Welche Erfahrungen habt Ihr selbst mit dem 2-ten Weltkrieg gemach
18.11.2013 um 20:14
Einige Almystery-Mitglieder auf diesem Thread forderten von mir eine Aussage. Also gut Leute, nun bin ich mal wieder dran.
Da der 2-te Weltkrieg ja ebenfalls das Ergebnis einer Verschwörung war, die von verschiedenen Großindustriellen, bzw. deren Geschäftsinteressen ausging, finde ich, man sollte hier ruhig mal sein Schweigen brechen um diesen Beitrag dafür zu nutzen, der nächsten Generation mal die Augen zu öffnen. Vergessen heißt Wiederholen, hat man uns in der Schule mal eingetrichtert. Diese Internetplattform könnte von den Betroffenen selbst dazu genutzt werden, mal unabhängig und ohne Zensur einfach über das erlebte zu schreiben. Schließlich möchte ich so was auch mal ohne Zensur erleben.
Immerhin ist der Krieg eines der größten Verbrechen der Menschheit!
Ich selbst kann hier auch ich nur indirekte Erfahrungen mit dem Krieg wiedergeben, die es aber durchaus in sich tragen.
Ich selbst wurde nach dem Krieg Ende der 60er Jahre hier in Deutschland, Mittelfranken, geboren. Ich habe den Kalten Krieg erst so ab 13 Jahre richtig bewusst mit verfolgt. Das war so ab 1981 herum. Den Vietnam-Krieg zuvor (bis 1975)habe ich im Fernsehen nur am Rande mitbekommen. Und was ich vorher so mitbekommen habe konnte ich als kleiner Junge noch nicht recht verstehen.
Aber ich wuchs in einer Sekte auf, die natürlich alles Weltgeschehen nur auf Gott und Satan reduzierten. (Ich würde den Beiden hier mal einen guten Anwalt empfehlen)
Aber während ich als kleiner Junge mit meiner Mutter oft in den Haus zu Haus Predigtdienst ging, machte ich sehr wohl „Indirekte Kriegserfahrungen“.
Oft trafen wir auf alte Leute, die Direkte Kriegserfahrungen selbst gemacht haben und mir ihre eigenen Kriegsgeschichten, oft unter inneren Beben und Tränen erzählten.
Diese Leute hatten alle immer noch ihren Luftschutzkoffer bereit stehen. Bei Probealarmen habe ich es schon öfter erlebt dass diese Menschen noch nach 30 Jahren in Panik gerieten. Die kannten dieses grauenvolle, dämonische Geräusch der Sirenen noch zu genau.
Die haben mir oft erzählt wie sie die Stunden und Tage in den muffigen, zwielichtigen Kellern zugebracht haben und was sie sahen, als sie aus ihren Gefängnis wieder herauskamen, in den Bombennächten. Dort haben die ihre Gebetsbücher alle auswendig gelernt. Atheisten waren damals schwer zu finden.
Viele hatten deshalb noch Jahrzehnte nach dem Krieg Angst in den Keller zu gehen, besonders weil das Licht oft automatisch ausging. Das laute Kreischen und Knallen der vom Himmel herabfallenden Bomben und das Donnern von zusammenstürzenden Gebäuden haben viele da unten live mitbekommen, als das Licht flackernd ausging. Dann musste man sich eben mit Provisorien behelfen. Die Luft wurde oft stickig und ging oft auch mal zu Ende, wenn die Lüftungen verstopften oder das Feuer über ihnen den Sauerstoff aufgebraucht haben. Die Todesängste konnten diese Menschen 30 Jahre später oft nur mit Mühe wiedergeben, wenn überhaupt.
Danach ging die Suche nach den Überlebenden Freunden und Verwanden in den brennenden und rauchenden Überresten ihrer Straßenzüge immer wieder von vorne los. Oft war ihr Zuhause einfach nicht mehr da. Sie wohnten in Ruinen und Trümmern wie die Ratten, die sie plagten. Viele haben Jahre bis Jahrzehnte in kalten, engen Baracken gehaust. Viele verhungerten oder mussten mit den kargen Lebensmittelrationen überleben. Fast alle kannten Freunde die verhungert sind.
Und die Ex-Soldaten, die mir von ihren persönlichen Erlebnissen in den Schützengräben erzählt haben waren auch alle sehr verängstigt und zitterten, wenn sie sprachen. Da haben manche Alten, wenn sie noch vom 1ten Weltkrieg sprachen, noch erzählt, wie diese oft Tagelang im Trommelfeuer nicht aus ihren Löchern herauskamen, die voll modrigen Wasser liefen. Oft verwesten dort die Leichen ihrer verstümmelten, toten Kammeraden und sie konnten zusehen, wie die Würmer und Ratten diese fraßen.
Oft erzählten mir viele, wie sie beim Volkssturm in den letzten Kriegsmonaten dabei waren. Da haben die als Kinder versucht noch die Amerikaner oder Russen aufzuhalten oder dienten bei der Flack.
Als Kind habe ich oft nicht verstanden, warum plötzlich Erwachsene Männer auf Kinder losgingen, die mit Spielzeuggewehren herumschlossen und auf sie zielten. Auch vor meinem Opa durfte ich nicht mit Spielzeugwaffen auf ihn zielen.
