Der Planet X
03.09.2005 um 16:54
Planet X, 1841-1992
1841 begann John Couch Adams mit der Erforschung der bis dato ungeklärten Unregelmäßigkeiten in den Bewegungen des Uranus. 1845 schloß sich, unabhängig davon, Urbain Le Verrier dabei an. Adams präsentierte zwei unterschiedliche Lösungen, wobei er davon ausging, daß die Abweichungen durch die Anziehungskräfte eines unbekannten Planeten verursacht werden. Adams versuchte seine Lösungen dem Greenwich Observatorium zu präsentieren, aber nachdem er jung und unbekannt war, nahm man ihn nicht ernst. Urbain Le Verrier präsentierte seine Lösung 1846, aber in Frankreich mangelte es an den nötigen Ressourcen, um einen Planeten zu lokalisieren. Le Verrier wandte sich danach an das Observatorium in Berlin, wo Galle und sein Assistent d'Arrest Neptun am Abend des 23 September 1846 gefunden hatten. Heutzutage teilen sich Adams und Le Verrier die Ehre, die Existenz und Position des Neptun vorhergesagt zu haben.
Inspiriert durch diesen Erfolg nahm Le Verrier das Problem der Abweichungen von Merkurs Orbit in Angriff und vermutete die Existenz eines inner-merkurischen Planeten, Vulcan, der sich später als nichtexistent herausstellte.
Am 30. September 1846, eine Woche nach der Neptun-Entdeckung, erklärte Le Verrier, daß dort draußen noch ein weiterer unbekannter Planeten sein dürfte. Am 10. Oktober wurde Neptun großer Mond Triton entdeckt, der eine einfache Möglichkeit zur akkuraten Bestimmung der Bewegungen des Neptun lieferte, welcher sich als 2 % größer herausstellte als nach den Einflüssen auf Uranus erwartet. Es schien, als seien die Abweichungen in den Bewegungen des Uranus von zwei Planeten hervorgerufen -- zusätzlich stellte sich heraus, daß die Umlaufbahn des Neptun entscheidend von den Vorhersagen von sowohl Adams wie auch Le Verrier abwich.
1850 beobachtete Ferguson die Bewegung des Asteroiden Hygeia. Einer der Leser von Fergusons Bericht war Hind, der den Bezugsstern von Ferguson überprüfte. Hind konnte diesen Bezugsstern nicht finden. Maury, vom Naval Observatory, konnte ebenfalls diesen Stern nicht aufspüren. Für ein paar Jahren wurde daran geglaubt, daß es sich dabei um einen weiteren Planeten handelte, aber 1879 wurde eine andere Erklärung angeboten: Ferguson war bei der Aufzeichnung seiner Beobachtung ein Fehler unterlaufen -- nach der Korrektur dieses Fehlers paßte ein anderer Stern zu diesem 'fehlenden Bezugsstern'.
Der erste seriöse Versuch, einen Planeten hinter Neptun zu finden, unternahm 1877 David Todd. Er benutzte dabei eine „graphische Methode“, und trotz der restlichen Unschlüssigkeiten des Uranus leitete er Eigenschaften eines Planeten hinter Neptun her: durchschnittlicher Abstand 52 AE, Umlaufperiode 375 Jahre, Magnitude feiner als 13. Die Länge für 1877,84 war mit 170 Grad bei einer Ungenauigkeit von 10 Grad gegeben. Die Neigung betrug 1,40 Grad und die Länge des zunehmenden Knotens 103 Grad.
Im Jahre 1879 fügte Camille Flammarion einen weiteren Hinweis auf die Existenz eines Planeten hinter Neptun hinzu: die Aphelien periodischer Kometen neigten zu einer Häufung um die Bahnen der Planeten. Jupiter hatte eine große Ansammlung solcher Kometen, und Saturn, Uranus und Neptun besaßen auch jeweils ein paar. Flammarion fand zwei Kometen, 1862 III mit einer Periode von 120 Jahren und einem Aphel bei 47,6 AE, und 1889 II, mit einer etwas längeren Periode und einem Aphel bei 49,8 AE. Flammarion schlug vor, daß sich der hypothetische Planet möglicherweise bei 45 AE bewegt.
Ein Jahr später veröffentlichte 1880 Professor Forbes eine Kurzabhandlung über die Aphelien von Kometen und ihre Annäherung an die Orbitale von Planeten. Um 1900 war von fünf Kometen bekannt, daß ihr Aphel außerhalb der Neptunbahn lag, und daraufhin schlug Forbes einen Planeten hinter Neptun vor, der sich mit einem Abstand von ca. 100 AE bewegte sowie einem weiteren bei 300 AE, mit Perioden von 1000 und 5000 Jahren.
Während der nächsten fünf Jahre veröffentlichten verschiedene Astronomen/Mathematiker ihre eigenen Ideen davon, was man im äußeren Sonnensystem finden könnte. Gaillot vom Pariser Observatorium nahm zwei trans-neptunische Planeten bei 45 und 60 AE an. Thomas Jefferson Jackson See sagte drei Planeten hinter Neptun vorher: „Oceanus“ bei 41,25 AE mit einer Periode von 272 Jahren, „trans-Oceanus“ bei 56 AE mit einer Periode von 420 Jahren, und schließlich einen weiteren bei 72 AE mit einer Periode von 610 Jahren. Dr. Theodor Grigull aus Münster, Deutschland, nahm 1902 einen Planeten von der Größe des Uranus bei 50 AE mit einer Periode von 360 Jahren an, den er „Hades“ taufte. Grigull gründete seine Arbeit hauptsächlich auf die Umlaufbahnen der Kometen, deren Aphelien außerhalb von Neptuns Bahn liegen, mit einer Kreuzprüfung, ob die Anziehungskraft eines solchen Körpers die beobachteten Abweichungen der Bewegungen des Uranus verursachen könnte. 1921 revidierte Grigull die Umlaufperiode von „Hades“ auf 310-330 Jahre, um sie den beobachteten Abweichungen anzupassen.
