Ich habe einen recht interessanten Bericht zum Haus Wolfskuhlen gefunden.
Wir sind einem echten regionalen Mythos auf die Spur gekommen. Einem verlassenen Herrenhaus in der Wolfskuhlenallee bei Budberg-Rheinberg. In den Augen Vieler ein unheilvoller Ort. So wollen Besucher des Nachts das Wimmern kleiner Kinder aus den finsteren Gemäuern der Ruine gehört haben. Und dann ist da noch dieses Mädchen, das auf der Treppe zum Haupteingang sitzt und Besucher warnt, das Anwesen zu betreten.
Das alte Herrenhaus - Heute nur noch eine Ruine
Bei Tag betrachtet, übernimmt diese Rolle eine Reihe auffälliger Verbotsschilder. Und diese haben durchaus ihre Daseinsberechtigung. Denn das Herrenhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert ist in einem baufälligen Zustand. Man hat das Gefühl, ein Windstoß könnte die Außenmauern ohne Weiteres zum Einsturz bringen. Vom einstigen dreistöckigen Prunkbau ist im Wesentlichen noch die Hülle aus zwei Stockwerken übrig. Im Inneren hat sich die Natur bereits in den letzten Jahren ihren Raum geschaffen und einige der aus dem Fundament sprießenden Bäume überragen mittlerweile die Ruine.
Der Mythos
Im Laufe der Jahre haben sich unzählige Geschichten um das verlassene Anwesen verbreitet. Diese verhalfen dem Landsitz sogar bundesweit zu einem zweifelhaften Ruhm.
So habe das Herrenhaus im zweiten Weltkrieg als Lazarett gedient, sei überfallen worden und alle darin liegenden Verwundeten seien ums Leben gekommen, heißt es in einer der Legenden.
Hartnäckig hält sich jedoch vordergründig das Gerücht, dass es nach dem Krieg zu diversen Mordfällen gekommen sei, bei denen in vereinzelten Quellen auch Kannibalismus eine Rolle spielte. Der Grund für diese Annahme resultiert daraus, dass der Landsitz in den Jahren nach 1960 als Heim für schwer erziehbare Jugendliche gedient haben soll. Daraus wiederum entstanden Gerüchte, dass einige Schützlinge in dieser Zeit lebendig in den Gewölben des Herrensitzes eingemauert wurden. Unterschiedliche Quellen berichten auch von einem Friedhof im Garten auf der Rückseite der heutigen Ruine.
Ebenso soll es vereinzelt immer wieder vorgekommen sein, dass nachts schwache Lichter in den dunklen Fensterhöhlen erscheinen und das Wimmern kleiner Kinder zu hören sei.
Besonders unheimlich ist die Geschichte vom blonden Mädchen. Schilderungen verschiedener Besucher zur Folge, sei es gelegentlich auf der Treppe zum Haupteingang anzutreffen, um die Gäste vor todbringenden Fallen im Innern des Gebäudes zu warnen.
In einem der Räume, dem sogenannten Sandsaal, soll der Boden mit Quarz-Sand bedeckt sein, auf dem sich Fußspuren von Kindern abbilden.
Und dann ist da noch ein Wolf mit feuerroten Augen, der zu mitternächtlicher Stunde im Garten, auf der Rückseite des alten Herrensitzes sein Unwesen treibt.
Leere Augen eines missverstandenen Hauses
Die Wahrheit
Die Geschichte rund um den Landsitz ist bis ins 12. Jahrhundert dokumentiert. Beim vermeintlichen Spukschloss handelt es sich jedoch lediglich um das Herrenhaus, welches um 1800 erbaut wurde. Es liegt im Herzen der Natur genau zwischen Budberg und Rheinberg. Erstaunlicherweise ist trotz der Baufälligkeit das vereinigte Wappen von Büllingen-Wevelinghoven bis heute in Farbe und Form noch immer an der Frontseite erkennbar.
Im zweiten Weltkrieg ist das Anwesen zwar von Bombardements verschont geblieben, jedoch sind aufgrund nicht klar dokumentierter Geschehnisse, Teile des Mobiliars und der Kunstgegenstände verschwunden. Zu beklagen ist auch der Verlust des Archivs, welches nicht nur Urkunden und Akten über das Schloss, sondern auch wertvolles Material über den Verlauf der Geschlechter enthielt. Auch aus der auf dem Schloss vorhandenen Bibliothek, die ältere und seltene Werke aufwies, sind wertvolle Bücher verschwunden.
Das Haus selbst bewohnte die Familie von Loë bis 1960. "Ich bin dort noch zur Welt gekommen", erzählte der heutige Besitzer Roderich Freiherr von Loë, der heute auf dem gegenüber liegenden Hof lebt, im März 2009 der Rheinischen Post.
In den sechziger und siebziger Jahren, so heißt es in dem Artikel weiter, sei das Anwesen dann als Lehrlingsheim des Bergwerks Rheinpreußen und danach von einem Sozialwerk genutzt worden.
Vor etwa zehn Jahren habe ein namentlich nicht genannter Investor den Landsitz mit dem Ziel erworben, dort Luxuswohnungen zu errichten, heißt es in der RP weiter. Da dieser jedoch nach der Entkernung des Gebäudes Insolvenz anmeldete, sei das Anwesen zwar wieder in den Besitz der Familie von Loë übergegangen, jedoch nie wieder aufgebaut worden.
