AllmysteryNavigation
Menschen Wissenschaft Politik Mystery Kriminalfälle Spiritualität Verschwörungen Technologie Ufologie Natur Umfragen Unterhaltung
weitere Rubriken
PhilosophieTräumeOrteEsoterikLiteraturAstronomieHelpdeskGruppenGamingFilmeMusikClashVerbesserungenAllmysteryEnglish
Diskussions-Übersichten
BesuchtTeilgenommenAlleNeueGeschlossenLesenswertSchlüsselwörter
Schiebe oft benutzte Tabs in die Navigationsleiste (zurücksetzen).

T. C. Boyle - Blue Skies

3 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Gegenwartsliteratur, Science Fiction ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Seite 1 von 1

T. C. Boyle - Blue Skies

16.02.2025 um 23:49
Boyle-Blue Skies

Dieser Roman von T. C. Boyle aus 2023 erscheint mir ein Zettelkastenprodukt zu sein. Die Klammer bilden die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf Kalifornien (trocknet aus und ist von Waldbränden geplagt) und Florida (heiß und nass mit steigendem Meeresspiegel), gespiegelt anhand einer Familie: Ottilie und Frank (Eltern in Kalifornien), Catherine "Cat" (Tochter in Florida und Hauptfigur) sowie Cooper (Sohn, lebt in Kalifornien). Deren Geschichten wirken sehr zusammengestoppelt.

  • Cat: Sie ist mit Todd, einem Bacardi-Botschafter mit Tesla, verheiratet und lebt in einem von ihm bezahlten Strandhaus bei Jacksonville, Florida, und trinkt. Als Haustiere hält sie zwei Tigerpython und eines dieser Tiere tötet eine ihrer nicht erwünschten Zwillingstöchter. Von der Anklage wegen fahrlässiger Tötung wird sie freigesprochen, doch Todd verlässt sie und überlässt ihr das Strandhaus. Ihr neuer Partner wird der Schlangenverkäufer, den sie aber verlässt, als dessen Bruder zwei seltene Silberboa von den Bahamas in die USA schmuggeln will und damit ihren Urlaub versaut. Das Strandhaus wird immer öfter von Fluten unterspült und bricht schließlich nach einem Termitenschaden zusammen, als die überlebende Tochter bereits im schulpflichtigen Alter ist. Damit endet ihre Geschichte im Roman.
  • Ottilie: Sie lebt mit ihrem Mann Frank (einem Arzt) in einem Haus mit Swimmig-Pool in Kalifornien. Aufgrund der Dürre sind sie Wasserbeschränkungen ausgesetzt, doch die Waldbrände verschonen es. Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, hört sie auf, Fleisch zu essen, steigt auf Insekten als Eiweißnahrung um, die ihr wie der Bienenstock, den sie pflegen will, wegsterben. Am Ende geht sie mit ihrem Sohn Cooper in ein Insektenreservat, um Schmetterlinge zu zählen. Damit endet der Roman.
  • Cooper: Der Sohn ist Insektenforscher und ewiger Student (hat mit 35 noch immer keinen Abschluss). Seine erste Partnerin ist Japanerin und Zeckenforscherin. Nachdem Cooper von einer Zecke in den linke Unterarm gebissen worden ist und aufgrund einer Infektion dieser amputiert worden ist, verlässt sie ihn, als er mit einer anderen Frau, Elytra, rummacht. Cooper erhält eine High-Tech-Prothese, die über Nervenverbindungen und einen Computerchip gesteuert wird. Seine neue Freundin wird er heiraten.