Im Jahre 1900 veröffentlichte Hans-Emil Lau, Kopenhagen, Details über die zwei trans-neptunische Planeten bei 46,6 und 70,7 AE Abstand bei 9- und 47,2-fachen Massen der Erde sowie einer Magnitude des näheren Planeten um 10 bis 11. Die Längen von 1900 dieser beiden hypothetischen Körper waren 274 und 343 Grad, beide bei einer sehr großen Ungenauigkeit von 180 Grad.
1901 leitete Gabriel Dallet einen hypothetischen Planeten bei 47 AE mit einer Magnitude von 9,5 bis 10,5 und einer Länge von 358 Grad in 1900 ab. Im gleichen Jahr leitete auch Theodor Grigull einen Planeten hinter Neptun mit weniger als 6 Grad Entfernung von Dallets Planeten her, wobei der den Unterschied später bis auf 2,5 Grad reduzieren konnte. Dieser Planet wurde bei 50,6 AE Abstand vermutet.
1904 unterbreitete Thomas Jefferson Jackson See drei trans-neptunische Planeten, bei 42,25, bei 56 und bei 72 AE. Der innere Planet hatte eine Periode von 272,2 Jahren und eine Länge von 200 Grad im Jahr 1904. Ein russischer General namens Alexander Garnowsky schlug vier hypothetische Planeten vor, schlug aber bei dem Versuch fehl, irgend welche Details zu ihnen zu liefern.
Die beiden sorgfältigsten Ausarbeitungen über Vorhersagen von Trans-Neptun waren beide amerikanischer Provenienz: Pickerings „Eine Suche nach einem Planeten hinter Neptun“ ("A search for a planet beyond Neptune", Annals Astron. Obs. Harvard Coll, vol LXI part II 1909), und Percival Lowell's „Abhandlung über einen trans-neptunischen Planeten“ ("Memoir on a trans-Neptunian planet", Lynn, Mass 1915). Beide beschäftigten sich zwar mit dem selben Gegenstand, aber dabei wurden zwei unterschiedliche Vorgehensweisen benutzt und unterschiedliche Ergebnisse erzielt.
Pickering benutzte eine grafische Analyse und unterbreitete einen „Planet O“ bei 51,9 AE mit einer Periode von 373,5 Jahren, einer Masse doppelt so groß wie die der Erde und einer Magnitude von 11,5 bis 14. Pickering schlug außerdem acht weitere transneptunische Planeten im Verlauf der folgenden 24 Jahre vor. Pickerings Ergebnisse veranlaßten Gaillot, die Abstände seiner beiden trans-Neptune auf 44 und 66 AE zu revidieren, und gab ihnen Massen vom 5- und 24-fachen der Erde.
Alles in allem präsentierte Pickering, von 1908 bis 1932, sieben hypothetische Planeten -- O, P, Q, R, S, T und U. Die letztendlichen Details für O und P definieren vollständig unterschiedliche Körper als die ursprünglichen, so daß insgesamt neun gezählt werden können, mit Sicherheit der Rekord für planetarische Prognosen. Die meisten von Pickerings Vorhersagen sind lediglich als Kuriositäten interessant. 1911 proklamierte Pickering, der Planet Q habe die Masse von 20.000 Erden, also 63-mal soviel Masse als Jupiter oder in etwa 1/6 der Masse der Sonne, knapp an der Mindestmasse eines Sterns. Pickering sagte für den Planeten Q ein stark elliptisches Orbit voraus.
In späteren Jahren zog lediglich der Planet P sein ernstes Interesse auf sich. 1928 reduzierte er die Distanz von P von 123 auf 67,7 AE, und seine Periode von 1400 auf 556,6 Jahre. Er gab P die 20-fache Erdmasse und eine Magnitude 11. 1931, nach der Entdeckung von Pluto, bestimmte er eine andere elliptische Umlaufbahn von P: Abstand 75,5 AE, Periode 656 Jahre, 50 Erdmassen, Exzentrizität 0,265, Neigung 37 Grad, nahe an den Werten, die er 1911 angab. Sein Planet S, erklärt im Jahre 1928 und mit Details versehen 1931, wurde auf eine Entfernung von 48,3 AE versetzt (sehr nahe an Lowells Planet X bei 47,5 AE), Periode 336 Jahre, fünf Erdmassen, Magnitude 15. 1929 brachte Pickering den Planeten U ein, Abstand 5,79 AE, Periode 13,93 Jahre, d.h. knapp außerhalb der Jupiterbahn. Seine Masse sollte 0,045 Erdmassen betragen, Exzentrizität 0,26. Der letzte von Pickerings Planeten war der Planet T, vorgeschlagen 1931: Abstand 32,8 AE, Periode 188 Jahre.
"Hab' ich 'ne Tätowierung auf dem Rücken, wo drauf steht: Macht mich fertig?"
Leute schreibt mir bitte was in GB! Ich brauch das...