Nur wenig Substanz erinnert noch an den einst prächtigen Landsitz
Mein Eindruck
Zweifelsohne ist der alte Herrensitz ein schauriges Gebäude. Dies liegt maßgeblich an der Lage inmitten von Wäldchen und Feldern und daran, dass es heute eine einzige Ruine ist. Ich hatte permanent das Gefühl, die leeren Fensterhöhlen blicken auf mich herab und beobachten mich. Nur noch wenig Substanz lässt darauf schließen, um was für ein prunkvolles Herrenhaus es sich einst gehandelt hat.
Bei dem Gedanken an die vielen Geschichten, welche man sich erzählt, läuft einem automatisch ein Schauer über den Rücken. Jedes Geräusch, jedes Vogelzwitschern, jede Stimme in der Ferne sorgt für nahezu paranoide Gedanken und bewirkt farbenfrohe Ausgeburten der Fantasie.
Und genau das ist der Punkt. Es sind die Geschichten, die diesem toten Ort zu neuem Leben verhelfen. Das Haus bekommt dadurch eine schwer zu erklärende Persönlichkeit. Man betrachtet die Ruine mit vielen Emotionen. Von Angst bis hin zu Trauer über die vermeintlichen Geschehnisse an diesem Ort.
Als ich mich dann im Anschluss an die Recherche gemacht habe und die wenigen Informationen, die zum ehemaligen Landsitz in der Wolfskuhlenallee zu finden sind, ausgearbeitet habe, stellte sich Ernüchterung ein. So "schön" es war daran zu glauben, an diesem mystischen Ort würde es spuken, so "trocken" erschien die Wahrheit.
Allerdings habe ich daraus etwas gelernt. Es gibt keine bösen oder guten Orte. Erst die eigene Gedankenwelt treibt den Betrachter dazu, Angst zu empfinden oder des Nachts einen großen Bogen um die hohlen Fenster des Anwesens zu machen.
Initiiert wird der Ausflug in die menschlichen Abgründe durch erzählte Mythen und Legenden. Aber ist das nicht eigentlich ein wunderbarer Umstand, der uns aus unserer leistungsorientierten und von Sorgen erfüllten Alltagskultur für einen kurzen Moment zurück in eine kindlich naive Fantasiewelt zieht? Eine Welt in der losgelöst jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnisse, uns auch ein Spuk in Form eines kleinen Mädchens dazu verleitet, rationale Gedanken fallen zu lassen und uns in irrationalem Aberglauben zu verirren?
Ich denke ja, und ich finde es wichtig, sich gerade in Zeiten in denen man glaubt, es sei alles zu dieser Welt gesagt und in mathematischen Formeln belegt, diesen kleinen Teil gedanklicher Intimsphäre und Kindheit zu bewahren.
Leider sind die Spuren von Vandalismus allgegenwärtig
Das Fazit
Ohne Zweifel haben alte Gebäude seit je her eine überaus große Sogwirkung auf spirituell begeisterte Menschen. Dieser verfallene Bau ist nahezu geschaffen für unheimliche Lagerfeuergeschichten und er beflügelt die Fantasie derer, die das Gebäude längere Zeit betrachten und sich damit beschäftigen. Der Mythos trägt zu einer ganz besonderen Atmosphäre bei und sorgt für die nötige Spannung.
In diesem Fall liegt der Mythos jedoch weit von den dokumentierten Fakten entfernt. Ein Kinderheim, wie es in diversen Quellen beschrieben wird, hat ganz offensichtlich niemals dort existiert. Und damit ist eine der Kernthesen bereits im Keim erstickt. Dennoch hält sich diese beständig, wie eine Fülle Foren zu diesem Thema belegen. Auch das Gerücht, dass es sich bei dem Anwesen in den Kriegsjahren um ein Lazarett handelte, kann nicht bestätigt werden.
Was leider der Wahrheit entspricht, ist die Tatsache, dass im Keller des Herrensitzes nachts, trotz Einsturz- und Lebensgefahr, immer wieder neugierige Pilger ihr Unwesen treiben. Vereinzelt ist auch von okkulten Handlungen die Rede und die RP berichtete 2008 von abendlichen Nazi-Aktivitäten auf dem Grundstück. Hinzu kommen Spuren von Vandalismus, wie etwa beschmierte Wände und eingetretene Türen sowie regelmäßige Polizeieinsätze.
Somit sind es nicht die durchaus kreativen Gespenstergeschichten,die dieses Anwesen zu einem schaurigen Ort werden lassen. Vielmehr sind es die nächtlichen Aktivitäten rücksichtsloser Besucher, die mit ihrem Handeln ihre eigene Kreation entmystifizieren anstatt die Schauermärchen mit zugestandenem Unterhaltungscharakter bei Betrachtung des Herrenhauses einfach still zu genießen.
Quelle:
http://www.freitagsfisch.de/component/k2/item/10-spuk-am-niederrhein-mehr-schein-als-sein (Archiv-Version vom 04.12.2010)Dort sind auch noch einige Bilder zu sehen.