@MR________X Meinen ersten Joint hatte ich mit 13. Damals fing das in Jugendkreisen gerade an. Das war 1967. Da waren viele von Euch noch ein Frosch im Teich, der auf den Storch wartet.
Ausser Zeug, das man injizieren musste, habe ich alles ausprobiert, was der Markt von 1967 bis etwa 1984 so hergab. Egal, ob legalisiert oder illegalisiert. Meist hielt sich der Spass oder Lustgewinn in Grenzen. Kam auf die UmstÀnde an. Kiffen und Musik hören - okay. LSD und Sex - na ja. Alkohol und Auto - nein. Koks oder Speed und Arbeit - nö, auch lieber nicht.
Vielleicht ist es ein PhĂ€nomen des Ălterwerdens. Irgendwann lĂ€sst der Spass daran nach. Man mag ja mit 20 auch keine Benjamin-BlĂŒmchen-Cassetten mehr hören oder Biene Maja gucken, oder mit 50 in die Disco. Jede Substanz scheint ihr "Alter" zu haben.
Ach ja, Morphium haben sie mir auch mal reingehauen. Aber da war ich ohnehin nicht ganz bei mir. Das hatte dann auch medizinische GrĂŒnde.
Wenn sich der Jemenit Khat in die Birne zieht, der Mescalero Mescalin oder der Bayer Bier, dann mag die Droge zwar in jeweilige kulturelle Rituale (Mittagspause, Initiationsritus, Oktoberfest) eingebunden sein - aber sympathisch machte es mir den Rauschzustand auch nicht.
Ich hatte nie den Eindruck, dass Bier, Rotwein, Cannabis, allerlei wunderliche Pillen, LSD oder Kokain mir nun sonderlich wichtige Erkenntnisse ĂŒber mein tiefstes innerstes Selbst gebracht hĂ€tten. Maximal Kotzflecken auf dem Teppich, Kopfschmerzen, rĂ€umliche Desorientierung oder Nasejucken.
1984 habe ich mit einer Zigarette im Suff fast ein Sofa in Flammen aufgehen lassen - und mich von meiner damals sechsjĂ€hrigen Tochter aus einem Fast-Koma rĂŒtteln lassen. Das war mein letzter Alkoholkonsum. Da wusste ich, dass die nĂ€chste Flasche Rotwein uns unter UmstĂ€nden töten könnte.
Irgendwann muss man selbst erkennen, wann es nicht mehr weiter geht und den Mut haben, einen neuen Weg zu gehen.
War gar nicht mal so schwer. Mit dem Rauchen aufzuhören fand ich hÀrter.
Noch ein Tipp fĂŒr Leute mit "Helfersyndrom":
Eine "Aussenmotivation" ist nicht immer hilfreich, manchmal sogar kontraproduktiv. Viele Suchtkranke sehen das als Angriff auch sich, auf ihre eigene EntscheidungsfÀhigkeit, auf ihr "Mensch sein" an.
HĂ€tte mir jemand damals gesagt: "Hör mal, Anders, eine Flasche, oder gar anderthalb Buddeln Rotwein pro Abend: Meinst Du nicht, dass Du es mit dem "Writers Disease" etwas ĂŒbertreibst? Trinke mal weniger..." - dann hĂ€tte ich mich möglicherweise hinter Ausreden verschanzt: "Ach, komm, nun ĂŒbertreibst Du aber. So viel ist das garnicht. Ich hab' das im Griff, und ĂŒberhaupt, was geht Dich das an, wie ich meine Abende gestalte. Andere fressen..." Und so weiter, das ganze ĂŒbliche selbstverteidigende, wahrheitsverleugnende, betroffene/besoffene Gefasel halt.
Nein, der Entschluss, mit dem Substanzkosum aufzuhören, kann nicht von aussen kommen. Er muss von innen kommen. Erst dann kann man helfend eingreifen. Gegen den Willen des Kranken kann man nichts tun.