Bevor das hier in der Versenkung verschwindet, wollte ich noch ein paar Worte schreiben. Es gab ein paar Interpretationen über die Bedeutung und Entstehung meines Profils - vielleicht mag es manchen interessieren, wie es zu diesem Design gekommen ist. Wenn dich das nicht interessiert, brauchst du nicht weiterlesen und darfst mich als geltungsbedürftigen Selbstdarsteller beschimpfen.
Chen's Profil - Das Making OfVorgeschichteIch hatte in den letzten Jahren viele unterschiedliche Designs, und wer sich der brutalen Offenheit der
Bewerte das Profil des Users über dir! stellt, wird schnell ein Gespür dafür entwickeln, was ankommt und was nicht. Meine ersten Profile waren vollgestopft bis zum Überlaufen: YouTube-Videos der Lieblingsbands, coole Fotos meiner Hobbys, diverse Links, majestätische Hintergründe, furchtbar viel Blabla - "viel hilft viel", denkt man, und liegt damit falsch.
Man sollte sich erst einmal klar machen, was man mit seinem Profil überhaupt anfangen will. Eigentlich sind die Profile ja dazu gedacht, sich selbst zu präsentieren - wo man herkommt, worauf man steht, vielleicht sogar, wie man aussieht. Meine Erfahrung ist leider, dass das keine Sau interessiert. "Jeder trägt eine Biographie mit sich herum, die keinen anderen interessiert: die eigene" sagte ein Autor einmal. Wobei es sicherlich unglaublich spannende Lebensgeschichten gibt, aber das Ziel eines Allmystery-Profils sollte es eher sein, den Besucher visuell zu unterhalten. (Als weibliche Nutzerin kann man Bonuspunkte sammeln, wenn man die Oberweite präsentiert. Als Mann bringt das übliche "cool gucken" hingegen wenig). Wenn man sich von der Idee verabschiedet, sich selbst präsentieren zu wollen, kann man aber am meisten erreichen.
Mit sehr wenig "Ablenkung" und einem klaren roten Faden möglichst viele Emotionen rüberbringen, scheint am besten zu sein. Was nicht nur für Profile gilt, sondern das Geheimhnis guten Designs an sich ist. Beispiel Apple: Man mag die Produkte lieben oder hassen, aber das Design ist einfach konkurrenzlos gut:
Doch wie kann man einen roten Faden, elegantes, sparsames Design und Emotionen in einem Allmystery-Profil unterbringen, ohne es zu überladen?
Wer sein Profil mit Musik einer bestimmten Richtung zupflastert, wird bei Anhängern dieser Musik viel punkten können, bei allen anderen aber Ablehnung erfahren. Je mehr spezialisierten Content man auf seine Seite packt, desto eher erreicht man nur noch die Schnittmenge der Besucher, nicht mehr die Vereinigungsmenge. Es gehört wohl zum Prozess des Erwachsenwerdens, einzusehen, dass der eigene Geschmack längst nicht immer den Geschmack der Masse trifft.
Es gibt aber Ausnahmen. Alle Menschen sprechen auf Emotionen an, oder besser: Stimmungen. Eines meiner Profile bestand aus einem einzigen Bild, dass einen einsamen Reiter zeigte, der neben einem Wasserfall in den Sonnenuntergang blickt. Dazu ein YouTube-Track mit sanften Wasserrauschen. Sonst nichts. Kein einziges Wort Text, keine Navigationselemente, keine Freundesliste, nichts. Pure Atmosphäre. Wäre mir nicht mein aktuelles Profil eingefallen, wäre ich mit dem einsamen Reiter angetreten.
