tatsächlich Wissenschaftler geforscht und debattiert. In der Öffentlichkeit wurde dies auch, oft stärker noch als von den wissenschaftlichen Vertretern, als quasifaktische, gesicherte Erkenntnis wahrgenommen, sodaß sachbuchschreibende Hinzes und Kunzes sich darauf stürzten und auf dieses fade Fundament ganze Gedankenpaläste gebaut haben. Diese mittlerweile schon recht angegraute Matriarchats-Hypothese leidet von Anbeginn bis heute, daß sie auf vorausgeschickten Zusatzannahmen statt auf Evidenz basiert. Zahlreiche Venusstatuetten? Nun, es gibt auch, wenn auch weniger, männliche Pendants, quasi "Adonisstatuetten". Wieso sollen dann die Venusstatuetten für ein Matriarchat sprechen? Gab es dann damals schon vereinzelte Patriarchatsgruppen? Und wenn in ein paar Jahrtausenden Archäologen im dann untergegangenen Polen rumbuddeln und eine Marienstatue nach der anderen rausziehen, haben sie dann auch das matriarchale Zentrum des Industriezeitalters gefunden? Oder stecken diese Archäologen da nicht ihre eigenen Vorstellungen, was so eine Frauenskulptur zu bedeuten habe, unbewußt vorab hinein und "entdecken" dann eben nur ihre eigenen Ideen, nicht aber die partiarchale Realität des katholischen Polens?
Matiarchatsforschung ist richtig, wichtig und gut, und sie trägt auch zum Erkenntnisgewinn bei. Dafür darf aber dennoch praktisch alles an der Matriarchatshypothese falsch sein; Erkenntnisse kann man auch mit falschen Annahmen gewinnen. So kann man die Matriarchatsforschung also befürworten, dort gewonnene Erkenntnisse anerkennen und aufgreifen, aber man sollte nicht den Fehler machen, die gedanklichen Implikationen der Matriarchatshypothese für just diese Erkenntnisse zu halten und diese dann wie Tatsachen zu behandeln und sich daraus dann sein eigenes Süppchen kochen, wie hier ganz offensichtlich geschehen. Das "mutet" nur für arg Wisseschaftsferne "wissenschaftlich an".
secknow schrieb:Aber hat es nicht einen Reiz, all den religiösen und spirituellen Mythen über den Ursprung der menschlichen Kultur einen Mythos gegenüberzustellen, der alles rational erklärt (dies ist eine These)? Ob es gelungen ist, oder nicht, ist eine andere Frage.
Klar, über ein "könnte nicht vielleicht X, wenn man Y als Z verstünde" zu spekulieren mag für viele reizvoller sein. Wie wäre die Welt, wenn es Einhörner in echt gäbe, und man sich was wünschen könnte, wenn man an nem Einhornhorn reibt? Mann, wär das toll, ich erzähl Dir, was ich machen würde, wenn Du mir erzählst, was Du tätest.
Mir ist die "andere Frage" jedenfalls lieber, da hat man mehr von. Und ein Diskussionsforum ist auch mehr für solche "andere Fragen" geeignet. Fürs vorsichhin-Spintisieren sind Chatgroups in den einschlägigen sozialen Medien die bessere Plattform. OK, hier gibts ja noch die Rubrik "Unterhaltung", die wäre vielleicht auch was.