Doch als Kind habe ich so was nur schwer erfassen können. Ich selbst kannte nur den Hollywoodschwachsinn der US Propaganda. Diese Menschen haben eben auch gegen Kindersoldaten kämpfen müssen oder waren zum Teil selber Kindersoldaten. Heute nenne ich so was eben ein Kriegstrauma.
Interessant ist da auch eine andere Beobachtung, die ich als kleiner Junge nicht bewusst wahrgenommen habe. Viele alte Menschen kannte ich eben schon von Anfang an als alte, ergraute Menschen. Sie waren einfach schon immer so gewesen und egal wie alt diese noch so wurden, das änderte sich einfach nicht. Alte Menschen waren zwar meist sauber und ordentlich, aber ein Uringeruch und noch etwas Anderes lagen meist in der Luft, als sie mir an Wohnungstüren und in Wohnungen darüber berichteten. Aber damals habe ich das eben für normal gehalten, die sind eben Alt.
Doch viele waren damals doch erst um die 40 oder 50 Jahre. Aber das war eben für mich als Kind schon unvorstellbar alt.
Die heutigen Alten haben so was erst viel später. Die meisten sind in diesem Alter noch nicht ergraut und riechen nicht nach Urin und Fäkalien.
Auch habe ich viele Menschen mit Holzbeinen und fehlenden Gliedmaßen gekannt. Viele hatten Brandt-Narben und waren furchtbar entstellt ein Leben lang. Eine Nachbarin hatte mir erzählt sie hätte als kleines Mädchen in einer Bombennacht eine Phosphorbombe abbekommen. Sie musste ein Leben lang mit einem entstellten Gesicht herumlaufen.
Auch mein eigener Opa hat mir von seinen Kriegserfahrungen berichtet. Er sprach selten davon aber ein paar Jahre vor seinem Tod hat er mir mal erzählt, wie er seine Kriegsgefangenschaft erlebte, in einem Französischen Lager.
Dort gab es keine Baracken. Sie mussten auf einem offenen, umzäunten Gelände im Freien schlafen, im Winter, bei Frost. Die erfrorenen Toten dienten dabei als Zudecke und man versuchte sich mit Händen und Löffel eine flache Grube zu graben um sich vor der Kälte zu schützen. Deshalb hatte mein Opa auch eine Glatze, wie ich damals erfuhr. Er war eben auch so ein ewig alter Mann gewesen. Ich kannte ihn nie als „Jungen 50er“ sondern nur als alten Mann, der sich ganz auf seinen Sport konzentrierte. Seine Familie schien er kaum wahrzunehmen.
Mein Vater wurde als Kind einfach aus seinem Heimatdorf vertrieben und machte einen Flüchtlingstreck mit. Auch er musste fast ein Jahr in Barracken hausen. Er ist ein sogenannter Sudetendeutscher.
Mein eigener Vater lernte seinen Vater erst mit ca. 6 Jahren kennen. Dieser hat nur gestraft, wenn mein Vater etwas falsch machte, aber gekümmert hatte er sich nur um seinen Sportverein. So was erfuhr ich eben auch erst viel später.
Den Generationenübergreifenden Kriegsschaden habe ich so also auch erlebt, als 2-te Nachkriegsgeneration.
Aber als plötzlich der Falklandkrieg 1982 über den Bildschirmen lief, wurde mir klar dass wir doch nicht ganz sicher sind. Plötzlich waren ein europäisches Nachbar- Land im Krieg und das live und in Farbe, direkt im Wohnzimmer von der Tagesschau, mitten im Kalten Krieg.
Von da an verfolgte man das Weltgeschehen aufmerksam. Im Nahen Osten tobte dann auch noch der Golfkrieg zwischen Iran und Irak fast ein Jahrzehnt lang. Im Libanon waren Massaker und Gefechte fester Bestandteil einer jeden guten Tagesschau.
Erst als ich in den Pflegeheimen als Aushilfe gearbeitet habe, wurde mir so allmählich bewusst, was diese Menschen mir da damals erzählt haben und mir damit sagen wollten. Die waren alle der Meinung, es gäbe bald wieder Krieg, damals im Kalten Krieg. Meine Generation wuchs mit den Kriegsängsten auf.
Dort traf ich ebenfalls auf Ehemalige Elitesoldaten, U-Bootfahrer und Andere. Die haben ihre eigenen Kriegserfahrungen ebenfalls nie verarbeiten können und hatten es oft mit Albträumen und Wahnvorstellungen zu tun, die auf ihren eigenen Erfahrungen beruhten, so als ob diese das Geschehen immer wieder erneut erlebten, live und persönlich. Als Nachtwache macht man dann eben so einiges mit.
Ich habe damals viele solcher Menschen angetroffen. Doch es würde zu lange dauern, dies hier alles Einzeln zu berichten.
Deshalb habe ich gehofft, einige der Alten, die das noch irgendwie selbst erlebten, würden davon selber schreiben, solange sie es noch können, für die nächste Generation.
Erhard Vobel jun. // Nürnberg, 18.November 2013
PS. In Ungarn gibt es einen alten Spruch:
Die erste Generation macht Krieg.
Die zweite baut wieder alles auf.
Die dritte Generation führt wieder Krieg. Usw. usw. usw. …