In diese sehr langatmig geschriebene Familiengeschichte sind immer wieder Fachinformationen eingeflochten. So zum Beispiel, welche Auswirkungen ein Insektensterben auf die Nahrungsmittelgrundlage der Menschheit hat:
dass die Getreidearten, die die Grundlage der menschlichen Ernährung bildeten - Mais, Weizen, Reis -, vom Wind bestäubt wurden. Bei Obst und Gemüse - bei Nüssen und Beeren, Kiwis, Zucchini, Kirschen, Kürbissen, Melonen - sah es freilich ganz anders aus, was auf den Terminmärkten gelinde gesagt für Aufregung sorgte. Weintrau-ben? Keine Sorge. Die in Kalifornien am meisten verbreiteten Rebsorten waren allesamt selbstbefruchtend.
Als das Insektensterben beobachtet wird und als erstes Stechmücken wieder auftauchen, wird dies konstatiert:
Alles, was sich von Blut ernährte, vermehrte sich prächtig, wahrend die guten Insekten, von den Marienkafern bis zu den Schmetterlingen, am Rand der Ausrottung standen. den. Aber die Menschen, erinnerte Cooper sie dann, stellten ja auch die größte Nahrungsquelle auf dem Planeten dar, also war das doch nur logisch, oder?
Und ob folgende Story für unsere Zeit wahr ist? Wohl eher nicht. Sie ist im Kontext des Pinatubo-Ausbruchs von 1991 erwähnt und verstärkt den Eindruck, dass der Roman in einer ungenannten Zukunft spielt.
Sie und Cooper wussten nicht — noch nicht —, dass zwei Tage zuvor in Luzon, auf der anderen Seite der Erde, ein philippinischer Milliardär, von dem sie beide noch nie gehört hatten, beschlossen hatte, das Problem selbst in die Hand zu nehmen, ohne das Militär, die UNO, Klimaforscher oder sonst irgendjemanden zu konsultieren. Die ersten Berichte darüber hörten sie erst, als sie wieder im Wagen saßen. Die Presse versah das Wort »Milliardär« mit dem Beiwort »zwielichtig«, als könnte das seine Tat erklären oder entschuldigen, oder als wären nicht alle Milliardäre zwielichtig. Es war so einfach, wie Elytra gesagt hatte. Der Milliardär war ein enger Vertrauter der philippinischen Präsidentin Sara Duterte, die ihm, ohne viele Fragen zu stellen, die Benutzung eines Militärflughafens erlaubt hatte, von wo er sechs umgebaute Gulfstream-Jets in die untere Schicht der Stratosphäre hatte aufsteigen und einen feinen Nebel aus Schwefelsäure versprühen lassen, der sich mit Wasserdampf zu Sulfataerosolen verbunden hatte. Wie das Schwefeldioxid, das der Pinatubo ausgestoßen hatte, bewirkten diese Partikel schon jetzt, als Ottilie und Cooper auf Zecken achteten und den Berghang zu dem Kiefernwäldchen hinaufstiegen, dass ein Prozent der Sonnenenergie ins Weltall reflektiert wurde. Ein Prozent, mehr brauchte es nicht, um eine Abkühlung zu bewirken, auch wenn das Ende der Hitzewelle — dieser Hitzewelle jedenfalls — keine direkte Folge dieser Aktion war. Dass die Partikel die Streuung der elektromagnetischen Strahlung beeinflussten, so dass der Himmel eher weiß als blau erschien, war eine Nebenwirkung, mit der man leben konnte. Oder?
So richtig warm bin ich mit dieser Mittelschichtfamilie nicht geworden.


melden

T. C. Boyle - Blue Skies

17.02.2025 um 00:07
Hallo lieber Narrenschiffer,

Danke für Deine immer interessanten Buchzusammenfassungen und Bewertungen:-)
Hast Du mal "Wassermusik" von T.C. Boyle gelesen? War mein 1. von ihm, ich fand es richtig gut und spannend, mit weiteren Büchern von ihm, wurde ich auch nicht mehr "warm", habe dann aufgehört, ihn zu lesen.

Grüße


melden

T. C. Boyle - Blue Skies

17.02.2025 um 00:19
@puzzlepiece

Vielen Dank für die netten Worte! Dies war mein erster Boyle, den ich gelesen habe. Ganz verstehe ich auch nicht die Kritik auf der NDR-Seite:
Unfassbar komisch beschreibt T.C. Boyle, wie seine Figuren in unserer Gegenwart um ihre Leben und ums Überleben kämpfen
Komisch habe ich nichts in diesem Roman gefunden, sondern für mich lauter hilflose Leute, die dauernd irgendwelche Sekt-Partys feiern, während sie absaufen (Florida) oder abbrennen (Kalifornien) bzw. mit Verstümmelungen und Arbeitslosigkeit (Cooper) oder Obdachlosigkeit (Cat) zurandekommen sollten.

Boyle selber versucht diesen Roman als halblustig anzupreisen:
Is this funny? Well, yes, in the grim way of satire. The Insect Apocalypse is upon us (in reality and in the novel too), so there goes that food resource, and Cat, an influencer who feels she can get attention online by acquiring a pet python and wearing it round her neck like a feather boa, doesn’t quite appreciate the consequences of taking nature for granted. Though we may try to deny it, the fact is that we are all creatures defined and limited by our environment and no matter what climatological changes come our way, we must find a means of adapting, as Ottilie tries so fervently to do by serving up her cricket fritters and mescal-worm tacos. Bon Apétit.
Quelle: tcboyle.com

Eine humoreske Apokalypse funktioniert nicht, meiner Ansicht nach.


melden