Ein Wort zu Gedichten: Viele User stellen selbstgemachte Lyrik ins Profil. Vielleicht bin ich der falsche Mensch dafür, aber mir gibt das nichts. Ich habe auch im Profil-Bewertungs-Thread selten einen Kommentar gesehen, der die Gedichte bewertet, weder positiv noch negativ. Der Sinn von Gedichten scheint eher zu sein, sie zu
schreiben, und nicht, sie zu
lesen. Ich zitiere mal Andreas Eschbach:
Die Wahrheit ist, dass fast jeder irgendwann in seinem Leben eine Phase hat, in der er sich an Gedichten versucht - meistens in jungen Jahren, wenn entweder heftige Verliebtheit oder dunkler Weltschmerz das Daseinsgefühl bestimmt. Die weitaus meisten dieser Werke werden versteckt und irgendwann weggeworfen, und in der Regel nicht zum Schaden der Literatur. Ich will keinen entmutigen, Gedichte zu schreiben. Aber ehrlich gesagt habe ich in den zahllosen Profilen allmysterys kein einziges bis zum Ende gelesen.
Das DesignWenn ich ehrlich bin, gefällt mir das Design von Invisus (inzwischen wieder bei
Red.Bird) immer noch am besten, zumindest in der technischen Ausführung. Perfekte Farbabstimmung, sauber herausgearbeitete Style-Sheets, geniale Musik. Ich habe fast ein schlechtes Gewissen, da mein Profil keinerlei Custom-CSS enthält - bloß ein paar Tricks, um die Navbar und Freundesliste durchsichtig zu machen, solche Sachen halt. Für mehr reicht mein Können auch nicht aus, daher habe ich mich damit begnügt, alles störende und ablenkende aus dem Profil zu verbannen.
Schon seit längerem sammle ich diverse Fantasy- und Science-Fiction-Bilder, die ich ausdrucken und an meine Klotür kleben kann. Im Laufe der Zeit hat sich eine beträchtliche Sammlung angehäuft, die ich früher auch oft in meinem Profil präsentiert habe.
Bilder, die einen visuell richtig umhauen, einen in eine andere Welt entführen, zum Träumen einladen:
Darunter fanden sich auch einige düstere Bilder von gigantischen Zwergenstädten tief unter der Erde, die letztendlich in meinem Profil landen sollten.
Die MusikDer Gedanke zum Profil kam mir überhaupt erst, als ich zufällig auf Wikipedia dem
Shepard-Ton begegnet bin. Es gibt tatsächlich einige "akustische Illusionen", wovon ich vorher noch nie gehört hatte. Der Shepard-Ton, bei dem sich mehrere abfallende Tonleitern überlagern, dass man im Idealfall den Übergang nicht hören kann, erzeugt dieses einzigartige Gefühl des Fallens.
Spektrum der Shepard-Skala
Die StoryDazu gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Zuerst waren nur die Bilder und der Sound da - die Idee, den User direkt anzusprechen und eine Geschichte zu erzählen, kam sehr spontan. Letztendlich habe ich dafür nur ein paar Minuten überlegt und die erstbeste Idee hingeschrieben. Als es klar wurde, dass das gut ankommt, habe ich die Länge noch einmal verdoppelt und etwas mehr Dramatik hinzugefügt.
AbschlussDas Design des Profils dauerte insgesamt etwa 2-3 Stunden, wobei die Auswahl der richtigen Bilder und das Layout (vor allem die Schriftgrößen, Abstände, Farben) die meiste Zeit gekostet hat. Der Fuzzy-Effekt an den Bildrändern ist im Nachhinein eigentlich ziemlich unsauber und hat weniger als 1 Minute pro Bild gedauert
:)Letztendlich gibt es keine direkte Absicht oder "Message" in diesem Profil. Mir ging es nur um Atmosphäre, die den Betrachter aus unserer Realität förmlich wegsaugt. Den größten Verdienst hat wohl der Sound, er dominiert die ganze Szene.
So. Ich hoffe, ich konnte ein paar brauchbare Tipps und Eindrücke geben und habe nicht zu sehr wie ein selbstverliebter Idiot geklungen ^^ Wenn ich die Erfahrung in ein einem einzigen Satz zusammenfassen würde, würde ich sagen: Erzeugt Emotionen. Alles andere ist nebensächlich.
Über Feedback freue ich mich
:)